Bienenkönigin


Die Bienenkönigin (Mitte) mit ihrem Hofstaat

Die Bienenkönigin, auch Weisel oder Stockmutter genannt, ist das einzige geschlechtsreife weibliche Tier im Volk der Honigbienen. Ihr Hinterleib ist im Vergleich zu denen der beiden anderen Phänotypen Drohn und Arbeiterin deutlich länger und nimmt im Laufe des Lebens geringfügig an Volumen zu. In diesem sind mehrere voll entwickelte Eischläuche (Ovarien) vorhanden. Die Funktion der Königin besteht im Legen von Eiern und der pheromonellen Steuerung des Stocklebens zum Erhalt des Bienenvolks. Wie die Arbeiterinnen hat die Königin zwar auch einen Stachel, setzt diesen aber nur vor dem Hochzeitsflug – zum Töten von Rivalinnen – ein.

Entstehung

Bienenköniginnen entstehen entweder, weil sich das Bienenvolk über das Schwärmenvermehren teilt, oder weil die bisherige Königin durch Tod oder aus Altersgründen ersetzt wird. Letzteres wird dann Nachschaffung genannt.

Die Entwicklung erfolgt, wie auch die der Arbeitsbienen, aus befruchteten Eiern. Die jungen Königinnen sind zunächst gewöhnliche Schwestern der Arbeitsbienen und mit diesen zu 75 % verwandt.

Im Gegensatz zu den Larven der Arbeiterinnen werden Königinnen aber über die gesamte Dauer des Larvenstadiums mit einem von den Ammenbienen in speziellen Kopfdrüsen erzeugten Futtersaft, dem Gelée Royale ernährt und in eigenen, senkrecht (statt waagrecht) ausgerichteten Weiselzellen aufgezogen. Diese werden von den Stockbienen entweder auf der Wabe durch Umbau erstellt (Nachschaffungszellen), oder extra an den Wabenunterkanten angesetzt (Schwarmzellen). Die Entscheidung zur Produktion neuer Weiseln wird von den Arbeitsbienen getroffen, sofern die Konzentration bestimmter Pheromone einen bestimmten Grenzwert unterschreitet. Der Prozess tritt in aller Regel bei starkem Wachstum der Völker oder bei defekter Weisel ein.

Evolutionsbiologisch wird diese Verhaltensweise so erklärt, dass die Aufzucht einer neuen Königin die einzige Möglichkeit für die (unfruchtbaren) Arbeiterinnen darstellt, den eigenen Genpool in die nächste Generation zu transportieren. Auch der empirisch festgestellte Altruismus der Arbeiterinnen wird so erklärt.

Begattung und Lebenszeit

Junge Königinnen fliegen im Alter von ein bis zwei Wochen einmal oder auch mehrfach zur Paarung mit insgesamt etwa 12 Drohnen aus. Bei diesen Hochzeitsflügen an sogenannten Drohnensammelplätzen nehmen sie den Samen der Drohnen in ihrer Samenblase auf. Dieser reicht für eine Lebenszeit von bis zu vier Jahren. Geht der Samenvorrat zu Ende, legt die Königin vermehrt unbefruchtete Eier, aus denen sich Drohnen entwickeln. Während der Vegetationszeit, wenn frische Brut vorhanden ist, wird eine solche Königin vom Volk durch Nachschaffung ersetzt.

Die Königin paart sich beim Hochzeitsflug mit mehreren Drohnen, nicht nur aus dem eigenen Volk. Da sie somit gemischtes Sperma erhält, zerfallen ihre diploiden Nachkommen, die Arbeiterinnen eines Volkes, in verschiedene Abstammungslinien, die sogenannten Fraktionen. Das bedeutet, dass die Arbeiterinnen verschiedener Fraktionen nicht zu 75 % miteinander verwandt sind und demnach etwas voneinander abweichende Verhaltensmerkmale aufweisen, was dem Bienenvolk eine höhere Fitness verleiht als es bei einer Paarung der Weisel mit ausschließlich einer einzigen Drohne möglich wäre. So können bestimmte Fraktionen auf Bedingungen besser reagieren als andere Fraktionen, je nachdem, welche verhaltenswirksamen Gene sie besitzen.

Legeleistung

Die Volksstärke eines Bienenvolkes schwankt im Jahreslauf. Bei den Bienen der gemäßigten Klimaregionen hat sie im zeitigen Frühjahr ihr Minimum und erreicht etwa zur Sonnenwende ihr Maximum. Bei den individuenstarken Rassen der Westlichen Honigbiene, z.B. der Buckfast-Biene, können das 50.000 Tiere sein. Zeitlich dazu passend beginnt die Königin nach einer Winterpause, etwa Mitte/Ende Februar (Nordhalbkugel) mit dem Eierlegen und erreicht gegen Ende Mai Spitzenwerte von bis zu 2.000 Eier am Tag - mehr als ihr eigenes Körpergewicht.

Pheromonquelle

Neben ihrer Hauptaufgabe, dem Eierlegen während der Vegetationszeit, gibt die Königin auch über ihre Mandibeln die sogenannte Königinnensubstanz ab. Diese enthält ein Pheromon, das die anderen Weibchen, die Arbeitsbienen, in ihrer Geschlechtlichkeit hemmt und für das Wohlbefinden des ganzen Insektenstaates sorgt.

