Kormoran (Art)
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Kormoran | ||||||||||
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Kormoran (Phalacrocorax carbo) | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Phalacrocorax carbo | ||||||||||
(Linnaeus, 1758) |
Der Kormoran (Phalacrocorax carbo) ist eine Vogelart aus der Familie der Kormorane (Phalacrocoracidae). Das Verbreitungsgebiet der Art umfasst große Teile Europas, Asiens und Afrikas, außerdem Australien und Neuseeland sowie Grönland und die Ostküste Nordamerikas. Die Nahrung besteht wie bei allen Vertretern der Gattung Phalacrocorax fast ausschließlich aus Fisch. Kormorane sind zu allen Jahreszeiten gesellig, die Brutkolonien liegen an Küsten oder größeren Gewässern. Bestand und Verbreitung der Art wurden in Europa durch massive menschliche Verfolgung stark beeinflusst, im mitteleuropäischen Binnenland war die Art zeitweise fast ausgerottet. In den letzten Jahrzehnten ist eine deutliche Bestandserholung zu verzeichnen. Der Kormoran war in Deutschland und Österreich Vogel des Jahres 2010.
Benennung
Der deutsche Name dieser Vogelart stammt aus altfranz. cormareng bzw. aus der noch älteren Form corp mareng „Meerrabe, Wasserrabe” und geht letztlich auf spätlat. corvus marinus mit gleicher wörtlicher Bedeutung zurück.[1] Der Namensbestandteil „Rabe” lässt sich auch in seinem wissenschaftlichen Namen wiederfinden: corax bedeutet wie corvus im Lateinischen Rabe und ist eine direkte Entlehnung aus dem altgrch. κόραξ.[2] Phalacro (φαλακρός) ist ebenso griechischen Ursprungs und bedeutet „kahlköpfig”[3], was sich nach Ansicht mancher Ornithologen auf die blass-weißen Kopffedern bezieht. Es kann jedoch auch sein, dass sich die Benennung ursprünglich auf eine andere Art bezog. Das Artepitheton carbo „Kohle” steht für die überwiegend schwarze Färbung des Gefieders.
Beschreibung
Kormorane sind knapp gänsegroß, sie haben eine Körperlänge von 77 bis 94 cm und eine Flügelspannweite von 121 bis 149 cm. Männchen sind etwas größer und schwerer als Weibchen. Die Gewichte von Männchen schwanken zwischen 1975 und 3180 g, Weibchen erreichen 1673–2555 g. Männliche Brutvögel auf Rügen hatten Flügellängen von 334 bis 382 mm, im Mittel 358,5 mm, Weibchen erreichten dort 321 bis 357 mm, im Mittel 335,0 mm.[4] Der relativ große Schnabel ist wie bei allen Arten der Gattung am Ende hakenförmig.
Im Prachtkleid ist das Gefieder der auch in Mitteleuropa verbreiteten Unterart P. c. sinensis überwiegend schwarz, bei Sonnenschein glänzen die Federn metallisch grün oder bläulich. Die Deckfedern des Oberflügels schimmern bronzefarben und sind glänzend schwarz gerandet, der Oberflügel wirkt daher geschuppt. Scheitel und Nacken sind mit feinen weißen Federn durchsetzt. Am Hinterkopf befindet sich ein Schopf, der durch etwa 4 cm lange, abstehende Federn entsteht. Am Schnabelgrund befindet sich eine nackte, gelbe Hautpartie, die breit weiß gerandet ist, außerdem zeigt der äußere Schenkelansatz einen weißen Fleck. Die Geschlechter unterscheiden sich bezüglich der Färbung nicht.
Im Schlichtkleid fehlen die weiße Befiederung an Scheitel und Hals sowie der weiße Schenkelfleck. Die weiße Partie am Schnabelgrund ist breiter, schmutzig weiß und weniger scharf vom ansonsten schwarzen Hals- und Kopfgefieder abgesetzt. Der Schopf ist nur angedeutet.
