Milch


Ein Glas mit Kuhmilch
Milchkuh beim Weiden

Milch ist eine weißliche, undurchsichtige, als Milchfett-in-Wasser-Emulsion vorliegende Flüssigkeit, die in den Milchdrüsen von Säugetieren gebildet wird. Sie ist für neugeborene Säugetiere die erste Nährstoffquelle, bevor diese andere Arten von Nahrung aufnehmen können. Milch bestimmter Tiere, hauptsächlich von Kühen, dient dem Menschen als Nahrungsmittel.

Etymologie und Wortverwendung

Das Substantiv Milch, ebenso wie Molke und das zugehörige Verb melken, sind germanischsprachiges Gemeingut (schwed. mjölk, dän. mælk, niederl. melk, engl. milk, isländ. mjólk usw.). Althochdeutsch miluh (8. Jh.) wandelt sich zu mittelhochdeutsch milich, milch.[1][2]

„Milch“ als Nahrungsmittel ist allgemein der Name der für Säugetiere spezifischen Nährflüssigkeit. Im Deutschen ist der Ausdruck „Milch“ dabei primär ein Synonym für Kuhmilch. Schon die Milch des Menschen wird explizit als Muttermilch bezeichnet. Im Handel in der Europäischen Union darf mit „Milch“ nur Milch von Kühen bezeichnet werden. Bei Milch von anderen Säugetieren muss die Tierart (beispielsweise Ziegenmilch, Schafmilch, Pferdemilch bzw. Stutenmilch, Kamelmilch, Büffelmilch, etc.) zusätzlich angegeben werden. Dementsprechend gibt es hier im Handel keine „Sojamilch“, sondern nur Soja-Getränke.

Manche Pflanzen können eine milchähnliche Flüssigkeit, einen Milchsaft absondern, wie beispielsweise Kautschukbäume den Naturkautschuk (Latex), eine Gummimilch. Als Fischmilch wird der Samen männlicher Fische (beispielsweise Heringsmilch), Weichtiere oder anderer im Wasser lebenden Arten bezeichnet. Der generische Wortstamm Milch wird ebenso für ähnlich aussehende Flüssigkeiten, meist Dispersionen oder Emulsionen (ersichtlich in Bezeichnungen wie Sonnenmilch, Ledermilch, Bohrmilch, Gletschermilch, Kalkmilch, Getreidemilch, Sojamilch, Kokosmilch oder Mandelmilch) verwendet. Auch Erscheinungen der Opazität wie Milchstraße, Mondmilch, Milchbrunnen) werden so genannt.

Vogelmilch ist ein Konfekt, Liebfrauenmilch ist ein Name eines deutschen Qualitätsweines. Und im Begriff Katechismusmilch wird Bezug darauf genommen die Lehre wie Muttermilch aufzunehmen.

Produktion

Die Entwicklung der Milchwirtschaft begann im Zuge der so genannten neolithischen Revolution mit der Domestikation von Ziegen und Schafen, etwa vor 10.000 Jahren, in Westasien und andernorts, sowie mit der Domestikation von Auerochsen (Ur) vor etwa 8.500 Jahren vor allem in Südosteuropa.

Für die Nahrungsmittelindustrie Europas sind Milchkühe der Hauptlieferant, in den Bergen, ertragsschwachen Gegenden und in früheren Zeiten auch das Schaf (Schafsmilch) und die Ziege (Ziegenmilch). Für Trinkmilch melkt der Mensch auch Hauspferde (Stutenmilch) und Hausesel (Eselsmilch), Yaks in West-China/Tibet, in den Anden Südamerikas teilweise auch Lama (selten). Hoch im Norden wird auch die Milch der Rentiere genutzt; in Asien und Italien zur Käseproduktion (Mozzarella di Bufala) werden Wasserbüffel gemolken und Büffelmilch gewonnen; im arabischen Raum wird, neben Ziegen- und Schafmilch, Milch von Kamelen konsumiert. Mäusemilch wird ausschließlich zu Versuchszwecken gewonnen.

