Fadenkanker



Fadenkanker

Nemastoma bimaculatum, einige Beine beschädigt

Systematik
Unterstamm: Kieferklauenträger (Chelicerata)
Klasse: Spinnentiere (Arachnida)
Ordnung: Weberknechte (Opiliones)
Unterordnung: Dyspnoi
Überfamilie: Troguloidea
Familie: Fadenkanker
Wissenschaftlicher Name
Nemastomatidae
Simon 1872

Fadenkanker (Nemastomatidae) sind eine Familie der Weberknechte (Opiliones).[1] Die Aufteilung in Gattungen nach genitalmorphologischen Kriterien gelang erst nach den Arbeiten von Roewer (1951), der noch die meisten Arten einer Gattung Nemastoma zuordnete, die auch heute noch die artenreichste in dieser Familie ist.[2]

Merkmale

Die Fadenkanker erreichen je nach Art eine Körperlänge von einem bis zu sechs Millimetern. Die meisten Arten sind durch sehr lange und dünne Pedipalpen charakterisiert. Ihre Chelizeren sind von durchschnittlicher Größe. Die Länge der Beine variiert innerhalb einer großen Bandbreite zwischen den Arten.[3]

Vorkommen

Die Familie hat ein disjunktes holarktisches Verbreitungsgebiet. Große Formenfülle erreicht sie mit der Unterfamilie Nemastomatinae im Westen der Paläarktis. Hier ist sie in ganz Europa bis Island verbreitet. Viele Arten leben in begrenzten Arealen in Gebirgen südlicherer Breiten, wie dem Kaukasus, dem Atlas in Nordafrika, von Anatolien bis in den nördlichen Iran und teilweise auch in Zentralasien bis zum Himalaya.

Im Osten der Paläarktis sowie in der Nearktis ist der Formenreichtum geringer, die dort lebenden Fadenkanker gehören zur Unterfamilie Ortholasmatinae. Sie leben an beiden Küsten des Pazifiks, einerseits an der Westküste Nordamerikas zwischen Mexiko und Britisch Kolumbien in Kanada, andererseits in Ostasien (Japan und Nordthailand).

In Europa ist diese Familie mit 56 Arten vertreten, Mitteleuropa weist 17 Arten auf, in Deutschland sind bisher nur neun Arten aus vier Gattungen nachgewiesen, darunter Nemastoma bimaculatum, der Östliche Silberfleckkanker (Nemastoma lugubre) und der Einzahnmooskanker (Nemastoma dentigerum). In den Alpen sind einige Arten endemisch, darunter der Alpen-Fadenkanker (Mitostoma alpinum) und der Schwarze Zweidorn (Paranemastoma bicuspidatum).

Lebensweise

Die Fadenkanker ernähren sich von Insekten und Milben. Sie leben meist in Bodennähe unter Holz, Laub oder Steinen. Oft sind sie in Gebirgsgegenden zu finden, wo der Verbreitungsraum einzelner Arten auf dieses Gebirge beschränkt bleibt.

Systematik

Der älteste fossile Fund eines Exemplars, das der Familie der Fadenkanker zugeschrieben werden kann, stammt aus der Kreidezeit (Albium) vor rund 100 Millionen Jahren. Die von einem Bernsteinfund aus Myanmar bekannte Art wurde 2005 von Gonzalo Giribet und Jason A. Dunlop unter dem Namen Halitherses beschrieben und der Unterfamilie Ortholasmatinae zugeordnet.[4] Ein älterer Fund aus dem Perm (Rotliegend der Goldlauterer Schichten in Friedrichroda) aus Thüringen wurde vom Erstbeschreiber 1957 ebenfalls zu den Fadenkankern gestellt, ist jedoch unzureichend beschrieben und es wurde später vermutet, dass es sich bei dem Fossil nicht um einen Weberknecht, sondern um pflanzliches Material handelt.[5]

Im Gegensatz zu vielen anderen Familien der Weberknechte werden die Fadenkanker phylogenetisch als monophyletisch angesehen.[3] Die Familie wird in zwei Unterfamilien eingeteilt, von denen die Nemastomatinae die meisten Gattungen umfassen.[6] Insgesamt sind derzeit 19 Gattungen mit über 170 Arten beschrieben:

  • Nemastomatinae
    • Acromitostoma
    • Buresiolla
    • Carinostoma
    • Caucnemastoma
    • Centetostoma
    • Giljarovia
    • Hadzinia
    • Historicostoma
    • Mediostoma
    • Mitostoma
    • Nemaspela
    • Nemastoma
    • Nemastomella
    • Paranemastoma
    • Pyza
    • Vestiferum
  • Ortholasmatinae
    • Dendrolasma Banks, 1894
    • Martensolasma Shear, 2006
    • Ortholasma Banks, 1894
    • Halitherses Giribet & Dunlop, 2005 (fossil aus einem Bernsteinfund aus der Kreidezeit, Alter rund 100 Millionen Jahre)[4]
  • incertae sedis
    • Rhabdotarachnoides (fossil aus Schichten des Perm, möglicherweise handelt es sich aber um Pflanzenreste)[5]

Literatur

  • Jürgen Gruber: Nemastomatidae Simon, 1872. In: R. Pinto-da-Rocha, G. Machado und G. Giribet (Hrsg.): Harvestmen - The Biology of Opiliones. Harvard University Press, S. 148 ff., 2007 ISBN 0-674-02343-9

Einzelnachweise

  1. Joel Hallan's Biology Catalog: [1]
  2. Jochen Martens: Weberknechte, Opiliones. Die Tierwelt Deutschlands, 64. Teil, VEB G. Fischer, Jena 1978
  3. 3,0 3,1 Jürgen Gruber: Nemastomatidae Simon, 1872. In: R. Pinto-da-Rocha, G. Machado und G. Giribet (Hrsg.): Harvestmen - The Biology of Opiliones. S. 148 ff., Harvard University Press, 2007
  4. 4,0 4,1 Gonzalo Giribet und Jason A. Dunlop: First identifiable Mesozoic harvestman (Opiliones: Dyspnoi) from Cretaceous Burmese amber. Proceedings of The Royal Society B, 272, 1567, S. 1007-1013, 2005 doi:10.1098/rspb.2005.3063
  5. 5,0 5,1 Harald Pieper: Ein angeblicher Weberknecht (Arachnida, Opiliones) aus dem Rotliegenden von Thüringen. Paläontologische Zeitschrift, 45, 1-2, S. 79-81, 1971
  6. Adriano B. Kury: Checklist of valid genera of Opiliones of the World. Museu Nacional, 2000-2010 Online auf der UFRJ website

Weblinks