Landwirtschaft


Landwirtschaft in Deutschland (2004)
Moderne Ballenpresse im Einsatz

Landwirtschaft ist die zielgerichtete Herstellung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse auf einer zu diesem Zweck bewirtschafteten Fläche.

Der Anbau von Nutzpflanzen und Haltung von Nutztieren dient in erster Linie der Nahrungsmittelproduktion, in zweiter Linie der Herstellung von Rohstoffen für die Herstellung von Bekleidung. Vor der Produktion von Kunstfasern schufen die Menschen ihre gesamte Bekleidung aus den tierischen Produkten Leder, Pelz und Wolle sowie aus Faserpflanzen wie Baumwolle, Leinen und Hanf. Daneben spielen auch andere Verwertungsformen eine Rolle, in besonders stark zunehmendem Maße als Energieträger oder nachwachsender Rohstoff für andere industrielle Produkte. Die Landwirtschaft ist Teilwirtschaftszweig eines größeren Gesamtsystems mit vor- und nachgelagerten Sektoren. Eine Person, die Landwirtschaft betreibt, bezeichnet man als Landwirt. Neben berufspraktischen Ausbildungen bestehen an zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen eigene landwirtschaftliche Fachbereiche. Das dort gelehrte und erforschte Fach Agrarwissenschaft bereitet sowohl auf die Führung von landwirtschaftlichen Betrieben vor, als auch auf Tätigkeiten in verwandten Wirtschaftsbereichen.

Bereiche

Pflanzenbau und Tierhaltung

Generell kann die Landwirtschaft in zwei Produktionsrichtungen eingeteilt werden:

  • Pflanzenproduktion mit Schwerpunkt Ackerbau und den weiteren Produktionsrichtungen Gartenbau (inkl. Obstbau und Zierpflanzenbau) und Weinbau sowie Bioenergie aus nachwachsenden Rohstoffen.
  • Tierproduktion mit den unterschiedlichen Ausrichtungen je nach Tierarten z. B. Schweineproduktion, Rinderproduktion, Geflügelproduktion, Schafproduktion, Fischzucht usw.

Welche dieser Formen lokal überwiegt, ist vom Standort abhängig: Auf leichten Standorten (schlechter Boden) ist die Viehhaltung konkurrenzkräftiger, während auf besseren Böden die Pflanzenproduktion wirtschaftlicher ist.

Extensive und intensive Landwirtschaft

Extensive Landwirtschaft zeichnet sich durch eine relativ starke Nutzung des Produktionsfaktors Land und eine relativ schwache Nutzung anderer Produktionsfaktoren je produzierter Produkteinheit aus. Intensive Landwirtschaft ist deren Gegenteil. Entsprechend wird zwischen extensiver und intensiver Tierhaltung unterschieden. Global und regional variiert die Abgrenzung.

Typische Formen extensiver Landwirtschaft sind Fernweidewirtschaft, Wanderfeldbau und Sammelkultur – extensive Landwirtschaft und Nomadentum (auch saisonal) sind geschichtlich meist eng verbunden. Typische Beispiele, die den Übergang zur intensiven Nutzung markieren, sind Bewässerung, Trockenlegung, Rodung, Terrassenfeldbau, und zielgerichtete Düngung: Sie stellen schon deutliche Eingriffe in die natürlichen Verhältnisse dar. Trotzdem können auch extensive Nutzungsformen langfristig gravierende Eingriffe in das Ökosystem darstellen: So sind typische Landschaftsformen der extensiven Landnutzung in Mitteleuropa, wie die Heidelandschaften oder die Almen der Alpen, anthropogene Landschaften.

Extensive und intensive Landwirtschaft werden auch – weniger präzise – für die Abgrenzung von ökologischer Landwirtschaft und konventioneller verwendet.