Vögel der Unterart P. c. sinensis sind im Jugendkleid überwiegend braun bis schwarzbraun, die Oberseite zeigt einen schwachem Metallschimmer. Die Schulterfedern und die Flügeldecken sind braun mit glänzend schwarzbraunen Säumen. Die Halsseiten sind weiß gestrichelt, die Federn an Kehle und Vorderbrust sind weißlich gerandet. Schwanzfedern und Schwingen sind schwarzbraun mit hellen Spitzen, die Armschwingen zeigen weniger Stahlglanz als die adulter Vögel. Die Unterseite des Rumpfes ist sehr variabel und in sehr unterschiedlicher Ausdehnung bräunlich oder schmutzig weiß, nur selten rein weiß. Kopf, Hals und Schenkelansatz zeigen zahlreiche weiße Haarfederchen, die am Ende einen feinen Pinsel tragen. Die Tiere sind nach vier Jahren ausgefärbt.
Bei adulten Vögeln ist die Iris smaragdgrün, bei jüngeren Vögeln graubraun oder graugrün. Der Oberschnabel ist bleigrau mit schwärzlichem First; der Unterschnabel ist horngelb, an der Spitze grau. Die Beine und die Füße sind in allen Altersgruppen schwarz.
Lautäußerungen
Kormorane sind abseits der Brutplätze meist stumm. Die Rufe in den Kolonien sind tief und kehlig krächzend. Der häufigste Ruf klingt etwa wie „chrochrochro“; dieser Ruf wird variiert. Die Stimmfühlungsrufe lassen sich mit „chroho-chroho-chroho” beschreiben, die Rufe bei der Paarungsaufforderung klingen wie „kra-orrr“ oder „à-orrr“.
Verbreitung und Lebensraum
Das Verbreitungsgebiet der Art umfasst große Teile der Alten Welt, außerdem Australien und Neuseeland sowie Grönland und die Ostküste Nordamerikas. Kormorane sind an Wasser gebunden, die Brutkolonien liegen sowohl an Meeresküsten als auch an den Ufern größerer Flüsse und Seen.
Systematik
Meist werden sechs Unterarten anerkannt[5]:
- P. c. carbo (Nominatform): Ostkanada über Grönland und Island bis zu den Britischen Inseln und Norwegen.
- P. c. sinensis: Zentral- und Südeuropa bis Indien und China im Osten; kleiner und grünlicher und meist mehr weiß auf der Kehle als P. c. carbo.
- P. c. hanedae: Japan, möglicherweise synonym mit P. c. sinensis.
- P. c. marrocanus: Nordwest-Afrika; Färbung zwischen P. c. sinensis und P. c. lucidus.
- P. c. lucidus (Weißbrustkormoran): Küstengebiete des westlichen und südlichen Afrika, inneres Ostafrika, kleiner und grünlicher als Nominatform, weißer Bereich meist bis zur Brust oder zum Bauch ausgedehnt, tritt auch in einer dunklen Morphe auf, die an P. c. sinensis erinnert; oft als eigenständige Art angesehen.
- P. c. novaehollandiae: Australien, Tasmanien, Neuseeland, Chatham-Inseln, wird gelegentlich in weitere Unterarten (P. c. carboides in Australien und P. c. steadi in Neuseeland) aufgeteilt, könnte auch eine eigenständige Art darstellen.
Jagdweise und Nahrung
Die Jagd auf Fische erfolgt tauchend, Tauchgänge werden meist mit einem kleinen Sprung eingeleitet. Die normale Tauchdauer beträgt 15–60 s in Tiefen von üblicherweise 1–3 m, bis 16 m sind jedoch nachgewiesen. Die Fortbewegung unter Wasser erfolgt mit den Füßen, Fische werden mit dem Hakenschnabel hinter den Kiemen gepackt.
Die Nahrung besteht fast ausschließlich aus kleinen bis mittelgroßen See- und Süßwasserfischen, diese werden lebend erbeutet. Seltene Zufalls- oder Gelegenheitsbeute sind andere an Wasser gebundene Tiere wie Krabben und große Garnelen, sehr selten wurden Bisamratten und Küken der Brandente als Beute nachgewiesen.
