Marburg-Virus


Marburg-Virus
Marburg virus.jpg

Marburg-Virus

Systematik
Klassifikation: Viren
Ordnung: Mononegavirales
Familie: Filoviridae
Gattung: Marburg-Virus
Art: Lake Victoria Marburgvirus
Taxonomische Merkmale
Genom: (-)ssRNA
Baltimore: Gruppe 5
Wissenschaftlicher Name
{{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)
Kurzbezeichnung
MARV
Links

Das Marburg-Virus ist ein behülltes Einzel(−)-Strang-RNA-Virus (ss(−)RNA) der Familie Filoviridae und Gattung der Marburgviren und der Erreger des Marburgfiebers.

Merkmale

Phylogenetischer Baum des Marburg-Virus und des Ebola-Virus

Dieses Virus besitzt meist eine fadenförmige (lat. filum = Faden), manchmal auch eine bazillusförmige Gestalt, ist aber auch in seiner Grundstruktur gelegentlich U-förmig gebogen. Es hat eine Länge von etwa 800 nm und einen konstanten Durchmesser von 80 nm und gehört damit zusammen mit den Ebola-Viren aus derselben Familie zu den größten bekannten RNA-Viren.[1]

Reservoir

Das Reservoir, aus dem das Virus stammt, bzw. sein Reservoirwirt ist bis heute nicht genau bekannt. Vermutlich ist der Überträger der Nilflughund, eine Flughundart, die in Europa und Afrika vorkommt. Das Virus und virusspezifische Antikörper konnten in ihrem Blut nachgewiesen werden, auch in Regionen, in denen bislang keine Erkrankungsfälle registriert wurden. Da der Flughund in Höhlen nistet, kann man Ausbrüche unter Bergleuten mit ihm in Verbindung bringen.[2]

Verbreitung

Das Marburg-Virus stammt primär aus Afrika und kommt in den Ländern Uganda, Kenia (West-Kenia) und vermutlich Simbabwe vor. Eine weitere Ausdehnung wird von Wissenschaftlern für wahrscheinlich gehalten. In Europa wurden 1967 die ersten Erkrankungsfälle dokumentiert.

Virulenz

Bei diesem Virus handelt es sich um einen hochpathogenen Erreger, der beim Menschen das Marburg-Fieber, ein hämorrhagisches Fieber, auslöst. Die Sterblichkeit (Letalität) bei dieser Erkrankung liegt laut den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) bei mindestens 23 bis 25 Prozent. Bei Ausbrüchen im Kongo und in Angola lag sie jedoch wesentlich höher (siehe Krankheitsfälle). Diese hohe Sterblichkeit deutet wie bei den Ebola-Viren darauf hin, dass das Marburg-Virus noch nicht an den Menschen angepasst ist. Die Schädigung seines Wirtes bis hin zu seinem Tod ist für ein Virus kein vorteilhafter Effekt, da es zur eigenen Vermehrung auf diesen Wirt angewiesen ist. Die dennoch beim Wirt ausgelösten Symptome sind letztlich nur Nebeneffekte der Infektion.

Übertragung

Das Marburg-Virus wird durch den Austausch von Körperflüssigkeiten und durch Schmierinfektion bzw. Kontaktinfektion übertragen. Viruspartikel bleiben innerhalb von getrocknetem Blut für einen Zeitraum von 4–5 Tagen infektiös. Bei Rekonvaleszenten kann das Virus auch nach Ablauf der akuten Infektion für einige Monate an einzelnen Stellen des Körpers – insbesondere dem Sperma – in pathogener Form zurückbleiben.[3]