Betriebssysteme

Die Einteilung landwirtschaftlicher Betriebe wird mit der Klassifizierung nach Betriebssystemen weiter differenziert. Je nachdem, welcher Produktionszweig schwerpunktmäßig zum Betriebseinkommen beiträgt, werden z. B. unterschieden:

  • Futterbaubetriebe: mehr als die Hälfte des Betriebseinkommens stammt aus Milchviehhaltung, Rindermast, Schaf- oder Pferdehaltung;
  • Marktfruchtbetriebe: der betriebliche Schwerpunkt liegt auf dem Anbau von Marktfrüchten wie Weizen, Gerste, Zuckerrüben, Kartoffeln, Ölfrüchten, Tabak oder Feldgemüse;
  • Sonderkulturbetriebe: der Schwerpunkt liegt auf Wein, Hopfen- oder Obstanbau und ähnlichem, sowie pharmazeutischer Landbau
  • Gartenbaubetriebe;
  • Viehhaltungsbetriebe: Schwerpunkt auf Viehzucht oder tierischen Produkten
    • Veredelungsbetriebe betreiben hauptsächlich Schweinemast und Geflügelhaltung;
  • Gemischtbetriebe: keiner der Produktionszweige trägt zu mehr als 50 % zum Betriebseinkommen bei;
  • Kombinationsbetriebe: die Anteile von Landwirtschaft, Gartenbau oder Forstwirtschaft liegen bei unter 75 %, wobei eine dieser Produktionsrichtungen auf über 50 % kommt.

Haupt- und Nebenerwerb

Eine weitere Unterscheidung landwirtschaftlicher Betriebe richtet sich auf den Anteil, den das Betriebseinkommen am Einkommen einer Familie hat: der Haupterwerbsbetrieb ist ein landwirtschaftlicher Familienbetrieb, bei dem der Betrieb hauptberuflich bewirtschaftet wird und mehr als 80 Prozent des Einkommens aus landwirtschaftlicher Arbeit erzielt wird. Beim Zuerwerbsbetrieb sind es mehr als 50 % und beim Nebenerwerbsbetrieb weniger als 50 % des Einkommens aus landwirtschaftlichter Tätigkeit.

Sonderformen

Als vertical farming (englisch; deutsch wörtlich senkrechte Landwirtschaft) wird eine konzeptionelle Art der Landwirtschaft in Hochhäusern urbaner Gebiete bezeichnet.

Landwirtschaftgemeinschaftshöfe sind Zusammenschlüsse von Verbrauchern mit einem Partner-Landwirt.

Berufe

Die Berufe der Landwirtschaft sind in Österreich im Berufsbereich des AMS Garten-, Land- und Forstwirtschaft[1] bzw. in der Berufsgruppe Land- und Forstwirtschaft/Tiere/Pflanzen/Hauswirtschaft zusammengefasst[2] oder dem Arbeitsfeld Der grüne Daumen[3] im Berufsberatungssystem des BIC.
In der Schweiz soll mit einer neuen Bildungsverordnung (BiVo)[4], die mit 1. Januar 2009 in Kraft gesetzt wird,[5] ein Berufsfeld Landwirtschaft und landwirtschaftliche Spezialberufe geschaffen werden, derzeit (August 2008) sind die einschlägigen Berufe[6] auf die Berufsfelder Natur[7] und Nahrung[8] verteilt.

Der allgemeine landwirtschaftliche Berufsbezeichnung ist Landwirt, umgangssprachlich Bauer - als staatlich anerkannter Beruf trägt er dann diverse spezielle, landes- und länderspezifische Bezeichnungen, wie Landwirt/in EFZ, Bäuerin (Schweiz), Höhere Bildung: Agrartechniker (Österreich), Meisterlandwirt/in, Dipl. Agro-Techniker/in HF (Schweiz), Landwirtschaftlicher Facharbeiter (Österreich, Lehrberuf), oder Biobauer (Österreich, mit Zulassung) bzw. Fachmann/-frau der biologisch-dynamischen Landwirtschaft (Schweiz).

