Denisova-Mensch


Die Lage des Altaigebirges in Mittelasien

Die Denisova-Menschen (englisch: Denisovan Hominins oder kurz Denisovans)[1] sind eine Population der Gattung Homo. Sie lebten vor rund 40.000 Jahren – während der Altsteinzeit – im Altai-Gebirge im südlichen Sibirien. Belegt ist die Existenz dieser Population bislang nur durch drei kleine Fossilien aus der sogenannten Denisova-Höhle: durch einen hinteren Backenzahn sowie durch den Knochen eines kleinen Fingers und einer Zehe. Erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde der Fingerknochen im März 2010,[2] der Zahn im Dezember 2010[3] und der Zehenknochen im März 2011.[4]

Johannes Krause und Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig gelang es im Jahr 2010 zunächst, die DNA aus den Mitochondrien (die mtDNA) des Fingerknochens mit Hilfe der DNA-Sequenzierung auszuwerten. Die Bekanntgabe der Ergebnisse dieser DNA-Analyse sorgte für weltweites Aufsehen, da das Fossil als Beleg für eine bis dahin unbekannte, nur entfernt mit Neandertalern und anatomisch modernen Menschen verwandte Population der Gattung Homo interpretiert wurde. Einige Monate später wurde auch die Analyse der DNA aus den Zellkernen des Knochens publiziert; sie bestätigte die relative Eigenständigkeit der Denisova-Population. Demnach hatte vor rund 40.000 Jahren neben den bis dahin bekannten Populationen des Neandertalers und des Homo floresiensis noch eine dritte Gemeinschaft von entfernten, aber eindeutig zur Gattung Homo gehörigen Verwandten des anatomisch modernen Menschen existiert. Am engsten verwandt sind die Denisova-Fossilien mit den Neandertaler-Funden aus der Vindija-Höhle und der Mesmaiskaja-Höhle.[3]

Auf die Zuordnung der Funde aus der Denisova-Höhle zu einer neuen Art oder zu einer Unterart wurde 2010 ausdrücklich verzichtet; 2011 wurden die Fossilien jedoch „einer bisher unbekannten Art“[5] zugeschrieben, allerdings erneut ohne dieser Art einen Namen zu geben.

Fundgeschichte

Der Fundort: Die „Höhle von Denis“

Touristen in der Nähe des Eingangs zur Höhle

Touristen in der Nähe des Eingangs zur Höhle

Lage: Region Altai, Russland
Geographische
Lage:
51° 23′ 51,3″ N, 84° 40′ 34,3″ OKoordinaten: 51° 23′ 51,3″ N, 84° 40′ 34,3″ O

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Die Ausgrabungen in der Denisova-Höhle (eigentlich: „Höhle von Denis“) nahe der Grenze zu Kasachstan wurden vom Naturkundemuseum von Nowosibirsk durchgeführt,[6] unter der Leitung der beiden Archäologen Michail Schunkow und Anatoli Derewjanko von der Russischen Akademie der Wissenschaften.[7] Die Höhle war seit den 1970er-Jahren intensiv erforscht worden, nachdem in ihr Steinwerkzeuge im Moustérien- und Levallois-Stil freigelegt worden waren, die Neandertalern zugeschrieben wurden. Mehrere unterschiedlich alte Hinweise auf eine Nutzung der Höhle durch vorzeitliche Menschen (Fundhorizonte) konnten gegeneinander abgegrenzt werden.

Im Jahr 2000 legten Mitarbeiter der russischen Forschergruppe den Backenzahn frei; man konnte ihn jedoch nicht mit Gewissheit einer bestimmten Homo-Art zuordnen. Das 48.000 bis 30.000 Jahre alte Fingerglied (Phalanx distalis), das vermutlich von einem fünf- bis siebenjährigen Kind stammt, wurde 2008 entdeckt. 2011 gab die Forschergruppe schließlich den Fund des äußeren Zehengliedknochen vom linken Fuß bekannt.[4]