Während in manchen Kulturen, welche meist aus Hirten und Nomaden hervorgegangen sind, die Milchtierhaltung, die Milch und ihre Produkte (etwa Käse, Joghurt) im Mittelpunkt der Ernährung und damit auch des Lebens steht – so etwa in der westlichen Welt – gibt es auch Völker, die außer Muttermilch gar keine Milch verwenden.

Eigenschaften und Verarbeitung

Die Einteilung in Handelsklassen erfolgt in Deutschland durch die Milch-Güteverordnung. Die Kriterien umfassen die Gesamtkeimzahl (niedrige Werte sprechen für Betriebshygiene und gute Tiergesundheit), Eiweiß- und Fettgehalt, Gefrierpunkt (Abweichungen deuten auf Streckung mit Wasser) und Hemmstoffe wie Antibiotika, welche die Weiterverarbeitung der Milch zu Joghurt oder Käse behindern und zum Lieferstopp für den Landwirt führen.

Die Dichte von Kuhmilch ist von der Temperatur abhängig; sie beträgt für homogenisierte und pasteurisierte, 3,5 % Fett enthaltende frische Vollmilch bei einer Temperatur von 20 °C etwa 1,032 g/cm³.[3]

Zusammensetzung

Zusammensetzung der Milch verschiedener Säugetiere (in Prozent)
Inhaltsstoffe Mensch Kuh Schaf Ziege Pferd Rentier Büffel
Wasser 87,2 87,5 82,7 86,6 90,1 66,9 82,8
Kohlenhydrate 7,0 4,8 6,3 5,9 2,8 5,5
Milchfett 4,0 < 4,2 5,3 3,7 1,5 16,9 7,4
Eiweiße 1,5 3,5 4,6 4,2 2,1 16,9 3,6
Spurenelemente 0,3 0,7 0,9 0,4 1,2

In der Milch sind Kohlenhydrate, Eiweiße, Vitamine und Spurenelemente in Wasser gelöst bzw. als Milchfett emulgiert. Anteile der einzelnen Inhaltsstoffe sind jedoch von Tierart zu Tierart unterschiedlich. Bei Tierarten, die einen sehr energieintensiven Stoffwechsel betreiben, ist die Milch besonders reich an Fetten, Proteinen und Kohlenhydraten. Dazu gehört z. B. die Milch von Walen und Eisbären. Innerhalb einer Art haben auch Fütterung, Haltung, Laktationszeit sowie Gesundheitszustand und Alter der Tiere Einfluss auf die Zusammensetzung der Milch.

Die häufigsten Proteine, die etwa 80 % der Gesamtproteinmenge ausmachen, sind die Caseine. Die übrigen Proteine werden auch als Molkenproteine zusammengefasst. Unter der Bezeichnung Molkenproteine fasst man beta-Lactoglobulin, alpha-Lactalbumin, Serumalbumin, Immunglobulin und die Proteosepepton zusammen. Die beim längeren Kochen von Milch zu beobachtende Entwicklung einer Haut an der Oberfläche wird durch die hitzeinduzierte Denaturierung von Albumin verursacht.

Das wichtigste Kohlenhydrat in der Milch ist Lactose (4,6 % in Kuhmilch), daneben sind Galactose, Glucose und Spuren anderer Kohlehydrate enthalten. Der pH-Wert von Milch schwankt zwischen 6,5 für frische Milch bis etwa 4,5 für saure Milch.

Milchfettgehalt

Manuelle Gewinnung durch Melken des Euters einer Milchkuh
Fünf Melkzeuge in der Reinigungsanlage

Zur Einstellung des Fettgehalts wird die Milch zunächst in einer von Wilhelm Lefeldt für diesen Zweck entwickelten Milchzentrifuge (auch Separator genannt) in Rahm und einen fettarmen Teil getrennt. Anschließend kann der Fettgehalt der Milch durch Hinzufügen von Rahm beliebig eingestellt werden. Vollmilch mit natürlichem Fettgehalt (typischerweise zwischen 3,5 und 3,8 %) wird hingegen nicht im Separator behandelt.[4]