Kormorane jagen opportunistisch die Fische, die häufig und am leichtesten verfügbar sind; die Zusammensetzung der Nahrung schwankt daher je nach lokalen Bedingungen und Jahreszeit sehr. In den deutschen Binnenseen werden überwiegend die häufig in großen Schwärmen auftretenden Weißfische erbeutet. An Fließgewässern mit höherer Strömungsgeschwindigkeit können neben Karpfenfischen auch Salmoniden und die Äsche einen größeren Teil der Nahrung bilden.
In Bayern wurde die Winterernährung des Kormorans in natürlichen Voralpenseen (Ammersee, Chiemsee), an künstlichen Gewässern (Altmühlsee, Ochsenanger, Unterer Inn), sowie an Flussabschnitten (Donau, Alz) untersucht. Der überwiegende Teil der erbeuteten Fische war 9–28 cm lang. An allen Gewässern bildeten unbestimmte Karpfenfische (Cyprinidae) den Hauptteil der Nahrung, je nach Gewässer mit 37,3–65,8 % aller Beutefische. Weitere wichtige Arten waren Flussbarsch mit 4,2–20,9 % und Rotauge mit 1,0–10,5 %. In den Voralpenseen spielten auch Renken (Coregonus sp.) mit 9,5 % eine wichtigere Rolle. Auch in der noch bedingt naturnahen Alz waren unbestimmte Karpfenfische mit 52,9 % die mit Abstand häufigste Beute, hier folgten die Äsche mit 12,6 % und unbestimmte Salmoniden mit 11,0 % aller Beutefische.[6]
Fortpflanzung
Kormorane brüten in Kolonien, diese können an geeigneten Standorten mehrere Tausend Brutpaare umfassen. Die Nester werden an der Küste je nach Gegebenheiten auf Klippen oder auf dem Boden angelegt, im Binnenland überwiegend auf hohen Bäumen an Gewässern. Kormorane brüten meist erstmals im Alter von 3 oder 4 Jahren, selten bereits mit 2 Jahren. Die Brutpaare leben wohl überwiegend in einer monogamen Saisonehe. Beide Partner bauen das Nest aus Ästen, die abgebrochen oder aus dem Wasser geholt werden. Die Nestmulde wird mit feinerem Material ausgepolstert, an der Küste häufig mit Seetang.
Das Gelege besteht in der Regel aus 3 bis 4, selten aus 5 und extrem selten aus 6 Eiern. Die Eier sind länglich oval und einfarbig hellblau. Die Eiablage erfolgt in Mitteleuropa überwiegend von Ende April bis Juni. Beide Partner brüten, die Brutzeit beträgt 23-30 Tage. Die Jungvögel werden von beiden Partnern mit hochgewürgten Fischen gefüttert. Die Nestlingszeit beträgt etwa 50 Tage, mit 60 Tagen sind die Jungvögel voll flugfähig. Nach dem Ausfliegen wird der Nachwuchs noch 11-13 Wochen lang von den Eltern mit Nahrung versorgt.
Alter
Kormorane können in Ausnahmefällen ein Alter von über 20 Jahren erreichen. Das höchste nachgewiesene Alter soll bei über 27 Jahren liegen.[7] Der älteste in Deutschland beringte und später lebend beobachtete Vogel war mindestens 21 Jahre alt[8].
Wanderungen
Je nach Population sind Kormorane Standvögel, Teilzieher oder Zugvögel. Die Küstenpopulation der Unterart P. c. carbo in Irland und Großbritannien wandert ungerichtet entlang der westeuropäischen Atlantikküsten, nach Süden bis maximal Nordportugal. Die niederländischen Kormorane der Unterart P. c. sinensis sind Teilzieher, die weiter östlichen Populationen sind wohl alle Zugvögel und wandern zumindest über kurze Distanzen. Der Hauptwegzug in Mitteleuropa erfolgt im Oktober und November, danach tritt Winterflucht auf. Die Winterquartiere mitteleuropäischer Brutvögel reichen bis Großbritannien, Nordafrika und bis in den östlichen Mittelmeerraum. Die Rückkehr zu den Brutkolonien erfolgt in den Niederlanden bereits ab Januar oder Februar, weiter östlich im März und April.