Analyse der mtDNA aus dem Fingerknochen

Johannes Krause, ein Experte für die Analyse von Neandertaler-DNA, hatte aus 30 Milligramm pulverisiertem Material des Fingerknochens genügend DNA aus Mitochondrien gewonnen, um deren Bauplan (die Nukleotidsequenz der mtDNA) vollständig rekonstruieren zu können.[2] Danach wurde diese mtDNA-Sequenz mit jener von 54 heute lebenden Menschen (Homo sapiens) verglichen, ferner mit der mtDNA-Sequenz eines jungpleistozänen Menschen aus Kostjonki 14 am Don (Südrussland),[8] mit den vollständigen mtDNA-Sequenzen von sechs Neandertalern sowie – als sogenannte Außengruppe, weil bislang keine DNA von Homo erectus / Homo heidelbergensis gewonnen werden konnte – mit der mtDNA je eines Schimpansen und eines Bonobos. Während sich Neandertaler und anatomisch moderne Menschen im Durchschnitt an 202 Nukleotid-Positionen der mtDNA unterscheiden, ist die Anzahl der Abweichungen zwischen dem Fund aus der Denisova-Höhle und dem anatomisch modernen Menschen mit 385 fast doppelt so groß.

Aus dem Vergleich dieser Daten mit den Abweichungen zwischen Mensch und Schimpansen (1462 Positionen) wurde abgeschätzt, dass sich die Entwicklungslinien des Denisova-Menschen und des anatomisch modernen Menschen bereits vor 1.314.000 bis 779.000 Jahren getrennt haben, während sich die Entwicklungslinien von Homo sapiens und Neandertaler erst vor 618.000 bis 321.000 Jahren endgültig trennten. Daraus wurde geschlossen, dass es im Altai vor rund 40.000 Jahren neben Homo sapiens und den Neandertalern noch eine dritte, unabhängig von diesen beiden Arten dorthin eingewanderte Population der Gattung Homo gegeben hat.

Wie zuverlässig die Datierung von verwandtschaftlichen Verhältnissen allein anhand der mtDNA ist, ist jedoch umstritten, da die Mitochondrien ohne Rekombination ausschließlich über die Mutter vererbt werden. Sie sind daher in besonderem Maße zum Beispiel Gendrift und Genfluss ausgesetzt, das heißt, es können in kurzer Zeit relativ viele Veränderungen vorkommen;[3] im Unterschied hierzu weist die Zellkern-DNA zehntausende Genloci auf, die „evolutionsneutral“ sind und sich daher weniger rasch (und weniger diskontinuierlich) verändern.

Morphologie des Backenzahns

Der im Jahr 2000 entdeckte, fast vollständig erhaltene Backenzahn (ein Molar M3 oder M2 aus dem linken Bereich eines Oberkiefers) wurde 2010 aufgrund seiner mtDNA ebenfalls den Denisova-Menschen zugeordnet, jedoch einem anderen Individuum als der Fingerknochen.[3] Der Zahn ist außergewöhnlich groß, größer als die Backenzähne der Neandertaler und des anatomisch modernen Menschen: mesiodistal (von außen nach innen) 13,1 mm, bukkolingual 14,7 mm (von vorn nach hinten; bei Homo sapiens: mesiodistal ca. 10–10,5 mm; bukkolingual ca. 9,5–10 mm[9]). Sollte es ein Molar M2 sein, wäre er ähnlich groß wie der entsprechende Backenzahn von Homo erectus und Homo habilis; sollte es ein Molar M3 sein, wäre er ähnlich groß wie der entsprechende Backenzahn von Homo habilis oder Homo rudolfensis und vergleichbar dem Molar M3 eines Australopithecus. Ähnlichkeiten mit Zahnfunden mittelpleistozäner Homininen aus China bestehen ebenfalls weder hinsichtlich der Größe noch der Form der Zahnkrone, und selbst die 350.000 bis 600.000 Jahre alten Zähne aus der Sima de los Huesos in Spanien weisen „modernere“ Merkmale auf. Die Morphologie des Zahnfundes unterstützt somit die aus der Analyse der mtDNA abgeleitete, relativ große genetische Distanz des Denisova-Fossils zu anderen ähnlich alten Populationen der Gattung Homo.