Weitere Berufe aus dem Bereich der Landwirtschaft:

  • Grundlagenforschung: Biologe, Zoologe, Botaniker, Paläontologe, Umweltingenieur, Umweltnaturwissenschaftler (Schweiz)
  • Ökonomie: Agronom, Wissenschaftler in Wald- und Landschaftsmanagement (Schweiz); Hauswirtschafter (Deutschland), Agrokaufmann (Schweiz)
  • Marktfruchtbau, Futtermittelbau:
    • Feldgemüsebaufacharbeiter (Österreich), Gemüsegärtner, Branchenspezialist Früchte/Gemüse (Schweiz)
    • Verfahrenstechnik für die Getreidewirtschaft: Getreidemüller (Österreich), Müllereitechnologe (Schweiz)
    • Veredlung: Mikrobiologe, Biotechnologe, Biochemiker, Biotechnologe; Saatbautechniker (Österreich), Saatgutanalytiker (Österreich)
    • Lagerhaltung: Silomeister (Schweiz), FacharbeiterIn der landwirtschaftlichen Lagerhaltung (Österreich)
  • Sonderkultur:
    • Obstbaufacharbeiter (Österreich), Obstbauer, Obstgärtner (Schweiz)
    • Winzer (Deutschland, Schweiz), Weinhauer, Weinbau- und Kellereifacharbeiter, Weinbautechniker (Österreich), Kellermeister/Kellertechniker (Wein), Weintechnologe (Schweiz)
    • Brenner (Deutschland), Schnapsbrenner (Schweiz)
  • Tierhaltung, -zucht und -pflege:
    • Veterinärmediziner, Tierarzt; Ordinationshilfe bei TierärztInnen (Österreich)
    • Geflügelzüchter (Schweiz)
    • Hirt (Österreich)
    • Fischwirt (Deutschland), Fischereifacharbeiter (Österreich), Fischzüchter, Berufsfischer (Schweiz)
    • Pferdewirt (Deutschland, Österreich), Pferdepfleger (Österreich, Schweiz), Pferdewirtschaftsfacharbeiter (Österreich), Bereiter, Rennreiter (Schweiz)
    • Milchwirtschaftlicher Laborant (Deutschland), Molkereifachmann (Österreich), Molkerei- und Käsereifacharbeiter (Österreich), Milchtechnologe (Schweiz)
    • Imker (Schweiz), Bienenwirtschaftsfacharbeiter (Österreich)
    • Besamungstechniker (Schweiz)
  • Schädlingsbekämpfer (Österreich)

Berufe im Umfeld:

  • Gartenbau: Gärtner (mit etlichen Spezialisierungen), Baumschulist (Schweiz)
  • Forstwirtschaft: Förster (Österreich, Schweiz), Forstwart (Deutschland, Österreich, Schweiz), Forstwirt (Österreich), Forstfacharbeiter (Österreich), Forstgarten- und Forstpflegefacharbeiter (Österreich), Forstmaschinenführer (Schweiz), Forstingenieur (Höhere Bildung, Schweiz)
  • Jagdwesen: Jäger (Österreich), Revierjäger (Deutschland), Jagdaufseher, Wildhüter (Schweiz)
  • Maschinenbau und Technik: Landmaschinenmechaniker (Deutschland, Schweiz), Hufschmied (Österreich, Schweiz)
  • Landwirtschaftliche Lohnunternehmer: Fachkraft für Agrarservice (Deutschland)
  • Beratung, Pädagogik und Ausbildung:: Landwirtschaftlicher Berater, Hofberater, Landwirtschaftlicher Haushaltsberater, Landwirtschaftstechniker (Österreich), Bäuerlich-hauswirtschaftliche Beraterin (Schweiz) Waldpädagoge (Österreich), LehrerIn an Land- und forstwirtschaftlichen Schulen (Österreich)
  • Handel und Transport: Gartencenterkaufmann (Österreich), Florist, Tierhändler (Österreich), Viehhändler (Österreich), Vieheinkäufer, Chauffeur/in für Tiertransporte (Schweiz)
  • Landschaftsbau: Landschaftsplaner, Kulturtechniker (Österreich), Garten- und Grünflächengestaltung (Österreich), Landschaftsbauzeichner (Schweiz)
  • Tierhaltung mit speziellen Bereichen, Zoowesen, Heimtierzucht, und ähnliches: Tierpfleger (Österreich), Zoofachhändler (Österreich), Hundeabrichter (Österreich), Tierheilpraktiker/Tierpsychologischer Berater, Tierphysiotherapeut (Schweiz)

