Axolotl



Axolotl

Axolotl (Ambystoma mexicanum)

Systematik
Klasse: Lurche (Amphibia)
Ordnung: Schwanzlurche (Caudata)
Überfamilie: Salamanderverwandte (Salamandroidea)
Familie: Querzahnmolche (Ambystomatidae)
Gattung: Eigentliche Querzahnmolche (Ambystoma)
Art: Axolotl
Wissenschaftlicher Name
Ambystoma mexicanum
(Shaw, 1789)

Der (das) Axolotl (Ambystoma mexicanum) ist ein aquatil lebender mexikanischer Schwanzlurch aus der Familie der Querzahnmolche (Ambystomatidae), der natürlicherweise nur als Dauerlarve auftritt. Die Art erreicht die Geschlechtsreife, ohne ihre äußere Larvengestalt zu verändern und eine bei Amphibien sonst übliche Metamorphose zu durchlaufen. Die Bezeichnung āxōlōtl [aː'ʃoːloːt͡ɬ] stammt aus der aztekischen Sprache Nahuatl, abgeleitet aus atl (Wasser) und xolotl (einem Aztekengott), und bedeutet etwa Wassermonstrum oder nach anderer Deutung Wasserpuppe. Alexander von Humboldt brachte im Jahr 1804 als Erster Axolotl nach Europa, die als exotische Kuriosität im Pariser Naturkundemuseum dienten.

Beschreibung

Ein leuzistischer Axolotl: Grundfärbung wie bei Albinos, Augen jedoch wie üblich schwarz

Geschlechtsreife Axolotl weisen meist eine Gesamtlänge von 23 bis 28 Zentimetern auf (seltener über 30; auch von einzelnen Tieren über 40 Zentimeter wird berichtet) und sind gedrungen gebaut. Sie verfügen über einen kräftigen, seitlich abgeflachten Ruderschwanz mit Flossensäumen, die sich weit nach vorne fortsetzen. An den Flanken sind Rippenfurchen deutlich ausgeprägt. Am flachen, breiten Kopf findet man beidseitig jeweils drei äußere Kiemenäste und dahinterliegend mit Knorpelzähnen besetzte Kiemenspalten. Das breite Maul ist unterständig, die Schnauze ist abgerundet und die kleinen lidlosen Augen stehen weit auseinander. Die Gliedmaßen sind recht kurz, aber kräftig. Die gewöhnliche Wildfärbung der Tiere ist dunkelgrau oder braun marmoriert, bauchseits etwas heller. In der Aquaristik wurden darüber hinaus viele Farbvarianten gezüchtet, darunter leuzistische und albinotische. Dabei wurden teils auch andere Querzahnmolche, namentlich Ambystoma tigrinum, eingekreuzt.[1] Die Geschlechter können in erster Linie anhand der Kloakenregion unterschieden werden: Bei adulten Männchen ist die Kloake etwas hervorgewölbt, bei den Weibchen hingegen flacher.

Vorkommen

Axolotl sind endemisch im Xochimilco-See und im benachbarten Chalco-See innerhalb eines vulkanischen Beckens bei Mexiko-Stadt beheimatet. Diese Seen bilden die Überbleibsel eines ausgedehnten Gewässersystems, das heute teilweise nur noch kanalartig ausgeprägt ist. Aus dem größten Teil des ursprünglichen Areals, etwa dem (ehemaligen) Texcoco-See und dem Zumpango-See, ist die Art inzwischen verschwunden. Die Tiere sind nachtaktiv,[2] bevorzugen kühle, sauerstoffreiche Wasserverhältnisse und halten sich am Gewässergrund auf.

