Kartoffelkäfer
Kartoffelkäfer | ||||||||||||
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Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Leptinotarsa decemlineata | ||||||||||||
Say, 1824 |
Der Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata – etwa: „Zehnstreifen-Leichtfuß“) ist eine Art aus der Familie der Blattkäfer.
Merkmale
Der 7 bis 15 Millimeter lange Kartoffelkäfer ist gelb, wobei sein Halsschild schwarze Flecken aufweist und sich auf den Flügeldecken zehn dunkle Längsstreifen befinden. Bei Gefahr kann der Kartoffelkäfer ein Wehrsekret ausscheiden; seine auffällige Färbung wird daher als Warntracht gedeutet.
Verbreitung und Ausbreitung
Der Kartoffelkäfer ist heute weltweit verbreitet. Seine amerikanische Heimat lag im US-Bundesstaat Colorado; im Amerikanischen wird der Kartoffelkäfer daher auch „Colorado beetle“ genannt. Seine ursprüngliche Nahrungspflanze war der Stachel-Nachtschatten (Solanum rostratum), die – wie die Kartoffel – zur Familie der Nachtschattengewächse gehört. Der Übergang auf die Kartoffel vollzog sich im Verlauf des Vordringens weißer Siedler in den USA, die dort ihre Kartoffelpflanzungen anlegten.
In Europa wurde der Kartoffelkäfer erstmals 1877 in den Hafenanlagen von Liverpool und Rotterdam gesichtet. In Deutschland sind die ersten Funde für Mülheim am Rhein und Torgau ebenfalls für 1877 belegt. Bereits zu dieser Zeit wurde von erheblichen Anstrengungen berichtet, die Plage einzudämmen.
1887 und 1914 traten neue größere Befallsherde in Europa auf. 1922 vernichtete der Käfer 250 km² Kartoffelbestände um Bordeaux. 1935 tauchte er in Lothringen und Belgien auf. 1936 wurde er erstmals in Luxemburg festgestellt;[1] in demselben Jahr schaffte er es über den Rhein und breitete sich mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 30 km pro Jahr nach Osten aus. 1945 gelangte er an die Elbe, 1950 an die Oder. 1960 hatte er schließlich Polen durchquert und die damalige UdSSR erreicht.
Nahrung
Der Kartoffelkäfer und seine Larven ernähren sich von Teilen der Kartoffelpflanze. Daher auch der Name „Kartoffelkäfer“. Kartoffelkäfer können innerhalb kurzer Zeit ganze Felder kahl fressen. Es werden aber auch andere Nachtschattengewächse, insbesondere auch weitere Nutzpflanzen wie Aubergine, Pfeffer, Tabak und Tomaten befallen.[2]
Entwicklung
Die Käfer legen im Juni an den Blattunterseiten der Kartoffelpflanze jeweils Pakete von 20 bis 80 gelben Eiern ab. Insgesamt sind es pro Weibchen etwa 1200 Eier. Aus den Eiern schlüpfen nach 3 bis 12 Tagen die Larven. Sie sind rötlich und haben an den Seiten und am Kopf schwarze Punkte. Die Larven wachsen sehr schnell heran und häuten sich dreimal. Nach 2 bis 4 Wochen kriechen sie in die Erde, um sich dort zu verpuppen. Nach ungefähr zwei weiteren Wochen schlüpfen die Kartoffelkäfer, die jedoch noch mindestens eine Woche im Boden bleiben. Pro Jahr treten ein bis zwei Käfergenerationen auf. Die Kartoffelkäfer überwintern im Boden.
Bekämpfung
In Europa hatte der Kartoffelkäfer keine natürlichen Fressfeinde. Man versucht daher, der Käferplage durch Chemikalien und eine gezielte Infektion der Käfer mit bestimmten Bakterienstämmen Herr zu werden. Die Bekämpfung wird allerdings immer schwieriger, da der Käfer zunehmend Resistenzen gegen bekannte Mittel aufbaut. In einer Untersuchung im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang hat man jetzt die Wirkung von Endosulfan und Fipronil untersucht, um der Plage Herr zu werden.[2]
Es wurden bereits mehrere gentechnisch veränderte Kartoffelsorten getestet, die resistent gegen den Kartoffelkäfer sind. Ihnen wird insbesondere in Osteuropa und Russland Potenzial vorhergesagt.
Kartoffelkäfer als Mittel der Propaganda
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs vermehrten sich Kartoffelkäfer in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands sprunghaft, bis um 1950 fast die Hälfte der landwirtschaftlichen Anbaufläche befallen war.
Die DDR-Führung war nicht in der Lage, der Katastrophe Herr zu werden, nutzte die Plage aber zu propagandistischen Zwecken im Kalten Krieg, indem sie behauptete, dass eigens in den USA gezüchtete Käfer durch amerikanische Flugzeuge gezielt als biologische Waffe zur Sabotage der sozialistischen Landwirtschaft abgeworfen wurden. Ab 1950 wurde auf Plakaten und in zahlreichen Medienberichten eine Kampagne gegen die Amikäfer oder Colorado-Käfer gestartet, die Saboteure in amerikanischen Diensten genannt wurden.
Das gleiche Argument hatte zuvor im Zweiten Weltkrieg schon das NS-Regime gebraucht und behauptet, die Kartoffelkäfer seien von amerikanischen Flugzeugen abgeworfen worden[3].
Die US-Regierung forderte infolgedessen von der Bundesrepublik Deutschland Gegenmaßnahmen. Man beschloss den Postversand an sämtliche Räte der Gemeinden der DDR und den Ballonabwurf von Kartoffelkäferattrappen aus Pappe mit einem aufgedruckten „F“ für „Freiheit“[3].
Literatur
- Welcher Käfer ist das?, Kosmos, ISBN 3-440-05728-3
Einzelnachweise
- ↑ J.A. Massard (2000): Le Doryphore et le Grand-Duché de Luxembourg (esquisse historique). Archives de l’Institut grand-ducal de Luxembourg, Section des sciences naturelles, physiques et mathématiques, NS 43: 175–217.
- ↑ 2,0 2,1 Xiao-qin Shi, Man-Hui Xiong, Wei-Hua Jiang, Zhi-Tian Wang, Wen-Chao Guo, Zhen-Han Xia, Wen-Jun Fu und Guo-Qing Li: Efficacy of endosulfan and fipronil and joint toxic action of endosulfan mixtures against Leptinotarsa decemlineata (Say). In: Journal of Pest Science. 25. April 2012, doi:10.1007/s10340-012-0437-y.
- ↑ 3,0 3,1 Klaus Körner: Politische Broschüren im Kalten Krieg (1967 bis 1963): „SBZ von A bis Z“ – Ein Taschen- und Nachschlagebuch über die sowjetische Besatzungszone Deutschlands, Deutsches historisches Museum