Lavendelöl


Echter Lavendel
Lavendelöl

Lavendelöl (lat. oleum lavandulae, frz. essence de lavande) ist das ätherische Öl aus den Blüten des Lavendels.

Die folgenden Lavendelarten werden für die Herstellung von ätherischen Ölen genutzt:

  • Lavandula angustifolia = Echter Lavendel (Hauptanbauregion: Südfrankreich)
  • Lavandula latifolia = Speik-Lavendel (Hauptanbauregion: Spanien)
  • Lavandula hybrida = Hybrid-Lavendel oder Lavandin aus L. angustifolia und L. Latifolia (Hauptanbauregion: Südfrankreich)

Lavendelöl kommt in verschiedenen Qualitäten und Preisen auf den Markt. Die standardisierten Öle Lavendelöl Barreme (52 % Estergehalt) und Lavendelöl Mont Blanc (ca. 40 % Estergehalt) sind von hoher Qualität. Das aus hybridisiertem Lavendel gewonnene Lavandinöl (Lavandinöl Abrialis bzw. Lavandinöl Grosso) hat ebenfalls einen hohen Estergehalt (ca. 30 %). Die Prozentangaben beziehen sich auf den Anteil des Linalylacetats am Lavendelöl, der veresterten Form des Linalools, eines der Hauptinhaltsstoffe, der die Qualität eines Lavendelöls mitbestimmt: Je höher der Estergehalt, desto höher die Qualität des Lavendelöls.

Physikalische Eigenschaften, Inhaltsstoffe

Allgemein

Lavendelöl ist farblos oder schwach gelblich, ziemlich dünnflüssig und hat einen angenehmen, starken Geruch nach Lavendel. Lavendelöl siedet bei 185 bis 188 °C, hat eine Dichte von 0,876 bis 0,892 g/cm3 (L. angustifolia), 0,893 bis 0,909 g/cm3 (L. latifolia) oder 0,885 bis 0,897 g/cm3 (Lavandinöl) und lenkt die Ebene des polarisierten Lichtes nach links ab (−11° bis −5°, L. angustifolia). Als Hauptbestandteile enthält Lavendelöl (L. angustifolia) Licareol (20–45 %) und Linalylacetat (30–50 %) (mindestens 40 %), ferner Ocimen (3–7 %) und Terpinen-4-ol (3–5 %).

Da das Lavendelöl (L. angustifolia) als besonders wertvoll gilt und einen hohen Verkaufspreis erzielt, war in früheren Zeiten häufig verfälschtes Lavendelöl im Umlauf. Da der hohe Linalylacetatanteil maßgeblich für die Qualität war, wurde mitunter acetyliertes Linalool (aus dem Spiköl), synthetisches Linalool (Zwischenprodukt bei der Synthese von Vitamin E) oder auch das asiatische Shui-Öl, das ebenfalls viel Linalylacetat enthält, zugesetzt. Die Qualität von Lavendelöl lässt sich jedoch heutzutage gaschromatographisch überprüfen.

Mittlerweile werden auch Lavendelöle mit AOC-Siegel angeboten, also mit einer geschützten Bezeichnung, die nur Produkten aus einem genau definierten geografischen Gebiet mit genau definierten Anbaubestimmungen verliehen wird.

Spiköl

Das aus dem Speik-Lavendel gewonnene Spiköl enthält größere Anteile von Linalool (40–50 %) und deutlich weniger Linalylacetat (1,5–3 %) und etwas 1,8-Cineol.

Herstellung

Zur Herstellung werden die frischen Blüten der Lavendelpflanze einer Wasserdampfdestillation unterzogen.

Die bekannteste Region zur Herstellung von qualitativ hochwertigen Lavendelölen ist Südfrankreich. Das meiste Lavendelöl kommt aus Nizza, Grasse, Monaco und Carpentras. Deutschland importierte im Jahre 2001 circa 220 Tonnen Lavendelöl aus Frankreich. Nach dem aus Frankreich hat auch das bulgarische Lavendelöl eine sehr gute Qualität. Auch englisches Lavendelöl ist bekannt; man baut die Pflanzen dazu an zwei Örtlichkeiten an, bei Mitcham in der Nähe Londons und bei Hitchin in Hertfordshire.

Pharmakologische Eigenschaften

Lavendelöl wirkt aufgrund seines Gehaltes an Linalool antimikrobiell. Im Agar-Diffusionstest wurde die Wachstumshemmung von Escherichia coli, Candida albicans und Staphylococcus aureus beobachtet, die Effektivität ist mäßig. Pseudomonas aeruginosa wird nicht gehemmt.[1][2] Portugiesische Forscher konnten zeigen, dass Lavendelöl bereits in geringen Konzentrationen verschiedene Hefe- (Candida-Spezies) und Fadenpilze abtötet, die beim Menschen Haut- und Nagelpilzerkrankungen verursachen können.[3][4][5]

In tierexperimentellen Untersuchungen an Mäusen wurde eine (nach intraperitonealer Gabe) krampflösende[2] und nach Inhalation auch zentraldämpfende[1][2] Wirkung für Lavendelöl gezeigt.

