Embryonenschutzgesetz


Basisdaten
Titel: Gesetz zum Schutz von Embryonen
Kurztitel: Embryonenschutzgesetz
Abkürzung: ESchG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Verwaltungsrecht, Nebenstrafrecht
Fundstellennachweis: 453-19
Datum des Gesetzes: 13. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2746)
Inkrafttreten am: 1. Januar 1991
Letzte Änderung durch: Art. 22 G vom 23. Oktober 2001
(BGBl. I S. 2702, 2705)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
1. Januar 2002
(Art. 44 G vom 23. Oktober 2001)
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) ist ein deutsches Gesetz zur Regelung der In-vitro-Fertilisation.

Das Embryonenschutzgesetz wägt Menschenwürde und Leben gegenüber Interessen der Forschung und Wissenschaft ab. Das Gesetz regelt die Möglichkeiten der Embryonenforschung und beschränkt sie auf das vom Gesetzgeber gegenwärtig für erforderlich gehaltene Maß.

Embryo im Sinne des Gesetzes

Embryo im Sinne des Gesetzes ist nach § 8 bereits die befruchtete, entwicklungsfähige Eizelle. Als entwicklungsfähig gilt eine Eizelle innerhalb von 24 Stunden nach der Kernverschmelzung, wenn nicht bereits festgestellt werden kann, dass sich die Eizelle nicht über das Einzellstadium hinausentwickeln kann. Damit ist diese Definition weiter gefasst als der medizinische Begriff des Embryo.

Strafvorschriften

Unter Strafe gestellt werden

  • die missbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken (§ 1) mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, wenn eine fremde unbefruchtete Eizelle übertragen wird, eine Befruchtung zu einem anderen Zweck als zur Schwangerschaft vorgenommen wird, innerhalb eines Zyklus mehr als drei Embryonen übertragen werden, durch intratubaren Gametentransfer mehr als drei Eizellen befruchtet werden, der Embryo vor der Einnistung aus der Gebärmutter entnommen wird. Grundsätzlich darunter fällt die Verwendung des Embryos für Zwecke, die keine Schwangerschaft sein sollen (§ 2). Auch die künstliche Befruchtung einer Leihmutter oder die künstliche Übertragung eines Embryos auf eine Leihmutter sind strafbar. Für die meisten Strafvorschriften ist auch der Versuch strafbar. Nicht bestraft werden die Frau, von der Eizelle oder Embryo stammen, die Frau, auf die sie übertragen werden sowie bei Leihmutterschaft die Frau, die das Kind nach der Geburt bei sich aufnehmen will.
  • die künstliche Befruchtung einer Eizelle mit einer Samenzelle, die nach ihrem Geschlechtschromosom ausgewählt worden ist (§ 3), es sei denn, dies dient der Vermeidung einer Muskeldystrophie oder einer ähnlich schwerwiegenden Erbkrankheit. Die Strafandrohung beträgt bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.
  • die eigenmächtige Befruchtung oder Übertragung oder künstliche Befruchtung nach dem Tode (§ 4). Ohne Einwilligung ist die Befruchtung oder Übertragung nicht zulässig. Die Frau, bei der die Befruchtung vorgenommen wird, bleibt jedoch straflos.
  • die künstliche Veränderung der Erbinformation menschlicher Keimbahnzellen (§ 5). Die Strafandrohung ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe. Nicht unter dieses Verbot fallen
    • Veränderungen von nicht zur Befruchtung bestimmten Keimzelle und
    • Veränderungen von nicht zur Übertragung verwandten körpereigenen Zellen sowie
    • unbeabsichtigte Veränderungen, die durch Impfungen, Strahlen- oder Chemotherapie eingetreten sind.
  • das Klonen (§ 6) mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Auch der Versuch ist strafbar.
  • das Vermengen von Erbinformationen verschiedener Eizellen, die zur Chimären- oder Hybridbildung führt. Die Strafandrohung liegt bei Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

Damit gehört das Embryonenschutzgesetz zum Nebenstrafrecht.

ESchG und Präimplantationsdiagnostik

Die ethischen Grundsätze in dem zuletzt 2001 novellierten Gesetz sind mit Blick auf ihre praktischen Konsequenzen weiterhin umstritten. Bis zu einem Urteil des Bundesgerichtshofes im Juli 2010 [1] wurde das Gesetz so gedeutet, dass das Gesetz die Präimplantationsdiagnostik verbietet. Der BGH stellte allerdings fest, dass die PID in bestimmten Fällen nicht nach dem ESchG bestraft werden kann, da sich dieser Regelung nicht mit der in Hinblick auf Art. 103 Absatz 2 GG erforderlichen Bestimmtheit entnehmen lasse, dass PID verboten sei. Zudem habe der Gesetzgeber bei Erlass des ESchG die "zu diesem Zeitpunkt im Ausland entwickelte" PID nicht vor Augen gehabt[2]. Am 7. Juli 2011 hat der Bundestag schließlich - nach langem Ringen - das Präimplantationsgesetz (PräimpG, BT-Drs. 17/5452, 17/6400; http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/064/1706400.pdf bzw. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/054/1705452.pdf) erlassen, welches die Einführung eines neuen § 3a ESchG beinhaltet und die PID in engen Grenzen zulässt: So bedarf es des hohen Risikos einer schwerwiegenden Erbkrankheit oder der hohen Wahrscheinlichkeit einer Tot- oder Fehlgeburt gemäß § 3a II ESchG. Hinzu kommen die Erfordernisse der schriftlichen Einwilligung der Frau(§ 3a II ESchG) nach umfassender Aufklärung und Beratung, der Zustimmung einer interdisziplinär zusammengesetzten Ethikkommission und eines speziell qualifizierten Arztes in einem dafür zugelassenen PID-Zentrum, vgl. § 3a III EschG. Die Einzelheiten sind noch in einer Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

Siehe auch

  • Künstliche Befruchtung
  • Samenbank
  • Heterologe Insemination

Literaturhinweise

  • Günther, Hans-Ludwig/ Kaiser, Peter/ Taupitz, Jochen: Embryonenschutzgesetz. Kommentar zum Embryonenschutzgesetz, Kohlhammer Verlag, 2008.
  • Minwegen, Romano: Mögliche Probleme im Zusammenhang mit dem Stammzellgesetz und dem Embryonenschutzgesetz. In: Rechtstheorie. Zeitschrift für Logik und Juristische Methodenlehre, Rechtsinformatik, Kommunikationsforschung, Normen- und Handlungstheorie, Soziologie und Philosophie des Rechts. 37. Bd., 2006, ISSN 0034-1398, S. 513-531.
  • Neidert, Rudolf: Das überschätzte Embryonenschutzgesetz - was es verbietet und nicht verbietet, ZRP 2002, Heft 11, S. 467-471.
  • Reuter, Marcel: Die Entscheidung des BGH zur Präimplantationsdiagnostik und ihre Auswirkungen auf die Gesetzgebung, StudZR 2011, S. 535-551, ISBN 978-3811477384

Einzelnachweise

Weblinks

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