Brachsenkräuter



Brachsenkräuter

See-Brachsenkraut (Isoëtes lacustris)
(A) Ganze Pflanze - (1) Blattgrund mit Sporangium am Grund und Blatthäutchen darüber - (2) Längsschnitt und (3) Querschnitt des Blattgrundes mit dem gekammerten Sporangium - (4) Querschnitt durch Sprossbasis

Systematik
Lycophyten
Unterabteilung: Lycopodiophytina
Klasse: Bärlapppflanzen (Lycopodiopsida)
Ordnung: Brachsenkrautartige (Isoetales)
Familie: Brachsenkrautgewächse
Gattung: Brachsenkräuter
Wissenschaftlicher Name der Familie
Isoetaceae
Dumort.
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Isoëtes
L.

Die Brachsenkräuter (Isoëtes) sind die einzige rezente Gattung der Pflanzenordnung Brachsenkrautartigen (Isoetales) innerhalb der Klasse Bärlapppflanzen (Lycopodiopsida). Diese ausdauernden krautigen Pflanzen mit knolliger Sprossachse wachsen untergetaucht im Wasser oder auf feuchtem Boden und kommen fast weltweit vor.

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Die Brachsenkräuter wachsen als ausdauernde krautige Pflanzen und besitzen einen binsenartigen Habitus; darin unterscheiden sie sich von allen anderen Bärlapppflanzen.

Sprossachse

Die Brachsenkräuter besitzen eine kurze, fleischige, aufrechte Knolle als Sprossachse. Die Sprossachse ist selten ein- oder zweimal dichotom verzweigt, diese Arten wurden früher in eine eigene Gattung Stylites gestellt. Die Knolle wächst unterirdisch. Das Meristem am oberen Ende ist unterdrückt. Die Knolle ist zwei- selten dreilappig, eher kugelig bis waagrecht spindelförmig.

Die Sprossachse verfügt über ein sekundäres Dickenwachstum. Dieses erfolgt über eine Kambiumzone aus mehr oder weniger isodiametrischen Zellen, die in der Knolle um das primäre Leitgewebe entsteht. Dieses Kambium bildet wenig Xylem- und Phloem, aber viel Rindengewebe. In Arten der temperaten Zonen ist das Kambium jahreszeiten-abhängig aktiv. Gleichzeitig mit der Bildung von neuem Gewebe wird die äußerste Gewebezone zusammen mit den Blattresten und Wurzeln abgestoßen. Die reife Knolle behält daher eine konstante Größe.

Das primäre Xylem besteht aus mehr oder weniger isodiametrischen Tracheiden. Am Unterende der Stele bilden sie eine ankerförmige Verzweigung, die in der gleichen Ebene liegt wie die Querspalte an der Unterseite der Knolle. Das vom Kambium nach innen abgegebene Gewebe differenziert sich zu einem Gemisch aus Tracheiden, Siebzellen und Parenchym. Das nach außen abgegebene Gewebe ist parenchymatisch. Eine das Leitgewebe abgrenzende Endodermis fehlt bei den Brachsenkräutern.

Wurzeln

Das untere Meristem ist gleichfalls unterdrückt und liegt in der Querspalte der Knolle. Die Wurzeln entspringen der Unterseite der Knolle nahe dem Meristem. Die Wurzeln besitzen ein einzelnes Leitbündel, das von einer zweischichtigen Rinde umgeben ist: die äußere ist recht widerstandsfähig, die innere besteht aus zartwandigen Zellen und zahlreichen luftgefüllten Zellzwischenräumen.

Blätter

Jeder der Seitenzweige trägt am oberen Ende ein Büschel von Federkiel-ähnlichen Blättern (Mikrophyllen). Die Mikrophylle tragen eine Ligula. Die Blätter sind 1 bis 70 cm lang und stehen bei jungen Pflanzen zunächst in zwei Reihen (distich), dies geht bald in eine dichte Spirale um das Meristem über.

Die Blätter sind von einem einzelnen Leitbündel durchzogen, das häufig sehr dünn ist. Um das Gefäßbündel liegen vier Luftkanäle, die in Abständen von Querwänden unterbrochen sind. Bei Wasserpflanzen sind die Luftkanäle besonders stark ausgeprägt. Die Blattbasis ist verbreitert und chlorophyllfrei. Die Basen überlappen sich und bilden einen Schopf.