Analyse der DNA aus dem Zellkern des Fingerknochens

Die Sequenzierung der Zellkern-DNA wurde dahingehend interpretiert, dass die Denisova-Menschen (dünne Linie) vermutlich in der Zeit des Übergangs von Homo erectus zu Homo heidelbergensis von der zum Neandertaler führenden Abstammungs-Linie abzweigten.

Die Leipziger Forscher hatten bereits im März 2010 angekündigt, im Anschluss an die mtDNA auch die vollständige DNA aus Zellkernen des Fossils zu sequenzieren.[10] Fest stand seinerzeit bereits, dass das von den Leipziger Forschern inoffiziell „X-Woman“ genannte und als „Mädchen“ beschriebene Fossil kein Y-Chromosom besaß, also eine junge Frau war.[11] Die gesamte Genomsequenz aus dem Zellkern der Denisova-Menschen publizierte das Leipziger Forscherteam schließlich am 8. Februar 2012 online und damit für jederman frei zugänglich.[12] Die Zellkern-DNA des Fingerknochens erwies sich dabei als ungewöhnlich gut erhalten. Eine Verbesserung der Untersuchungstechnik hatte es möglich gemacht, jede Base innerhalb des Denisova-Genoms dreißigmal zu sequenzieren. Die dafür benötigte DNA wurde aus weniger als zehn Milligramm des Fingerknochens gewonnen. Die jetzige Auflösung zeigt sogar jene Unterschiede zwischen den Genkopien, die das Individuum von seiner Mutter beziehungsweise von seinem Vater geerbt hatte.[13][14][15]

Verwandtschaft mit den Neandertalern

Schon im Dezember 2010 war berichtet worden,[3] die DNA-Unterschiede zwischen Neandertalern und Denisova-Menschen deuteten auf eine endgültige Trennung beider Populationen vor 640.000 Jahren hin sowie auf eine endgültige Trennung ihrer gemeinsamen Vorfahren von den Vorfahren des Homo sapiens vor rund 800.000 Jahren. Diesen Daten zufolge sind die Denisova-Menschen – deutlich abweichend von der Interpretation der mtDNA-Befunde – enger mit den Neandertalern verwandt als mit dem anatomisch modernen Menschen, dem Homo sapiens. Die Ergebnisse solcher Berechnungen sind in Fachkreisen jedoch umstritten, denn für die exakte Ganggeschwindigkeit der molekularen Uhr, das heißt: für die Häufigkeit von Mutationen in vergangenen Epochen, gibt es nur Schätzwerte.[16]

Ein Vergleich der DNA von Neandertaler-Funden aus der Vindija-Höhle und der Mesmaiskaja-Höhle ergab eine ungewöhnlich große genetische Nähe beider Funde und einen relativ großen genetischen Abstand beider Funde zum Denisova-Fossil. Daraus wurde zum einen geschlossen, dass Neandertaler und Denisova-Menschen zwei über längere Zeit hinweg genetisch isolierte Populationen waren, dass sie jedoch miteinander enger verwandt sind als mit Homo sapiens; zum anderen, dass die Neandertaler nach der Trennung von den Vorfahren der Denisova-Population durch einen genetischen Flaschenhals gegangen sind – eine starke genetische Verarmung war zuvor bereits aus der Analyse der mtDNA von Neandertalern abgeleitet worden, da deren genetische Variabilität wesentlich geringer als die genetische Variabilität des anatomisch modernen Menschen ist. Aufgrund dieser Besonderheiten wurde erstmals eine vorzeitliche Population der Gattung Homo allein anhand molekularbiologischer Daten von verwandten Populationen – in Analogie zu Neandertalern – auf Englisch als Denisovans separiert.[17]