Geschichte

Das Virus wurde zuerst im Jahr 1967 bei Laborangestellten in Marburg (Hessen), später in Frankfurt am Main und Belgrad gefunden. Als am 25. August 1967 mehrere Personen in Marburg starben, wurde die Stadt in eine Art Ausnahmezustand versetzt.[4] Alle Infizierten, auch die später verstorbenen, hatten zuvor sehr hohes Fieber und bluteten aus den inneren Organen. Sämtliche bis dahin bekannten Viren konnten ausgeschlossen werden. Spezialisten für Tropenkrankheiten reisten im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an, darunter Werner Mohr aus Hamburg und der Virologe George B. Dick aus London. Insgesamt acht Laboratorien weltweit untersuchten Blut- und Gewebeproben der infektionsträchtigen Tiere. Die Affen wurden inzwischen zusammen mit weiteren 600 aus früheren Lieferungen durch Blausäure getötet. Ein Konsilium der Mediziner Rudolf Siegert, Walter Hennessen und Gustav Adolf Martini gaben täglich einen Bericht zur Erforschung des Virus ab. Bis Ende August 1967 starben zwei Tierpfleger und zwei Laborangestellte. 24 Erkrankte lagen in dem Universitätsklinikum Frankfurt am Main und in der Universitätsklinik der Philipps-Universität Marburg auf der Isolierstation. Insgesamt starben später sieben Menschen an dem neuen Virus. Erst Ende November 1967 gelang die eindeutige Identifizierung des bis dahin unbekannten Virus durch Werner Slenczka im Institut für Virologie Marburg, der diese Entdeckung auch als Erster publizierte. Dieses neue Virus ist höchstwahrscheinlich von infizierten Versuchsaffen (Meerkatzen) aus Uganda in die Labors des Pharmakonzerns Behringwerke im hessischen Marburg eingeschleppt worden. Der Pharmakonzern nutzte die Tiere zur Gewinnung von Masern- und Polio-Impfstoff. Deshalb erhielt es auch den Namen Marburg-Virus.[5]

Verwendung als biologische Waffe

Das Marburg-Virus wurde vom US-amerikanischen CDC als potentieller biologischer Kampfstoff der höchsten Gefahrenklasse eingestuft. Legale Handhabung und Weitergabe des Pathogens ist auf Labore der Schutzstufe 4 beschränkt.

Militärisch wurden die Möglichkeiten als biologischer Kampfstoff vom sowjetischen Kampfstoffprogramm Biopreparat erforscht, das 1967 Proben des Virus während des initialen Ausbruchs erlangte. Soweit bekannt, wurden in Bezug auf das Marburg-Virus insbesondere die Verteilung (Distribution) als Aerosol und die Stabilität gefriergetrockneter Viruspartikel erforscht.[3]

Mit einem simulierten Bioterrorismusangriff wurde 1998 ermittelt, dass eine Variola-Marburg-Chimäre einen ökonomischen Schaden von etwa 26 Milliarden US-Dollar pro 100.000 Infizierten bewirken würde.[6]

Seuchenlage Angola 2005

In Angola (rot) breitete sich das Marburg-Virus 2005 aus

Am 21. März 2005 wurde das Marburg-Virus in mehreren Blutproben von Todesopfern in Angola entdeckt. Im April war die Krankheit in sieben Provinzen ausgebrochen. Über 215 Angolaner starben bis dahin bereits am Marburg-Virus. Die meisten Opfer waren jünger als fünf Jahre.

Besonders problematisch ist die Weigerung der Bevölkerung, die Infizierten zu isolieren. Außerdem gehört traditionell bei den Familien zur Bestattung Verstorbener der persönliche Abschied in Form von Umarmung des Toten und anschließend weitere direkte, persönliche Kontakte der Trauergäste untereinander. Darum ist es extrem schwierig, die eigentlich sofort notwendige, unverzügliche Beerdigung ohne jede Berührung mit der Leiche zu gewährleisten. Die Infektionsgefahr wird somit erheblich gesteigert.

Krankheitsfälle

  • 1967: Marburg, Frankfurt am Main, Belgrad: 31 Infizierte, 7 Tote
  • 1980 Nairobi: 2 Infizierte, 1 Toter (Ursprung: vermutlich Kitum Cave in West-Kenia)
  • 1998 bis 2000: Demokratische Republik Kongo: 149 Infizierte, 123 Tote
  • Oktober 2004 bis Mai 2005: Angola, Beginn in der Provinz Uige: 388 Infizierte, 324 Tote[7]
  • August 2007: Uganda, Kitaka, Provinz Kamwenge, 2 Infizierte, 1 Toter[8]
  • 10. Juli 2008: Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg gibt den ersten Fall einer Einschleppung des Marburg-Virus aus Afrika nach Europa durch eine niederländische Touristin in Bakel, Niederlande, bekannt.[9] Die 40-jährige Frau verstarb am 11. Juli 2008 in Leiden.