Prädation von Kormoranen
In der Angler- und Jagdpresse wurde regelmäßig berichtet, dass der Kormoran keine natürlichen Feinde hätte und die Bestände absolut unkontrolliert wüchsen.[9] Hingegen gibt es Nachweise von Kolonien mit massiver Prädation. Dabei wurden Waschbär, Mink, Rotfuchs (bei Bodennestern und niedrigen Büschen), Seeadler, Silbermöwe und Nebelkrähe als Prädatoren ermittelt.[10][11] Einzelne Kolonien wurden insbesondere bei Prädation durch Waschbären aufgegeben.[12][13] Am Gülper See stellte das Landesumweltamt Brandenburg fest, dass eine Kolonie mit 800 Brutpaaren aufgegeben wurde, nachdem sich Waschbären bei der Kolonie angesiedelt hatten. In den Jahren 2008 und 2009 stellte man in drei Kolonien Brandenburgs mit Waschbären keine erfolgreichen Bruten fest, in Teilen anderer Kolonien kam es zu massiven Verlusten durch Waschbären.
Verfolgung durch Menschen
Schriftliche Belege für eine massive Verfolgung des Kormorans mit Zerstörung von Brutkolonien gibt es seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.[14] Im 19. Jahrhundert war die Brutverbreitung des Kormorans im Deutschen Reich von häufigen Wechseln von Koloniestandorten gekennzeichnet, da die Art wegen der massiven Verfolgung Kolonien nach kurzer Zeit aufgab und an anderer Stelle neue gründete. Um die Jahrhundertwende vom 19. aufs 20. Jahrhundert gab es im Deutschen Reich nur noch in den Provinzen Pommern, West- und Ostpreußen Kolonien. Wegen der vermeintlichen fischereiwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Schäden wurde jede Kormoran-Ansiedlung durch Fischer, Grundbesitzer und Behörden massiv bekämpft. Für die Forst- und Fischereibehörden gehörte die Kormoran-Bekämpfung zu den regulären Aufgaben. In den 1830er Jahren wurden sogar Soldaten des Gardejäger-Bataillons aus Potsdam zur Kormoran-Bekämpfung eingesetzt. Es gab ferner Abschussprämien. Der Magistrat der Stadt Stettin zahlte 2,5 Silbergroschen für ein Paar Fänge des Kormorans. Selbst ornithologische Vereine beteiligten sich an der Bekämpfung einer "schädlichen" Vogelart wie dem Kormoran. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts gab es erste Schutzmaßnahmen. Diese gingen von adeligen Großgrundbesitzern aus, welche auf ihrem Land Kolonien duldeten. Als erste Kolonie wurde 1937 bis zum Zweiten Weltkrieg die Kolonie Pulitz explizit wegen der Kormorane als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
In Europa werden aktuell jedes Jahr viele Tausende Kormorane durch Abschuss getötet. Aktuelle Zahlen gehen von etwa 80.000 in der EU durch Abschuss getöteten Kormoranen aus.[15] Davon wurden etwa 15.000 in Deutschland getötet. Die Abschüsse verteilen sich sehr unterschiedlich auf Deutschland. So wurden in Nordrhein-Westfalen (NRW) in der Jagdsaison 2009/2010 5.115 Kormorane getötet.[16] In NRW waren z. B. Abschüsse zeitweise außerhalb von Nauturschutzgebieten vom 16. September bis zum 15. Februar per Verordnung des Landes erlaubt. Für den Abschuss in Naturschutzgebieten mussten Ausnahmegenehmigungen beantragt werden. Die Rechtslage hat sich in den letzten Jahren mehrfach geändert und ist zudem in jedem Land bzw. Bundesland unterschiedlich. Die Abschüsse wurden in Angler- und Jagdzeitschriften z. B. "als präventive Stabilisierung der Fischbestände" gefeiert.[17] Neben bereits flugfähigen Kormoranen wurden auch Jungvögel (Ästlinge) in ihren Nestern erschossen.[18] Der bekannteste Fall war das "Kormoran-Massaker von Anklam" in einem Naturschutzgebiet im Juni 2005 in Vorpommern.