Verwendung

Für den arzneilichen Gebrauch kommt das durch Wasserdampfdestillation aus den Blütenständen von Lavandula angustifolia gewonnene ätherische Öl zum Einsatz,[6] Lavandin- und Spiköl gelten als Verfälschung.[2] Lavendelöl wird innerlich als mildes Beruhigungsmittel bei Unruhezuständen, Einschlafstörungen und funktionellen Oberbauchbeschwerden angewendet.[1][2][7]

Es liegen wenige veröffentlichte wissenschaftliche Daten über eine Wirksamkeit von Lavendelöl vor.[8]

In Deutschland steht erstmals seit Februar 2010 ein zugelassenes Lavendelölmonopräparat zur Behandlung von Unruhezuständen bei ängstlicher Verstimmung im Erwachsenenalter zur Verfügung. Dieses Präparat enthält ein mit den für die Wirkung hauptverantwortlichen Lavendelölinhaltsstoffen Linalool und Linalylacetat angereichertes Lavendelöl in Weichkapseln.[9][10] Es gibt bisher keine Studien, die eine bessere Wirksamkeit dieser Zubereitung im Vergleich zu lose erhältlichem Lavendelöl belegen.

Äußerlich wird Lavendelöl in Einreibungen und Badezusätzen volksheilkundlich bei Verspannungen und Erschöpfungszuständen verwendet.[1][7] Wegen seines Duftes dient Lavendelöl als pharmazeutischer Hilfsstoff zur Geruchskorrektur bei äußerlich anzuwendenden Arzneimitteln.

Lavendelöl, Lavandinöl und Spiköl sind bedeutsam als Duftstoff in der Parfüm- und Seifenindustrie und werden auch zur Abwehr von Insekten verwendet (Repellent).

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 T. Dingermann, K. Hiller, G. Schneider, I. Zündorf: Schneider Arzneidrogen. 5. Auflage, Elsevier 2004, ISBN 3-8274-1481-4, S.363 f.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 K. Hardtke et. al. (Hrsg.): Kommentar zum Europäischen Arzneibuch Ph. Eur. 5.3, Lavendelöl. Loseblattsammlung, 25. Lieferung 2006, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  3. Mónica Zuzarte, M. J. Gonçalves, C. Cavaleiro, J. Canhoto, L. Vale-Silva, M. João Silva, E. Pinto, L. Salgueiro: Chemical composition and antifungal activity of the essential oils of Lavandula viridis L'Hér. In: Journal of Medical Microbiology. (J Med Microbiol) published online: Februar 2011, doi:10.1099/jmm.0.027748-0; printed: Mai 2011, Vol. 60, Nr. 5, S. 612-618.
  4. A. Angioni, A. Barra, V. Coroneo, S. Dessi, P. Cabras: Chemical composition, seasonal variability, and antifungal activity of Lavandula stoechas L. ssp. stoechas essential oils from stem/leaves and flowers. In: Journal of agricultural and food chemistry. (J Agric Food Chem) 14. Juni 2006, Vol. 54, Iss. 12, S. 4364-70, PMID 16756368.
  5. Mónica Zuzarte, M. J. Gonçalves, C. Cavaleiro, A. M. Dinis, J. M. Canhoto, L. R. Salgueiro: Chemical composition and antifungal activity of the essential oils of Lavandula pedunculata (Miller) Cav. In: Chemistry & Biodiversity. (Chem Biodivers) August 2009, Vol. 6, Iss. 8, S. 1283-92, PMID 19697345.
  6. Europäisches Arzneibuch, 6. Ausgabe, Monografie 6.0/1338
  7. 7,0 7,1 E. Teuscher: Biogene Arzneimittel. 5. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 1997, ISBN 3-8047-1482-X, S. 247 f.
  8. Assessment report on Lavandula angustifolia Miller, aetheroleum and Lavandula angustifolia Miller, flos der Europäischen Arzneimittelagentur vom 27. März 2012.
  9. Beate Fessler: Neues Phyto-Anxiolytikum: Standardisiertes Lavendelöl gegen Unruhe bei Angst. In: DAZ. Nr. 2, 2010, S. 48–49.
  10. Umezu T, Nagano K, Ito H, Kosakai K, Sakaniwa M, Morita M: Anticonflict effects of lavender oil and identification of its active constituents. In: Pharmacol. Biochem. Behav. 85. Jahrgang, Nr. 4, Dezember 2006, S. 713–21, doi:10.1016/j.pbb.2006.10.026, PMID 17173962.

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