Impfungen

Im April 2006 wurden Forschungsergebnisse von Forschern aus den USA und Kanada veröffentlicht, denen es gelungen ist, einen Impfstoff gegen das Marburg-Virus zu entwickeln. Im Tierversuch bei Rhesusaffen erwies sich der Impfstoff auch in der Postexpositionsprophylaxe als wirksam. Die Affen, die bei einer Infektion normalerweise nach etwa 12 Tagen verstarben, überlebten nach einer Impfung den Untersuchungszeitraum von 80 Tagen.[10]

Systematik

  • Filoviridae
    • Marburg-Virus
      • Marburg-Lake Victoria-Virus
    • Ebolaartige Viren

Literatur

  • Icon Health Publications: Marburg Virus - A Medical Dictionary, Bibliography, and Annotated Research Guide to Internet Referen. Icon Health, San Diego 2004, ISBN 0-497-00706-1.
  • Beate Lötfering: Das Nukleoprotein des Marburg Virus. Untersuchungen zum Phosphorylierungsstatus. Tectum, Marburg 1998, ISBN 3-8288-0413-6.
  • Richard Preston: Hot zone: tödliche Viren aus dem Regenwald; ein Tatsachen-Thriller. Droemer Knaur, München 1997, ISBN 3-426-77257-4.
  • Christian Sänger: Untersuchungen zum Transport und zur Reifung des Marburg-Virus Oberflächenproteins GP sowie zur Ausschleusung von Nachkommenviren. Tectum, Marburg 2000, ISBN 3-8288-1045-4.
  • Süddeutsche Zeitung. 28. April 2006, S. 18.
  • Ken Alibek, Stephen Handelman: Bioterror, Tod aus dem Labor. Econ, München 2001, ISBN 3-548-75089-3.

Weblinks

Commons: Marburg-Virus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. S. Becker u. a.: Nucleocapsid formation and RNA synthesis of Marburg virus is dependent on two coiled coil motifs in the nucleoprotein. In: Virology Journal. London 4.2007,105. DOI:10.1186/1743-422X-4-105 ISSN 1743-422X
  2. Jonathan S. Towner u. a.: Marburg Virus Infection Detected in a Common African Bat. In: PLoS ONE. Lawrence 2.2007,8(Aug.), e764. DOI:10.1371/journal.pone.0000764 ISSN 1932-6203
  3. 3,0 3,1 M. Bray: Defense against filoviruses used as biological weapons. In: Antiviral Research. Amsterdam 57, 2003,1(Jan), S. 53–60. DOI:10.1016/S0166-3542(02)00200-0 ISSN 0166-3542
  4. Medizin / Affen-Seuche: Spur im Dunkel. In: Der Spiegel. Nr. 37, 1967 (online).
  5. Killer-Viren: Sprung aus der Nische. In: Der Spiegel. Nr. 2, 1995 (online).
  6. R.C. Spencer, N.F. Lightfoot: Preparedness and Response to Bioterrorism. In: Journal of Infection. Amsterdam 43, 2001, S. 104–110. DOI:10.1053/jinf.2001.0906 ISSN 0163-4453
  7. WHO: Marburg haemorrhagic fever in Angola
  8. Pressemitteilung (PDF) des IFRC
  9. Pressemitteilung des Tropeninstituts Hamburg
  10. K. Daddario-DiCaprio u. a.: Postexposure protection against Marburg haemorrhagic fever with recombinant vesicular stomatitis virus vectors in non-human primates: an efficacy assessment. In: The Lancet. London 367.2006, 1399-1404. ISSN 0023-7507

Die News der letzten Tage