Arginin


Strukturformel
Strukturformel von L-Arginin
L-Arginin
Allgemeines
Name Arginin
Andere Namen
Summenformel C6H14N4O2
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 74-79-3 (L-Enantiomer)
  • 157-06-2 (D-Enantiomer)
PubChem 6322
DrugBank DB00125
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Arzneistoffangaben
ATC-Code
Eigenschaften
Molare Masse 174,20 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

0,7 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

238 °C[1]

pKS-Wert
  • COOH: 2,0[2]
  • NH2: 9,0[2]
  • Guanidin-Gruppe: 12,1 (stark basisch)[2]
Löslichkeit

gut in Wasser (150 g·l−1 bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]

Achtung

H- und P-Sätze H: 319
P: 305+351+338 [3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

L-Arginin, abgekürzt Arg oder R, ist eine proteinogene α-Aminosäure. Für den Menschen ist sie semiessentiell. Der Name leitet sich vom lateinischen Wort argentum (Silber) ab, da die Aminosäure zuerst als Silber-Salz isoliert werden konnte. Diese Aminosäure hat den höchsten Masseanteil an Stickstoff von allen proteinogenen Aminosäuren. Im Dreibuchstabencode wird L-Arginin mit Arg und im Einbuchstabencode als R abgekürzt.

Vorkommen

L-Arginin ist weit verbreitet. Die folgenden Beispiele geben einen Überblick über Arginingehalte und beziehen sich jeweils auf 100 g des Lebensmittels, zusätzlich ist der prozentuale Anteil von gebundenem Arginin am Gesamtprotein angegeben.[4]

Lebensmittel Gesamtprotein Arginin Anteil
Schweinefleisch, roh 20,95 g 1394 mg 0 6,7 %
Hähnchenbrustfilet, roh 21,23 g 1436 mg 0 6,8 %
Lachs, roh 20,42 g 1221 mg 0 6,0 %
Hühnerei 12,57 g 0 820 mg 0 6,5 %
Kuhmilch, 3,7 % Fett 0 3,28 g 0 119 mg 0 3,6 %
Pinienkerne 13,69 g 2413 mg 17,6 %
Walnüsse 15,23 g 2278 mg 15,0 %
Kürbiskerne 30,23 g 5353 mg 17,7 %
Erdnuss, geröstet 23,68 g 2832 mg 11,9 %
Weizen-Vollkornmehl 13,70 g 0 642 mg 0 4,7 %
Mais-Vollkornmehl 0 6,93 g 0 345 mg 0 5,0 %
Reis, ungeschält 0 7,94 g 0 602 mg 0 7,6 %
Buchweizenkörner 13,25 g 0 982 mg 0 7,4 %
Erbsen, getrocknet 24,55 g 2188 mg 0 8,9 %

Alle diese Nahrungsmittel enthalten praktisch ausschließlich chemisch gebundenes L-Arginin als Proteinbestandteil, jedoch kein freies L-Arginin.

Eigenschaften

Arginin ist eine α-Aminosäure mit einer Guanidin-Funktionalität in der Seitenkette. Gemeinsam mit L-Lysin und L-Histidin gehört L-Arginin in die Gruppe der „basischen“ Aminosäuren oder Hexonbasen. Diese besitzen eine basische Gruppe, hier eine Guanidinogruppe, die im Neutralbereich stets protoniert (positiv geladen) ist. Arginin ist gut in Wasser löslich und reagiert (durch Bindung von Protonen) alkalisch. Die Guanidin-Gruppe ist sowohl im sauren und neutralen, als auch im schwach basischen Milieu protoniert und trägt eine positive Ladung, die zwischen den Aminogruppen delokalisiert ist. Proteine, die L-Arginin enthalten, werden durch diese Ladung hydrophiler, also wasserlöslicher.