Genfluss zu Homo sapiens

Bereits im Mai 2010 war eine Studie veröffentlicht worden, die einen Genfluss von den Vindija-Neandertalern zu Homo sapiens belegte.[18] Daher wurde auch die genetische Distanz des Denisova-Fossils zu heute lebenden Ethnien analysiert, wobei auf Daten von 938 Menschen aus 53 Populationen zurückgegriffen wurde. Den Befunden zufolge steht das Denisova-Fossil den heute lebenden europäischen, asiatischen und afrikanischen Menschen ferner als die Neandertaler.[19] Hingegen wurde eine signifikante Nähe zur DNA von Menschen aus Melanesien (Papua und Bewohner von Bougainville) festgestellt. Dies führte zur Aussage, dass das Genom der Melanesier – wie das aller nicht-afrikanischer Menschen – zu 2,5 ± 0,6 Prozent von Neandertalern stamme, dass zusätzlich aber weitere 4,8 ± 0,5 Prozent von Denisova-Menschen beigesteuert wurden; zusammengerechnet wären dies laut Studie 7,4 ± 0,8 Prozent des Genoms der Melanesier, die von einer früheren Vermischung mit archaischen Homininen stammen.

Im September 2011 wurden weitere genetische Befunde publiziert, die nunmehr auf einem Vergleich der DNA von 33 heute lebenden Populationen aus Asien und Ozeanien mit denen des Denisova-Fossils beruhten.[20] Demnach konnten DNA-Spuren der Denisova-Menschen auch bei den Aborigines in Australien, bei den Mamanwas auf den Philippinen sowie im Osten von Indonesien nachgewiesen werden, nicht aber im Westen von Indonesien und nicht bei den Onge auf den Andamanen, bei den Jehai in Malaysia und bei Bevölkerungsgruppen in Ostasien. Die Autoren dieser Studie interpretierten den Nachweis von Denisova-DNA in Ost-Indonesien, Australien, Papua-Neuguinea, Fidschi und Polynesien als Beleg dafür, dass die genetische Vermischung in Südostasien stattgefunden habe, was bedeuten würde, dass die Denisova-Menschen ein Gebiet zwischen Sibirien und den Tropen besiedelt hätten. Diese Deutung ist jedoch umstritten, da frühe Wanderungen von Vorfahren der untersuchten Volksgruppen nicht ausgeschlossen werden und die sexuellen Kontakte daher auch weiter nördlich – im asiatischen Kernland – stattgefunden haben könnten.[21]

Eine weitergehende Analyse der Denisova-DNA ergab im Jahr 2012 unter anderem, dass Allele nachgewiesen werden konnten, „die bei heute lebenden Menschen verbunden sind mit dunkler Haut, braunem Haar und braunen Augen“. Ferner gelang es, Teile der von Vater und Mutter stammenden Erbanlagen getrennt auszuwerten. Hieraus wurde auf ein sehr geringes Ausmaß von nur 0,022 % an Heterozygotie geschlossen; dies entspricht „annähernd 20 % des Wertes von heutigen Afrikanern, rund 26 bis 33 % heutiger Eurasiern und 36 % bei den Karitiana, einer in Brasilien lebenden indigenen Population mit extrem niedriger Heterozygotie“.[22][23]

Die Interpretation der Befunde aus Neandertaler-DNA als Genfluss von Neandertalern zu Homo sapiens wurde 2012 allerdings anhand von Modellrechnungen wiederholt kritisiert: Die größere Übereinstimmung des Genoms der außer-afrikanischen Populationen von Homo sapiens mit dem Genom der Neandertaler könne auch dadurch erklärt werden, dass zufälligerweise eine Population des Homo sapiens Afrika verlassen habe, die noch eine besonders große genetische Ähnlichkeit mit dem gemeinsamen Vorfahren der anatomisch modernen Menschen und der Neandertaler hatte.[24][25][26] Diese Einwände sind auf die Denisova-Menschen übertragbar.

Morphologie des Zehenknochens

Der 2011 erstmals beschriebene distale Zehenknochen stammt entweder von der 4. oder von der 5. (der kleinen) Zehe eines erwachsenen Individuums. Der Knochen ist auffallend lang und hat einen sehr kräftig gebauten, sehr breiten Schaft; das Verhältnis von großer Breite zu vergleichsweise geringer Höhe gleicht eher dem Verhältnis bei älteren pleistozänen als bei modernen Vertretern der Gattung Homo und übertrifft die entsprechenden Maße bei Neandertalern. Insgesamt wirken die Merkmale des Knochens daher altertümlich, einige Merkmale liegen jedoch in der Spannweite zwischen den Neandertalern und dem frühen modernen Menschen, heißt es in der wissenschaftlichen Beschreibung des Knochens.[4] Die größte Ähnlichkeit bestehe zum Neandertaler-Fossil Shanidar-4 und zum Homo-sapiens-Fossil Tianyuan 1.

