Bettwanze
Bettwanze | ||||||||||||
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Bettwanze Cimex lectularius | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Cimex lectularius | ||||||||||||
Linnaeus, 1758 |
Die Bettwanze (Cimex lectularius), auch Hauswanze, ist eine Wanze aus der Familie der Plattwanzen (Cimicidae). Diese sind darauf spezialisiert, in den Schlafplätzen von homoiothermen (gleichwarmen) Lebewesen – vor allem Menschen – zu leben und sich von deren Blut zu ernähren. Bettwanzen sind Zivilisationsfolger und gelten als klassische Parasiten.
Merkmale
Die erwachsenen Tiere sind nur papierdünn und erreichen Körperlängen zwischen 3,8 und 5,5 Millimeter, im vollgesogenen Zustand bis zu 9 Millimeter. Die Wanzen sind behaart und von rotbrauner Farbe. Die Hinterflügel fehlen völlig; die Vorderflügel sind zu kleinen Schuppen zurückgebildet. Der Halsschild ist vorne halbkreisförmig ausgeschnitten. Die Facettenaugen sind sehr klein, Punktaugen (Ocellen) fehlen.
Verbreitung und Lebensräume
Die Bettwanze ist ein Kosmopolit. Sie ist im Norden bis etwas über den 65. Breitengrad beheimatet. In den Alpen kann sie bis fast 2000 m ü. NN vorkommen. In den Tropen und Subtropen kommen Populationen einer Unterart vor, die vormals als eigene Art C. hemipterus angesehen wurde.
Bettwanzen sind weitgehend an den Menschen und die ihn umgebenden Tiere gebunden. Sie leben in Städten, zum Teil in Wohnungen, die an die Brutplätze verwilderter Tauben angrenzen. Ferner halten sie sich in Ställen sowie in Säugerbauten und Vogelbruthöhlen im Freiland auf.
Lebensweise
Ernährung
Bettwanzen sind Blutsauger und suchen ihre Nahrung beim Menschen, an Haustieren, Fledermäusen und Vögeln. Sie sind nachtaktiv. Sie halten sich tagsüber in trockenen, spaltenförmigen Verstecken auf. Mittels Geruchsstoffen (Aggregationspheromone), die den Wehrdrüsen entstammen, locken sie sich gegenseitig an und bilden größere Ansammlungen. Erwachsene Tiere sind unempfindlich gegen Kälte und können bis zu 40 Wochen ohne Nahrung auskommen. Sie erzeugen bei Beunruhigung einen süßen Geruch, der als Alarm-Pheromon ein fluchtartiges Zerstreuen der Wanzenansammlungen bewirkt. Die Wanze benötigt bis zu zehn Minuten, um ihre Nahrung aufzunehmen, deren Menge bis zum Siebenfachen des Ausgangsgewichts des Insekts erreichen kann.
Fortpflanzung
Wie bei allen Arten der Familie Plattwanzen erfolgt die Paarung der Bettwanzen in außergewöhnlicher Weise. Das Weibchen wird gewissermaßen vom Männchen überfallen, wobei es von rechts hinten an das Weibchen herankriecht und es sofort begattet. Ein vorheriges Werbeverhalten wurde bislang nicht beobachtet.
Die Weibchen der Bettwanzen verfügen wie alle Plattwanzen auf der Bauchseite unter der Haut über ein spezielles Organ ohne Öffnung nach außen, das Ribagasche Organ (engl.: spermalege). Dieses taschenförmige, von außen als kleine Schwellung sichtbare Organ liegt zwischen dem 4. und 5. Sternit und dient während der Begattung allein der Spermienaufnahme und nicht als eine Geschlechtsöffnung. Die Männchen, in der Regel zielgeführt durch dieses weibliche Organ, führen über ein hakenförmiges Kopulationsorgan (Aedeagus) nach Durchstechen der Haut an dieser Stelle die Spermien in die Tasche ein.[1][2] Ein derartiger Begattungsablauf, der gelegentlich auch mit einem Durchstechen der Weibchenhaut an beliebiger Stelle des Abdomens verbunden ist, wird als „traumatische Insemination“ bezeichnet.