Milchsorten

Milchsorten, Einteilung nach dem Fettgehalt
Bezeichnung Fettgehalt Anmerkung
Rohmilch 3,5–5,0 % unbehandelte Milch, darf nur vom
Hof des Erzeugers verkauft werden
In der Schweiz wird Rohmilch auch
in Käsereien verkauft.
Vorzugsmilch 3,5–4,0 % wie Rohmilch, aber verpackt im
Handel erhältlich
Vollmilch min. 3,5 % muss wärmebehandelt sein
fettarme Milch 1,5–1,8 % muss wärmebehandelt sein
Magermilch
entrahmte Milch
max. 0,5 % muss wärmebehandelt sein
Milchsorten, Einteilung nach der Erhitzungstemperatur
Bezeichnung Behandlung Dauer Vitaminverlust Haltbarkeit
Rohmilch
„Milch ab Hof“ (beim Bauern)
Vorzugsmilch (verpackt)
unbehandelt gekühlt zwei bis drei Tage
Frischmilch
traditionell hergestellt
Pasteurisierung 72–75 °C meist 15 bis 30 Sekunden etwa 10 % gekühlt, ungeöffnet sechs bis zehn Tage
geöffnet zwei bis vier Tage
ESL-Milch („extended shelf life“)
länger haltbare Frischmilch
Pasteurisierung 123–127 °C oder
Trennung von Rahm und Magermilch
Mikrofiltrierung der Magermilch
Rahm 72–75 °C erhitzen und
wieder vermischen
etwa 20–30 % gekühlt, ungeöffnet etwa drei Wochen haltbar
geöffnet zwei bis vier Tage
H-Milch
(ultrahocherhitzte Milch)
Ultrahocherhitzung
mind.135 °C
mind. 2 Sek.
meist 4 Sek.
etwa 20 % ungekühlt mindestens sechs bis acht Wochen

Bezeichnungen wie Landmilch mit z. B. 3,8 % Fettgehalt, Fitmilch usw. sind keine genormten Bezeichnungen. Milcherzeugnisse oder milcherzeugende Betriebe werden auch häufig nach der Region benannt, aus der sie hauptsächlich stammen, beispielsweise Gmundner Milch oder Berchtesgadner Milch.

Ab-Hof-Milch ist Rohmilch, die Verbraucher direkt beim Milchviehbetrieb erhalten.

Bei Lactosefreier Milch ist der Fettgehalt nicht normiert, bei ihr wurde der Milchzucker enzymatisch entfernt (siehe Milchunverträglichkeiten).

In der landwirtschaftlichen Erzeugung spricht man von Fett korrigierter Milch (FCM, englisch fat corrected milk), wenn diese 4 Prozent Fett aufweist.

Konservierung und Folgeprodukte

Kleine Fetttröpfchen in homogenisierter Milch

Haltbarkeit und Konservierung

Sowohl die frische Milch als auch aufkonzentrierte Milchprodukte wie Kondensmilch oder Kaffeesahne werden durch Erhitzen haltbar gemacht.

Dazu gibt es verschiedene Verfahren:

  • Dauererhitzung: Die Milch wird für 15 bis 30 Minuten auf 62 °C bis 65 °C erhitzt.
  • Kurzzeiterhitzung, weithin als Pasteurisierung bekannt: Die Milch wird für 15 bis 30 Sekunden auf 72 °C bis 75 °C erhitzt; Haltbarkeit bei Kühllagerung maximal 10 Tage.[5] Dieses Verfahren wird bei (traditionell hergestellter) Frischmilch verwendet.
  • Hocherhitzung: Die Milch wird für wenige Sekunden auf 85 °C bis 95 °C erhitzt.
  • Erhitzungsregime für ESL-Milch (länger haltbare Frischmilch, so genannte „längerfrische Milch“): Die Milch wird für zwei Sekunden auf 127 °C erhitzt und dann sofort auf 90 °C abgekühlt. Nach einigen Sekunden bei 90 °C wird die Milch auf Lagertemperatur gekühlt; bei 7 °C etwa 20 Tage haltbar.
  • Mikrofiltration: führt zusammen mit klassischer Pasteurisierung ebenfalls zu ESL-Milch.
  • Sterilisierung (Sterilmilch): Durch Erhitzen auf 110 °C bis 120 °C für 20 bis 30 Minuten wird die Milch sterilisiert. Diese Milch ist bei Zimmertemperatur mindestens sechs Monate haltbar.
  • Ultrahocherhitzung (UHT-Milch, H-Milch): Die Milch wird zwei bis acht Sekunden auf mindestens 135 °C erhitzt; ungeöffnet ist die H-Milch bei Zimmertemperatur mindestens drei Monate haltbar.