Neben dem Abschuss gibt es weitere Verfolgungsmaßnahmen.[19][20] Dazu zählen Einölen von Gelegen und Austausch von Eiern durch Kunsteier, um den Schlupf von Kormoranen zu verhindern. Ferner kam es immer wieder zum Fällen der Nestbäume bzw. potenzieller Nestbäume, auch während der Brutzeit. Im April 2008 wurden in einem Naturschutzgebiet im Radolfzeller Aachried am Bodensee brütende Kormorane mit Scheinwerfern von ihren Nestern vertrieben.[21] Viele der Eier starben in der kalten Nacht ab.
Neben den tödlichen Maßnahmen wurden auch Vergrämungsmaßnahmen durchgeführt. Dabei wurden optische (mit Ballons, Flatterbänden und Spiegeln) und akustische Maßnahmen (Vorspielen von Rufen von Feinden) und Beschuss mit Lasergewehren eingesetzt. Die Vergrämungsmaßnahmen erwiesen sich nicht als effektiv oder zu aufwändig und wurden später eingestellt.[22]
Bestand und Gefährdung
Ebenso wie andere Fischfresser wie Fischadler, Graureiher, Fischotter oder Eisvogel wurde der Kormoran als vermeintlicher Nahrungskonkurrent des Menschen in Europa massiv verfolgt und Bestand und Verbreitung daher stark durch den Menschen beeinflusst. Im mitteleuropäischen Binnenland war die Art um 1920 praktisch ausgerottet. In Deutschland bestanden die letzten Brutkolonien in Schleswig-Holstein bis 1905 und in Niedersachsen bis 1919. In Mecklenburg-Vorpommern war schon im Jahr 1900 keine Brutkolonie mehr bekannt und auch in Brandenburg wurde die letzte Kolonie bereits um 1883 zerstört.[23] In Österreich wurde die letzte Kolonie bis 1924 vernichtet.[24]
Die Wiederbesiedlung Deutschlands begann zögerlich etwa ab Mitte der 1940er Jahre von den Niederlanden und Polen aus, wo die Art als Brutvogel in größerer Zahl überlebt hatte. Niedersachsen wurde 1947 wieder besiedelt[25], Mecklenburg-Vorpommern 1950[26], Brandenburg ab 1965[27] und Schleswig-Holstein ab 1982[28]. In Deutschland brüteten im Jahr 2005 23.500 bis 23.700 Paare.[29] Der NABU und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) wählten den Kormoran zum Vogel des Jahres 2010.
In der Schweiz war der Kormoran bis 1940 Durchzügler und begann dann in kleiner Zahl zu überwintern. Ab 1967 wuchs der Winterbestand zunächst langsam an, ab etwa 1980 dann sehr stark parallel mit der Zunahme im nördlichen Europa. Das Maximum wurde 1992 mit etwa 8500 Vögeln erreicht, seitdem war der Winterbestand wieder rückläufig und hat sich seit Mitte der 1990er Jahre bei 5000-6000 Vögeln eingependelt.[30] Seit 2001 brüten Kormorane in der Schweiz[31]; hauptsächlich im Rhonedelta am Genfersee (Naturschutzgebiet "Les Grangettes") und mit einem kleinen Brutbestand am Neuenburgersee. Die Zahl übersommernder Kormorane nimmt zu und liegt derzeit bei 400 bis 700 Vögeln. Für den allgemeinen Rückgang der Fischbestände kann die Zunahme der Kormorane in der Schweiz nicht verantwortlich gemacht werden[32]; die Auswirkungen auf die durch anthropogene Faktoren stark gefährdeten Bestände der Äsche werden jedoch lokal überwacht.