Arginin liegt überwiegend als „inneres Salz“ bzw. Zwitterion vor, dessen Bildung dadurch zu erklären ist, dass das Proton der Carboxygruppe zum Guanidino-Rest wandert, der stärker basisch als die α-Aminogruppe ist:[5]

Zwitterionen von L-Arginin mit dem mesomeriestabilisierten Guanido-Kation

Im elektrischen Feld wandert das Zwitterion nicht, da es als Ganzes ungeladen ist. Genaugenommen ist dies am isoelektrischen Punkt (bei einem bestimmten pH-Wert, hier 11,2[6]) der Fall, bei dem das Arginin auch seine geringste Löslichkeit in Wasser besitzt.

Freies L-Arginin hat einen bitteren Geschmack.[7]

Stereochemie

In den Proteinen kommt ausschließlich L-Arginin [Synonym: (S)-Arginin] peptidisch gebunden vor. Enantiomer dazu ist das spiegelbildliche D-Arginin [Synonym: (R)-Arginin], das in Proteinen nicht vorkommt. Racemisches DL-Arginin [Synonym: (RS)-Arginin] besitzt geringe Bedeutung.

Strukturformel von L-Arginin
Strukturformel von D-Arginin
L-Arginin (oben) bzw. D-Arginin (unten)

Biosynthese

Im Harnstoffzyklus entsteht L-Arginin aus Carbamoylphosphat, L-Ornithin und L-Aspartat.

Funktionen

L-Arginin ist eine Quelle energiereicher Stickstoff-Phosphat-Verbindungen in Organismen und ist an zahlreichen biologischen Funktionen beteiligt. Es dient in Keimlingen und Speicherzellen als Stickstoff-Reservoir. L-Arginin ist ein Metabolit des Harnstoffzyklus, in dem der Ammoniak, der beim Abbau von Stickstoffverbindungen (z. B. Aminosäuren) entsteht, in Harnstoff umgewandelt wird. L-Arginin ist die alleinige Vorstufe von Stickstoffmonoxid (NO), einem der kleinsten Botenstoffe im menschlichen Körper. Durch Stickstoffmonoxid (NO)-Synthase entsteht aus L-Arginin der Endothelium-derived relaxing Factor (EDRF), der als NO identifiziert wurde. EDRF führt physiologisch zu einer Gefäßerweiterung, indem das NO in die Muskelschicht der Gefäße diffundiert. Es aktiviert dort die lösliche Guanylatcyclase und führt so zur Erschlaffung der glatten Muskulatur und zum Nachlassen des Gefäßtonus. Studien zeigen, dass Arginin über diese Gefäßerweiterung einen erhöhten Blutdruck signifikant senken kann.[8]

Aufgrund der gefäßerweiternden Funktion findet Arginin im Bodybuilding als sogenanntes „Pump-Supplement“ Anwendung, ohne dass diese biologische Wirkung bewiesen ist. Weiterhin führt das NO zur Hemmung der Thrombozytenaggregation und -adhäsion. Dadurch wird die Bereitschaft für thrombotische Veränderungen an Gefäßplaque-Rupturen herabgesetzt, dem häufigsten Grund für cerebrale Insulte. Es wird angenommen, dass Arginin die unterdrückte Immunantwort bei schweren Verletzungen, Mangelernährung, Sepsis und nach Operationen positiv beeinflussen kann. Bei zusätzlicher Gabe wird eine verbesserte zelluläre Immunantwort, eine Abnahme verletzungsbedingter Funktionsstörungen der T-Zellen und eine verstärkte Phagozytose beobachtet. Zusätzlich wird die Ausbildung der endothelialen Dysfunktion (gestörten Gefäßfunktion) verhindert.[9][10]

1998 erhielten die Wissenschaftler Robert F. Furchgott, Louis J. Ignarro und Ferid Murad für die Erforschung des Zusammenhangs von Arginin und NO den Nobelpreis für Medizin.

Bedarf

Der Mensch kann innerhalb des Harnstoffzyklus Arginin selbst synthetisieren, allerdings sind die entstehenden Mengen nicht ausreichend, um den Bedarf vor allem bei heranwachsenden Menschen vollständig zu decken. Daher ist L-Arginin für Kinder essentiell. Aber auch bei Erwachsenen wird der Bedarf an L-Arginin durch die körpereigene Produktion oft nicht ausreichend abgedeckt. Besonders in der Wachstumsphase, durch Stress, bei diversen Krankheiten (z. B. Arteriosklerose, Bluthochdruck, erektile Dysfunktion, Gefäßerkrankungen) oder nach Unfällen übersteigt der Bedarf an Arginin die vom menschlichen Organismus produzierte Menge.