Geschichte

Fruchtbarer Halbmond

Hauptartikel: Geschichte der Landwirtschaft

Der systematische Anbau von Pflanzen begann vermutlich vor rund 12.000 Jahren am Ende der letzten Eiszeit. Es ist wahrscheinlich, dass die Entwicklung nahezu gleichzeitig in Amerika, China und dem Nahen Osten einsetzte. Dabei werden die Veränderung des Klimas durch das Ende der Eiszeit, das Bevölkerungswachstum und die beginnende Sesshaftigkeit als sich begünstigende Faktoren angesehen.

Im 8. Jahrhundert wurde in Europa der Ackerbau auf die Dreifelderwirtschaft umgestellt. Die bis dahin verwendeten Ochsen wurden durch Pferde ersetzt, wodurch schwere Eisenpflüge eingesetzt werden konnten.

Durch die europäische Entdeckung Amerikas 1492 entwickelte sich ein reger, weltweiter Austausch an Agrarprodukten, der für nahezu alle Völker einschneidende Änderungen bewirkte (Columbian Exchange).

Ländervergleiche

Bedeutung der Landwirtschaft in der Welt

3 % des Welt-Bruttoinlandsprodukts entstanden 2008 in der Landwirtschaft. In armen Ländern ist der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt mit durchschnittlichen 26 % deutlich höher als in reichen Ländern (1 %). Im Zuge der langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung kommt es zu einem Strukturwandel, in dem die Landwirtschaft an relativer Bedeutung verliert. Dieser betrifft auch den Anteil der Beschäftigten. So betrug der Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft im Jahr 2006 in Tansania 75 % und in den Niederlanden 1 %.[9]

Deutschland

Um 1900 erzeugte ein Landwirt im deutschen Kaiserreich Nahrungsmittel für 4 weitere Personen; im Vergleich dazu ernährte er 1950 in der Bundesrepublik Deutschland 10 Personen. Anfang des 21. Jahrhunderts (2004) waren es bereits 143. Trotz dieser Produktivitätssteigerung blieb Deutschland ein Nettoimportland an Agrar- und Ernährungsgütern. 2008 überstieg die Einfuhr den Export an Gütern der Land- und Ernährungswirtschaft um 9 Mrd. Euro. Im Jahr 2007 gab es in der Bundesrepublik 374.500 landwirtschaftliche Betriebe[10]. In diesem Bereich waren rund 1,25 Millionen Personen haupt- oder nebenberuflich beschäftigt, was 530.000 Vollzeitarbeitsplätzen entsprach. Insgesamt wurden 16,9 Millionen ha Boden landwirtschaftlich genutzt (das sind ca. 47,4 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands). Davon entfielen auf die Pflanzenproduktion rund 11,8 Millionen Hektar und auf Dauergrünland rund 5 Millionen Hektar. Im Jahr 2009 wurden in Deutschland vor allem Getreide (6,5 Mio. Hektar), Mais (2,1 Mio. Hektar), Raps (1,5 Mio. Hektar) und Zuckerrüben (0,4 Mio. Hektar) angebaut[11]. Im Vergleich dazu spielen Obstanlagen, Baumschulen und Weihnachtsbaumkulturen hinsichtlich des Flächenverbrauchs keine große Rolle.

Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei erzielte 2005 einen Produktionswert von 45 Mrd. Euro, das entspricht einem rechnerischen Anteil von 1,0 % der Bruttowertschöpfung bei einem Anteil von 2,2 % der Erwerbstätigen. Grundlage der Berechnung sind die Erzeugerpreise, die jedoch teilweise erheblich unter den Endverbraucherpreisen liegen. Durch Produktionsfortschritt und zunehmende Industrialisierung und Entwicklung des Dienstleistungssektors sank in den letzten 100 Jahren der Erwerbstätigenanteil in der Landwirtschaft von 38 % auf gut 2 %.