Insgesamt ist in den letzten Jahrzehnten in Europa auf Grund von Schutzbestimmungen eine deutliche Bestandszunahme zu verzeichnen. In Deutschland leben rund 24.000 Brutpaare, in Westeuropa gibt es derzeit ca. 450.000 Brutvögel. Der Weltbestand wurde von Birdlife International im Jahr 2009 auf 1,4–2,9 Mio. Individuen geschätzt.[33]
Mit dem Ansteigen der Population wurden erneut Stimmen laut, die einen negativen Einfluss der Kormorane auf bestimmte Fischbestände befürchten. Im Dezember 2008 wurde daher vom Europäischen Parlament die Erhebung wissenschaftlicher Daten als Basis für die Erstellung eines gesamteuropäischen Kormoran-Managementplans gefordert.[34]
Kormoranfischerei
In Mazedonien wurden Kormorane (nebst anderer piscivorer Tauchvögel) möglicherweise schon seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. zum Fischfang auf dem Dojran-See eingesetzt. Die dortige Methode unterschied sich grundlegend von der Technik, die in China und Japan seit dem 3. Jahrhundert nachweisbar ist. Auch heute wird die Kormoranfischerei mancherorts noch praktiziert, oft als Touristenattraktion, z. B. auf dem Li-Fluss bei Guilin. In Mazedonien bestehen offenbar Bestrebungen, die dortige Fischerei ebenfalls als Touristenattraktion zu etablieren[35].
Zur europäischen Kormoranfischerei wurden Wildfänge eingesetzt. Dazu wurden junge Kormorane aus Nestern in der Natur entnommen. In einigen Regionen Chinas erfolgt hingegen eine regelrechte Zucht der Vögel. Da die Weibchen von Zuchtkormoranen jedoch in Gefangenschaft ihre Gelege vernachlässigen, werden diese von Hennen ausgebrütet. Die geschlüpften Küken werden von Hand aufgezogen, wobei sie unter anderem mit Tofu ernährt werden. Im Alter von etwa 100 Tagen wird mit der Abrichtung von Wildfängen als auch Zuchtkormoranen begonnen. Die Jungvögel erlernen dabei das Jagdverhalten von älteren Tieren. Handaufgezogene Kormorane sind stark auf ihre Bezugsperson geprägt und dürfen sich meist frei bewegen. Wildfänge oder von Züchtern gekaufte Exemplare werden gewöhnlich mit einer Schnur am Bein am Flüchten gehindert. Das Zähmen von Wildfängen ist mühsam und dauert sieben bis acht Monate bei täglich zwei bis drei Stunden Beschäftigung mit den Vögeln. Ihnen wird beigebracht, auf dem Rand des Bootes bzw. Floßes zu sitzen, auf Kommando zu fischen und sich an den Halsring zu gewöhnen. Die Vögel lernen, den Fang ihrem Meister abzuliefern. Ein Halsring verhindert dabei das Verschlucken der gefangenen Fische durch den Kormoran. Sie werden nach dem Fang auf dem Boot wieder ausgespuckt. Der Fischer füttert den Kormoran mit einzelnen kleineren Fischen, Fischstücken oder Garnelen. In Japan wurden Fangleistungen von bis zu 150 Fischen in der Stunde beobachtet. Ihre besten Leistungen erbringen die Kormorane im Alter zwischen drei und acht Jahren, bis zu zehn Jahre lang werden sie zur Arbeit eingesetzt.
