Händeschütteln


Händeschütteln
Griechischen Grabrelief des Thraseas und der Euandria, Antikensammlung Berlin im Pergamonmuseum (Sk 29), ca. 375-350.

Das Händeschütteln ist ein in vielen westlichen Ländern gängiges nonverbales Begrüßungsritual. In anderen Kulturen ist es hingegen traditionell unüblich oder auf gleichgeschlechtliche Kontakte – insbesondere unter Männern – beschränkt.

Ebenso wie viele andere Begrüßungszeremonien wird es normalerweise mit der rechten Hand ausgeführt, außer beim Handschlag des Pfadfindergrußes, dort mit der Linken. Die Hände umfassen sich dabei für einige Sekunden und werden oft rhythmisch auf und ab bewegt. Fehlt diese Bewegung, wird mitunter auch vom Händedruck gesprochen. Ein Vorläufer dürfte das Winken sein, welches ursprünglich wohl dazu diente, dem Gegenüber die leere Waffenhand zu präsentieren. Beim Händeschütteln kommt noch der unmittelbare Körperkontakt hinzu. Als noch intimer können – je nach Kultur – die Umarmung und der Wangenkuss gesehen werden.

In der westlichen Welt gilt beim Händeschütteln unter Männern ein kräftiger Händedruck gewöhnlich als Zeichen für Selbstbewusstsein, Kraft und Willensstärke. Ein sehr schwacher Händedruck kann indes negative Assoziationen hervorrufen. In anderen Regionen, vor allem in asiatischen Ländern, gilt ein starker Händedruck hingegen als unhöflich grob.

Öffentliches Händeschütteln in der Mediengesellschaft wird auf Wunsch von Kameraleuten und Fotografen mitunter auch mehrmals wiederholt.

Ursprung

Verbrüderungshände mit Auge Gottes. Freimaurersymbol, Österreich um 1800

Bereits im Neuen Testament wird im Brief des Paulus an die Galater (ca. 50 n. Chr. verfasst) erwähnt, dass Paulus beim Abschied in Jerusalem die „rechte Hand der Freundschaft“ gereicht wurde. Dies weist darauf hin, dass bereits in der griechisch-römischen Zeit die Tradition des Händeschüttelns bekannt war. Auch auf römischen Münzen lässt sich das Händeschütteln als Symbol der Eintracht wiederfinden. In seine heutige Form kam der Brauch vermutlich durch die Quäker im 17. Jh. als eine vereinfachende und gleichstellendere Form der Begrüßung (Etikette). Auch für die Freimaurer zählte das Händeschütteln zu einem symbolisch bedeutsamen Brauch.

Deutschland

Emblem der SED

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Händeschütteln durch den Hitlergruß ergänzt, der seinerzeit als der „Deutsche Gruß“ galt. In der DDR schaffte es das Händeschütteln bis in das Parteisignet der SED. Der Händedruck sollte dabei die Einheit der Arbeiterbewegung und die Überwindung der Spaltung symbolisieren. Tatsächlich erfolgte die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED gegen den Widerstand zahlreicher Sozialdemokraten. Die zeitgenössische, stilisierte Grafik wurde im Volksmund auch als „abgehackte Hände“ verspottet.

Während sich die normative Funktion des Händeschüttelns in Westdeutschland (Bundesrepublik Deutschland) seit der 68er-Bewegung erheblich verringert hat, wurde sie in der DDR eher noch gesteigert (z.B. individuelles Händeschütteln selbst beim Hinzukommen zu größeren Gruppen).

Typisch deutsch ist der Handschlag bei der Begrüßung eines Arztes, bei dem man sich in Behandlung begibt. In anderen – auch westlichen – Kulturen ist diese Geste, die in Deutschland Vertrauen sowohl ausdrücken als auch herstellen soll, nicht üblich.

Vertragsabschluss

Das Händeschütteln kann auch als Bekräftigung einer getroffenen Vereinbarung (Vertragsabschluss) erfolgen, z. B. unter Geschäftsleuten, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Wettpartnern und Politikern. Der US-amerikanische Mobster Carmine Tramunti wurde in den 1970er Jahren zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt, da ein durch einen Fahnder beobachteter Handschlag mit einem Drogendealer als Vereinbarung zu einem Drogengeschäft gewertet wurde. Hierauf wurde in einer Szene des Films Goodfellas Bezug genommen.

In der Schweiz ist es möglich, einen rechtsgültigen Vertrag ohne schriftliche Form per Handschlag zu schließen. Die Rede ist nach Obligationenrecht (OR) von einer eindeutigen Gestik, wobei schon ein Kopfnicken genügt; gemäß OR Artikel 1 ist zum Abschlusse eines Vertrages bloß die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich. Der Artikel 11[1] lautet: Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt. Verträge, bei denen das Gesetz eine besondere Form vorschreibt, nennt man formbedürftige Verträge. Dazu gehören Zession (Art. 165 Abs. 1 OR), Grundstückkauf (Art. 216 Abs. 1 OR), Abzahlungsvertrag (Art. 227a Abs. 2 OR), Schenkungsversprechen (Art. 243 Abs. 1 OR) sowie Handelsreisendenvertrag (Art. 347a Abs. 1 OR). Viele wichtige Bereiche, zum Beispiel die Miete oder das Arbeitsverhältnis, kennen keine Formbedürftigkeit: Für den Abschluss eines Arbeitsvertrages bestehen keine gesetzlichen Formvorschriften. Auch ein mündlicher Abschluss ist rechtsverbindlich.[2]

Friedensgruß

In christlichen Gottesdiensten ist ein Händedruck als Friedensgruß üblich geworden. Er wird meist vor Spendung des Abendmahls unter den Teilnehmenden des Gottesdienstes ausgetauscht.

Medizinische und hygienische Aspekte

Nach einer 2007 publizierten Übersichtsstudie scheint das Händeschütteln, neben dem gemeinsamen Kontakt von Menschen mit Oberflächen wie etwa Türklinken, der wichtigste Übertragungsweg für Infektionen wie Erkältungen oder auch Magen-Darm-Erkrankungen zu sein.[3] Das Infektionsrisiko wird durch den Umstand erhöht, dass Menschen, ohne sich dessen bewusst zu sein, sehr häufig mit den Händen Mund, Nase und/oder Augen berühren. Auf diese Weise können Krankheitserreger von einer Person auf die andere übertragen werden. Um Ansteckungen zu vermeiden, empfehlen die Forscher daher, nach Kontakt mit anderen Menschen oder auch potenziell kontaminierten Oberflächen, ein gründliches Händewaschen mit Seife.

Bei der ärztlichen Untersuchung kann das Händeschütteln beziehungsweise die dabei ausgeübte Kraft des Patienten (der Händedruck im medizinischen Sinn) einen orientierenden Hinweis auf die motorische Koordinationsfähigkeit und sogenannte „grobe Kraft“ geben. Bei Koordinationsstörungen kann das Händeschütteln erschwert, bei muskulären Erkrankungen oder einer Sarkopenie der Händedruck vermindert sein. Nach einer Studie an Patienten jenseits des 85. Lebensjahres korreliert der gemessene Händedruck mit der zu erwartenden spezifischen Sterberate.[4]

Kunst

In der bildenden Kunst gibt es seit antiker Zeit Darstellungen eines Händedrucks, genannt Dexiosis. Sie symbolisieren meist die Verbundenheit zweier Personen, aber auch von Städten oder Reichen durch den Händedruck der Herrscher.

Quellen

  1. Schweizer Obligationenrecht Artikel 11 über die Vertragsgültigkeit
  2. Rechtsgültiger Handschlag in der Schweiz (Gültigkeit)
  3. Bloomfield, S. et al., In: American Journal of Infection Control, Band 35, S. S27, Dezember 2007 The effectiveness of hand hygiene procedures in reducing the risks of infections in home and community settings including handwashing and alcohol-based hand sanitizers. Siehe auch Bericht in: www.wissenschaft.de: Warum Küssen besser ist als Händeschütteln
  4. C. H. Ling u. a.: Handgrip strength and mortality in the oldest old population: the Leiden 85-plus study. CMAJ (2010) PMID 20142372 (Volltext als pdf)

Weblinks

Wiktionary: Händedruck – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Händedruck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien