Gerhard Heberer

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Gerhard Heberer (* 20. März 1901 in Halle a.d. Saale; † 13. April 1973 in Göttingen) war ein deutscher Zoologe, Genetiker und Anthropologe, im Nationalsozialismus ein deutscher „Rassenforscher“ sowie Mitglied der SS-Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe.

Leben

Gerhard Heberer studierte von 1920 bis 1924 an der Universität Halle Zoologie und Genetik bei Valentin Haecker und Anthropologie und Rassenkunde beim Haeckel-Schüler Hans Hahne. 1924 wurde er mit dem Thema Die Spermatogenese der Copepoden promoviert. Von 1924 bis 1926 war er Assistent in Hahnes Museum für „Volkheitskunde“ in Halle. 1927 nahm er an Bernhard Renschs „Sunda-Expedition“ nach Indonesien teil. Von 1928 bis 1938 war er zunächst Dozent, dann außerordentlicher Professor des Zoologischen Instituts der Eberhard Karls Universität Tübingen, welches von Jürgen Wilhelm Harms geleitet wurde. 1932 wurde er in Zoologie und vergleichender Anatomie habilitiert.

NS-Zeit

1933 trat er in die SA ein, der er bis 1935 angehörte. Es folgte der Eintritt in den NS-Dozentenbund und den NS-Lehrerbund. 1937 trat Heberer der NSDAP und der SS bei, wo er Untersturmführer wurde. 1935 bis 1936 hatte er kommissarisch den Lehrstuhl für Zoologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt inne. Eine ordentliche Professur dort wurde aufgrund von katholischen Studentenprotesten jedoch verhindert. Daraufhin setzte sich Heinrich Himmler persönlich für Heberer ein und verschaffte ihm eine Stelle im Rasse- und Siedlungshauptamt-Stab (RuSHA) der SS. Außerdem wurde er Mitglied in Himmlers SS-Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe. Von 1938 bis 1945 war er Professor für „Allgemeine Biologie und Anthropogenie“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zusammen mit Karl Astel, Hans F. K. Günther und Victor Julius Franz bildete Heberer die laut Hoßfeld sogenannte Jenaer „Rassen-Quadriga“. Alle vier seien in Thüringen „Hauptprotagonisten einer «Deutschen Wissenschaft/Biologie»“ gewesen.^[1] Ab 1942 war er im Beirat der Ernst Haeckel-Gesellschaft. 1944 hielt er im Konzentrationslager Buchenwald Vorlesungen zur „Germanisierung“, also Nazifizierung dorthin verschleppter norwegischer Studenten.

Nachkriegszeit

Von 1945 bis 1947 war Heberer wegen seiner SS-Mitgliedschaft zwei Jahre lang interniert. Nach seiner Entnazifizierung (1947) war er von 1949 bis 1970 Direktor einer „Anthropologischen Forschungsstelle“ der Georg-August-Universität Göttingen und 1961/1962 Gastprofessor an der Freien Universität Berlin. Heberer konnte in den 1950er- und 1960er-Jahren Wesentliches zur Abstammungsgeschichte des Menschen sowie zur Synthetischen Evolutionstheorie beitragen, so dass sein gesamtwissenschaftliches Werk nicht ausschließlich mit Bezug auf die NS-Zeit gewertet werden kann.^[2] Er schrieb zahlreiche auch populärwissenschaftliche Bücher insbesondere über Paläoanthropologie und Evolutionstheorie. Er bereiste viele Museen weltweit und auch Ausgrabungsstätten früher Hominiden in Afrika wie die Olduvai-Schlucht (1961) und konnte in Göttingen eine umfangreiche paläanthropologische Sammlung von Fossilienabgüssen zusammentragen. Heberer wurde 1970 emeritiert und verstarb in Göttingen am 13. April 1973.

Publikationen (Auswahl)

• als Herausgeber Die Evolution der Organismen. Fischer, Jena 1943, mehrere Bände, 3. Auflage 1967-1974 (darin von Heberer: Das Typenproblem der Stammesgeschichte)
• Was heißt heute Darwinismus?. Musterschmidt, Göttingen 1949
• Neue Ergebnisse der menschlichen Abstammungslehre. Ein Forschungsbericht. Musterschmidt, Göttingen 1951
• Allgemeine Abstammungslehre, Musterschmidt 1949
• Menschliche Abstammungslehre, G. Fischer 1965
• Charles Darwin- sein Leben und sein Werk, Kosmos-Franckh 1959
• Die Abstammung des Menschen, Athenaion 1961
• Der gerechtfertigte Haeckel. Einblicke in seine Schriften aus Anlaß des Erscheinens seines Hauptwerks "Generelle Morphologie der Organismen" vor hundert Jahren. G. Fischer, Stuttgart 1968
• Der Ursprung des Menschen- unser gegenwärtiger Wissensstand, G. Fischer, 4. Auflage 1975
• Die Herkunft der Menschheit, in Golo Mann, Alfred Heuß, August Nitschke (Herausgeber) Propyläen Weltgeschichte, Band 1
• Homo- unsere Ab- und Zukunft, DVA 1968, Taschenbuchausgabe als Moderne Anthropologie, rororo 1973
• Mit-Herausgeber von Grzimeks Tierleben, Ergänzungsband Entwicklungsgeschichte der Lebewesen, Kindler 1972
• Herausgeber und Autor: Anthropologie, Fischer Lexikon, 1961, 1970
• Helmut Hölder, Albrecht Egelhaaf, Jürgen Jacobs, Gerhard Heberer, Hans Querner Vom Ursprung der Arten. Neue Erkenntnisse und Perspektiven der Abstammungslehre, Rowohlt Taschenbuch 1975
• Pierre Marcellin Boule. Der Erforscher des fossilen Menschen. In: Hans Schwerte, Wilhelm Spengler: Forscher und Wissenschaftler im heutigen Europa. 2. Mediziner, Biologen, Anthropologen. Reihe: Gestalter unserer Zeit, Band 4, Stalling, Oldenburg 1955, S. 288-295
• Schwalbe - Klaatsch - Mollison. Die Abstammung des Menschen. ebd. S. 296-307

Literatur

• Uwe Hoßfeld: Gerhard Heberer (1901–1973). Sein Beitrag zur Biologie im 20. Jahrhundert. Wissenschaft und Bildung, Berlin 1997.
• derselbe Geschichte der biologischen Anthropologie in Deutschland, Franz Steiner Verlag 2005
• Gottfried Kurth (Herausgeber) Evolution und Hominisation, G. Fischer 1962, 2. Auflage 1967 (Festschrift zum 60. Geburtstag)

Weblinks

• Literatur von und über Gerhard Heberer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Einzelnachweise