Außerhalb Mazedoniens wurde die Kormoranfischerei ab Mitte des 16. Jahrhunderts von Adligen als Freizeitbeschäftigung betrieben und fand häufig auf eigens dafür angelegten Teichen statt. Die Kormorane wurden von Falknern betreut und ähnlich wie Greifvögel bei der Beizjagd auf der Faust getragen. Der Kopf wurde dabei mit einer Haube verhüllt. Zudem wurden ihnen, wie in China, Halsringe angelegt. Der älteste Nachweis geht auf eine Schrift von Julius Caesar Scaliger aus Venedig zurück. In englischen Staatakten des 17. Jahrhunderts liegen ab 1608 genauere Daten vor. Den englischen Königshöfen von Jakob I. und Karl I. gehörte ein Master of Cormorants an. 1689 wird hier letztmals ein Cormorant Keeper erwähnt. Von 1846 bis 1890 wurde Kormoranfischerei durch Francis Henry Salvin betrieben. Im Falknerlehrbuch Falconry, its claims, history, and practice von 1859 hat er ein Kapitel der Kormoranfischerei gewidmet. In Frankreich gibt es für den Königshof Nachweise zwischen 1609 und 1736. Um 1625 wurden dem französischen König Ludwig XIII. und einigen anderen hochrangigen Persönlichkeiten in den Kanälen von Schloss Fontainebleau von einem am englischen Hof beschäftigten und vom dortigen König gesandten flämischen Falkner mehrere gezähmte Kormorane vorgeführt. Es gab in Frankreich zeitweise das Amt eines garde des Cormorans. Zudem wurde auch hier im 19. Jahrhundert Kormoranfischerei betrieben. Weitere Belege existieren für Österreich und Holland. Aus Russland liegt ein Nachweis von 1912 von der Wolga vor.[36]. Auch in Deutschland, genauer in Darmstadt in den 1770er Jahren sowie in Ballenstedt zu Beginn des 19. Jahrhunderts, wurden abgerichtete Kormorane an Adelshöfen vorgeführt [37].
Quellen
Einzelnachweise
- ↑ Duden Universalwörterbuch Kormoran
- ↑ Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch corax
- ↑ ebd.
- ↑ Urs N. Glutz von Blotzheim, Kurt M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Gaviiformes – Phoenicopteriformes. Aula, Wiesbaden, 2. Aufl. 1987: S. 243–244
- ↑ Josep del Hoyo, Andrew Elliot, Jordi Sargatal: Handbook of the birds of the World. Vol. 1. Lynx Edicions, Barcelona 1994.
- ↑ T. Keller: Die Nahrung von Kormoranen in Bayern. J. Ornithol. 139, 1998: S. 389-400.
- ↑ Fransson et al. in Fiedler, W., O. Geiter & U. Köppen, Meldungen aus den Beringungszentralen, Vogelwarte 49(2011), S. 35
- ↑ Fiedler, W., O. Geiter & U. Köppen, Meldungen aus den Beringungszentralen, Vogelwarte 49(2011), S. 35
- ↑ NABU (2009): Der Kormoran – Vogel des Jahres 2010. Berlin.
- ↑ LANDESUMWELTAMT BRANDENBURG (2008): Bericht zum Kormoran im Land Brandenburg im Jahr 2007. Potsdam
- ↑ Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (2011): Jahresbericht 2011 Jagd und Artenschutz. Kiel
- ↑ MEISE, B. (2010): Waschbären reiben Brutkolonie des Kormorans (Phalacrocorax carbo) auf. Vogelkundliche Hefte Edertal 36: 111.
- ↑ LANDESUMWELTAMT BRANDENBURG (2010): Umweltdaten 2008/09. Potsdam.
- ↑ Christof Herrmann: Der Kormoran Phalacrocorax carbo sinensis in Mecklenburg und Pommern von ausgehenden 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Vogelwelt 132: 1-16.
- ↑ NABU (2009): Der Kormoran – Vogel des Jahres 2010. Berlin.
- ↑ Klaus Vanscheidt, Martin Lindner, Bernhard Koch (2011): Der Kormoran – Über eine faszinierende, gehasste und verfolgte Art. Irrgeister 28: 60-64.
- ↑ MIEGEL, S. (2010): 150 Jäger und Angler bringen 78 Wasser-Raben zur Strecke. Rheinisch-Westfälischer Jäger 64,5: 18.
- ↑ NABU (2009): Der Kormoran – Vogel des Jahres 2010. Berlin.
- ↑ Klaus Vanscheidt, Martin Lindner, Bernhard Koch (2011): Der Kormoran – Über eine faszinierende, gehasste und verfolgte Art. Irrgeister 28: 60-64.
- ↑ BAUER, H.-G., E. BEZZEL & W. FIEDLER (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Nonpasseriformes – Nichtsingvögel. Wiebelsheim. S. 235–236.