Neotenie

Eine Besonderheit, die Axolotl etwa mit dem Grottenolm und manchen anderen sogenannten obligat pädomorphen Amphibien gemeinsam haben, ist, dass sie nie richtig erwachsen werden, sondern ihr gesamtes Leben im kiemenatmenden Larvenstadium unter Wasser verbringen (vergleiche Hauptartikel Neotenie). Sie wachsen wie die meisten anderen Lurche als Larve heran, metamorphosieren natürlicherweise jedoch nicht. Trotzdem erreichen sie die Geschlechtsreife. Grund für die ausbleibende Umwandlung ist ein angeborener Schilddrüsendefekt: Für die Metamorphose notwendige Hormone können nicht ausgeschüttet werden. Durch künstliche Gabe des Schilddrüsenhormons Thyroxin lässt sich die Metamorphose zu einem terrestrischen, lungenatmenden Querzahnmolch experimentell dennoch herbeiführen.

Evolutionär betrachtet ist das Unterbleiben der Metamorphose jedoch nichts Pathologisches, da die Wohngewässer nicht austrocknen und dem Tier die Umwandlung zum Molch keinen Vorteil brächte (vergleiche Grottenolm).

Regeneration

Axolotl verfügen über die Fähigkeit, Gliedmaßen, Organe und sogar Teile des Gehirns und Herzens wiederherzustellen.[3] Die Regenerate sind in der Regel keine Verkrüppelungen, sondern vollständig und funktionstüchtig.[4] Nach einer Verwundung bildet sich ein Wundepithel, das auch darunterliegendes Gewebe zu Heilungsprozessen veranlasst. Nach wenigen Tagen bildet sich bei verlorenen Körperteilen „eine Art Regenerationsknospe“ (Kerstin Reimers-Fadhlaoui, Laborleiterin im Bioregeneration Center der Medizinischen Hochschule Hannover), aus der das Körperteil nachwächst.[5]

Die Regenerationsfähigkeit macht die Art zu einem lohnenden Forschungsobjekt.[6] Untersucht werden die Mechanismen, die eine solche Regeneration ermöglichen. Bisher nahm man an, dass sich nach einer Verletzung zunächst die umliegenden Zellen in sogenannte „Alleskönner-Zellen“ (pluripotente Stammzellen) zurückentwickeln und im nächsten Schritt aus diesen alle neuen Zellen entstehen. Neuere Forschungen haben ergeben, dass sich Gliedmaßen oder Organe aus Zellen regenerieren, die sich nur jeweils zu bestimmten Gewebetypen weiterentwickeln können.[7] (Zu diesem Forschungsansatz siehe auch: Strudelwürmer.)

Dunkles Exemplar
Laich des Axolotls

Fortpflanzung

Mit etwa 8 bis 15 Monaten werden Axolotl geschlechtsreif. Im natürlichen Lebensraum liegt die Paarungszeit wohl im Februar, wenn in den Bergen der Schnee schmilzt und kühles Tauwasser die Wassertemperatur der Heimatseen vorübergehend deutlich absenkt. In Aquarien kann es auch zu sonstigen Zeiten zur Fortpflanzung kommen. Die Balz des Männchens ist eine Art Tanz: Während der aufgerichtete Schwanz häufig schnelle schlängelnde Bewegungen ausführt, wird der Körper gebeugt. Daraufhin werden eine oder mehrere Spermatophore(n) auf dem Boden abgesetzt. Das Weibchen nimmt diese mit seiner Kloake auf. Einige Stunden später erfolgt das Ablaichen. Die Eier werden vorzugsweise an Blättern von Wasserpflanzen angeheftet. Ein Gelege besteht aus etwa 80 bis 800 Eiern. Die Larven schlüpfen, stark temperaturabhängig, nach ungefähr 15 bis 20 Tagen Embryonalentwicklung. Zunächst zehren sie noch zwei Tage von ihrem Dottervorrat, bevor sie selbständig auf Nahrungssuche gehen.[1]

Nahrung

Wildlebende Axolotl ernähren sich als Lauerjäger von Krebstieren, weiteren wasserbewohnenden Wirbellosen (beispielsweise Insektenlarven), kleinen Fischen und dem Laich sowie Jungtieren von anderen Lurchen. Auch der Nachwuchs der eigenen Art gehört zu ihrem Nahrungsspektrum.