Eine Analyse von Genmaterial aus dem Zehenknochen ist laut New Scientist vom 10. August 2011 im Labor von Svante Pääbo in Arbeit.[27]

Taxonomische Einordnung der Fossilien

Die taxonomische Einordnung der Fossilien ist ungeklärt. Die Funde wurden von ihren Entdeckern zunächst neutral – nach dem Fundort – als „Denisova-Hominine“ bezeichnet. In einem Begleitartikel zur Veröffentlichung der mtDNA-Analyse in Nature war der Evolutionsbiologe Eske Willerslev, Direktor des Centre for Ancient Genetics der Universität Kopenhagen, zitiert worden, der gleichfalls davon abriet, aus den gewonnenen Daten die Entdeckung einer neuen biologischen Art abzuleiten.[28] Auch nach der Analyse der Zellkern-DNA verzichteten die Forscher ausdrücklich auf eine Benennung gemäß den Vorgaben der internationalen Regeln für die Zoologische Nomenklatur und wählten stattdessen die Bezeichnung Denisovans und in deutschen Begleitveröffentlichungen Denisova-Mensch.[29] Die Forscher lehnten es zudem ausdrücklich ab, Festlegungen zum Status des Neandertalers in Bezug auf den anatomisch modernen Menschen (Art versus Unterart) zu treffen.[3] Sie beließen es stattdessen bei der Feststellung, die Denisova-Menschen seien eine „Schwestergruppe“ der Neandertaler.[30]

Ungeklärt ist aufgrund der wenigen bisher bekannt gewordenen Funde auch das Verbreitungsgebiet der Denisova-Menschen. In der im Dezember 2010 publizierten Studie wird jedoch erwähnt, dass diese Population möglicherweise „zu jener Zeit in großen Teilen von Ostasien lebte, als die Neandertaler in Europa und im westlichen Asien anwesend waren.“ Diese Mutmaßung wurde aus dem Befund abgeleitet, dass es einen Genfluss zu den Vorfahren der Melanesier gegeben habe, der sich jedoch „wahrscheinlich nicht im südlichen Sibirien“ zugetragen habe.

Die Besiedelung der Region durch diese Population reicht möglicherweise zurück bis in die Zeit vor 300.000 Jahren.[4] Im Juli 2011 bezeichneten es sowohl Chris Stringer als auch Milford H. Wolpoff als möglich, dass einige in China entdeckte Fossilien, die bislang weder eindeutig Homo erectus noch den anatomisch modernen Menschen zugeordnet werden konnten, den Denisova-Menschen zuzuschreiben seien; erwähnt wurden in diesem Zusammenhang der Dali-Mensch und der Jinniushan-Mensch.[31][32] 2012 wies Chris Stringer weitergehend darauf hin, dass neben den Funden aus Dali und Jinniushan auch Funde aus Yunxian sowie aus Narmada in Indien möglicherweise den Denisova-Menschen zuzurechnen seien.[33]

Bereits seit 2008 unterhält das Team von Svante Pääbo in Peking ein Labor, in dem nach Fossilien-DNA aus chinesischen Beständen gesucht wird.[34] Als Ergebnis dieser deutsch-chinesischen Kooperation wurde 2013 berichtet, dass das − wie die Denisova-Funde − rund 40.000 Jahre alte Homo-sapiens-Fossil Tianyuan 1 aus der Nähe von Peking keinen größeren Anteil an Neandertaler- oder Denisova-DNA aufweise als die heute in Nordchina lebenden Menschen.[35]