Vermehrung und Gametophyten

Die Isoëtales sind heterospor. Die Sporophylle unterscheiden sich nicht wesentlich von sterilen Blättern. Die in der Wachstumssaison zuerst gebildeten Blätter bilden Megasporangien, die späteren Mikrosporangien, die zuletzt gebildeten Blätter sind häufig steril. Das Sporangium entsteht zwischen Ligula und Achse. Ein Teil des Gewebes im Inneren des Sporangiums verbleibt steril und bildet Zwischenwände, sogenannte Trabeculae. Das reife Sporangium ist von einer dünnen Hülle, dem Velum eingeschlossen. Das Velum entsteht unterhalb der Ligula und wächst über das Sporangium, wobei ein zentrale Öffnung, das Foramen, freibleibt.

In einem Megasporangium werden etwa 100 Megasporen in der Größe von 0,2 bis fast 1 mm gebildet. In den Mikrosporangien entstehen bis zu einer Million Mikrosporen von bis zu 40 Mikrometer Durchmesser. Die Mikrosporen sind monolet, besitzen nur eine Trennungsnarbe, während die Megasporen trilet sind, eine dreistrahlige Narbe besitzen. Isoetes ist damit die einzige rezente Gattung der Bärlapppflanzen, die monolete Sporen bilden, aber auch eine der ganz wenigen Pflanzen, die an einem Individuum sowohl mono- als auch trilete Sporen bilden.

Die Sporen werden erst im Zuge der Zersetzung des Sporophylls freigesetzt. Keimung und Entwicklung der Gameten ähneln der bei den Moosfarnen. Im Unterschied dazu verbleibt der männliche Gametophyt vollständig in der Spore (ist endospor). Aus dem einzigen Antheridium gehen vier Spermatozoide hervor, die im Gegensatz zu denen bei den Moosfarnen und bei Lycopodium vielgeißelig sind. Die Spermatozoide werden durch Aufreißen der Mikrosporen-Wand freigesetzt. Der weigliche Gametophyt ähnelt dem der Moosfarne. Die Zellbildung reicht bis weit in das Sporeninnere hinein, ein Diaphragma wie bei vielen Moosfarnen fehlt. Die Entwicklung des weiblichen Gametophyten verläuft zunächst endospor, der wachsende Gametophyt reißt allerdings die Megaspore auf entlang der dreistrahligen Narbe. Er bildet allerdings kein Chlorophyll. Die Archegonien ähneln ebenfalls denen der Moosfarne, ihr Hals besteht allerdings aus vier Zelllagen, nicht aus zwei.

Die erste Teilung der Zygote verläuft leicht schief. Es wird kein Suspensor gebildet, der Embryo ist dennoch endoskopisch, da die äußere Zelle den Fuß bildet, der gesamte restliche Embryo von der verbliebenen inneren Zelle abstammt. Der Embryo dreht sich im Laufe des Wachstums, sodass er schlussendlich zur Oberseite des Gametophyten weist. Er bricht aus dem Gametophyten hervor, die Jungpflanze verbleibt noch einige Zeit von einer Scheide aus Gametophyten-Gewebe umgeben.

Aus triploiden Arten von Isoëtes ist Apogamie bekannt. Häufig kommt asexuelle Fortpflanzung mittels Knospenbildung anstelle des Sporangiums vor.

Isoetes tegetiformans

Systematik und Verbreitung

Isoëtes ist die einzige rezent vorkommende Gattung der Ordnung Isoëtales. Die früher zu Stylites gerechneten Arten werden heute zu Isoetes gerechnet.

Die Gattung Isoëtes umfasst etwa 150[1][2] Arten. Nur das See-Brachsenkraut und das Stachelsporige Brachsenkraut kommen als Seltenheiten in Mitteleuropa vor.[3] In Europa, Nordafrika und Vorderasien gibt es folgende Arten:[2][4]

  • Isoetes anatolica Prada & Rolleri[5]
  • Isoetes azorica Durieu ex Milde, kommt nur auf den Azoren vor
  • Isoetes boryana Durieu, kommt nur in Frankreich vor
  • Isoetes duriei Bory, kommt im Mittelmeergebiet vor
  • Stachelsporiges Brachsenkraut oder Igelsporiges Brachsenkraut (Isoëtes echinospora Durieu), kommt in Europa, in Ostasien, Nordamerika und Grönland vor und ist in Sibirien eingebürgert
  • Isoetes fluitans M.I.Romero[6]
  • Isoetes heldreichii Wettst., kommt nur in Griechenland vor
  • Isoetes histrix Bory, kommt im Mittelmeergebiet und in Westeuropa vor
  • See-Brachsenkraut (Isoëtes lacustris L.), kommt in Europa, in Westsibirien, in Japan, Nordamerika und Grönland vor
  • Isoetes libanotica Musselman, Bolin & R.D.Bray[7]
  • Isoetes malinverniana Cesati & De Not., kommt nur in Nordwestitalien vor
  • Isoetes olympica A.Braun, kommt nur in Vorderasien vor
  • Isoetes setacea Lam., (Syn.: Isoetes delilei Rothm.), kommt nur in Frankreich, in Spanien und in Portugal vor
  • Isoetes subinermis (Durieu) Cesca & Peruzzi[8]
  • Isoetes todaroana Troìa & Raimondo[9]
  • Isoetes velata A.Braun (Syn.: Isoëtes boryana Durieu),[10] mit mehreren Unterarten, kommt im westlichen Mittelmeergebiet und in Portugal vor