Anschließend gelangen die Spermien über die Hämolymphe der Leibeshöhle zunächst in die Receptaculum seminis, welche sich nahe der Ovarien befinden, und befruchten schließlich die Eier. Jedes Weibchen legt durch eine Geschlechtsöffnung, die allein für die Eiablage benutzt wird, etwa ein bis zwölf Eier täglich und während seiner Lebenszeit etwa 200. Sie werden auf raue Oberflächen an Raststellen der Tiere, also an versteckten Orten wie beispielsweise in Möbelritzen, hinter Bildern, Tapeten, in Steckdosen, an Kleidung oder Gardinen, in Bettgestellen, Matratzen oder deren Nähten, geklebt[3] und enthalten bei der Ablage bereits mehr oder weniger weit entwickelte Embryonen. Aus den Eiern schlüpfen innerhalb von 14 Tagen die Larven, die sich in etwa sechs Wochen über fünf Stadien zum adulten Insekt entwickeln. Die Larve der Bettwanze ist dem erwachsenen Tier in der Form, aber nicht in der Farbe ähnlich. Die Larven müssen in jedem der fünf Entwicklungsstadien mindestens einmal Blut saugen. Das Wärmebedürfnis ist vergleichsweise hoch, unter 13 bis 15 °C findet keine Entwicklung mehr statt.
Geschichte
Man vermutet, dass die Bettwanze ursprünglich aus Asien stammt, oder auch aus Höhlen des mittleren Ostens, in denen sich damals zeitgleich sowohl Menschen wie auch Fledertiere aufhielten.[4] Zusammen mit den Menschen hat sie dann von dort aus die Welt besiedelt. Die Bettwanze ist seit dem Altertum im Mittelmeerraum bekannt. Ins Innere Europas gelangte sie erst, als die Menschen sich Wohnungen zu bauen begannen, in denen Temperatur und Luftfeuchtigkeit wanzengerecht waren. Dies geschah erst im 17. Jahrhundert. Seitdem hat sich die Bettwanze stark verbreitet.
Medizinische Bedeutung
Ihr Speichel ruft bei den meisten Menschen für länger als eine Woche sehr starken Juckreiz hervor. Wegen anästhetisierender Wirkstoffe im Speichel wird der Stich aber nicht sofort bemerkt. Bei empfindlicheren Menschen kann es zu großflächigen Hautentzündungen, Unbehagen und Sehstörungen kommen.
Wanzen werden nur selten und nur bei gezielter Suche entdeckt; jedoch herrscht in von Wanzen befallenen Zimmern meist ein charakteristischer, süßlicher Geruch.[5]
Insgesamt wurden schon 28 verschiedene Krankheitserreger in den Bettwanzen nachgewiesen, unter anderem auch das Hepatitis-B-, das Hepatitis-C- und das HI-Virus. Insbesondere gelten Wanzen als Überträger des Q-Fiebers. Für eine Übertragung von Hepatitis B, Hepatitis C und HIV[6] fehlen jedoch wissenschaftliche Belege.[7]
Eine Infektion, insbesondere mit Hepatitis B, ist allerdings nicht auszuschließen. Da das Hepatitis-B-Virus sich jedoch nicht in der Wanze vermehrt, könnte es nur auf mechanischem Wege weitergegeben werden (siehe auch Virusinfektion). Drei Übertragungswege sind denkbar: Töten der Tiere durch Zerquetschen mit der Hand, Kontakt mit den tierischen Ausscheidungen und Unterbrechung des Saugvorganges, bei der halbverdautes Material wieder herausgewürgt werden kann.[8]
Bekämpfung
Bettwanzenbekämpfung ist beratungs- und arbeits-intensiv und hat viele Komponenten. Sie beginnt mit einer sorgfältigen Befallsermittlung, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Insektizid-Einsatz sollte in jedem Falle einem Fachmann, d.h. einem Schädlingsbekämpfer, überlassen werden. Eine andere Methode ist, mit einem speziellen Ofen die Zimmertemperatur während eineinhalb Tagen auf ca. 55 °C zu erhöhen (Wärmeentwesung). Bei dieser Temperatur sterben die Tiere und ihre Eier ab. Auch diese Methode sollte nur von Spezialisten durchgeführt werden.