Siehe auch

Literatur

  • Johannes Krause, Qiaomei Fu, Jeffrey M. Good, Bence Viola, Michael V. Shunkov, Anatoli P. Derevianko, Svante Pääbo: The complete mitochondrial DNA genome of an unknown hominin from southern Siberia. In: Nature. Band 464, Nr. 7290. London 2010, S. 894–897. doi:10.1038/nature08976, ISSN 0028-0836
  • David Reich, Richard E. Green, Martin Kircher, Johannes Krause, Nick Patterson, Eric Y. Durand, Bence Viola, Adrian W. Briggs, Udo Stenzel, Philip L. F. Johnson, Tomislav Maricic, Jeffrey M. Good, Tomas Marques-Bonet, Can Alkan, Qiaomei Fu, Swapan Mallick, Heng Li, Matthias Meyer, Evan E. Eichler, Mark Stoneking, Michael Richards, Sahra Talamo, Michael V. Shunkov, Anatoli P. Derevianko, Jean-Jacques Hublin, Janet Kelso, Montgomery Slatkin, Svante Pääbo: Genetic history of an archaic hominin group from Denisova Cave in Siberia. In: Nature. Band 468, Nr. 7327. London 2010, S. 1053–1060. doi:10.1038/nature09710, ISSN 0028-0836

