Analfissur


Klassifikation nach ICD-10
K60.0 Akute Analfissur
K60.1 Chronische Analfissur
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Eine Analfissur (Fissura ani) ist ein schmerzhafter Einriss der Haut- oder Schleimhaut des Afters. Sie betrifft stereotyp die hintere Kommissur des Analkanals („6 Uhr Steinschnittlage“) und verläuft radiär (strahlförmig).

Ursachen

Allgemeine Ursache ist das Einreißen des Anoderms bei der Passage harten Stuhles (etwa bei chronischer Verstopfung) sowie bei forcierter Defäkation.[1]

Weiterhin können Einrisse bei Entzündungszuständen (anodermaler Ekzeme) durch einen Elastizitätsverlust der Analhaut entstehen. Zugrunde liegt häufig eine benachbarte kryptoglanduläre Entzündung, die im Wesentlichen auf flüssigem Stuhl oder vermehrtem analem Schleimabgang beruht, was meist auf chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen basiert. Folglich kann sich das Anoderm ebenfalls entzünden und verliert somit an Elastizität, so dass ein vermehrt konsistenter Stuhl zum Einriss (Fissur) führen kann.[1]

Daneben können Sexualpraktiken wie das Einführen von Gegenständen, Fisting oder Analverkehr eine Analfissur verursachen.

Symptome

Heller, stechender Schmerz während und anhaltendes Brennen nach dem Stuhlgang sind typisch. Der Schmerz führt zu einem reflektorischen Spasmus des Schließmuskels, wodurch der Stuhl oft nur forciert und in einem dünnen (bleistiftstarken) Strang abgegeben werden kann. Gelegentlich treten schwache hellrote Blutungen auf. Angst vor dem nächsten Stuhlgang kann zu einer das Leiden verstärkenden Verstopfung beitragen (→ Dyschezie).

Diagnose

Die Diagnose wird normalerweise aus den Angaben des Patienten und der Inspektion des Afters gestellt. Dabei ist die Fissur typischerweise bei 6 Uhr in Steinschnittlage (zum Steißbein hin), seltener bei 12 Uhr (zum Damm hin) sichtbar. Bei der Palpation sind ein tastbares schmerzhaftes Geschwür oder ein derber, schmerzhafter Strang sowie der Sphinkterspasmus richtungsweisend.

Differenzialdiagnostisch sollten immer Hämorrhoiden ausgeschlossen werden, was häufig schon anhand der Lage der Endarterien bei 3, 7 und 11 Uhr gelingt.

Therapie

Die Therapie der frischen (akuten) Analfissur beginnt mit Stuhlregulation. Bei starken Schmerzen oder Brennen nach dem Stuhlgang ist das Auftragen einer Salbe mit Zusatz eines Lokalanästhetikums gelegentlich hilfreich. Entscheidend ist das Erreichen einer dauerhaft weichen und geformten Stuhlkonsistenz. Eine frische Analfissur heilt in der Regel innerhalb von sechs bis acht Wochen ab.

Eine gute Analhygiene ist Voraussetzung für das Abheilen der Fissur und für die Verringerung des Schmerzes. Der Afterbereich sollte unter Zuhilfenahme von pH-neutralen Seifen und einem gut befeuchteten Waschlappen mit lauwarmem Wasser gereinigt werden. Ziel sollte sein, mit sanftem Druck Stuhlreste auch aus den Analfalten zu entfernen, damit ein Nachschmieren verringert wird.

Bei einer chronischen Fissur bestehen die Symptome bereits länger als zwei Monate. Die Therapie bei einer chronischen Analfissur ist neben der Stuhlregulation die Anwendung von Wirkstoffen (hauptsächlich Nitroglyzerin (Handelsname: Rectogesic), alternativ können Calciumantagonisten wie Nifedipin und Diltiazem eingesetzt werden, die aber vergleichsweise schlechter wirken),[2] die den analen Schließmuskel entspannen. Salben müssen drei- bis viermal täglich innerhalb von sechs bis zwölf Wochen aufgetragen werden, parallel zu einer konsequenten Einnahme eines Mittels zur Stuhlregulation. In 80 % der Fälle führt dies zu einer Heilung innerhalb von sechs bis acht Wochen. Es gibt auch höher konzentrierte Salben, die weniger häufig aufgetragen werden müssen, und transdermale Pflaster, die kontinuierlich den Wirkstoff über mehrere Tage abgeben.

Auch Ringelblumensalbe wird angewendet. Wenn bereits perianale Hautveränderungen bestehen, sollte dieses Mittel aber wegen eines hohen allergenen Potenzials eher gemieden werden.

Beim Ausbleiben einer Heilung unter konsequenter Anwendung von Stuhlregulation und entspannender Salbe kommt als nächster Schritt die Operation in Frage. Die Ausschneidung (Exzision) der Fissur samt dem vernarbten Gewebe unter Mitnahme der anteiligen Krypten und der hypertrophen Analpapille bzw. der so genannten Vorpostenfalte ist die chirurgische Therapiemöglichkeit. Da bei diesem Eingriff in der Regel keine Naht verwendet wird, nimmt die Wundheilung etwa vier bis sechs Wochen in Anspruch. Die Dehnung der analen Schließmuskulatur in Narkose gilt heute als veraltet und schädlich.

Die Teildurchtrennung der Schließmuskulatur (Sphinkterotomie) ist heute keine Therapiemöglichkeit mehr. Problem dieser Methode ist, nach initial guten Therapieerfolgen, das Risiko der Entwicklung einer Stuhlinkontinenz im höheren Lebensalter (zum Teil Jahrzehnte nach dem eigentlichen Eingriff). Dies ist nicht zuletzt durch den im Alter physiologischerweise abnehmenden Schließmuskeltonus bedingt.

Literatur

  • M. Kraemer, D. Bussen u. a.: Bundesweite Umfrage zum therapeutischen Vorgehen bei Haemorrhoidalleiden und Analfissur. In: Chirurg. Band 69, 1998, S. 215–218. PMID 9551274
  • A. Wittmer, A. Wittmer u. a.: Ätiologie und Therapie der chronischen Analfissur. In: Coloproctology. Band 25, 2003, S. 16–22.
  • J. N. Lund, P. O. Nyström u. a.: Evidenzbasierter Algorithmus zur Therapie von Analfissuren. In: Coloproctology. Band 29, S. 1–5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 chirurgie-portal.de: Analfissur, Analfissuren, Operation.
  2. Analfissur: Dehnen verboten! (PDF; 877,75 KB) magendarm-zentrum.de. Abgerufen am 26. August 2012.