Infektionsschutzgesetz


Basisdaten
Titel: Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung
von Infektionskrankheiten beim Menschen
Kurztitel: Infektionsschutzgesetz
Abkürzung: IfSG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Verwaltungsrecht
Fundstellennachweis: 2126-13
Datum des Gesetzes: 20. Juli 2000
(BGBl. I S. 1045)
Inkrafttreten am: 1. Januar 2001
Letzte Änderung durch: Art. 1 G vom 28. Juli 2011
(BGBl. I S. 1622)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
4. August 2011
(Art. 7 Abs. 1 G vom 28. Juli 2011)
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das deutsche Infektionsschutzgesetz (IfSG, seltener: InfSchG) regelt seit dem 1. Januar 2001 die gesetzlichen Pflichten zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen. Zweck des Gesetzes ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Dabei ist unbeachtlich, welcher Art die Infektion ist und auf welchem Wege die Infektion erfolgen kann. Hingegen ist der Infektionsschutz für Tiere (Tierseuchengesetz) und Pflanzen (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch) getrennt geregelt.

Das Gesetz wurde vom Deutschen Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats am 20. Juli 2000 als Bestandteil des Gesetzes zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vorschriften (SeuchRNeuG) beschlossen, im Bundesgesetzblatt am 25. Juli 2000 veröffentlicht und trat am 1. Januar 2001 in Kraft.

Damit traten folgende bestehende Gesetze und Verordnungen außer Kraft:

  1. Bundesseuchengesetz
  2. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten
  3. Laborberichtsverordnung
  4. Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht auf die humanen spongiformen Enzephalopathien
  5. Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten
  6. Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten

Das Infektionsschutzgesetz ist eine bundesrechtliche Regelung auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr, die ursprünglich den Ländern vorbehalten ist. Da gerade bei Seuchen und Infektionen Gefahren sehr schnell über Ländergrenzen hinaus entstehen können, erscheint eine bundesrechtliche Regelung sehr sinnvoll.

Bemerkenswert am Infektionsschutzgesetz ist, dass zum Zwecke der Gefahrenabwehr Grundrechte nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG i. V. m. S. 2 (Zitiergebot) eingeschränkt werden können. Angeordnete Schutzmaßnahmen können folgende Grundrechte einschränken: Grundrecht auf die körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, die Freiheit der Person gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, die Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG, des Brief- und Postgeheimnisses gemäß Art. 10 Abs. 1 GG, die Freizügigkeit gemäß Art. 11 Abs. 1 GG sowie das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 1 GG. Außerdem kann die berufliche Tätigkeit ganz oder teilweise nach Maßgabe des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG untersagt werden.

1. Abschnitt - Allgemeine Vorschriften

Dieser Abschnitt enthält die Definition des Gesetzeszwecks, Begriffsbestimmungen und den Auftrag an den öffentlichen Gesundheitsdienst zur Prävention durch Aufklärung.

2. Abschnitt - Koordinierung und Früherkennung

Dem Robert-Koch-Institut werden zentrale Aufgaben bei der Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen zugewiesen. Auch die Schaffung eines Bund-Länder-Informationssystems ist in diesem Abschnitt verankert.

3. Abschnitt - Meldewesen

siehe auch Hauptartikel meldepflichtige Krankheiten

Neben der Auflistung der meldepflichtigen Krankheiten enthält dieser Abschnitt die Regelungen über den Meldeweg vom Meldepflichtigen über das Gesundheitsamt an die entsprechenden Landesbehörden und von dort an das Robert-Koch-Institut. Das Gesundheitsamt übermittelt im Übrigen keine Personendaten, lediglich das Geschlecht sowie Monat und Jahr der Geburt. Die Übermittlung erfolgt in der Regel auf elektronischem Wege mittels spezieller Software. Das Robert-Koch-Institut hat die gewonnenen Informationen im Sinne der Internationalen Gesundheitsvorschriften[1] zu bewerten und, wenn eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite vorliegen kann, die vorgeschriebenen Mitteilungen an die Weltgesundheitsorganisation zu veranlassen. Der Abschnitt enthält ferner die Ermächtigung zur Durchführung sogenannter Sentinel-Erhebungen in Zusammenarbeit mit freiwillig teilnehmenden Ärzten, Krankenhäusern oder anderen medizinischen Einrichtungen.

