Claude Bernard (Physiologe)
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- Physiologe
- Mediziner (19. Jahrhundert)
- Hochschullehrer (Sorbonne)
- Hochschullehrer (Collège de France)
- Mitglied der Académie française
- Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften
- Auswärtiges Mitglied der Royal Society
- Mitglied der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften
- Träger der Copley Medal
- Franzose
- Geboren 1813
- Gestorben 1878
- Mann
Claude Bernard (* 12. Juli 1813 in Saint-Julien im Département Rhône; † 10. Februar 1878 in Paris) war ein französischer Mediziner und Physiologe.
Er entdeckte die Rolle der Pankreassekretion bei der Verdauung von Fetten, die Rolle der Leber bei der inneren Sekretion von Glukose im Blut, womit man der Ursache der Zuckerkrankheit auf die Spur kam. Er zeigte auch auf, wie Kohlenstoffmonoxid die Atmung blockiert.
Leben
Claude Bernard wurde in Saint Julien[1] (genauer in der Ortschaft Chatenay) im Beaujolais als Sohn von Pierre François Bernard († 1847), einem Winzer und Lehrer, und Jeanne Saulnier († 1867) geboren. Er war der älteste Sohn dieser vierköpfigen Familie. Der Dorfpfarrer vermittelte ihm die Grundkenntnisse im Schreiben und Lesen.
Bernard besuchte zunächst die Jesuitenschule in Villefranche-sur-Saône, dann wurde er Schüler am Collège de Thoissey. Im Alter von achtzehn Jahren musste er das Gymnasium aus finanziellen Gründen verlassen. Um seinen Vater zu unterstützen, nahm er eine Stelle als Apothekerlehrling an. Zwischen den Jahren von 1832 bis 1833 war er als Apothekerlehrling in Vaise einer Vorstadt von Lyon tätig.[2] Im Jahre 1834 reiste er nach Paris. Vor seinem Medizinstudium beschäftigte sich der inzwischen Zwanzigjährige mit der Schriftstellerei. So schrieb er u. a. das Theaterstück La Rose du Rhône, welches in Lyon aufgeführt wurde. Ein anderes Werk das (Historien-) Drama Arthur de Bretagne, legte er dem Literaturkritiker Saint-Marc Girardin vor. Dieser war aber von dem Stück nicht sonderlich berührt und riet C. Bernard, die Schriftstellerei nicht zu seinem Hauptberuf machen zu wollen.
1834 zog Bernard nach Paris. Hier erwarb er das Baccalauréat und schrieb sich an der medizinischen Fakultät der Universität Paris ein. 1843 erhielt Bernard die Approbation.[3] Das Thema seiner 1844 an der Medizinfakultät Paris veröffentlichten Dissertation lautete Des matières colorantes chez l’homme.[4] Im Jahre 1848 wurde er Assistent von François Magendie am Hôtel-Dieu in Paris. Mit seiner Arbeit Recherches sur une nouvelle fonction du foie considéré comme organe producteur de matière sucrée chez l’homme et les animaux promovierte er 1853 in der Zoologie. 1854 wurde für Bernard ein Lehrstuhl für Allgemeine Physiologie an der Sorbonne geschaffen. 1855 wurde er Nachfolger von Magendie am Collège de France.[5]
Am 7. Mai 1845 heiratete Bernard Marie-Françoise Martin. Ihre Mitgift finanzierte einen Teil seiner Forschung. Das Paar hatte zwei Töchter, Jeanne-Antoinette-Henriette (1847–1923) und Marie-Louise-Alphonsine Bernard (1850–1922)[6] sowie die zwei Söhne Louis-Henri und Claude-Henri-François Bernard, die im Alter von 2 und 15 Monaten verstarben. Im Laufe der Ehe entwickelte Marie-Françoise eine Abneigung gegen die Tierexperimente, die ihr Mann regelmäßig aus dem Collège de France in sein Privatlaboratorium verlagerte. Sie versuchte mehrfach, die Versuche zu sabotieren und forderte den Tierschutzverein auf, ihren Mann zu verklagen.[7][8] 1869 trat Bernard in eine freundschaftliche Beziehung zu Madame Marie Raffalovich (1832–1921),[9][10] die sich nach seiner Scheidung am 22. August 1870 vertiefte. Sie war die Ehefrau eines Pariser Bankiers und wurde in Bernards letzten Lebensjahren zu einer treuen Freundin.
Als Claude Bernard im Jahre 1878 starb, wurde ihm ein öffentliches Begräbnis zuteil. Er ist auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris beigesetzt.
