Alpenglöckchen



Alpenglöckchen

Alpen-Soldanelle (Soldanella alpina)

Systematik
Kerneudikotyledonen
Asteriden
Ordnung: Heidekrautartige (Ericales)
Familie: Primelgewächse (Primulaceae)
Unterfamilie: Primuloideae
Gattung: Alpenglöckchen
Wissenschaftlicher Name
Soldanella
L.

Alpenglöckchen (Soldanella), auch Soldanelle genannt, sind eine Pflanzengattung in der Familie der Primelgewächse (Primulaceae). Sie werden auch Eisglöckchen oder Troddelblumen genannt. Nach der Bundesartenschutzverordnung sind alle in Deutschland heimischen Arten geschützt. Sie sind in den europäischen Gebirgen heimisch. Einige Arten eignen auch sich als Zierpflanzen für den Steingarten.

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Soldanella-Arten wachsen als immergrüne oder sommergrüne ausdauernde krautige Pflanzen. Die meist grundständigen Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die Blattspreite ist rundlich.

Generative Merkmale

Kapselfrüchte von Soldanella montana.

Auf einem relativ langen Blütenstandsschaft befinden sich in einem Blütenstand bei der Sektion Tubiflores mehrere Blüten, aber bei der Sektion Soldanella nur eine Blüte. Die zwittrigen Blüten sind fünfzählig. Die fünf Kronblätter besitzen meist violette Töne, selten sind sie weiß. In der Sektion Tubiflores sind die fünf Kronblätter glockenförmig und in der Sektion Soldanella sind sie trichterförmig verwachsen. Immer sind die fünf Kronzipfel ausgegefranst. Es ist nur ein (der innere) Kreis mit fünf freien Staubblättern vorhanden. Die Staubfäden sind mit der Kronröhre, aber nicht untereinander verwachsen. In der Sektion Soldanella ist der Griffel lang und in der Sektion Tubiflores kurz. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten (Bienen, Hummeln, Schmetterlingen); für eine vermutete Selbstbestäubung bei Soldanella alpina gibt es keine experimentellen Beweis.

Die Kapselfrüchte sind fünf- (Sektion Tubiflores) oder zehnzähnig (Sektion Soldanella).

Bei den meisten Soldanella-Arten wurde ein Chromosomensatz von 2n = 40 festgestellt, außer bei Soldanella montana, Soldanella villosa (2n = 38) und Soldanella chrysosticta (2n = 38 oder 40).

Evolutionsgeschichte

Die Geschichte der Gattung Soldanella reicht bis ins Tertiär zurück und ist in den Alpen entstanden (alpigen). In den Alpen gibt es sechs Arten.

Pflanzensoziologie

Es gibt die beiden ökogeographischen Gruppen der waldbewohnenden, montanen und die der alpinen Arten.

Die alpinen Soldanella-Arten sind typisch für die Schneeboden-Gesellschaften sogenannter Schneetälchen: Wenn in den Bergen der Schnee an manchen Stellen länger liegen bleibt, sind in den Bereichen, an denen der Schnee dabei ist, abzuschmelzen, bestimmte Arten als erste wieder am Austreiben; die erste Art ist meistens das Alpenglöckchen. Die Blüte schmilzt sich an den lange mit Schnee bedeckten Standorten oft schon durch die dünne Schneedecke hindurch. Das Durchschmelzen beruht dabei weniger auf der durch Atmung erzeugten Eigenwärme der Pflanze, als auf der Absorption der Sonnenwärme durch die dunklen Knospen und Blütenstiele.

Namensherkunft

Die botanische Bezeichnung Soldanella war schon im 16. Jahrhundert gebräuchlich. Sie soll darauf zurückzuführen sein, dass die rundlich-nierenförmigen Rosettenblätter an die als Soldi bekannten italienischen Münzen erinnerte.

Systematik

Der Gattungsname Soldanella wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum, S. 144 erstveröffentlicht. Typusart ist Soldanella alpina L..

Die Gattung Soldanella wird in zwei Sektionen gegliedert:

  • Sektion Tubiflores: Mit den beiden überwiegend in den Hochlagen der Gebirge vorkommenden Arten Soldanella minima und Soldanella pusilla.
  • Sektion Soldanella: Mit den restlichen Arten.
Mehrblütige Blütenstände der Karpaten-Soldanelle (Soldanella carpatica).
Einblütige Blütenstände der Zwerg-Soldanelle (Soldanella pusilla).
Zottige Soldanelle (Soldanella villosa).

Arten

Es gibt nach Zhang & Kadereit 2004 16 Soldanella-Arten und vier Unterarten:

  • Alpen-Soldanelle (Soldanella alpina L.):
    • Soldanella alpina L. subsp. alpina, Syn.: S. clusii F.W.Schmidt, S. montana Willd. var. clusii (F.W.Schmidt) Thomé
    • Soldanella alpina L. subsp. cantabrica A.Kress
  • Soldanella angusta L.B.Zhang: Syn.: S. montana subsp. faceta A.Kress
  • Soldanella calabrella A.Kress
  • Karpaten-Soldanelle (Soldanella carpatica Vierh., Syn.: S. montana Willd. var. carpatica (Vierh.) Grint.)
  • Soldanella chrysosticta A.Kress
  • Ungarische Soldanelle (Soldanella hungarica Simonk.)
  • Soldanella major (Neilr.) Vierh.: Syn.: S. alpina var. major Neilr., S. hungarica Simonk. subsp. major (Neilr.) Pawowska, S. stiriaca F.K.Meyer
  • Soldanella marmarossiensis Kldst., Syn.: S. montana Willd. var. repanda Grint.
  • Soldanella minima Hoppe: Syn.: S. alpina var. minima (Hoppe) Fiori, S. alpina var. rotundifolia Seringe
    • Österreichische Soldanelle (Soldanella minima Hoppe subsp. austriaca (Vierh.) Lüdi, Syn.: S. austriaca Vierh.)
    • Kleinste Soldanelle (Soldanella minima Hoppe subsp. minima, Syn.: S. minima f. cyclophylla (Beck) Vierh., S. minima f. biflora R.Schulz, S. minima f. coerulea R.Schulz, S. minima f. longistyla R.Schulz, S. minima f. latifolia Cristofolini & Pignatti)
    • Soldanella minima Hoppe subsp. samnitica Cristofolini & Pignatti: Die Kronröhrer ist schmaler und nur auf etwa ein Fünftel der Länge der Kronblätter geteilt als bei der Nominatform. Es ist ein Endemit der Abruzzen (Nationalpark Majella).
  • Wald-Soldanelle (Soldanella montana Willd.)
  • Soldanella oreodoxa L.B.Zhang
  • Soldanella pindicola Hausskn.: Syn.: S. montana Willd. var. pindicola (Hausskn.) Grint.
  • Zwerg-Soldanelle (Soldanella pusilla Baumg.):
    • Soldanella pusilla Baumg. subsp. pusilla, Syn.: S. pusilla var. biflora Borbás, S. pusilla f. obliqua Györffy, S. pirinica F.K.Meyer, S. pusilla subsp. pirinica (F.K.Meyer) J.Chrtek
    • Soldanella pusilla subsp. alpicola (F.K.Meyer) J.Chrtek, Syn.: S. alpicola F.K.Meyer, S. alpina var. minor Seringe, S. alpina var. cylindrica Seringe, S. alpina var. uniflora Steinberger, S. pusilla var. parviflora Freyn, S. pusilla var. chrysosplenifolia J.Murr, S. pusilla f. calcicola Vierh., S. pusilla f. diversifolia Zenari, S. pusilla var. carestiae Cristofolini & Pignatti
  • Soldanella rhodopaea F.K.Meyer
  • Soldanella rugosa L.B.Zhang
  • Zottige Soldanelle (Soldanella villosa Darracq, Syn.: S. montana Willd. var. villosa (Daracq) Grint., S. montana Willd. subsp. villosa (Darracq) Lüdi)

Literatur

  • Li-Bing Zhang, Hans Peter Comes & Joachim W. Kadereit: Phylogeny and quaternary history of the European montane/alpine endemic Soldanella (Primulaceae) based on ITS and AFLP variation, in American Journal of Botany, 88, 2001, S. 2331-2345: Online. (Abschnitt Systematik, Pflanzensoziologie und Beschreibung)
  • Li-Bing Zhang & Joachim W. Kadereit: The systematics of Soldanella L. (Primulaceae) based on morphological and molecular (ITS, AFLPs) evidence., in Nordic J. Bot. 22, 2002, S. 129–169.
  • Li-Bing Zhang & Joachim W. Kadereit: Nomenclature of Soldanella L. (Primulaceae), in Taxon, 53, 2004, S. 741–752: PDF-Online. (Abschnitt Systematik)
  • M. A. Fischer, W. Adler & K. Oswald: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol, Linz, 2005, ISBN 3-85474-140-5
  • Xaver Finkenzeller: Alpenblumen, München 2003, ISBN 3-576-11482-3
  • Ruprecht Düll und Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands, 2005, ISBN 3-494-01397-7

Weblinks

Commons: Alpenglöckchen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien