Die Domestizierung der Katze - Problemkatzen in Australien



Vertraute Spuren sprenkeln den roten, vom Wind gewellten Sand in der Nähe von Büscheln aus Spinifex-Gras. Die 70-jährige Mitjili Napangangka richtet ihren Blick auf den Boden und berührt die Abdrücke mit ihrem Grabstock. Plötzlich hält sie inne, deutet auf einen Strauch in einiger Entfernung und flüstert: „Ngaya. . . pussy cat.”

Auf fast allen Kontinenten der Erde sind Wildkatzen durch vom Menschen eingeführte Haustierarten stark bedroht. Anders in Australien: hier sind verwilderte Hauskatzen selbst zu einer der schlimmsten Bedrohungen für die heimische Tierwelt geworden, die irgend ein Kontinent je gesehen hat.

Drei Frauen, allein in der riesigen Tanami Wüste in Zentralaustralien, studieren die Pfotenabdrücke. Napangangka und ihre Tochter, Cindy Nakamarra, wollen die Katze sofort verfolgen, warten aber dann doch auf die Wissenschaftlerin Rachel Paltridge, die so etwas wie eine Fernsehantenne mit sich trägt. Sie dreht das Drahtgebilde langsam hin und her und führt mit ihm nickende Bewegungen durch.

Das Signal verrät ihr, dass es sich bei dem aufgespürten Tier um eine verwilderte Hauskatze handelt, die sie am Vortag gefangen und mit einem Peilsender ausgestattet hatten. Paltridge aktiviert ihr tragbares GPS (globales Positionierungssystem). Nun wird jede von der Katze gemachte Bewegung der letzten 24 Stunden nachgezeichnet. Die Verfolgung dieser verwilderten Hauskatze funktioniert mit Hilfe so uralter menschlicher Fähigkeiten wie dem Aufspüren von Tieren in der Wildnis und so hochmoderner Satellitentechnologie des Raumfahrtzeitalters.

Diese außerordentliche Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart wird hier angewandt, um das Verhalten verwilderter Hauskatzen in Australiens Outback besser zu verstehen. Hier hat das Raubtier kleine einheimische Tierarten in kürzester Zeit an den Rand des Aussterbens gebracht.

„Die Radio- und Satellitenausrüstung verrät mir, wo und wie weit die Katzen umhergewandert sind”, sagt Paltridge. „Doch die traditionelle Jagdweise der beiden Pintubi Aboriginal Frauen liefert noch viel mehr Fakten: z.B. wo die Katzen Beute gemacht haben, was sie gegessen haben, wie oft sie uriniert oder den Darm entleert haben, sogar, wo sie sich versteckt haben, um auf Beute zu warten.”

Paltridge erwähnt die Widerstandsfähigkeit der Katzenpopulationen, denen sogar die härtesten Trockenperioden nichts anhaben können. „Viele Katzen sterben zwar während einer Dürre, aber wenn es dann regnet und schließlich Vögel und kleine Säugetiere zurückkommen, gibt es überall Nachwuchs, und die Populationen erholen sich schnell”, sagt Paltridge.

Oft müssen die drei Frauen bei der Verfolgung einer verwilderten Hauskatze einen halben Tag lang über Sandhügel hinauf und hinunter steigen, bevor sie nahe genug an das Tier herankommen sind, um es mit einem Netz einzufangen und ihm einen Kragen mit Sender zu verpassen.

Die so ausgestatteten Katzen werden dann alle drei Monate über den Zeitraum eines Jahres erfasst, um zu sehen, wie sich ihre Aktivitäten während der Jahreszeiten verändern. Nach der letzten Erfassung werden die Katzen aufgespürt und getötet. Während Paltridge die abschließenden GPS-Daten aus dem Weltraum auf ihren Laptop herunterlädt, bereiten ihre beiden Begleiterinnen, Napangangka und Nakamarra vom Stamm der Pintubi Aboriginals, die gejagten Katzen geschickt zu einer Delikatesse des australischen Outbacks zu. „Ein sehr zartes und saftiges, weißes Fleisch”, sagt Paltridge.

Das »cat-tracking program« der »Park and Wildlife Commission of the Northern Territory« ist Teil eines breit angelegten Programms zur Rettung und Erhaltung der vom Aussterben bedrohten Beuteltiere Australiens.

