Haustier
Haustiere sind Tiere, die wegen ihres Nutzens oder des Vergnügens halber vom Menschen gezüchtet werden. Die Haustiere sind durch Domestikation aus Wildtierarten hervorgegangen.
Domestikation
Tiere hielt man getrennt von ihren wild lebenden Vorfahren, um leichter und nachhaltiger tierische Rohstoffe und Nahrungsprodukte zu gewinnen, als das durch die Jagd möglich ist. Später wurden die Tiere auch wegen ihrer Zug- und Tragleistung domestiziert. Die Züchtung zum Vergnügen hat ihre Anfänge in der Zeit nach Christi Geburt. Im 20. Jahrhundert kam die Verwendung als Versuchstier als weiterer Grund der Züchtung hinzu.
Durch die Züchtung werden die körperlichen Eigenschaften der Tiere stark verändert. Manche typische Fähigkeiten des Wildtieres sind weggezüchtet oder verloren gegangen, während andere Fähigkeiten durch die Züchtung verstärkt oder umgebildet wurden. Haustiere sind von den Stammarten häufig so verschieden, dass sie in eigene Arten oder Unterarten gestellt werden. Viele Haustiere haben die Fähigkeit zum Überleben in der Wildnis verloren. Andere, wie die Hauskatze, können sich leicht auf eine vom Menschen unabhängige Lebensweise umstellen.
Die vom Menschen zur Nutzung gefangenen und gehaltenen Wildtiere, wie Arbeitselefanten, Zierfische und Beizvögel, zählen in diesem Sinne nicht zu den Haustieren, da sie nicht gezüchtet worden sind.
Die längste Geschichte als Haustier hat der Hund, dessen Domestikation mindestens auf die Zeit nach dem Pleistozän etwa 13.000 v. Chr. zurückgeht; es gibt jedoch Hinweise dafür, dass diese bereits vor 135.000 Jahren gelang (Näheres hierzu). Die Haustiernutzung von Schwein, Rind und Schaf hat etwa 8000 Jahre v. Chr. in Vorderasien begonnen. Ab dem 4. Jahrtausend v. Chr. wurden die Taube in Vorderasien und der Maulbeer-Seidenspinner in China gezüchtet. Die Zucht des Pferdes begann etwa im 4. Jahrtausend in Eurasien. In China werden ab dem 9. Jahrhundert Goldfische zur Zierde gezüchtet. Seit dem 19. Jahrhundert wird der Wellensittich gezüchtet. Die Züchtung von Nagetieren und Fliegen zu Versuchszwecken begann im 20. Jahrhundert.
Grenzfälle
Tiere müssen, um als Haustiere gehalten werden zu können, bestimmte körperliche und verhaltensbiologische Merkmale aufweisen. Es hat seit Beginn der Haustierhaltung immer wieder Versuche gegeben, weitere Arten zu domestizieren, ohne dass eine vollständige Haustierwerdung erfolgte.
Beispiele dafür sind verschiedene Hirscharten (Elch, Damhirsch, Rothirsch). Zumindest beim Damhirsch ist beim Gehegewild eine Übergangsform erreicht worden. Planmäßige Züchtung führte hier zu Haustiermerkmalen.
Bei vielen Tierarten, die in jüngster Zeit als Heimtiere gehalten werden, treten Domestikationserscheinungen (Farb- und Fellmutationen, Verhaltensänderungen) auf, ohne dass bereits von vollständiger Domestikation gesprochen werden kann.
Haustiere in der zoologischen Systematik
Während regionale Populationen von Wildtieren, die sich in verschiedenen Merkmalen unterscheiden, als Unterarten gekennzeichnet werden, stellt der Lebensraum von Haustieren kein geografisch einheitliches Gebiet dar. Die Kriterien für die Gliederungen von Unterarten können hier also nicht angewendet werden. Haustiere sind als eine Untereinheit eines Wildtyps aufzufassen, die nicht den Rang einer Unterart erreicht. Auf internationalen Zoologenkongressen wurde daher festgelegt, die Haustiere aus der zoologischen Systematik herauszunehmen.[1] Haustiere werden in der zoologischen Systematik als „forma“ der Wildarten bezeichnet. Beispielsweise erhält der Haushund als domestizierte Form des Wolfs (Canis lupus) die Bezeichnung Canis lupus forma familiaris.
Gegenwärtig werden alle Haustierarten mit dem gleichen Namen bezeichnet wie die Wildtierart, von der sie abstammen, wenn die Arten nicht unterscheidbar sind. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass viele Haustiere nicht von einer einzelnen Wildtierart abstammen. Für diese Fälle wurde vorgeschlagen, dass alle Tiere, die von der domestizierten Form abstammen, deren Namen bekommen.[2]
Bei Haustieren wird zur Kennzeichnung verschiedener Formen innerhalb der Art der Begriff Rasse verwendet.
Siehe auch
- Liste der Bezeichnungen für Haus- und Wildtiere
- Dedomestikation
- Tierzucht
- Tierhaltung
- Tierversuch
Weblinks
Literatur
- Norbert Benecke: Der Mensch und seine Haustiere. Theiss Verlag, Stuttgart 1994, ISBN 3-8062-1105-1
- Hans Nachtsheim: Vom Wildtier zum Haustier. 3. Aufl., Parey, Berlin 1977, 156 S., ISBN 3-489-60636-1
- Wolf Herre, Manfred Röhrs: Haustiere – Zoologisch gesehen. 2. Aufl., Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1990, 412 S., ISBN 3-437-20446-7
Quellen
- ↑ Dorit Feddersen-Petersen: Was ist eine Rasse? Wissenschaftliche Untersuchung zur „Uniformität“ von Hunderassen
- ↑ Anthea Gentry: Mammal Species of the World. A taxonomic and geographic reference. 2005. Don E. Wilson & DeeAnn M. Reeder (Eds.). Ed. 3, 2 vols., 2142 pp. Johns Hopkins University Press, Baltimore. ISBN 0-8018-8221-4 A nomenclatural review in: Bulletin of Zoological Nomenclature Volume Band 63, Teil 3, 30. September 2006