Gotthilft von Studnitz


Gotthilft von Studnitz (* 3. Januar 1908 in Kiel; † 11. März 1994 in Bad Schwartau) war ein deutscher Physiologe und Zoologe.

Leben und Wirken

Gotthilft von Studnitz stammte aus dem alten westmährischen Adelsgeschlecht[1]. Er war der älteste von zwei Jungen des Korvettenkapitäns Oswald von Studnitz und dessen Ehefrau Johanna Theodora, geb. von Bulmerincq, die aus Warschau stammte. Studnitz erhielt Privatunterricht und besuchte die Oberrealschule seiner Heimatstadt, wo er 1926 die Reifeprüfung ablegte. Bereits im Alter von 12 Jahren entwickelte sich bei ihm eine schwere Osteomyelitis, verbunden mit einer Versteifung des linken Beines im Hüft- und Kniegelenk. Schon in sehr jungen Jahren begeisterte er sich für die Natur, besonders faszinierten ihn Vögel und Säugetiere.

Nach dem Abitur studierte er Botanik, Zoologie, Geologie und Physiologie an den Universitäten von Kiel und Breslau. Er promovierte 1930 an der Universität Kiel. Das Thema seiner Dissertation lautete: Die Morphologie und Anatomie von 'Lima inflata', der Feilenmuschel, nebst biologischen Untersuchungen an 'Lima hians Gmel'. Folgend arbeitete er als Stipendiat der Notgemeinschaft, von 1934 bis 1936 als außerplanmäßiger Assistent am Zoologischen Institut der Kieler Universität, wo er sich 1935 habilitierte. Ein Jahr später erhielt von Studnitz eine Assistentenstelle am Zoologischen Institut der Martin Luther-Universität Halle an der Saale. Am 18. Mai 1936 wurde er zum Dozenten für Zoologie ernannt. An der Universität Halle wurde von Studnitz, seit 1. Mai 1937 Mitglied der NSDAP, 1941 zum a.o. Professor ernannt, zugleich erhielt er einen Forschungsauftrag zum Farbensehen der Farbenwerke Wolfen. Seine Berufung zum ordentlichen Professor der Zoologie und zum Direktor des Zoologischen Instituts und Museums der Universität Halle erfolgte 1942:

Zu dieser Zeit bearbeitete von Studnitz bereits einen Forschungsauftrag des Oberkommandos der Marine, er unternahm Versuche zur Verbesserung der Dunkelanpassung und Reduzierung von Blendwirkungen. Um auch Forschungsergebnisse am Menschen vorweisen zu können, führte er Experimente an zum Tode Verurteilten im hallischen Zuchthaus durch. Nachdem er den Delinquenten eine ölige Flüssigkeit eingeflößt hatte - vermutlich Vitamin A oder andere Karotinoide - entnahm er die Augen der Hingerichteten und prüfte Veränderungen der Zapfensubstanz.[2]

Studnitz war am 19. Juni 1944 an der Hinrichtung von 16 durch Wehrmachtsgerichte verurteilte Personen im Zuchthaus Halle beteiligt. Er gab Anweisungen zur Einnahme eines Medikaments sowie dem Tragen von Augenbinden und ordnete nach Eintritt des Todes der Hingerichteten die Entnahme deren Augäpfel an[3]. Es folgten noch weitere 19 Hinrichtungen. Den Verurteilten wurden die lichtundurchlässigen Augenbinden unter der persönlichen Aufsicht von von Studnitz angelegt. Weitere Versuche erfolgten nicht mehr, obwohl:

Professor von Studnitz hat nur noch darum gebeten, in späterer Zeit einigen Verurteilten noch einige Mittel verabreichen zu dürfen. Außerdem gebraucht er noch zu Ergänzungsversuchen in Zukunft einzelne Augen. Er hat seinen aufrichtigsten Dank dafür ausgesprochen, daß ihm die Durchführung des Versuchs ermöglicht wurde (zit. n. Gattermann/Neumann 2005, S. 110).

Nach 1945 hatte er zusammen mit der amerikanischen Besatzungsmacht Halle verlassen. In seinem Gepäck befanden sich auch etliche wertvolle Mikroskope, alles akribisch aufgelistet, in einer Strafanzeige der Universität Halle. Für kurze Zeit arbeitete von Studnitz am englischen Luftfahrtforschungszentrum Farnborough und übersiedelte dann nach Bad Schwartau. Er entwickelte noch einige Medikamente zur Verbesserung der Hell-Dunkel-Adaption des Auges und baute ab 1951 das Naturkundemuseum der Stadt Lübeck auf. Zudem war er dort ab 1952 Direktor der Volkshochschule[3]. Nach seiner Pensionierung war von Studnitz vor allem als Jagdschriftsteller tätig und verfasste zudem noch eine Fortsetzung der Familienchronik derer von Studnitz.

Gotthilf von Studnitz heiratete 1950 die 19 Jahre jüngeren Sylvia von Studnitz, Tochter von Bernhard von Studnitz und Margot Eiffe.

Werke (Auswahl)

  • Was sich sah. Augenblicksbilder aus dem Freileben der Tiere, 1928
  • Die retinale Säurebildung, 1937
  • Vom Sein und Werden eines Organs, 1944
  • Einführung in die Zoologie, 1950 u. 1953
  • Wahn oder Wirklichkeit?, 1955
  • Ein Jagdhaus in Schweden, 1963
  • Die Studnitze im 20. Jahrhundert. Eine fortgesetzte Geschichte der Familie 1889-1979, 1979
  • Mein Jagdbuch, 1982

Literatur

  • Rolf Gattermann, Volker Neumann: Geschichte der Zoologie und der Zoologischen Sammlung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg von 1769-1990, Stuttgart/Leipzig 2005, S. 107–115
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-596-16048-8. (Aktualisierte 2. Auflage)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Geschichte der Familie von Studnitz
  2. Gotthilft von Studnitz auf www.catalogus-professorum-halensis.de
  3. 3,0 3,1 Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 612.