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Schreibung Denisova folgt der in Fachkreisen üblichen Benennung der Höhle (englische Transkription); die deutsche Transkription lautet „Denissowa-Höhle“.
  2. 2,0 2,1 Johannes Krause et al.: The complete mitochondrial DNA genome of an unknown hominin from southern Siberia. In: Nature. Band 464, Nr. 7290, 2010, S. 894–897. doi:10.1038/nature08976 Volltext (PDF)
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 David Reich et al.: Genetic history of an archaic hominin group from Denisova Cave in Siberia. In: Nature. Band 468, Nr. 7327, 2010, S. 1053–1060 doi:10.1038/nature09710
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Maria Mednikova: A proximal pedal phalanx of a Paleolithic hominin from denisova cave, Altai. In: Archaeology, Ethnology and Anthropology of Eurasia. Band 39, Nr. 1, 2011, S. 129–138, doi:10.1016/j.aeae.2011.06.017
  5. „belonging to a hitherto unknown species“
  6. Andreas Ziemons: "Alles deutet auf eine neue Spezies Mensch hin". In: Deutsche Welle, 25. März 2010. Abgerufen am 11. Januar 2013. 
  7. Michael Balter: Researchers Discover New Lineage of Ancient Human (english). In: news.sciencemag.org, 24. März 2010. Abgerufen am 30. Dezember 2010. 
  8. J. Krause et al.: A complete mtDNA genome of an early modern human from Kostenki, Russia. In: Current Biology. Band 20, Ausgabe 3, 2010, S. 231–236, doi:10.1016/j.cub.2009.11.068
  9. Satish Chandra et al.: Textbook of Dental and Oral Anatomy, Physiology and Occlusion. Jaypee Brothers Medical Publishers, New Delhi 2004, S. 172
  10. Sonja Kastilan: Sensationsfund „X-Woman“: Entdeckten Forscher eine neue Menschenart?. In: faz.net, 25. März 2010. Abgerufen am 11. Januar 2013. 
  11. Ulrich Bahnsen: Der Alien von Altai: Der kleine Finger der Evolution. In: Zeit Online, 24. März 2010. Abgerufen am 11. Januar 2013. 
  12. Index of denisova, vergl. dazu: Max-Planck-Gesellschaft: A High Coverage Denisovan Genome.
  13. Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology, abgerufen am 11. Januar 2013: A High Coverage Denisovan Genome.
  14. idw-online vom 7. Februar 2012: Gesamtes Genom einer ausgestorbenen Menschenform aus einem Fossil entschlüsselt.
  15. Siehe dazu auch die Fachveröffentlichung: Matthias Meyer et al.: A High-Coverage Genome Sequence from an Archaic Denisovan Individual. In: Science. Band 338, Nr. 6104, 2012, S. 222–226, doi:10.1126/science.1224344
  16. Vergl. dazu die jüngste Revision der Daten zu den Mutationsraten bei Menschenaffen in: Kevin E. Langergraber et al.: Generation times in wild chimpanzees and gorillas suggest earlier divergence times in great ape and human evolution. In: PNAS. Band 109, Nr. 39, 2012, S. 15716–15721, doi:10.1073/pnas.1211740109; für Beispiele zur Vielzahl konkurrierender Daten siehe auch Stammesgeschichte des Menschen#Molekularbiologische Befunde zur Herkunft der Menschenartigen
  17. Im Originalwortlaut: “{{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)
    „Wir nennen die Gruppe, der dieses Individuum angehörte, Denisovans, in Analogie zu den Neandertalern, denn so wie die Neandertaler erstmals beschrieben wurden anhand von Skelettfunden aus dem Neandertal in Deutschland wurden die Denisovans erstmals beschrieben anhand von molekularen Daten aus der Denisova-Höhle.“
  18. Richard E. Green et al.: A draft sequence of the Neandertal Genome. In: Science. Band 328, Nr. 5979, 2010, S. 710–722. doi:10.1126/science.1188021 PDF
  19. Im Wortlaut: “{{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)
  20. David Reich et al.: Denisova Admixture and the First Modern Human Dispersals into Southeast Asia and Oceania. In: The American Journal of Human Genetics. Band 89, Nr. 4, 2011, S. 516–528, doi:10.1016/j.ajhg.2011.09.005
  21. Michael Marshall: The vast Asian realm oft he lost human. In: New Scientist. 1. Oktober 2011, S. 12, online.
  22. wörtlich: the Denisovan individual carried alleles that in present-day humans are associated with dark skin, brown hair and brown eyes. – Matthias Meyer et al.: A High-Coverage Genome Sequence from an Archaic Denisovan Individual. In: Science. Band 338, Nr. 6104, 2012, S. 222–226, doi:10.1126/science.1224344
  23. idw-online.de vom 30. August 2012: Uraltes Genom enthüllt seine Geheimnisse.
  24. Melinda A. Yang et al.: Ancient structure in Africa unlikely to explain Neanderthal and non-African genetic similarity. In: Molecular Biology and Evolution. Band 29, Nr. 10, 2012, S. 2987–2995, doi:10.1093/molbev/mss117
  25. Anders Eriksson, Andrea Manica: Effect of ancient population structure on the degree of polymorphism shared between modern human populations and ancient hominins. In: PNAS. Band 109, Nr. 35, 2012, S. 13956–13960, doi:10.1073/pnas.1200567109
  26. newscientist.com vom 13. August 2012 (textgleich mit der Printausgabe vom 18. August 2012, S. 12): Human and Neanderthal interbreeding questioned.
  27. Colin Barras: Toe could redraw human family tree. In: New Scientist. Band 211, Nr. 2825, S. 10; Online-Fassung unter Stone Age toe could redraw human family tree. 10. August 2011
  28. Rex Dalton: Fossil finger points to new human species. DNA analysis reveals lost relative from 40,000 years ago. In: Nature. Band 464, 2010, Nr. 7290, S. 472–473. doi:10.1038/464472a
  29. Michael Seifert: Weder Neandertaler noch moderner Mensch. In: Informationsdienst Wissenschaft, Universität Tübingen, 22. Dezember 2010. Abgerufen am 11. Januar 2013. 
  30. Im Wortlaut: “{{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)
  31. Ed Yong: Our hybrid origins. In: New Scientist. Band 211, Nr. 2823, S. 37, online, 2. August 2011.
  32. Ähnlich äußerte sich David Reich, Harvard Medical School, in New Scientist vom 1. Oktober 2011, S. 12
  33. Chris Stringer: The status of Homo heidelbergensis (Schoetensack 1908). In: Evolutionary Anthropology: Issues, News, and Reviews. Band 21, Nr. 3, 2012, S. 101–107, doi:10.1002/evan.21311
  34. Ewen Callaway: Ancient DNA reveals secrets of human history. Modern humans may have picked up key genes from extinct relatives. In: Nature. Band 476, 2011, S. 136–137, doi:10.1038/476136a
  35. Qiaomei Fu et al.: DNA analysis of an early modern human from Tianyuan Cave, China. In: PNAS. Online-Vorabveröffentlichung vom 22. Januar 2013, doi:10.1073/pnas.1221359110

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