Weitere Arten sind (Auswahl):

  • Isoetes andicola (Amstutz) L.D.Gómez (Syn.: Stylites andicola Amstutz), kommt in den Anden Südamerikas vor
  • Isoetes cubana Engelm. ex Baker
  • Isoetes mexicana Underw.
  • Isoetes sinensis Palmer
  • Isoetes tegetiformans Rury

Belege

  • Peter R. Bell, Alan R. Hemsley: Green Plants. Their Origin and Diversity. 2. Auflage, Cambridge University Press, Cambridge 2000, ISBN 0-521-64109-8, S. 159–161 (Beschreibung).
  • W. Carl Taylor, Neil T. Luebke, Donald M. Britton, R. James Hickey, Daniel F. Brunton: Isoetaceae. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 2: Pteridophytes and Gymnosperms. Oxford University Press, New York 1993, ISBN 0-19-508242-7, S. 64 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)., online (Beschreibung).
  • Anthony Clive Jermy, John Robert Akeroyd: Isoetes L. In: Thomas Gaskell Tutin u.a.: Flora Europaea. 2. Auflage, Band 1, Seite 6-7. Cambridge University Press 1993. ISBN 0-521-41007-X
  • Walter Erhardt u. a.: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2008. ISBN 978-3-8001-5406-7

Einzelnachweise

  1. W. Carl Taylor, Neil T. Luebke, Donald M. Britton, R. James Hickey, Daniel F. Brunton: Isoetaceae. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 2: Pteridophytes and Gymnosperms. Oxford University Press, New York 1993, ISBN 0-19-508242-7, S. 64 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)., online.
  2. 2,0 2,1 Michael Hassler, Bernd Schmitt: Checklist of Ferns and Lycophytes of the World. Version 2.1: Isoetes. Karlsruhe 2011.
  3. Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. die umfassende Bestimmungs- und Informationsdatenbank der Pflanzenwelt Deutschlands und angrenzender Länder ; der Schlüssel zur Pflanzenwelt ; mit ausführlicher Begleitbroschüre. CD-ROM, Version 1.1. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6.
  4. , online.
  5. Carmen Prada, Cristina H. Rolleri: A new species of Isoetes (Isoetaceae) from Turkey, with a study of microphyll intercellular pectic protuberances and their potential taxonomic value. In: Botanical Journal of the Linnean Society. Band 147, Nr. 2, 2005, S. 213–228, DOI:10.1111/j.1095-8339.2005.00362.x.
  6. M. I. Romero Buján, J. Amigo, P. Ramil: Isoetes fluitans sp. nov.: the identity of Spanish plants of 'I. longissimum'. In: Botanical Journal of the Linnean Society. Band 146, Nr. 2, 2004, S. 231–236, DOI: 10.1111/j.1095-8339.2004.00315.x.
  7. Jay F. Bolin, Rebecca D. Bray, Lytton John Musselman: A New Species of Diploid Quillwort (Isoetes, Isoetaceae, Lycophyta) from Lebanon. In: Novon. Band 21, Nr. 3, 2011, S. 295-298. DOI:10.3417/2010028
  8. Giuliano Cesca, Lorenzo Peruzzi: Isoëtes (Lycophytina, Isoetaceae) with terrestrial habitat in Calabria (Italy). New karyological and taxonomical data. In: Flora Mediterranea. Band 11, 2001, S. 303-309, PDF-Datei.
  9. Angelo Troia, M. Raimondo: Isoëtes todaroana (Isoëtaceae, Lycopodiophyta), a New Species from Sicily (Italy). In: American Fern Journal. Band 99, Nr. 4, 2009, S. 238-243, DOI:http://dx.doi.org/10.1640/0002-8444-99.4.238.
  10. M. I. Romero, C. Real: A morphometric study of three closely related taxa in the European Isoetes velata complex. In: Botanical Journal of the Linnean Society. Band 148, Nr. 4, 2005, S. 459–464, DOI: 10.1111/j.1095-8339.2005.00419.x

Weblinks

Commons: Brachsenkräuter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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