Antigua-Schlanknatter



Antigua-Schlanknatter
Systematik
Unterordnung: Schlangen (Serpentes)
Überfamilie: Nattern- und Vipernartige (Colubroidea)
Familie: Nattern (Colubridae)
Unterfamilie: Dipsadinae
Gattung: Alsophis
Art: Antigua-Schlanknatter
Wissenschaftlicher Name
Alsophis antiguae
Parker 1933

Die Antigua-Schlanknatter (Alsophis antiguae) ist eine Schlangenart aus der Familie der Nattern. Sie ist endemisch auf Antigua in den Kleinen Antillen und gilt als die seltenste Schlange der Welt.

Beschreibung

Die Männchen sind 50–60 cm lang und dunkelgrau/braun gefärbt, mit helleren Zeichnungen auf der Oberseite. Die Weibchen hingegen sind heller, mit einer dunkleren Zeichnung und werden 80–100 cm lang. Das Reptil ist sehr scheu, ungiftig und völlig harmlos. Es ernährt sich von Eidechsen und anderen Kleinlebewesen. Für die Bruttätigkeit der zahlreichen Vogelarten ist es keine ernsthafte Bedrohung.

Ursprüngliches Verbreitungsgebiet

Die Antigua-Schlanknatter war ursprünglich auf der ostkaribischen Insel Antigua und deren zahlreichen vorgelagerten Inselchen beheimatet. Die im 16. Jahrhundert einsetzende Besiedlung durch eine weiße Bevölkerung und deren schwarze Sklaven bedeutete nicht nur für die dort ansässigen Kariben die Ausrottung, sondern indirekt auch für die Antigua-Schlanknatter. Hatte sie bis anhin wenige natürliche Feinde, wurde ihr Lebensraum durch die zunehmende landwirtschaftliche Nutzung (Zuckerrohr, Früchte usw.) zerstört. Das definitive Ende bereiteten diesem Reptil auf Antigua die zahlreichen, eingeschleppten Ratten, die sich vor allem auf die Gelege spezialisiert hatten.

Die Entdeckung einer Restpopulation

Schon während längerer Zeit kursierten Gerüchte über Sichtungen der Antigua-Schlanknatter auf Great Bird Island. In den 1960er Jahren war es gewiss, dass die Schlange dort überlebt hatte. Drei Tiere wurden gefangen. Im Jahre 1989 soll ein viertes Exemplar entdeckt worden sein.

Die Insel Great Bird Island ist Antigua nordnordöstlich vorgelagert und kaum drei Kilometer davon entfernt. Ihre Fläche misst ungefähr 10 ha. Nach Westen flach abfallend weist die Insel im Osten schroffe, steil ins Meer abfallende Klippen auf. Sie ist mit niederem Buschwerk und zahlreichen anderen Pflanzenarten bewachsen. Great Bird Island ist Nist-, Brut- und Rastplatz zahlreicher Vogelarten. Kleine Eidechsen und zahlreiche Insektenarten können dort beobachtet werden. Die Insel ist sehr steinig und nicht für die landwirtschaftliche Nutzung geeignet.

Auf Great Bird Island gab es auch keine Mungos, die den Schlangen und Vögeln gefährlich werden konnten. Mungos wurden auf den Westindischen Inseln im frühen 19. Jahrhundert eingeführt. Sie sollten der Bekämpfung der Ratten auf den Zuckerrohrplantagen dienen, konnten aber letztlich gegen die Rattenplage nicht viel ausrichten und wurden ihrerseits zur Gefahr für die einheimische Tierwelt.[1]

Gezielte Forschung

Eine Gruppe von Wissenschaftlern forschte ab 1995 im Auftrage der Naturschutzorganisation FFI (Flora and Fauna International) nach weiteren Antigua-Schlanknattern und zählte insgesamt etwa 50 Exemplare. Viele von ihnen wiesen Wunden auf, die von Ratten stammen mussten. Außerdem war das Zahlenverhältnis Männchen/Weibchen völlig unausgeglichen. Jungtiere wurden keine gefunden.

Maßnahmen zur Rettung

Die größte Bedrohung für die wiederentdeckte Population auf Great Bird Island stellten Ratten dar. Deshalb musste ein Programm entwickelt werden, um alle Ratten auf der Insel auszumerzen. Schließlich beschloss man, Agrochemikalien einzusetzen. Das als ökologisch unbedenklich geltende Rattengift Kleram verabreichte man in Tablettenform. Um zu verhindern, dass diesem Gift auch andere Tiere (Vögel) zu Opfer fielen, wurden Duft- und Geschmacksstoffe mitverarbeitet.

Die Aktion war erfolgreich. Sämtliche Ratten konnten eliminiert werden und heute dürfte die Population der Antigua-Schlanknatter wieder etwa 100 Individuen zählen.

Gegenwärtige und künftige Gefahren

Da auf den unmittelbar benachbarten kleinen Inselchen noch immer zahlreiche Ratten existieren, befürchtet man, dass diese guten Schwimmer auf Great Bird Island wieder einwandern könnten. Deshalb werden auch in den umliegenden Gebieten, die Ratten mit der gleichen Chemikalie vernichtet.

Eine gewisse Gefährdung, wenn auch in geringerem Ausmaß, sind die zahlreichen Wirbelstürme, die durch die Veränderungen des Weltklimas noch zunehmen könnten. Die rund 20.000 Touristen, welche Great Bird Island jährlich besuchen, sind ein weiteres Problem. Die Antigua-Schlanknatter steht deshalb unter konstanter Beobachtung. Infolge der geringen Population besteht theoretisch auch die Gefahr von Erbkrankheiten, die genetisch bedingt durch Inzucht auftreten könnten.

Projekte

Es sind Bestrebungen im Gange, die Antigua-Schlanknatter auf anderen Antigua vorgelagerten Inseln wieder anzusiedeln. Diese müssen jedoch ratten- und mungofrei sein. Auch der Aufbau von Aufzuchtstationen wird erwogen.

Die Weltnaturschutzorganisation IUCN hat die Antigua-Schlanknatter auf die Rote Liste gefährdeter Arten gesetzt.

Weitere mit Alsophis antiguae verwandte Arten sind auf anderen karibischen Inseln beheimatet, so die Jamaika-Schlanknatter (Alsophis ater). Ähnliche Schutzmaßnahmen müssten auch für die dort lebenden endemischen Arten getroffen werden.

Quellen

  1. David Macdonald: Enzyklopädie der Säugetiere. Könemann Verlag, 2001 Seite 586
  • NATIONAL GEOGRAPHIC Deutschland, Oktober 2000, Seite 10
  • The Magazine of LIAT, February 1997
  • David Macdonald: Enzyklopädie der Säugetiere. Könemann Verlag, 2001 ISBN 3897319284

Weblinks