Bei einer Proteinzufuhr von etwa 70–90 g/Tag ergibt sich eine rechnerische tägliche Argininzufuhr von ca. 2–5 g/Tag.[11]

Medizinische Verwendung

L-Arginin wird zur Behandlung einer schweren metabolischen Alkalose verwendet. In der Kinderheilkunde ist L-Arginin auch zur Behandlung eines durch eine schwere angeborene Stoffwechselstörung bedingten erhöhten Ammoniakgehaltes im Blut (Hyperammonämie) angezeigt. Diagnostisch wird L-Arginin zur Abklärung eines Wachstumshormonmangels bei Minderwuchs eingesetzt.

Als (semi)essentielle Aminosäure ist L-Arginin obligatorischer Bestandteil einer parenteralen Ernährung. In Elektrolyt-Konzentraten zum Zusatz zu Infusionslösungen und in peroralen Diätetika wird L-Arginin ebenfalls eingesetzt.[12]

Pharmazeutisch verwendet wird meistens das L-Arginin-Hydrochlorid.

Supplemente

Arginin wird zur Supplementierung bei unzureichender Zufuhr oder erhöhtem Bedarf als diätetisches Lebensmittel, insbesondere als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, gemäß Diätverordnung für verschiedene Krankheitszustände wie erektile Dysfunktion, Arteriosklerose im Frühstadium, endotheliale Dysfunktion und Bluthochdruck vermarktet.[13]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Datenblatt Arginin (PDF) bei Carl Roth
  2. 2,0 2,1 2,2 K.-J. Teresa u. a.: Nickel Ion Complexes of Amino Acids and Peptides. In: Metal Ions in Life Sciences. Band 2: Nickel and Its Surprising Impact in Nature. John Wiley & Sons, 2007, ISBN 978-0-470-01671-8; S. 67; doi:10.1002/9780470028131.ch3.
  3. 3,0 3,1 Eintrag zu CAS-Nr. 74-79-3 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  4. Nährstoffdatenbank des US-Landwirtschaftsministeriums, 22. Ausgabe.
  5. Hans-Dieter Jakubke, Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine. Verlag Chemie, 1982, ISBN 3-527-25892-2, S. 42.
  6. Norman L. Allinger, Michael P. Cava, Don C. de Jongh, Carl R. Johnson, Norman A. Lebel, Calvin L. Stevens: Organische Chemie. Verlag Walter de Gruyter, 1980, ISBN 3-11-004594-X, S. 1129.
  7. W. Ternes, A. Täufel, L. Tunger, M. Zobel (Hrsg.): Lebensmittel-Lexikon. 4. Auflage. Behr’s Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-89947-165-2, S. 62–63.
  8. Dong JY, Qin LQ, Zhang Z, Zhao Y, Wang J, Arigoni F, Zhang W: Effect of oral L-arginine supplementation on blood pressure: A meta-analysis of randomized, double-blind, placebo-controlled trials. In: Am Heart. 2011 J 162, S. 959-965.
  9. U. Landmesser u. a.: Endothelial function: a critical determinant in atherosclerosis? In: Circulation. 109 (21 Suppl 1) 2004, S. II27–II33; PMID 15173060; PDF (freier Volltextzugriff, engl.).
  10. P. Fürst, H-K. Biesalki u. a.: Ernährungsmedizin. Thieme-Verlag, Stuttgart 2004, S. 94–95.
  11. A. Hahn: Nahrungsergänzungsmittel und ergänzende bilanzierte Diäten. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2006, S. 295.
  12. S. Ebel, H. J. Roth (Hrsg.): Lexikon der Pharmazie. Georg Thieme Verlag, 1987, ISBN 3-13-672201-9, S. 56.
  13. Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to L-arginine.

Weblinks

Wiktionary: Arginin – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen