Daniel Carleton Gajdusek


Daniel Carleton Gajdusek (* 9. September 1923 in Yonkers, New York; † 12. Dezember 2008 in Tromsø, Norwegen) war ein US-amerikanischer Virologe und Nobelpreisträger.

Jugend

Gajduseks Eltern waren vor dem Ersten Weltkrieg aus Österreich-Ungarn in die USA ausgewandert. Sein Vater war Slowake und seine Mutter calvinistische Ungarin. Er studierte n der University of Rochester Physik, Chemie und Mathematik und promovierte zum Dr. med. nach zwei Jahren an der Harvard Medical School.[1]

Forschungsthemen

Gajdusek hatte bei Linus Pauling Physikalische Chemie und bei John Enders Zellbiologie und Virologie studiert sowie von 1955 bis 1957 in Australien mit Frank Macfarlane Burnet zusammengearbeitet. In Fachkreisen bekannt wurde er 1954, als er in Teheran ein neuartiges Therapieverfahren gegen Tollwut einführte und dessen Erfolg in einem Lehrfilm („Rabies in Man“) dokumentierte. Der damalige Direktor des iranischen Institute Pasteur, Marcel Baltazard, hatte kurz zuvor nachgewiesen, dass ein Drittel aller Patienten, die von einem tollwütigen Hund in den Kopf gebissen worden waren, durch den existierenden Tollwutimpfstoff nicht gerettet werden konnten. Gajdusek schlug darauf hin vor, den Impfstoff gemeinsam mit Tollwut-Antikörpern zu verabreichen, die man aus Kaninchen-Serum gewinnen konnte. Im August 1954 wurde diese Kombinationstherapie bei 18 Patienten angewandt, die von Tollwut-infizierten Wölfen am Kopf verletzt worden waren: Alle Patienten überlebten die Infektion. Seitdem hat sich diese Therapie weltweit zur Behandlung von Tollwut-Infektionen bewährt.[2]

Gajduseks bedeutendste wissenschaftliche Leistung aber war der experimentelle Nachweis einer Gruppe von übertragbaren „spongioformen“ Enzephalopathien. Er erfuhr 1957, dass der neuguineischen Bezirksarzt Vincent Zigas von einer ungewöhnlichen Krankheit – genannt Kuru – berichtet hatte, die im Hochland von Papua-Neuguinea im Stamm der Fore existiere und sich in neurologischen Ausfällen bei Frauen und Kindern äußere. Erstes Symptom sei ein unsicherer Gang, bald kämen Tremor sowie Sprechstörungen hinzu, und binnen Monaten träten zunächst vollständige geistige Umnachtung und schließlich der Tod ein.

Gajdusek vermutete, dass die Ursache der Krankheit in einer Form des rituellen Kannibalismus zu suchen sein könnte, an dem nur Frauen und Kinder beteiligt waren. Gemeinsam mit dem Virologen Clarence Joseph Gibbs Jr. wurden in den folgenden Jahren Experimente durchgeführt, an deren vorläufigem Ende 1966 der Nachweis einer Übertragbarkeit von Kuru auf Schimpansen stand. 1968 gelang es beiden, die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit auf Schimpansen zu übertragen, 1972 folgte der entsprechende Nachweis für Scrapie. 1980 widerlegte Gajdusek zudem die bis dahin existierende Theorie, auch die Alzheimer-Krankheit sei übertragbar. Für die Entdeckung einer neuartigen Klasse infektiöser Erreger, der Prionen, erhielt er 1976 – zusammen mit Baruch Blumberg, der aber auf einem völlig anderen Gebiet geforscht hatte – den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.

Privates

Gajdusek unternahm Forschungsreisen zu den auf den Südseeinseln lebenden Urvölkern, von denen er mit dem Einverständnis der Eltern insgesamt 56 Kinder mitbrachte, die bei ihm aufwuchsen. Im Jahr 1997 wurde er wegen sexuellen Missbrauchs an von ihm adoptierten Jungen aus Neuguinea und Mikronesien, den er im Gerichtsverfahren zugegeben hatte, zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.[3] Nach seiner Entlassung siedelte er 1998 nach Europa über, wo er die folgenden zehn Jahre bis zu seinem Tod in der warmen Jahreszeit zumeist in Amsterdam und im Winter in Norwegen lebte.

Literatur

  • Warwick Anderson: The Collectors of Lost Souls. Johns Hopkins University Press, Baltimore, USA, 2008.
  • Richard Rhodes: Tödliche Mahlzeit. BSE: Eine schleichende Epidemie bedroht die Menschheit. Hoffmann und Campe, Hamburg 1998, ISBN 978-3-455-15021-6. (Originalausgabe New York 1997)

Filmdokumentationen

  • Das Genie und die Jungs. (Originaltitel: Geniet och pojkarna). Schweden (SVT) 2009. 79 Minuten. Regie: Bosse Lindquist[4].

Einzelnachweise

  1. Auf Kopfjagd für die Medizin in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 6. November 2011, Seite 65
  2. Jaap Goudsmit: Daniel Carleton Gajdusek (1923–2008). Nature, Band 457, 2009, S. 394
  3. nytimes.com D. Carleton Gajdusek, Who Won Nobel for Work on Brain Disease, Is Dead at 85. The New York Times, 15. Dezember 2008 (englisch)
  4. http://svt.se/2.119844/1.1808051/geniet_och_pojkarna

Weblinks

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