Dopaminagonist


Dopaminagonisten sind Wirkstoffe, die ebenso wie Dopamin in der Lage sind, Dopamin-Rezeptoren (D-Rezeptoren) zu stimulieren.

Sie können je nach Selektivität für verschiedene Subtypen der Dopaminrezeptoren vereinfacht in D1/5-Agonisten und in D2/3/4-Agonisten unterteilt werden.

Während selektive D1/5-Agonisten, wie z. B. Dihydrexidin und SKF 81297, keine therapeutische Bedeutung besitzen, spielen Agonisten mit einer Selektivität für die D2-Rezeptorfamilie, wie z. B. Piribedil, Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin, eine bedeutende Rolle in der Therapie der Parkinson-Krankheit, der Amenorrhö, der Akromegalie, des Restless-Legs-Syndroms und der Hyperprolaktinämie. Auch die in der Therapie der Parkinson-Krankheit eingesetzten Mutterkornalkaloidderivate, wie z. B. Bromocriptin, Cabergolin, Dihydroergocryptin, Lisurid und Pergolid sind Agonisten an D2-Rezeptoren.

Hinweise

Es ist allerdings unbedingt zu berücksichtigen, dass eine Therapie mit ergolinen Dopaminagonisten nur dann fortgesetzt werden darf, wenn mindestens jährliche Ultraschalluntersuchungen des Herzens (transthorakale Echokardiografie, TTE) sowie halbjährliche klinische Kontrollen keinen positiven Hinweis auf die Entwicklung bzw. das Bestehen einer Bindegewebsvermehrung an den Herzklappen (Herzklappenfibrose) ergeben. Darüber hinaus sollten regelmäßige ärztliche Kontrollen der Lungenfunktion durchgeführt werden (ggf. mit einer Röntgen-Untersuchung der Lunge), da auch Hinweise auf Veränderungen des Lungenstützgewebes unter einer Therapie mit Ergot-Derivaten bestehen.[1]

Durch die Stimulierung des Belohnungssystem kann es bei etwa 13-17 % der Patienten zu Zwangsstörungen oder verminderter Impulskontrolle kommen. Dies äußert sich beispielsweise in Spielsucht (5 %), Kaufrausch (5,7 %), Essattacken (4,3 %), Internetsucht und einem belastenden gesteigerten Sexualtrieb (3,5 %). Im Zuge der Hypersexualität kann sich auch das Sexualverhalten ändern bis hin zu Exhibitionismus, sexuelle Handlungen mit Kindern oder angeblichen Änderungen der sexuellen Präferenz. Schon die Behandlung mit Dopamin erhöht die Prävalenz der Zwangsstörungen. Auffällig werden sie aber oft erst durch die Behandlung mit Dopaminagonisten. Nach Absetzen des Medikaments verschwinden die Symptome fast immer.[2][3][4] Für den Wirkstoff Pergolid wurde Hypersexualität spätestens 1983 beschrieben.[5] In einer Studie aus dem Jahre 2002 wurde Hypersexualität als eine „bekannte Komplikation bei der dopaminergen Behandlung von Parkinson-Kranken“ bezeichnet. In einem Arznei-Telegramm aus dem Jahre 2004 wurde darauf hingewiesen, dass in keiner Fachinformation eines Dopaminagonisten ein Hinweis auf diese Störwirkung enthalten ist.[6]

Bei Requip ist eine entsprechende Information erst seit 2006 am Beipackzettel enthalten. In einem langwierigen Prozess gegen GlaxoSmithKline in Frankreich klagt ein Familienvater, der das Medikament von 2003 bis 2005 eingenommen hatte. Bei seinen Parkinsonsymtomen half es gut. Die Nebenwirkungen waren Spielsucht im Internet, Verkauf von Spielsachen seiner Kinder und Diebstahl bei seinen Freunden um diese zu finanzieren, kompulsive Suche nach gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten im Internet, Cross-Dressing, Vergewaltigung bei Treffen, drei Suizidversuche und ein durch das Ganze ausgelöstes Trauma.[7][8] Im November 2012 bestätigte ein Berufungsgericht die Verurteilung von GlaxoSmithKline.[9]

Offenbar nur einhergehend mit einer sich bemerkbar machenden Zwangsstörung können vereinzelte Patienten süchtig werden. Nach längerer Einnahme mit höheren Dosen kann es beim Absetzen zu Entzugssymptomen wie bei einer Kokainsucht kommen.[10]

Literatur

  • D. E. Riley: Reversible transvestic fetishism in a man with Parkinson's disease treated with selegiline. In: Clinical neuropharmacology. Juli-August 2002, Bd. 25, Nr. 4, S. 234-7, PMID 12151912.
  • J. J. Worthington, N. M. Simon, N. B. Korbly, et al. : Ropinirole for antidepressant-induced sexual dysfunction. In: International clinical psychopharmacology. Nov. 2002, Bd. 17, Nr. 6, S. 307-10, PMID 12409684.

Einzelnachweise

  1. Florian Buggle, Heidelberg + Vorstand der DGN + Autoren der Leitlinien: Restless Legs Syndrom (RLS) und Periodic Limb Movement Disorder (PLMD). dgn.org. Archiviert vom Original am 25. Januar 2007. Abgerufen am 7. Juli 2010.
  2. Zwangsstörungen unter Dopaminagonisten häufig, aerzteblatt.de, 11. Mai 2010
  3. Hypersexualität und Spielsucht unter Dopaminagonisten, aerzteblatt.de, 9. April 2009
  4. Spielsucht durch Dopaminagonisten, aerzteblatt.de, 13. Februar 2007
  5. C. G. Goetz et al.: Pergolide in Parkinson's disease. In: Archives of neurology. (Arch. Neurol.) Dezember 1983, Bd. 40, Nr. 13, S. 785-7, PMID 6639407.
  6. Hypersexualität unter Dopaminagonist Pramipexol, arznei-telegramm 3/2004; 35: 36
  7. Vater behauptet, dass Medikamente seine Homosexualität ausgelöst haben, lesbian.or.at, 11. Dezember 2007
  8. AFP: Man claims Glaxo drug made him 'gay sex addict', google.com/hostednews/afp, 1. Februar 2011
  9. Gericht entscheidet: Medikament führte zu schwuler Sexsucht, queer.de, 30. November 2012
  10. Entzugssymptome auf Dopaminagonisten, aerzteblatt.de, 12. Januar 2010