Wissenschaftliche Arbeit
Ziel der wissenschaftlichen Arbeit von Claude Bernard, war – wie er selbst erklärte – die Verwendung der wissenschaftlichen Methode in der Medizin zu etablieren. Er widerlegte viele traditionelle Lehrmeinungen, nahm nichts für selbstverständlich, und verließ sich auf Experimente. Anders als die meisten seiner Zeitgenossen, bestand er darauf, dass alle Lebewesen denselben Naturgesetzen wie unbelebte Materie unterstünden. Bernard erklärte, dass Fakten das Fundament der Wissenschaften seien und damit Analogiedenken und Apriorischlüsse für eine exakte Wissenschaft unstatthaft wären. Ausgangspunkte für die Forschung seien Beobachtungen. Erklärende Hypothesen müssten im Experiment auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Unter den gegebenen experimentellen Bedingungen hätten gleiche Ursachen auch gleiche Wirkungen, es bestünde ein kausaler Zusammenhang. Das physiologische Laboratorium wäre nach seiner Auffassung der Ort wissenschaftlicher Forschung und Erkenntnis. Hingegen hält er das Krankenhaus oder den Krankensaal für Beobachtungsfelder. Die Klinik wäre lediglich die Vorhalle der wissenschaftlichen Medizin; während das Laboratorium das wahre Heiligtum medizinischer Wissenschaft sei. Nur dort ließe sich mittels der experimentellen Analyse Pathologisches von nicht Pathologischem unterscheiden oder bestenfalls erklären.
Als erster beschrieb er die Bedeutung des Milieu intérieur für die Aufrechterhaltung des Lebens und war damit einer der ersten Protagonisten der Homöostase. Er entwickelte dieses Konzept und den Begriff Fixité du milieu intérieur,[11] wonach die internen Flüssigkeiten wesentlich für das Leben der Tiere seien und ihr Überleben davon abhängt, ob ebendiese Homöostase gewahrt werden kann.[12]
„Je crois avoir le premier insisté sur cette idée qu’il y a pour l’animal réellement deux milieux : un milieu extérieur dans lequel est placé l’organisme, et un milieu intérieur dans lequel vivent les éléments des tissus. L’existence de l’être se passe, non pas dans le milieu extérieur, air atmosphérique pour l’être aérien, eau douce ou salée pour les animaux aquatiques, mais dans le milieu liquide intérieur formé par le liquide organique circulant qui entoure et où baignent tous les éléments anatomiques des tissus ; c’est la lymphe ou le plasma, la partie liquide du sang, qui, chez les animaux supérieurs, pénètrent les tissus et constituent l’ensemble de tous les liquides interstitiels, expression de toutes les nutritions locales, source et confluent de tous les échanges élémentaires“
„Ich glaube, ich habe als erster die Idee hervorgehoben, dass es für das Tier tatsächlich zwei Umgebungen gibt: ein Milieu, das außerhalb des Körpers platziert ist und ein internes Umfeld, in dem sich die Komponenten des lebenden Gewebes befinden. Die eigentliche Existenz des Seins geschieht nicht in der äußeren Umgebung – atmosphärische Luft, Süß- oder Salzwasser für die Wassertiere – sondern innerhalb des flüssigen Mediums durch zirkulierende organische Flüssigkeit. Sie umgibt oder umhüllt alle anatomischen Elemente der Gewebe. Es ist die Lymph- oder Plasmaflüssigkeit, die flüssigen Bestandteile des Blutes bei den höheren Tieren, sie dringen in die Gewebe ein und bilden sämtliche interstitiellen Flüssigkeiten. Sie sind Ausdruck aller lokalen Ernährung, Quelle und Mündung allem elementaren Austausches“
In den Jahren 1848 bis 1849 entdeckte er die Funktion des Pankreassekrets für die Fettverdauung aus der Bauchspeicheldrüse. Im Jahre 1853 erwarb er ein Doktorat, Recherches sur une nouvelle fonction du foie considéré comme organe producteur de matière sucré chez l’homme et les animaux, in Zoologie mit einer großen Untersuchung zum Stoffwechsel der Leber und deren Bedeutung bei Verdauungsvorgängen. Er entdeckte das Glykogen.[13][14]
Im Jahr 1865 erschien C. Bernard außergewöhnlichstes Buch über die Philosophie und das grundlegende Verständnis der experimentellen Medizin. Bernard ist außerdem der Wissenschaftler, der mit seinen Curare-Experimenten an Fröschen die Disziplin der experimentellen Physiologie begründete. Er konnte 1856 zeigen, dass Curare die Leitungsfunktionen der neuro-muskulären Synapsen blockiert.