Verwilderte Hauskatzen, die erstmals von europäischen Seeleuten im 17. Jahrhundert an die Westküste Australiens gebracht wurden, sind heute überall im australischen Hinterland anzutreffen. Zusammen mit einigen eingeführten Pflanzenfressern sind verwilderte Hauskatzen nebst eingeschleppter Füchse der Hauptgrund für das Verschwinden kleiner australischer Beuteltiere. Eine 1993 durchgeführte Untersuchung ergab eine Populationsgröße von ungefähr 60 000 verwilderter Hauskatzen allein für des Northern Territory.

Alle Katzen, auch in anderen Erdteilen wie z.B. die Sandkatze aus der Sahara, können sich ideal an trockene Regionen anpassen. Katzen, die die Möglichkeit haben, lebende Beute zu machen, müssen nur sehr wenig oder garnicht trinken, da sie ihren gesamten Feuchtigkeitsbedarf über das Fleisch ihrer Beute beziehen können. Außer dass sie einheimische Kleinbeutler jagen, sind verwilderte Katzen oft Träger des Parasiten Toxoplasma gondii, der bei Säugetieren die Infektionskrankheit Toxoplasmose hervorrufen kann, die für in Australien heimische Beutelsäuger oft tödlich verläuft.

Einer der Verantwortlichen der »Park and Wildlife Commission«, Dr. Glen Edwards ist der Meinung, dass man der Katzenplage nur Herr werden kann, wenn man wissenschaftliche Studien wie Rachel Paltrige im Outback durchführt. Beunruhigend ist, so Edwards, dass das Katzenproblem mit herkömmlichen Mitteln wie Fallen, Köder oder natürliche Feinde nicht in den Griff zu bekommen ist.

„Wir können Füchse und Dingos mit Ködern fangen, aber keine Katzen, da sie Aas verschmähen”, sagt Edwards, „Es muß schon ein extremer Mangel an Beutetieren vorherrschen, bevor verwilderte Hauskatzen an die Köder gehen. Und Einfangen oder Abschießen ist in solch riesigen Gebieten nicht praktikabel.”

Edwards meint, dass der in Australien heimische Keilschwanzadler als natürlicher Fressfeind der verwilderten Katzen ideal wäre, dumm nur, dass die Katzen nachtaktiv sind und die Adler tagsüber jagen. Dingos und Füchse fressen zwar den Nachwuchs verwilderter Hauskatzen, aber es ist nie beobachtet worden, dass sie erwachsene Katzen im Outback attackiert hätten. So hat die verwilderte Hauskatze allem Anschein nach in Australien keine natürliche Feinde.

Die am meisten gefährdeten Spezies, um die sich die Wissenschaftler nun bemühen um sie vor Katzen und Füchsen zu retten, sind das rote Hasen-Wallaby oder Mala (Lagorchestes hirsutus), die australische Steinratte (Zyzomys pedunculatus), das Boodie und das Woylie (Bettongia lesueur und Bettongia penicillata, beides Rattenkänguruhs), der große Bilby (Macrotis lagotis), die Alice Springs Maus (Pseudomys fieldi) und das Thermometerhuhn(Leipoa ocellata), ein in Australien beheimatetes Großfußhuhn.

Die zentralen Ziele solcher Schutzprogramme bestehen darin, das überleben ökologischer Systeme zu sichern und dem Verlust an biologischer Vielfalt weltweit entgegen zu wirken.

In Australien sind seit der Ankunft europäischer Siedler vor 200 Jahren wenigstens 23 Wirbeltierarten und 97 Arten von Gefäßpflanzen (Tracheobionta) ausgestorben, was aber nicht alleine auf verwilderte Hauskatzen zurückzuführen ist sondern vielfältige Gründe hat. Weitere 119 Spezies bodenlebender Wirbeltiere und 880 Pflanzenarten, die nur auf dem australischen Kontinent vorkommen, werden als gefährdet eingestuft.