Heimtierhaltung

Bei einer Haltung im Aquarium sollte keine Vergesellschaftung mit anderen Arten erfolgen, sondern nur mit etwa gleich großen Artgenossen. Eine Zusammenhaltung mit Fischen ist zu vermeiden, Futterfische sind möglich. In Gefangenschaft kann man Axolotl hauptsächlich mit Lebendfutter wie Kleinfischen, Schnecken, Bachflohkrebsen, Heimchen, Kellerasseln, Regenwürmern und Mückenlarven ernähren. Ersatzweise werden auch spezielle Pellets verabreicht. Zierfische wie Guppys und Zebrabärblinge sind ebenfalls möglich. Die Fütterung sollte bei gedämpftem Licht erfolgen, da Axolotl dämmerungs- und nachtaktiv sind.

Albinotische Axolotl im Aquarium

Axolotl sind rein unter Wasser lebende Amphibien. Um diese Schwanzlurche möglichst optimal zu halten, sollte die Wassertemperatur durchschnittlich 15 bis maximal 21 °C betragen (optimal sind 17 °C), da höhere Umgebungstemperaturen das Immunsystem der Tiere destabilisieren können. Eine reduzierte Überwinterungstemperatur ist im Aquarium nicht notwendig. Erkrankte Axolotl gesunden jedoch schneller, wenn das Wasser für einige Zeit auf 6 bis 8 °C abgekühlt wird, was ungefähr der Wintertemperatur ihrer Heimatseen entspricht. Axolotl tolerieren zwar Temperaturschwankungen, sollten ihnen aber nicht dauerhaft ausgesetzt sein. Sie leben hauptsächlich am Beckenboden, was bei der Einrichtung des Aquariums zu berücksichtigen ist. Für drei adulte Tiere sollte das Aquarium eine Mindestgröße von 80 mal 40 Zentimetern Grundfläche haben und vorzugsweise mit einem luftbetriebenen Hamburger Mattenfilter (HMF) gefiltert werden. Härteres Leitungswasser mit einem pH-Wert von 7 bis 8,5 ist für die Haltung geeignet. Weiches Regen- oder Tümpelwasser sollte dagegen nicht verwendet werden.

Aquarien-Axolotl stammen ausschließlich aus Nachzuchten, da die Entnahme aus ihren Heimatseen inzwischen streng verboten ist. Der relativ umfangreiche Laich eines Weibchens wird meist von Artgenossen verzehrt. Daher empfiehlt sich zur Zucht die Herausnahme und getrennte Haltung einer Anzahl Eier. Die geschlüpften Larven werden anfangs bis zu einer Größe von 20 Millimetern mit Salinenkrebsen, kleinen Daphnien oder Cyclops gefüttert.

In Gefangenschaft erreicht die Art ein Alter von etwa 12 bis 20 Jahren, auch Einzelfälle höheren Alters bis hin zu 28 Jahren sind bekannt.

Weiterführende Haltungsempfehlungen sollten der Fachliteratur entnommen, oder bei einem Tierarzt erfragt werden.

Gefährdung und Artenschutz

Axolotl sind heute in Gefangenschaft sehr viel häufiger als in ihrem ursprünglichen Lebensraum anzutreffen. Das natürliche Habitat ist aufgrund des Wachstums der Agglomeration von Mexiko-Stadt stark verschmutzt. Bemühungen zur Verbesserung der dortigen Wasserqualität führten bisher aber auch zu keiner Bestandserholung.[8] Die Trockenlegung von Seen und Feuchtgebieten, Staudammbau sowie das Aussetzen gebietsfremder Fischarten (Tilapia, Karpfen) gefährden den natürlichen Axolotlbestand erheblich. Seit 2006 stuft die IUCN den Axolotl in ihrer Roten Liste in der höchsten Gefährdungskategorie critically endangered (akut vom Aussterben bedroht) ein. Nach jüngsten Schätzungen wird die Wildpopulation auf nurmehr 700 bis höchstens 1200 Individuen beziffert, die an sechs verschiedenen Orten innerhalb des Xochimilco-Feuchtgebietes existieren.[9]

Im Washingtoner Artenschutzübereinkommen wird die Art im Anhang II gelistet, in der EG-Verordnung 318/2008 im Anhang B.[10]

Zwei Axolotl

Axolotl in der mittelamerikanischen Kultur

Der Axolotl wurde von den mittelamerikanischen Ureinwohnern gefischt und als Delikatesse angesehen. Die Azteken sahen in ihm ein heiliges Tier, und dennoch war er bei Festessen ein häufiger Leckerbissen. Auch heute noch gelangen illegal wildgefangene Axolotl vereinzelt auf örtliche Märkte und werden zum Verzehr angeboten.