Die Haltbarkeit bezieht sich immer auf die ungeöffnete, von der Molkerei abgefüllte Milchpackung. Nach der erstmaligen Verwendung ist auch haltbare Milch im Kühlschrank aufzubewahren und sollte innerhalb weniger Tage verbraucht werden. Je nach Kühlschranktemperatur kann die Haltbarkeit auch im geöffneten Zustand deutlich verlängert werden. Eine Absenkung der Kühlschranktemperatur von 7 °C auf 5 °C kann die mikrobielle Stabilität zusätzlich um einige Tage verlängern.

Die Verluste von Vitaminen durch diese Verfahren zur Haltbarmachung sind unterschiedlich. Pasteurisierte Milch verliert weniger als 10 % der B-Vitamine im Vergleich zur Rohmilch vor der Pasteurisierung. Der Vitaminverlust durch die Herstellung von ESL-Milch liegt bei durchschnittlich 10 %, nimmt aber durch längere Lagerung weiter zu. Die Ultrahocherhitzung bedingt einen Verlust von etwa 20 %, der jedoch durch lange Lagerung auch weiter stark zunehmen kann. Das hängt vor allem von der Lagertemperatur und der verwendeten Erhitzungstechnik ab (direkt mittels Dampfinjektion oder indirekt), bei direkt erhitzter H-Milch oder ESL-Milch zusätzlich davon, wie gründlich die Milch anschließend entgast wurde.[6] Sterilisierung bedeutet den höchsten Vitaminverlust, je nach Vitamin und Lagerdauer 20-100 %. Der Vitaminverlust durch einfaches Abkochen von Rohmilch liegt bei 10-30 %.[7]

Eine andere Konservierungsart der Milch ist die energieintensive Trocknung zu Milchpulver oder teilweise Entziehung des Wassers (Kondensmilch). Milchpulver finden etwa Verwendung in der Schokoladenindustrie, bei der Herstellung von Säuglingsnahrung, in der parenteralen Ernährung oder als Aufzuchtfutter für Kälber.

Bei Rohmilch oder Milch, die lediglich einem thermischen Behandlungsschritt unterzogen worden ist, sammelt sich das Milchfett nach einiger Zeit an der Oberfläche an und bildet eine Rahmschicht. Durch die Homogenisierung wird dies verhindert, indem die Größe der Fetttröpfchen auf unter 1 µm Durchmesser reduziert wird und damit die Aufrahmung aus physikalischen Gründen nur über einen sehr langen Zeitraum stattfindet.

Veredelung und Verarbeitung

Milchsorten und -produkte in der Lebensmittelbranche

Der als Veredelung bezeichnete Herstellungsprozess von zahlreichen Milchprodukten kann als kontrollierter „Verderb“ aufgefasst werden, da hier vor allem der originären Milchflora zugehörende Milchsäurebakterien wirken. Gleiches gilt auch für die Zugabe von Lab, was bewirkt, dass die Milch – ähnlich wie die gesäuerte – koaguliert.

Die Verarbeitungsstätten nennt man Molkereien (früher teilweise auch Meiereien) bzw. Käsereien, typische Produkte sind Sahne, Butter und Buttermilch, Käse, Sauermilch.

Milchrohstoffe (Derivate für die Weiterverarbeitung) sind etwa Milchpulver, Molkepulver (Speiseeisproduktion, Zusätze zu anderen Lebensmitteln), Laktose (Milchzucker) und ähnliches in Lebensmittelherstellung, Pharmazie, Kosmetika usw., Kasein als Klebersubstanz in zahlreichen Branchen.

Die Nahrungsmittelindustrie verarbeitet die Milch in zahlreichen Formen und zu vielfältigen Produkten (Produktgruppe: Milchprodukte), angefangen von Butter, Rahm, der Verkäsung bis hin zu Backwaren- oder Speiseeisherstellung, sowie Derivaten, vom Einsatz in der Fleischverarbeitung oder in der Fertignahrungsherstellung bis hin zur Pharmazie und Kosmetika (Milchrohstoffe).

