Haiangriffe vor Recife


Die Haiangriffe vor Recife sind eine Serie von Angriffen auf Badende und Surfende durch Haie an den Stränden vor Recife, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Pernambuco.

Der 20 Kilometer lange Strandabschnitt von Boa Viagem war weltweit als einer der gefährlichsten Strandabschnitte für Haiangriffe bekannt. Von 1992 bis 2007 ereigneten sich 50 Haiangriffe in dieser Region, 19 davon mit tödlichen Ausgang. Vor 1992 waren Haiangriffe in Recife so selten, dass sie international keine Beachtung fanden. Fábio Hazin, Direktor des CEMIT,[1] erklärte, dass die Zerstörung wichtiger mariner Ökosysteme wie die Küstenmangroven ein Hauptgrund für diese unnatürlichen Angriffe sein. Der empfindliche Lebensraum der Mangroven fällt häufig Kahlschlag und touristischen Baumaßnahmen zum Opfer.

Pernambuco
Mangrovenwald
Strand von Boa Viagem/Recife
Strand von Candeias/Recife
Bullenhai
Liste der Todesopfer durch Haiangriffe vor Recife[2]
Aktivität Name Datum Strand
Schwimmer Ubiratan Martins Gomes 28. Juni 1992 Piedade
Schwimmer Enoque Pereira dos Santos 10. September 1992 Boa Viagem
Schwimmer Robson Antonio R. Santos 30. Juni 1993 Boa Viagem
Schwimmer Alessandro Gomes de Souza 9. Juli 1994 Boa Viagem
Surfer Laudenilson Gomes de Lima 1. Dezember 1994 Paiva
Surfer Clélio Rosendo Falcão Filho 7. Juli 1995 Candeias
Schwimmer Marcos Santana Silva 7. April 1996 Boa Viagem
Schwimmer unbekannt 1. April 1998 Boa Viagem
Surfer Claudio Roberto Florêncio de Freitas 2. November 1998 Boa Viagem
Schwimmer Carlos Alberto Brasileiro 3. März 2001 Boa Viagem
Schwimmer unbekannt 3. Januar 2002 Candeias
Schwimmer Fábio Fernandes Silva 24. März 2002 Boa Viagem
Schwimmer Luis Soares de Arruda 14. Oktober 2002 Piedade
Schwimmer Edmilson Henrique dos Santos 29. Februar 2004 Piedade
Schwimmer Orlando Oscar da Silva 1. Mai 2004 Piedade
Schwimmer unbekannt 8. September 2004 Pina
Surfer Humberto Pessoa Batista 18. Juni 2006 Del Chifre
Schwimmer Darlan dos Santos Luz 4. September 2006 Pina

Ursachenanalyse

Mangrovenwälder sind sowohl Reproduktions- als auch Jagdzone von Haiarten, die dem Menschen potentiell gefährlich werden können: Bullenhai (Carcharhinus leucas), Tigerhai (Galeocerdo cuvier) und Kleiner Schwarzspitzenhai (Carcharhinus limbatus). Das Habitat der Mangrovenwälder ist im brasilianischen Bundesstaat Pernambuco stark von Umweltverschmutzung durch Pflanzenschutzmittel und Dünger aus der landwirtschaftlichen Produktion, Industrie- und kommunale Abwässer bedroht.

Trawler für den kommerziellen Fischfang haben ihr Fanggebiet in küstennahe Gebiete ausgedehnt und wühlen die Bodenzone auf, zerstören die Korallenriffe und vernichten somit die Biodiversität. Auch die verstärkte Krabbenfischerei hat den Haien einen wesentlichen Bestandteil ihrer Nahrung genommen. Die Wechselwirkung dieser Faktoren hat zu einer starken Zunahme der Haiangriffe geführt. Vor der zunehmenden Umweltzerstörung waren fatale Begegnungen zwischen Haien und Menschen im sehr nahrungsreichen Atlantik vor Pernambuco seltene Ausnahmen.

Otto Gardig von der Universidade Estadual Paulista (Unesp) führt an, dass Menschen den Haien nur zum Opfer fallen würden, da natürliche Nahrung fehlt. Die starke unkontrollierte Bevölkerungszunahme in der Region Jaboatão dos Guararapes habe ohne sanitäre Kontrolle der Abwasserproblematik oder dem Eintrag von organischer Substanz und Schlachthausabfällen durch die intensivierte Landwirtschaft stattgefunden. Auch könnte die Klimaveränderung eine Rolle spielen. Hochseehaie würden von den über Bord geworfenen Abfällen der Schiffe in Hafenregionen gelockt werden.

Hinzu kam 1984 der Ausbau des Tiefwasserhafens von Suape (Porto de Suape), 40 Kilometer südlich von Recife. Porto de Suape mit einem Jahresumschlag von 80000 Tonnen wird von einem 2,95 m hohen Wellenbrecher und zahlreichen Ausbaggerungen geschützt, deren Baumaßnahmen die natürlichen Flussläufe des Rio Ipojuca und Merepe nachhaltig veränderte. Den Haien ist durch diese Landschaftsveränderung ein Zugang zu ihren natürlichen Jagdrevieren in den Flussmündungen verwehrt und sie folgen der vorherrschenden Strömung an die von Schwimmern und Surfern stark frequentierten Strände von Paiva, Candeias, Piedade, Pina und Boa Viagem.

Trächtige Weibchen suchen seit dieser ökologischen Veränderung für die Reproduktion die Flussmündung des Rio Jaboatão auf, welcher im Einzugsgebiet der Metropolregion von Recife und den Stränden liegt.[3] Vor allem die Tourismusindustrie ließ sich von den Wechselwirkungen zwischen Bau des Tiefwasserhafens Suape und der Zunahme der Haiangriffe in Recife nicht überzeugen.[4] Meira Lins forderte eine Abkehr vom Bade- und Surftourismus hin zum kulturellen Tourismus und die Haie in ihrem Lebensraum in Ruhe zu lassen.

Maßnahmen

Die CEMIT betreibt seit einiger Zeit an den Stränden Aufklärungsarbeit, um das Risiko der Haiunfälle zu minimieren. Vor Badeaktivitäten in den frühen Morgenstunden, Abenddämmerung, sowie Vollmondphasen wird gewarnt, da in dieser Periode Haie auf Beutefang gehen, alle 350 Meter sind Warnschilder an den Stränden angebracht und Küstenboote fangen Haie heraus, die sich dem Strandabschnitt nähern.

Die CEMIT-Maßnahmen haben in der Welt Modellcharakter der Prävention und werden derzeit auch in Mexiko angewandt. Markierte Haie werden auf ihren Jagdzügen per Satellit überwacht und ihr Verhalten aufgezeichnet. Somit konnte die Anzahl der Haiunfälle vor der Küste Pernambucos signifikant reduziert werden.[5]

Einzelnachweise

  1. Comitê Estadual de Monitoramento dos Incidentes com Tubarões - Staatliches Komitee zur Überwachung von Haiangriffen an der Pernambuco Rural Universität
  2. http://www2.uol.com.br/JC/sites/tubarao/materia_tabela_ataques.htm vom 1. August 2006
  3. http://www2.uol.com.br/JC/sites/tubarao/materia_tabela_ataques.htm
  4. http://www.brazilmax.com/news.cfm/tborigem/pl_northeast/id/14
  5. http://www.ufrpe.br/noticia_ver.php?idConteudo=5430

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