- ↑ NABU (2009): Der Kormoran – Vogel des Jahres 2010. Berlin.
- ↑ Klaus Vanscheidt, Martin Lindner, Bernhard Koch (2011): Der Kormoran – Über eine faszinierende, gehasste und verfolgte Art. Irrgeister 28: 60-64.
- ↑ Urs N. Glutz von Blotzheim, Kurt M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Gaviiformes – Phoenicopteriformes. Aula, Wiesbaden, 2. Aufl. 1987: S. 245–247
- ↑ Urs N. Glutz von Blotzheim, Kurt M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Gaviiformes – Phoenicopteriformes. Aula, Wiesbaden, 2. Aufl. 1987: S. 250
- ↑ Urs N. Glutz von Blotzheim, Kurt M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Gaviiformes – Phoenicopteriformes. Aula, Wiesbaden, 2. Aufl. 1987: S. 247
- ↑ H. Zimmermann: Kormoran - Phalacrocorax carbo. In: G. Klafs Und J. Stübs (Hrsg.): Die Vogelwelt Mecklenburgs. Aula Verlag, Wiesbaden, 3. Auflage 1987: S. 90-92, ISBN 3-89104-425-9
- ↑ E. Rutschke: Kormoran - Phalacrocorax carbo. In: E. Rutschke (Hrsg.): Die Vogelwelt Brandenburgs. Aula Verlag, Wiesbaden, 2. Auflage 1987: S. 99-100, ISBN 3-89104-426-7
- ↑ R. K. Berndt, B. Koop und B. Struwe-Juhl: Vogelwelt Schleswig-Holsteins. Band 5: Brutvogelatlas. 2. Aufl., Karl Wachholtz, Neumünster 2003, S. 66-67, ISBN 3-529-07305-9
- ↑ P. Südbeck, H.-G. Bauer, M. Boschert, P. Boye und W. Knief: Rote Liste der Brutvögel Deutschlands – 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.
- ↑ R. Winkler: Avifauna der Schweiz. Der Ornithologische Beobachter, Beiheft 10, 1999: S. 22–23
- ↑ Schweizerische Vogelwarte Sempach Faktenblatt - Kormoran und Vögel der Schweiz - Kormoran
- ↑ Schlussbericht des Projekts Netzwerk Fischrückgang Schweiz - Kap. 5.10
- ↑ Der Kormoran bei Birdlife International
- ↑ Pressemitteilung Europäisches Parlament vom 8. Dezember 2008
- ↑ Marcus Beike: Die Geschichte der Kormoranfischerei in Europa. Die Vogelwelt 133: 1-21.
- ↑ Marcus Beike: Die Geschichte der Kormoranfischerei in Europa. Die Vogelwelt 133: 1-21.
- ↑ Marcus Beike: The history of cormorant fishing in Europe. http://www.vogelwelt.com/cms/red/download/Beike-Kormoran-engl.pdf
Literatur
- Einhard Bezzel: Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Nonpasseriformes - Nichtsingvögel. Aula, Wiesbaden 1985: S. 57-60 ISBN 3-89104-424-0
- Urs N. Glutz von Blotzheim, Kurt M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Gaviiformes – Phoenicopteriformes. Aula, Wiesbaden, 2. Aufl. 1987: S. 239–261. ISBN 3-923527-00-4
- Josep del Hoyo, Andrew Elliot, Jordi Sargatal: Handbook of the birds of the World. Vol. 1. Lynx Edicions, Barcelona 1994. ISBN 84-87334-15-6
- Lars Svensson, Peter J. Grant, Killian Mullarney, Dan Zetterström: Der neue Kosmos Vogelführer. Kosmos, Stuttgart 1999: S. 28–29. ISBN 3-440-07720-9
Weblinks
- Videos, Fotos und Tonaufnahmen zu Phalacrocorax carbo in der Internet Bird Collection
- Phalacrocorax carbo in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: BirdLife International, 2008. Abgerufen am 15. Dezember 2008.
- Vogel des Jahres: 2010 Kormoran