4. Abschnitt - Verhütung übertragbarer Krankheiten

Kennzeichnend für diesen Abschnitt ist die Ermächtigung der zuständigen Behörden zur Durchführung von Maßnahmen zum Zwecke der Gefahrenabwehr beim Auftreten übertragbarer Krankheiten. Hiermit in Zusammenhang stehen die bereits erwähnten Einschränkungen der Grundrechte. Zu diesen Maßnahmen gehört die angeordnete Entseuchung, Entwesung und Bekämpfung Krankheitserreger übertragender Wirbeltiere. Das zur Verhinderung der Weiterverbreitung von übertragbaren Krankheiten probate Mittel der Schutzimpfungen ist in diesem Abschnitt ebenfalls geregelt. So ist zunächst bestimmt, dass der öffentliche Gesundheitsdienst die Bevölkerung über die Bedeutung von Schutzimpfungen zu informieren hat, darüber hinaus auch über andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe. In besonderen Fällen kann das Bundesministerium für Gesundheit mit Zustimmung des Bundesrates eine Schutzimpfung anordnen. Zur Bekämpfung der nosokomialen Infektionen haben die Bundesländer bis zum 31. März 2012 eine entsprechende Rechtsverordnung zu erlassen.

5. Abschnitt - Bekämpfung übertragbarer Krankheiten

Dieser Abschnitt enthält Regelungen u. a. über die Behandlung übertragbarer Krankheiten. Im Rahmen der berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ist dieses nur Ärzten gestattet. Die gesetzliche Basis zur Anordnung von Schutzmaßnahmen, die die Grundrechte einschränken sind hier ebenfalls geregelt, bis hin zur Absonderung (Quarantäne) und beruflichen Tätigkeitsverboten.

6. Abschnitt - Zusätzliche Vorschriften für Schulen und sonstige Gemeinschaftseinrichtungen

Bei Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich um Einrichtungen, in denen überwiegend Säuglinge, Kinder oder Jugendliche betreut werden, insbesondere Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen oder sonstige Ausbildungseinrichtungen, Heime, Ferienlager und ähnliche. Es wird unterschieden nach Personen, die an bestimmten übertragbaren Krankheiten selbst erkrankt sind, bzw. die verlaust sind, die bestimmte Krankheitserreger ausscheiden, bzw. in deren Wohngemeinschaft eine bestimmte Erkrankung oder der Verdacht hierauf besteht. Generell besteht in diesen Fällen zunächst ein Besuchsverbot der Einrichtung. Der Abschnitt enthält weiterhin Bestimmungen für die Einhaltung der Infektionshygiene in den genannten Einrichtungen und darüber hinaus in anderen Unterkünften (Obdachlose, Asylbewerber, Justizvollzugsanstalten).

(Quellen unter[2])

7. Abschnitt - Wasser

Trinkwasser und Schwimmbeckenwasser muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss bzw. Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist. Unter diesem Leitsatz steht die den Gesundheitsämtern aufgetragene Überwachung der Trinkwasserversorgung und der Schwimm- und Badebecken. Der Abschnitt enthält die Ermächtigung zum Erlass von entsprechenden Rechtsvorschriften, z. B. der Trinkwasserverordnung. Im Rahmen des Gesetzes wurde dem Umweltbundesamt die Aufgabe übertragen, Konzepte zur Vorbeugung, Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von durch Wasser übertragbaren Krankheiten zu entwickeln. Und schließlich wird Abwasserbeseitigungspflichtigen aufgetragen, Abwasser für die menschliche Gesundheit unschädlich zu beseitigen.

8. Abschnitt - Gesundheitliche Anforderungen an das Personal beim Umgang mit Lebensmitteln

9. Abschnitt - Tätigkeiten mit Krankheitserregern

Wer mit Krankheitserregern arbeiten, sie abgeben oder aufbewahren will, bedarf einer entsprechenden Erlaubnis. Hiervon ausgenommen sind Personen, die als selbständige Ärzte, Zahnärzte oder Tierärzte tätig sind. Der Abschnitt regelt in diesem Zusammenhang die Voraussetzung für diese Erlaubnis, Anzeigepflichten und die Anforderungen an die Räume und Einrichtungen.