Das Mala galt eigentlich schon als ausgestorben, bis Dr. Alan Newsome, heute Mitglied der CSIRO Wildlife and Ecology in Canberra, eine kleine Population 1959 in der Tanami Wüste wiederentdeckte. Die Erinnerung an diese Entdeckung blieb ihm in wacher Erinnerung:

„Ich befand mich 1959 mit meinen Vorgesetzten auf einer Exkursion in der Tanami auf der Suche nach Desycercus, einem kleinen dickschwänzigen Beuteltier”, erzählt Newsome. „Es war verdammt heiß, und wir hielten Ausschau nach einem schattigen Termitenhügel um zu Mittag zu essen. Plötzlich bemerkte ich in einiger Entfernung eine Sanddüne, die mit kleinen Säugetierfährten übersät war. Da wir nicht wussten, von welchem Tier sie stammten, gruben wir nachts ein Loch, um eins zu fangen, jedoch ohne Erfolg. Schließlich fuhren wir 100 Meilen zurück zur Mt. Doreen Station, um mit einem einheimischen Aboriginal zu sprechen. Er sagte uns, dass die Spuren von Malas stammen. Er kam mit uns zurück zum Ort unserer Entdeckung und nachdem wir den Spuren ungefähr 100 Meter gefolgt waren, sprang eines der Tiere direkt vor unsere Füße. Wir stellten bald fest, dass dies möglicherweise die letzte überlebende Kolonie der Mala war und wir verständigten uns darüber, erst einmal Stillschweigen über unsere Entdeckung zu bewahren, da sonst wahrscheinlich jedes Museum und jeder Fachjournalist der Welt hinter uns und den Malas her gewesen wäre.”

Seit diesem Tag führen Biologen einen unablässigen Kampf, um diese Spezies am Leben zu erhalten. Gegenwärtig konzentrieren sich die Anstrengungen auf eine kleine Population aus Zentralaustralien, die man auf eine Insel vor der westaustralischen Küste sowie in ein kleines Schutzgebiet im Südwesten umgesiedelt hat.

Das Mala ist ein kleines Wallaby, kleiner als eine Katze. Die frühen Siedler nannten es »rothaariger Hase«, da es sie an den europäischen Hasen erinnerte. Es war einmal in ganz Australien heimisch, und so hoffen Biologen, dass der Standortwechsel einiger Tiere in andere Landesteile die beste Chance für das winzige Beuteltier sind, um die landwirtschaftliche Nutzung ihres Lebensraums und die Bedrohungen, die von verwilderten Hauskatzen, Füchsen und Kaninchen ausgehen, zu überleben.

Der Chef der Northern Territory Parks and Wildlife Commission, Don Langford sagt, sobald Raubtiere wie etwa verwilderte Hauskatzen die Populationen eines einheimischen Tieres auf ein kritisches Niveau reduzieren, wird es für Umweltfaktoren wie z.B. Dürre anfällig, die dann der Spezies einen letzten, vernichtenden Schlag zufügen könnten. Inzwischen sind die Katzen und Füchse Australiens in der Situation, ihre Populationen selbst zu erhalten und zu vergrößern, und zwar dank einer weiteren, eingeschleppten Plage: der Kaninchen.

Im Northern Territory werden Füchse und Katzen eher toleriert als in anderen australischen Staaten, da es dort keine Schafsindustrie gibt und so erlaubte man es auch, dass sie sich vermehrten. Andererseits wird der Dingo, das einzige natürliche Raubtier, stark kontrolliert, weil man ihn als Bedrohung für neugeborene Kälber einstuft.

Glen Edwards sagt, dass die Kontrolle des Dingos fein ausbalanziert werden muss, da er als Top-Raubtier in Australien am Ende der Nahrungskette steht und jeder Rückgang der Populationen das gesamte öko-System beeinflussen oder in Gefahr bringen könnte.

„Zum Beispiel sind Populationen von Kängurus und wilden Ziegen in New South Wales außer Kontrolle geraten, weil man die Zahlen der Dingos reduziert hat”, sagt er. In Zentalaustralien, das erstklassiges Ziegenland wäre, gibt es keine Ziegen mehr, da man dummerweise sicherstellte, dass es genügend Dingos gibt, um die Ziegen auf natürlichem Wege zu eliminieren.

Alan Newsome ist eine Autorität auf dem Gebiet von Raubtier-Beute-Beziehungen in Australien. Seine Forschungen laufen parallel zu einem Immuno-Verhütungsprogramm, das Wege sucht, um Füchse und verwilderte Hauskatzen mit Hilfe von Viren oder Bakterien biologisch zu sterilisieren.

Newsome sagt, sobald eine Beutetierpopulation, wie etwa Kaninchen, unter eine bestimmte Schwelle von Tieren fällt, kann ihre Zahl von Raubtieren wie dem Dingo dort auch gehalten werden. Aber wenn die Zahl der Kaninchen zu weit zurückgeht, suchen sich Dingos alternative Beute wie Kängurus und andere einheimische Beutelsäuger.

Robin Molsher ist Wissenschaftlerin am CRC for Biological Control of Vertebrate Pest Populations und hat verwilderte Hauskatzen und Füchse mit Peilsendern versehen und ihre Bewegungen in der Nähe von Mudgee, New South Wales, kartographiert. Ihre Untersuchungen haben ergeben, dass Katzen und Füchse unterschiedliches Terrain besetzen.

Katzen ziehen Waldflächen vor und Füchse offenes Grasland. Als man aber die Füchse mit Ködern einfing und aus ihrem Gebiet entfernte, expandierten die Katzen in das frei gewordene Territorium. Auch Kängurus wagten sich wieder ins offene Weideland und Tiere wie die Kusus verbrachten mehr Zeit auf dem Boden, obwohl sie eigentlich Baumbewohner sind.

Als Forscher aber Urin vom Fuchs auf dem Boden ausbrachten, zogen sich die einheimischen Tiere sofort in ihre Verstecke unter dichter Vegetation zurück. Dieses Verhalten ist so völlig anders als gewöhnlich beobachtet wird, dass Wissenschaftler befürchten, dies könnte einen negativen Einfluss auf die natürliche Vermehrung einheimischer Tiere haben.

Newsome ist der Meinung, dass Beobachtungen des Verhaltens einheimischer Tiere eher dazu taugen, um Bedrohungen zu erkennen als das reine Abzählen der einzelnen Individuen einer Population. So können solche Beobachtung genaue Aussagen darüber machen, ob das Niveau der Raubtiere reduziert werden muß, um ein Gleichgewicht wiederherzustellen oder nicht.

Eine weiterer Stressfaktor für kleine einheimische Tiere ist der durch überweidung von Viehherden und einem veränderten System der Brandrodung verursachte Verlust ihres Lebensraumes. „Die Pflanzen in Australien konnten sich über viele zehntausend Jahre hinweg auf die regelmäßig gelegten Feuer der Aboriginals einstellen und sie sogar zur Regeneration nutzen”, sagt Langford. „Nachdem die Europäer ins Landesinnere eingedrungen und die Aboriginals aus ihren angestammten Gebieten vertrieben hatten, wurde die Vegetation erst wieder abgebrannt, wenn ein Blitz oder der Funke eines Lagerfeuers einen flächendeckenden, gewaltigen Buschbrand auslöste, der alles vernichtete, einschließlich der kleinen Beuteltiere, die bei den kleinen Feuern der Aboriginals immer noch die Möglichkeit hatten, auszuweichen”.

Die Suche nach einer Zuflucht

1986 begann man in der Nähe der Willowra Aboriginal Community, ungefähr 400 Kilometer nordwestlich von Alice Springs damit, sich auf die Stabilisierung der Mala Populationen zu konzentrieren. Eine kleine Anzahl von Tieren wurde in einem ca. 1 km² großen Gebiet ausgesetzt, das man vorher mit einem elektrischen Zaun gesichert hatte, um verwilderte Hauskatzen und Füchse fernzuhalten.

Als ihre Zahl zugenommen hatte, fing man eine kleine Gruppe ein und brachte sie in einer Umzäunung unter. Danach schaltete man den Strom ab, entfernte den Zaun und entließ die restlichen Tiere in die Freiheit.

„Wir statteten vier bis fünf Malas mit Peilsendern aus, doch schon kurze Zeit nach der Freilassung mussten wir feststellen, dass ihre Zahl wieder schrumpfte. Als Ursache machten wir wieder einmal verwilderte Hauskatzen aus”, berichtet Langford. „Wir bemühten uns, die Katzen unter Kontrolle zu bringen, was leider unmöglich war, und so kollabierte die Mala-Population, die wir vorher mit viel Aufwand zu einer, wie wir glaubten, überlebensfähigen Population herangezogen hatten.”