So merken die Bienen z.B. am Fehlen dieser Pheromone innerhalb kurzer Zeit, dass ihre Königin gestorben, oder durch einen imkerlichen Eingriff verloren gegangen ist. Passiert das zu einer Zeit, in der Brut vorhanden ist, so fangen die Bienen an, einige Brutzellen von jungen Arbeiterinnenlarven zu Weiselzellen umzubauen und darin durch die andere Ernährung neue Königinnen als Ersatz nachzuziehen.

Drohnenbrütigkeit

Von einer Afterweisel gelegte Eier. Auffällig ist, dass sich die Eier nicht in der Mitte des Zellenbodens befinden und einige Zellen doppelt bestiftet sind.

Bedrohlich für ein Bienenvolk ist der Verlust der Königin außerhalb der eigentlichen Brutzeit. In einem solchen Fall ist entweder gar keine Brut vorhanden, so dass auch keine neue Königin nachgeschafft werden konnte, oder es konnte zwar eine junge Königin aus der Brut nachgezogen werden, diese wurde aber aufgrund des Fehlens von Drohnen oder geeigneten Umweltbedingungen für den Hochzeitsflug nicht begattet. Im ersten Fall fangen nach einiger Zeit einige Arbeitsbienen, sogenannte Afterweisel, an, Eier zu legen oder, im zweiten Fall, legt die junge Königin nach meistens drei bis vier Wochen nur unbefruchtete Eier. Letzteres tritt ein, wenn der alten Weisel Sperma fehlt oder wenn sie erkrankt ist. In beiden Fällen entsteht ausschließlich Drohnenbrut (männliche Parthenogenese) in mitunter größerer Menge, woran das Bienenvolk dann aufgrund der fehlenden Volkserneuerung – also fehlende diploide Arbeiterinnen – zugrunde geht. In der Imkerei kann ein solches Volk mitunter durch das Entfernen der alten Königin und Einsetzen einer jungen Weisel gerettet werden, doch ist dieser Kunstgriff selten erfolgreich, denn es sind zahlreiche Randbedingungen zu beachten und auch das zufällige "passen" der Pheromone spielen eine Rolle.

Eine Ausnahme stellt die Kapbiene A.m. capensis dar. Fehlt die ursprüngliche Königin, so beginnen nach etwa drei Tagen ein paar Arbeiterinnen, unbefruchtete Eier zu legen, aus denen dann aber – und das ist das Besondere – hauptsächlich Arbeiterinnen entstehen (weibliche Parthenogenese). Aus diesen Eiern können sogar wieder Königinnen aufgezogen werden. Diese Möglichkeit setzt sich jedoch nicht als gewöhnliche Fortpflanzungmöglichkeit durch, da mit der Parthenogenese mittelfristig evolutionäre Nachteile verbunden sind.[1].

Schlupfjahrmarkierung

Aus unterschiedlichen Gründen, insbesondere zur Altersbestimmung und der schnellen Identifikation im Bienenstock, markieren Imker gelegentlich ihre Jungköniginnen mit einem aufgeklebten Opalith-Farbplättchen (auch nummeriert), Zeichenfarbe oder Zeichenstift auf dem Rückenpanzer.

Mit einem weißen Plättchen (für 2006) gezeichnete Königin

Die Jahresfarben sind international einheitlich und wiederholen sich alle fünf Jahre in der gleichen Reihenfolge, beginnend mit der Farbe Weiß. Die Königin wird markiert, indem sie aus dem Bienenstock kurzzeitig entnommen wird, und in eine Haltevorrichtung eingesperrt wird. Mit einem mit Watte beschichtetem Kolben wird der Platz für die Königin verringert und diese wird somit in die schmale Öffnung, die sich am oberen Ende der Markierungsapparatur befindet, festgehalten. So kann der Imker das Insekt beschriften und nach kurzem Trocknungsvorgang wieder in das Volk zurücklassen. Handelsübliche Plättchen enthalten mitunter winzige aufgedruckte Zahlen. Zur Befestigung wird ein ungiftiger Kleber verwendet.

Jahresmarkierungen Bienenköniginnen
weiß gelb rot grün blau
2006 2007 2008 2009 2010
2011 2012 2013 2014 2015
2016 2017 2018 2019 2020

Merksatz zu den Jahresmarkierungen: "Weiß, gelb und rot grünen die Rosen vor blauem Himmel."

Kunst

Die Bienenkönigin, der Bienenstaat und der Honig spielen im Werk des Joseph Beuys eine wichtige Rolle. Der Honig steht zum Teil für seine symbolische Wirkung für die sozialen Strukturen innerhalb des Bienenstaates, sowie auch als Substanz der Gedanken.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Friedrich Ruttner: Naturgeschichte der Honigbienen. (Biologie, Sozialleben, Arten und Verbreitung). 2. Auflage. Kosmos, Stuttgart 2003, ISBN 3-440-09477-4.

Weblinks

Wiktionary: Bienenkönigin – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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