10. Abschnitt - Zuständige Behörde

Wer zuständige Behörde ist, bestimmen in der Regel entsprechende Landesverordnungen. Die generelle Zuständigkeit liegt zunächst bei den Gesundheitsämtern, Belange der Gefahrenabwehr mitunter auch bei den örtlichen Ordnungsbehörden. Im Falle von Entschädigungen (siehe Abschnitt 12) auch die Versorgungsämter.

11. Abschnitt - Angleichung an Gemeinschaftsrecht

In diesem Abschnitt wird festgelegt, dass Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz auch dann erlassen werden können, wenn Rechtsvorschriften der Europäischen Union umgesetzt werden müssen.

12. Abschnitt - Entschädigung in besonderen Fällen

Dieser Abschnitt regelt u. a. den Verdienstausfall bei Vorliegen eines Tätigkeitsverbotes, das auf diesem Gesetz basiert. Bei Vorliegen eines Impfschadens durch öffentlich empfohlene Impfungen und bei anderen Gesundheitsschäden durch Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe erhält der Betroffene auf Antrag Versorgung in Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes. Werden im Rahmen behördlich angeordneter Maßnahmen Gegenstände beschädigt oder vernichtet, so wird eine entsprechende Entschädigung gezahlt, jedoch nicht, wenn es sich bei den Gegenständen um Eigentum eines Störers handelt.

13. Abschnitt - Kosten

Die Kosten für die Übermittlung der Meldungen, Erhebungen, Ermittlungen, Schutzmaßnahmen, Röntgenuntersuchungen sind aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten.

14. Abschnitt - Sondervorschriften

Der Vollzug des Infektionsschutzgesetzes wird für den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung an die zuständigen Stellen der Bundeswehr übertragen. Ähnliches gilt für den Bereich der Eisenbahnen des Bundes.

15. Abschnitt - Straf- und Bußgeldvorschriften

Verschiedene, vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführte Verstöße gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes oder bei Nichtbefolgung von Anordnungen der zuständigen Behörden können mit Bußgeldern bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Wer hingegen vorsätzlich Krankheiten oder Krankheitserreger verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 74 IfSG).

16. Abschnitt - Übergangsvorschriften

Die Übergangsvorschriften beziehen sich auf Erlaubnisse zum Arbeiten mit Krankheitserregern, die auf der Basis des Vorgängergesetzes (Bundesseuchengesetz) erteilt wurden. Auch die sogenannten Gesundheitszeugnisse (Gesundheitsanforderungen beim Umgang mit Lebensmitteln), die vor Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes ausgestellt wurden, behalten ihre Gültigkeit.

Kritik

Erkennbar ist die Durchsetzung auch des neuen Gesetzes verbesserungswürdig. Beispielsweise nimmt Deutschland in der Rangliste der Todesfälle infolge Infektionen während stationärer medizinischer Behandlung (nosokomiale Infektionen) weiterhin einen mäßigen Rang ein[3].

Von den ca. 2300 deutschen Krankenhäusern ist in etwa 600 Einrichtungen kein Facharzt für Hygiene bestellt.[4][5] Regelungen zu dieser Aufgabenstellung sind in den Bundesländern unterschiedlich. Als Ersatzlösung ist in einzelnen Bundesländern die Bestellung eines hygienebeauftragten Facharztes, der kein Facharzt für Hygiene sein muss, in einer Nebenaufgabe zulässig (Wortlaut der Verordnung: ...ein im Krankenhaus tätiger Arzt, der über entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen in Krankenhaushygiene und Infektionsprävention verfügt...).[6]

Literatur

  • Stefan Bales, Hans Georg Baumann, Norbert Schnitzler: Infektionsschutzgesetz. Kommentar und Vorschriftensammlung. 2. Aufl., Stuttgart 2003, ISBN 978-3-170-17613-3
  • Sigrid Lorz: Kampf gegen Krankenhauskeime: Das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und anderer Gesetze, NJW 47/2011, 3397

Weblinks

Einzelnachweise