Siehe auch: Landwirtschaft in der DDR, Agrarpolitik in Deutschland

Österreich

Die wesentlichen Merkmale der Landwirtschaft in Österreich sind im EU-Vergleich der hohe Grünlandanteil, die Kleinstrukturiertheit und die große Zahl an Biobetrieben.

Es werden rund 44 % der gesamten Bundesfläche für die Landwirtschaft genutzt, aber nur 5 % der Erwerbstätigen sind in Garten, Land- und Forstwirtschaft – die in Österreich als gemeinsamer Wirtschaftssektor gilt – tätig.[1] Die landwirtschaftlichen Arbeiten werden großteils von den bäuerlichen Familien selbst durchgeführt. Der Anteil der kleinen Betriebe sinkt, während der Anteil der größeren Betriebe steigt, der Anteil an Beschäftigten sinkt insgesamt, mit steigendem Anteil der familienfremden Arbeitskräfte.

Anzahl der Betriebe in Österreich[12]
Jahr familieneigen familienfremd
1999 199.000 29.500
2006 149.000 31.300

Positiv bewertet werden aber die dienstleistungsnahen Randbereiche, und in der biologischen Landwirtschaft sind die Einkommen um etwa 30 % höher als in konventionell geführten Bereichen.

Schweiz

Schweizer Bauernhof im Entlebuch

Die naturräumliche Gliederung der Schweiz mit 70 % Berg- und Hügelgebieten (Alpen, Voralpen und Jura) beschränkt Betriebsgrösse, Nutzung, Mechanisierung und Industrialisierung der Schweizer Landwirtschaft. Die landwirtschaftliche Nutzfläche beträgt 23,9 %, die alpwirtschaftliche 13 % der Gesamtfläche der Schweiz (1997). 55 % der Betriebe befinden sich in der Berg-/Hügel- und 45 % in der Talregion. Die durchschnittliche Betriebsgrösse hat zwischen 1905 und 2008 von 4.7 auf 17.4 ha zugenommen. Die kleingliedrigen Strukturen, das zum Teil ungünstige Gelände, das hohe Lohnniveau und die strengen Vorschriften (Tierhaltung, Landschaftsschutz) wirken sich negativ auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit aus. Die Bewirtschaftung der Berggebiete dient gleichzeitig dem für den Tourismus wichtigen Schutz der Kulturlandschaft und der Eindämmung von Naturkatastrophen (Erdrutsche, Lawinen, Überschwemmungen, Erosion). Diese Zusatzleistungen werden den Bauern vom Bund mit Direktzahlungen vergütet. Rund 30 % der Bauernbetriebe werden nebenberuflich bewirtschaftet.

Die Schweizer Landwirtschaft befindet sich in einem starken Wandel. Von 1990 bis 2008 haben die Bauernhöfe von 93.000 auf 60.900 und die Beschäftigten in der Landwirtschaft von 254.000 auf 168.500 abgenommen. [13]. Gleichzeitig sind die Einkommen in dieser Zeit um rund 30 % gesunken, während die Konsumenten nur 14 % höhere Preise bezahlen mussten. 40 % der Betriebsleiter fehlt eine Zukunftsperspektive. 11 % der gesamten Kulturfläche werden als ökologische Ausgleichsfläche bewirtschaftet. Es werden 30 % weniger Pflanzenschutzmittel und 68 % weniger Mineraldünger als vor 15 Jahren eingesetzt. 6.000 Landwirtschaftsbetriebe sind zertifizierte (Bio-Knospe-Label) Biobetriebe (2008). Im Durchschnitt kauft jeder Schweizer für fast 160 Franken Bioprodukte pro Jahr, was gemäß Bio Suisse Weltrekord bedeutet.

Durch die Agrarpolitik (AP) 2011 wird eine weitere Verringerung der landwirtschaftlichen Produktion angestrebt. Die WTO-Verhandlungen und ein Freihandelsabkommen mit den USA sind in ihren Auswirkungen auf die Landwirtschaft noch nicht absehbar.

Satellitenbild von bewässerten Feldern in Kansas, USA

USA

In der Gründerzeit verkörperten Landwirte (dort Farmer genannt) die Tugenden harte Arbeit, Initiative und Unabhängigkeit. Im 20. Jahrhundert entwickelte sich die Landwirtschaft zu einem wichtigen industriellen Faktor, insbesondere durch ihre Bedeutung als Rohstofflieferant für die weiterverarbeitenden Betriebe. Im Jahre 1940 gab es noch 6 Millionen landwirtschaftliche Betriebe, um das Jahr 2000 nur noch rund 2 Millionen. In der gleichen Zeit verdreifachte sich die durchschnittliche Betriebsgröße. Hauptproduzenten sind heute 150 000 landwirtschaftliche Unternehmer, daneben gibt es schätzungsweise 2 Millionen Nebenerwerbsbetriebe.[14]

Politik

Zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln zu stabilen Preisen sind im Laufe der Zeit weitere Nebenziele der Agrarpolitik getreten:

  • Schonung der natürlichen Ressourcen Boden, Wasser und Luft,
  • infrastrukturelle, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Belebung der ländlichen Räume,
  • Pflege der Kulturlandschaft und Erhalt der Artenvielfalt,
  • Erzeugung regenerativer Energien,
  • Verfügbarkeit von Industrie- und Energiestoffen

Probleme

Die Landwirtschaft in Europa befindet sich seit den 1950er Jahren in einem stetigem Wandlungsprozess zu größeren Betriebseinheiten. Steigende Kosten für Betriebsmittel bei zunehmendem Preisdruck für die Erzeugnisse zwangen viele Landwirte zur Entscheidung "wachsen oder weichen".

Die Gründe für diese Entwicklung sind:[15]

  • die durchschnittliche Produktivitätssteigerung der Landwirtschaft von 2 % pro Jahr
  • die erheblich erhöhte Arbeitsproduktivität durch technischen Fortschritt in der Landtechnik
  • die nur noch geringe Zunahme der Bevölkerungszahl und damit der Nachfrage nach Nahrungsmitteln
  • die starke Konzentration der Anbieterseite von Produktionshilfsmitteln der Landwirtschaft
  • die starke Konzentration auf der Abnehmerseite der Landwirtschaft mit hohem Preisdruck
  • Wegfall von Garantiepreisen für Landwirtschaftsprodukte
  • Administrative Vorschriften und Verschärfung der Umweltauflagen in der Produktion

Ökonomische und soziale Probleme

Jahrhunderte verharrte die Landwirtschaft Europas auf festgefügten Strukturen, die in einer bäuerlichen Arbeits- und Lebensform mit dem Ziel der Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln das Wissen von Generation zu Generation weitergab. Mit dem Beginn der Industrialisierung im ausgehenden 19. Jahrhundert setzte eine Änderung ein, die bis heute nicht abgeschlossen ist. Waren Anfang des 20. Jahrhunderts noch 80 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt, so sind dies heute weniger als 5 %. Im gleichen Ausmaß ging die Bedeutung dieser Bevölkerungsgruppe für die politischen Parteien verloren, wenngleich immer ein Mindestmaß an Nahrungsselbstversorgung angestrebt wurde um in diesem Bereich politisch unabhängig zu bleiben. Dies wird seit den 1960er Jahren mit Marktordnungen bewerkstelligt, die zunächst Mindestpreise für Landwirtschaftserzeugnisse und später Direktzahlungen an Landwirte vorsah[16]. Die Politik greift auch im 21. Jahrhundert durch die Struktur der Förderungsmassnahmen nachhaltig in die Landwirtschaft ein. Seit 1994 übersteigt bei einigen Landwirtschaftstypen Europas der Einkommenstransfer aus der Gemeinschaftskasse die eigene Wertschöpfung; daneben wirtschaften Veredelungsbetriebe mit Milchwirtschaft im freien Wettbewerb weit unter der Kostendeckung.

Seit Mitte der 1950er Jahre besteht ein Trend zur technischen Modernisierung und Vergrößerung der landwirtschaftlichen Betriebe, wobei die Konzentration in manchen Ländern schneller (Großbritannien, USA), in anderen langsamer (Deutschland, Frankreich, Schweiz) verlief. Im Verlauf dieser Entwicklung veränderte sich die Produktionsweise hin zur Spezialisierung auf wenige Produktionszweige.