1868 wurde er in die Académie française und im selben Jahr in die Königliche Schwedische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Der US-amerikanischer Wissenschaftshistoriker I. Bernard Cohen von der Harvard University nannte Claude Bernard „einer der größten Wissenschaftler“.[15]
Das wahrscheinlich bekannteste Zitat von Claude Bernard, mit dem er das Fazit seiner 40-jährigen Forschungsarbeit zieht, lautet:
„Le germe n’est rien, le terrain est tout!“
„Der Keim ist nichts, das Milieu ist alles!“
Werke (Auswahl)
- Recherches sur une nouvelle fonction du foie considéré comme organe producteur de matière sucré chez l’homme et les animaux. Martinet, Paris 1853:
- Leçons de physiologie expérimentale appliquée à la médecine, faites au collége de France. J.-B. Baillière et fils, Paris 1855–56
- Introduction à l’étude de la médicine experimentale. Paris 1865:; dt. Ausg.: Einführung in das Studium der experimentellen Medizin, Leipzig 1961 (Frz. Text bei Project Gutenberg)
- Leçons de pathologie expérimentale et lecons sur les propriétés de la moelle épinière. J.-B. Baillière et fils, Paris 1872
- Leçons sur les phénomènes de la vie communs aux animaux et aux végétaux. 2 Bände. J.-B. Baillière et fils, Paris 1878–79
Literatur
- R. Villey, F. Brunet, G. Valette et al.: Histoire de la Médicine, de la Pharmacie, de l’Art Dentaire Vétérinaire. Albin Michel-Laffont-Tchou, Paris 1978
- Hubert Bretschneider: Der Streit um die Vivisektion im 19. Jahrhundert. Stuttgart 1962
Weblinks
- Literatur von und über Claude Bernard im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie und Werkliste der Académie française (französisch)
- Claude Bernard – Images de la vie de Bernard
- Kurzbiografie und Verweise auf digitale Quellen im Virtual Laboratory des Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte (englisch)
- DS Goldstein, IJ. Kopin: Evolution of concepts of stress. In: Stress, 2007 Jun, 10(2), S. 109–120, PMID 17514579. Clinical Neurocardiology Section, National Institute of Neurological Disorders and Stroke, Bethesda MD
- PMC 1307675 (PDF)
Einzelnachweise
- ↑ Das Geburtshaus und heutiges Museum
- ↑ Nikolaus Mani: Die Entdeckung des Glykogens durch Claude Bernard. (PDF) In: Zeitschrift für Klinische Chemie. Organ der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie, August 1964 Heft 4, S. 97–128
- ↑ Kötter, Rudolf: Claude Bernard und die Logik des Experiments in der modernen Physiologie. Paderborn (2008, PDF)
- ↑ Claude Bernard: Des matières colorantes chez l’homme. Laté, 1844.
- ↑ Umfassende Biografie von Marie-Aymée Marduel in französischer Sprache mit Bildern (2006)
- ↑ Bilder der Töchter
- ↑ Hans Ruesch: Nackte Herrscherin. Die Entkleidung der medizinischen Wissenschaft. Edition Hirthammer Tier- und Naturschutz, München 1978, ISBN 3-921288-44-4, S. 221.
- ↑ Robert Clarke: Claude Bernard et le medecine experimentale. Editions Seghers, Paris 1961.
- ↑ Genealogie der Raffalovichs
- ↑ Portrait von Marie Raffalovich
- ↑ Bernard, C.: Leçons sur les phénomènes de la vie communs aux animaux et aux végétaux.
- ↑ Charles E. Gross: Claude Bernard and the internal environment. (PDF) 1998 In: The Neuroscientist, 1998
- ↑ F. G. Young: Claude Bernard and the Discovery of Glycogen. In: Br Med J., 1957 June 22, 1(5033), S. 1431–1437, PMC 1973429
- ↑ Erstmaliges Erwähnen des Begriffs Glykogen; handschriftlich durch C. Bernard easd.org
- ↑ Vorwort zu Cohen’s Dover-Ausgabe (1957) von “Claude Bernard’s classic on scientific method”. An Introduction to the Study of Experimental Medicine (ursprünglich 1865 publiziert).
Personendaten | |
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NAME | Bernard, Claude |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Physiologe |
GEBURTSDATUM | 12. Juli 1813 |
GEBURTSORT | Saint-Julien (Rhône) |
STERBEDATUM | 10. Februar 1878 |
STERBEORT | Paris |