Da sich heute die Hygiene wesentlich verbessert hat und die Wohnungen im Allgemeinen und auch in eher versteckten Ecken häufiger und gründlicher gesäubert werden, ist es für die Bettwanzen schwerer geworden, geschützte Orte für ihre Eiablage zu finden. Seit kurzer Zeit aber werden die Tiere – vor allem in Hotels – wieder vermehrt festgestellt. Ein Grund hierfür könnte sein, dass sie eine Resistenz gegen die Insektizide entwickelt haben. Als weiterer Grund kommen die veränderten Behandlungsmethoden in Frage.[9] Bis in die 1990er Jahre hinein wurde z. B. bei einer Schabenbekämpfung der gesamte Raum mit Insektiziden begast. Eventuell sich im selben Raum befindende Bettwanzen wurden somit gleichzeitig abgetötet. Heute werden Schaben mit Fraßködern bekämpft, auf die Bettwanzen nicht reagieren.
Literatur
- E. Wachmann, A. Melber & J. Deckert: Wanzen. Band 1: Dipsocoromorpha, Nepomorpha, Gerromrpha, Leptopodomorpha, Cimicomorpha (Teil I). Neubearbeitung der Wanzen Deutschlands, Österreichs und der deutschsprachigen Schweiz, Goecke & Evers, Keltern, 2006, ISBN 3-931374-49-1.
- Ekkehard Wachmann: Wanzen beobachten - kennenlernen. J. Neumann, Neudamm/ Melsungen 1989, ISBN 3-7888-0554-4.
- Hermann Levinson & Anna Levinson: Die Bettwanze, ein Ektoparasit der Fledermaus und des Menschen in eiszeitlichen Höhlen und zeitgemäßen Wohnstätten. Forschungsarbeiten über Insekten und andere Gliedertiere sowie deren Kulturgeschichte, 2004, URL
- Klaus Reinhardt, Michael T. Siva-Jothy: Biology of the Bed Bugs (Cimicidae). In: Annual Review of Entomology, Januar 2007, Vol.: 52, S. 351–74 doi:10.1146/annurev.ento.52.040306.133913, Volltext als PDF-Datei
Weblinks
- „Bettwanzen erobern New York: First they take Manhattan“, FAZ, 7. Dezember 2006
- Merkblatt der Beratungsstelle Schädlingsbekämpfung der Stadt Zürich: Die Bettwanze, PDF-Datei, 150 kB
Einzelnachweise
- ↑ M. T. Siva-Jothy: Trauma, disease and collateral damage: conflict in cimicids. In: Philosophical Transactions of The Royal Society Biological Sciences. (Phil. Trans. R. Soc. B) 2006, Nr. 361, S. 269-275
- ↑ E. H. Morrow, G. Arnqvist: Costly traumatic insemination and a female counter-adaptation in bed bugs. In: Proceedings. Biological sciences / The Royal Society. (Proc. R. Soc. B) 2003, Nr. 270, S. 2377-2381
- ↑ WHO, Vector Biology and Control Division, 1982, VI: Bed Bugs, Document WHO/VBC/82.857
- ↑ Gary R. Mullen, Lance A Durden (Hrsg.): Medical and Veterinary Entomology. Second Edition, Academic Press, Boston 2009, ISBN 0-12-372500-3, S. 80.
- ↑ „Von Bettwanzen und Haarbalgmilben“, aus: CME-Premium-Fortbildung f. d. med. Praxis Nr. 2/ 2010, Springer Verlag Heidelberg, Hörbeitrag
- ↑ PG Jupp, SF Lyons: Experimental assessment of bedbugs (Cimex lectularius and Cimex hemipterus) and mosquitoes (Aedes aegypti formosus) as vectors of human immunodeficiency virus. In: AIDS. Sep. 1987, Vol. 1, Iss. 3, S. 171-4 : „... unlikely to occur in bedbugs under natural conditions.“
- ↑ Schädlingsexpertin Karolin Bauer-Dubau zitiert in Claudia Fromme: „Wanzen, der Feind in meinem Bett“, Süddeutsche Zeitung, 25. Februar 2007
„Von Bettwanzen und Haarbalgmilben“, in: CME-Premium-Fortbildung f. d. med. Praxis. Nr. 2/ 2010, Springer-Verlag Heidelberg - ↑ Aufsatz zu den mechanischen Übertragungsweisen des Hepatitis-B-Virus von der Gemeinen Bettwanze auf den Menschen in: South African medical journal 15. Jan. 1983, Vol. 63, Iss. 3, S. 77 - 81, PMID 6849170 (englisch)
- ↑ Claudia Imfeld: „Wanzen auf dem Vormarsch“, Tages-Anzeiger, 29. November 2006