Nachdem die früheren Preisgarantien für landwirtschaftliche Erzeugnisse weitgehend abgeschafft wurden, stehen die Betriebe unter dem Druck der Weltmärkte mit steigenden Preisen für landwirtschaftliche Betriebsmittel bei unsicheren Erzeugerpreisen. Die Zahl der Betriebe mit Direktvermarktung, Bioproduktion und Urlaubsangeboten auf dem Bauernhof nimmt in Deutschland zu, durch die Energiekrise ist ein neues Betätigungsfeld Energiewirt dazugekommen, trotzdem können dadurch die Einkommensprobleme nur in begrenztem Maße gelöst werden. In vielen Fällen bleibt den Landwirten nur die Möglichkeit, den Betrieb bei der nächsten Generationenfolge aufzugeben oder zu vergrößern.

Die weltweite Krise der Landwirtschaft wurde durch die steigenden Energiepreise noch verschärft. Auf den Weltmärkten besteht ein Überschuss an Nahrungsmitteln, die Preise dafür sind jedoch eng mit den Energiepreisen verbunden; Getreide wird inzwischen auch als Brennmaterial vermarktet. Auch Mais und Zuckerrohr sind als Energiepflanzen beliebt. Selbst Entwicklungsländer die auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen sind erwägen den Eintritt in den Energiemarkt mit entsprechenden Pflanzungen. Der begrenzte fruchtbare Boden und der bedrohliche Rückgang der Wasserverfügbarkeit, ist der Grund für die 800 Millionen hungernden Menschen der Welt.[17][18]

Ökologische Probleme

In der Jugendphase der Kulturpflanzen sind große Flächen gleicher Pflanzenart in hängigem Gelände bei Starkregen besonders erosionsgefährdet

Die in der Öffentlichkeit diskutierten Futtermittel-, Eier- und Fleischskandale oder die BSE-Krise sind das Ergebnis der zunehmenden landwirtschaftlichen Betriebsgrößen sowie der Konzentration auf Betriebsmittelanbieter- als auch Produktabnehmerseite. Aus dieser Strukturveränderung ergeben sich zahlreiche ökologische Belastungen durch die Landwirtschaft, das Transportgewerbe und die Industrie.

Im Zusammenhang mit der Belastung der Umweltfaktoren Boden, Wasser und Luft werden diskutiert:

  • die Eutrophierung der Gewässer durch Nährstoffe, (z. B. Stickstoff, Phosphat)
  • das Vorkommen von Pflanzenschutzmitteln in Boden und Grundwasser
  • die Verdichtung des Bodens (durch schwere Maschinen) und Störung der Bodenmikrofauna
  • die Gefahr von Bodenerosion (durch große Flächen gleicher Nutzpflanzen in hängigen Gelände)
  • die Gefahr von Humusabbau durch enge Fruchtfolgen
  • die Anfälligkeit der Nutzpflanzen gegenüber Krankheiten und Schädlingen
  • die Resistenz von Krankheitserregern gegen Antibiotika und Resistenz von Pflanzenschädlingen gegen Pestizide
  • die Verringerung der Artenvielfalt, bei Kulturpflanzen und -tieren sowie wildlebenden Arten [19][20]
  • die mögliche Belastung von pflanzlichen und tierischen Produkten mit wertmindernden Inhaltsstoffen (z. B. Pestizide, Nitrat, Antibiotika, Hormone, Beruhigungsmittel)
  • die mögliche Verringerung der Haltbarkeit von Nahrungsmitteln
  • Pestizidvergiftungen bei Landwirten (laut WHO-Schätzungen Ende 1980er Jahre weltweit 20.000 Fälle mit Todesfolge)
  • gesteigerter Energieverbrauch und damit CO2-Emissionen