Die Wissenschaftler stellten den elektrischen Zaun für die überlebenden 150-200 Tiere wieder auf und begannen, nach küstennahen Orten, weit weg von Raubtieren, zu suchen.

Schließlich schlug das Western Australian Department of Conservation and Land Management dem Team Trimouille, eine der Montebello-Inseln an der Nordküste Australiens vor. Zwar wurde die Insel in den 1950er Jahren von zwei Atombombentests verwüstet, doch schien sie die letzte Chance für die Malas zu sein. Darüber hinaus lag das Strahlungsniveau bereits weit unterhalb der Gefahrenschwelle für Mensch und Tier.

Nachdem Langford und sein Team noch die Zustimmung des australischen Warlpiri-Volkes eingeholt hatten, die der überlieferung nach im Besitz des »Traum-Malas« sind, gab es grünes Licht für die Gründung einer neuen Population auf Trimouille. Im Frühjahr 1997 wurden 30 Tiere per Luftbrücke aus der Tanami-Wüste auf die Insel gebracht. Es war eine der kompliziertesten Umsiedlungsaktionen, die je in Australien unternommen wurden.

Zwanzig weibliche und zehn männliche Tiere wurden eingefangen, mit Peilsendern versehen und nachts in einem Geländewagen zur Willowra Aboriginal community Startbahn gebracht. Die Tiere wurden von den ältesten der Aboriginals gesegnet, verabschiedet und an Bord eines Flugzeugs gebracht, das sie in das 1000 km entfernte Karratha bringen sollte. Dort gelandet, lud man die Mala in einen Langstrecken-Helikopter um, der von einer öl-Firma zur Verfügung gestellt wurde und flog sie auf Trimoille Island. Sie wurden 10 Tage lang überwacht, während sie sich allmählich von dem Ort ihrer Freilassung weg bewegten.

Als Don Langford einen Monat später zur Insel zurückkam, waren 28 Mala gesund und munter. Eins wurde vermisst und eins fand man ertrunken am Strand.

„Wir haben beobachtet, wie sie die Brandung erforschten, als wir sie frei ließen”, sagt Langford, „Sie haben nie zuvor in ihrem Leben das Meer gesehen.”

Die Hoffnung ist nun, die Population der Malas wieder aufzubauen, so wie auch die anderer gefährdeter einheimischer Tiere, während man weiter Anstrengungen unternimmt, verwilderte Hauskatzen auf dem Festland so weit unter Kontrolle zu bringen, dass sie keine Gefahr mehr für das überleben einheimischer Spezies darstellen. „Ich habe starke Zweifel, dass wir den australischen Kontinent je wieder in seinen Urzustand zurückversetzen können, es sollte aber möglich sein, Fuchs- und Katzenpopulationen soweit zu reduzieren, dass einheimische Tiere wieder eine Chance haben, sich in freier Wildbahn zu behaupten”, sagt Langford.

Werden die verwilderten Hauskatzen den Köder schlucken?

Auf der Heirisson Prong-Halbinsel kämpfen Wissenschaftler und Umweltmanager einen andauernden Kampf, um neu angesiedelte Populationen der Boodies (Bettongia lesueur) und der Marl (Perameles bougainville, ein Nasenbeutler) vor eingeschleppten Raubtieren, wie der verwilderten Hauskatze zu schützen.

Die Heirisson Prong ragt in die Shark Bay hinein, die an der westaustralischen Küste liegt. Das an seiner Spitze etwa 1200 ha große Gebiet steht teilweise unter der Verwaltung des CSIRO Wildlife and Ecology und ist Teil eines Programms, das zum Ziel hat, eine Säugetiergemeinschaft von Beuteltier-Spezies zu rekonstruieren, die auf dem australischen Festland fast ausgestorben sind, aber auf küstennahen Inseln überlebt haben.