Erwähnenswertes

  • Die Klontanks in Frank Herberts Dune-Zyklus heißen Axolotl-Tank.
  • Literarisch taucht der Name Axolotl in Carl Zuckmayers Schauspiel Der Hauptmann von Köpenick aus dem Jahr 1931 auf,[11] wo die Schuhfabrik, bei der der Schuster und spätere Hauptmann Voigt vergeblich um Arbeit nachsucht, diesen Namen trägt.
  • Ein Axolotl ist auch Mittelpunkt der Kinderbuchreihe Axolotl und seine Freunde von Kevin Kay.
  • Zusätzliche Bekanntheit im deutschsprachigen Raum erlangte das Tier im Jahr 2010 durch Helene Hegemanns Debütroman Axolotl Roadkill und wurde von der Presse als Symbol für Plagiieren verwendet.[12][13]
  • In dem Erzählband Final de Juego (deutsch: Ende des Spiels) widmet der Schriftsteller Julio Cortázar dem Axolotl eine Kurzgeschichte.

Literatur

  • Joachim Wistuba: Axolotl. 2. Auflage. Natur- und Tier-Verlag, Münster 2008, ISBN 978-3-86659-086-1.
  • John Corbon: Das große Buch der Amphibien. Bede, Ruhmannsfelden 1996, ISBN 978-3-931792-00-8.

Weblinks

Commons: Axolotl – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Axolotl – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Arbeitspapier der DGHT zum Axolotl. (PDF online)
  2. Thomas Wolff: Das Original. In: Berliner Zeitung. vom 17. März 2010, Vermischtes, S. 32.
  3. www.dradio.de: Regenerationsgenie Salamander.
  4. B. Menger, P. M. Vogt u.a.: Applying amphibian limb regeneration to human wound healing: a review. In: Annals of plastic surgery. Band 65, Nummer 5, November 2010, S. 504–510, ISSN 1536-3708. doi:10.1097/SAP.0b013e3181d376f9. PMID 20948421. (Review).
  5. Michael Engel: Ein Lurch beflügelt die Wissenschaft - Mediziner wollen vom Axolotl-Molch lernen. In: Deutschlandradio Kultur - Radiofeuilleton - Wissenschaft und Technik. Deutschlandradio, 13. Februar 2011, abgerufen am 27. Juli 2011.
  6. hda/dpa: Forscher lüften Geheimnis nachwachsender Gliedmaßen. In: Spiegel Online. vom 2. Juli 2009
  7. M. Kragl, D. Knapp u.a.: Cells keep a memory of their tissue origin during axolotl limb regeneration. In: Nature. Band 460, Nummer 7251, Juli 2009, S. 60–65, ISSN 1476-4687. doi:10.1038/nature08152. PMID 19571878.
  8. J.: Geht der Axolotl? In: Die Presse. 21. Oktober 2009, S. 28.
  9. M. Walker: Axolotl verges on wild extinction. In: BBC Earth News vom 26. August 2009
  10. Eintrag zum Axolotl bei www.wisia.de
  11. Carl Zuckmayer: Der Hauptmann von Köpenick. Erster Akt, vierte Szene
  12. Julia Seeliger: Guttenberg-Plagiate, die FAZ und das Netz: Der Lurch des Jahres. taz.de. 17. Februar 2011. Abgerufen am 6. Mai 2011.
  13. Florian Güßgen: Plagiatsvorwurf: Die Nöte des Dr. Axolotl zu Guttenberg. In: stern.de. 16. Februar 2011. Abgerufen am 6. Mai 2011.

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