Siehe auch

Deutsches Landwirtschaftsmuseum in Hohenheim
  • Portal:Land- und Forstwirtschaft
  • Liste landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen
  • Agrarpolitik
  • Agrarpublizistik
  • Deutsche Zentralbibliothek der Landbauwissenschaft
  • Forstwirtschaft
  • Landtechnik
  • Mechanisierung der Landwirtschaft
  • Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
  • Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation
  • Industrielle Landwirtschaft
  • Ökologische Landwirtschaft
  • Zur Lage der chinesischen Bauern

Literatur

  • Wilhelm Abel: Geschichte der deutschen Landwirtschaft vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert. Stuttgart 1962
  • Aus Politik und Zeitgeschichte 5-6/2010: Landwirtschaft.
  • R. Hendler, P. Marburger, P. Reiff, M. Schröder: Landwirtschaft und Umweltschutz. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-503-09760-9
  • Ulrich Köpke: Umweltleistungen des Ökologischen Landbaus. In: Ökologie und Landbau 2/2002, S. 6–18.
  • Marcel Mazoyer, Laurence Roudart, Histoire des agricultures du monde: Du néolithique à la crise contemporaine, Paris: Seuil, 2002, ISBN 2-02-053061-9, engl. A History of World Agriculture: From the Neolithic Age to the Current Crisis, New York: Monthly Review Press, 2006, ISBN 1-58367-121-8

Weblinks

Commons: Landwirtschaft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Landwirtschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikisource: Landwirtschaft – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Trends im Berufsbereich: Garten, Land- und Forstwirtschaft. Arbeitsmarktservice (AMS), abgerufen am 8. August 2008.
  2. Berufsgruppen: Land- und Forstwirtschaft/Tiere/Pflanzen/Hauswirtschaft. In: BIC BerufsInformationsComputer. Wirtschaftskammer Österreich, abgerufen am 8. August 2008.
  3. Arbeitsfelder: Der grüne Daumen. In: BIC BerufsInformationsComputer. Wirtschaftskammer Österreich, abgerufen am 25. Mai 2008.
  4. Reform der landwirtschaftlichen Berufsbildung. (doc) AVIFORUM, 8. August 2007, abgerufen am 8. August 2008.
  5. Landwirtschaftliche Berufe in Kraft, News aus der Schweizer Berufsbildung, bbaktuell.ch
  6. Bildung. LID.CH Landwirtschaftlicher Informationsdienst, abgerufen am 8. August 2008.
  7. Berufsfeld: Natur. In: Berufe und Ausbildungen. Die Schweizerische Berufsberatung im Internet, berufsberatung.ch, abgerufen am 8. August 2008.
  8. Berufsfeld: Nahrung. In: Berufe und Ausbildungen. Die Schweizerische Berufsberatung im Internet, berufsberatung.ch, abgerufen am 8. August 2008.
  9. World Development Indicators 2010, Weltbank, 2011.
  10. Landwirtschaft in Deutschland und der Europäischen Union 2009. (PDF 4,0 MB) Statistisches Bundesamt, abgerufen am 26. Dezember 2010.
  11. Jahresbericht 2009/2010. (PDF 3,1 MB) Industrieverband Agrar e. V., abgerufen am 26. Dezember 2010.
  12. Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg.): Grüner Bericht 2007. Eigenverlag, Wien 2007, zitiert nach AMS
  13. Bundesamt für Statistik
  14. http://usa.usembassy.de/wirtschaft-landwirtschaft.htm
  15. Statistiken der Europäischen Union
  16. Friedrich Golter: 35 Jahre für die Bauern, Verlag Ulmer Stuttgart 2002 ISBN 3-8001-4190-6
  17. Manfred Raupp Energiepreise und Nahrungsversorgung
  18. FAO Statistik 2009
  19. Flade, Martin u. a. 2011. „Positionspapier zur aktuellen Bestandssituation der Vögel der Agrarlandschaft“ herausgegeben von Deutsche Ornithologen-Gesellschaft und Dachverband Deutscher Avifaunisten. Abgerufen (http://www.do-g.de/fileadmin/do-g_dokumente/Positionspapier_Agrarv%C3%B6gel_DO-G_DDA_2011-10-03.pdf).
  20. Gründe für den Artenrückgang in der Feldflur

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