Die verwilderten Hauskatzen Australiens werden in der Hauptsache dafür verantwortlich gemacht, dass viele Programme zur Wiedereinführung verschwundener einheimischer Tiere auf dem Festland zum Scheitern verurteilt waren. Auf der Heirisson Prong Halbinsel sind deshalb die verwilderten Hauskatzen sowohl in dem 1200 ha großen Kerngebiet, wo man gefährdete Spezies wiedereinführen konnte, als auch in einer angrenzenden Pufferzone von 100 km² unter ständiger Beobachtung. In der Vergangenheit hat die Kontrolle wilder Katzen in einem Gebiet dieser Größenordnung Unsummen an finanziellen Mitteln verschlungen. Wissenschaftler haben deshalb nach neuen Methoden gesucht, die kostengünstiger und weniger arbeitsintensiv sind.

Die Prüfung der Wirksamkeit vergifteter Mäuseköder auf die explodierenden Bestände verwilderter Hauskatzen war 1995 Gegenstand einer Studie von Jeff Short, Bruce Turner und Reg Carnamah von CSIRO und Danielle Risbey von der Murdoch-Universität. Man konzentrierte sich dabei auf Mäuse, nachdem vier andere Methoden in der Vergangenheit fehlschlugen.

Den Mauskadavern steckte man ein mit Natriumfluoracetat 1080 (ein natürlich vorkommendes Pflanzengift) bestrichenes Haferkorn in den Hals. Die Wirksamkeit dieser Methode wurde untersucht indem man Katzen, die vorher mit Peilsendern ausgestattet wurden, mittels Scheinwerfern oder Antennen nachspürte. Der Erfolg konnte sich sehen lassen: man erreichte so eine Reduzierung der Katzenpopulationen von mehr als 74%.

Short und seine Kollegen schreiben den Erfolg neben der Wahl des Köders, auch einem strategischen Timing zu. „Der andere ausschlaggebende Punkt unseres Erfolges war das richtige Timing. Es macht keinen Sinn Köder zu einer Zeit auszulegen, wenn die Katzen genügend Nahrung finden, sondern nur, wenn der überfluss für die Katzen zur Neige geht”, sagt Short. „Wir legen die Köder aus, wenn die Katzen nur noch wenig Beutetiere finden”.

„Wir fanden heraus, dass die Köderakzeptanz von totaler Ignorierung (wenn genügend lebende Beute vorhanden ist) bis zu hoher Akzeptanz während Zeiten der Nahrungsknappheit variiert. Deshalb haben wir zwei völlig unterschiedliche Strategien für Katzen und Füchse ausgearbeitet.”

„Füchse ködern wir regelmäßig monatlich mit großen, getrockneten Fleischbrocken. Da sie Aasfresser sind, gibt es keine Probleme mit der Akzeptanz der Köder, unabhängig davon, wieviel Beute sonst noch verfügbar ist. Katzen können wir nur unregelmäßig ködern, vielleicht einmal alle zwei oder drei Jahre. Wir müssen geduldig warten, bis die Zahl ihrer Beutetiere z.B. wegen einer Dürre stark zurückgegangen ist, bevor wir sie hart treffen können”.

Im Gegensatz zu den Füchsen ist das Ködern verwilderter Hauskatzen jedoch nur Teil einer Gesamtstrategie, die drei bis vier verschiedene Methoden mit unterschiedlichen Lockmitteln beinhaltet. Dazu gehört immer noch das regelmäßige Einfangen mit Käfig- oder Beinfallen. Man benutzt dazu vielfältige Lockmittel, z.B. zu der einen Jahreszeit Fleischköder, zu einer anderen vielleicht sexuelle Botenstoffe, die verschiedene Geschlechter anlocken.

Das Problem mit dem Auslegen von Ködern, so Short, ist generell die Tatsache, dass man damit auch einheimische fleischfressende Beuteltiere treffen kann, die garnicht das Ziel sind, wie etwa der australische Nasenbeutler. Daher muss man sehr vorsichtig vorgehen. „Wir umgingen dieses potenzielle Problem, indem wir unser Studiengebiet in ein Kerngebiet (wo es keine Raub-Beutler mehr gab) und in ein peripheres Puffergebiet aufteilten, wo wir die einheimischen Raubtiere unter Beobachtung hatten. In anderen Gebieten wird man möglicherweise nach anderen Lösungen suchen müssen.”

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