Konsum

Der Milchkonsum steigt weltweit stark an, jedoch überproportional hauptsächlich in Form von verarbeiteten Milchprodukten.

Milchkonsum weltweit (2008)
in Kilogramm pro Kopf und Jahr
Land Milch Butter Käse
AustralienAustralien Australien 107,20 4,10 11,80
OsterreichÖsterreich Österreich 97,20 4,80 18,70
Deutschland Deutschland 94,00 6,20 22,10
Frankreich Frankreich 86,80 7,80 24,60
ItalienItalien Italien 64,10 2,60 21,40
SchweizSchweiz Schweiz 79,90 5,70 22,70
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 82,60 2,50 15,00
Quelle: SMP·PSL/swissmilk[8]

Gesundheitliche Aspekte

Milch enthält Calcium (120 mg auf 100 ml), das der Mensch zum Knochenaufbau benötigt. Milch beinhaltet außerdem viele essentielle Aminosäuren, die für den Körperzellenaufbau benötigt werden. In Käse ist der Anteil an Calcium höher. Die Nurses’ Health Study zeigte allerdings, dass erhöhter Milchkonsum allenfalls tendenziell Knochenbrüchen vorbeugt. Auch lässt sich das Calcium aus der Milch isoliert nicht resorbieren, es wird dazu Vitamin D benötigt, das nicht in ausreichendem Maße in der Milch enthalten ist. Eine im Jahre 2005 veröffentlichte Metaanalyse sechs prospektiv untersuchter Kohorten fand, dass geringer Milchkonsum (weniger als ein Glas täglich) mit keinem signifikanten Anstieg des Frakturrisikos assoziiert war.[9]

Michael de Vrese vom Max Rubner-Institut erklärt, dass „[…] die Vorteile des Milchkonsums […] die etwaigen Risiken übertreffen […].“ Es sei bewiesen, dass ein ausreichender Milchkonsum Osteoporose, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Übergewicht vorbeuge.[10]

Eine Untersuchung der Universität Kopenhagen hat ergeben, dass das in der Milch enthaltene Calcium oder andere Cofaktoren in Milchprodukten die Fettmenge im Blut nach den Mahlzeiten reduziert. Danach ist die Menge des Blutfettes bei Personen, die Calcium aus Milchprodukten aufnehmen, um 15–19 % niedriger als bei Vergleichspersonen, die Calcium über Calciumsupplemente aufnehmen.[11]

Parkinson

Chen et al. untersuchten 2002 den Zusammenhang zwischen der Nahrungsaufnahme und dem Parkinsonrisiko. Sie fanden eine positive Assoziation zwischen der Kuhmilchaufnahme und dem Parkinsonrisiko bei Männern, nicht jedoch bei Frauen.[12] Als Ergebnis einer weiteren Datenauswertung im Jahre 2007 ergab sich zusätzlich eine Risikoerhöhung für weibliche Konsumenten von Milchprodukten. Jedoch waren die betrachteten Frauen weniger von der Risikoerhöhung betroffen als die Männer. Die Autoren schlossen aus den Daten, dass der Konsum von Milchprodukten das Risiko für Parkinson erhöhen könne, besonders bei Männern. Jedoch seien weitere Studien zur Untersuchung der Befunde und des zugrundeliegenden Mechanismus nötig.[13] Eine japanische Kontrollstudie fand 2011 keinen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Milchprodukten und der Parkinsonkrankheit.[14]

Krebs

Eine Studie (1997) fand einen Zusammenhang zwischen hohem Calciumkonsum und dem Auftreten von Prostatakrebs.[15] Eine Folgestudie zeigte, dass die Männer mit dem höchsten Calciumkonsum (mehr als 2 g pro Tag, dies entspricht etwa 1,7 Litern Milch) einem mehr als doppelt so hohen Risiko ausgesetzt waren, Prostatakrebs zu entwickeln, als die Männer mit dem geringsten Calciumkonsum (weniger als 0,5 g pro Tag). Daher könne man laut der Harvard School of Public Health nicht zuversichtlich sein, dass ein hoher Milch- oder Calciumkonsum empfehlenswert sei.[16] Nur etwa 1 % der Männer der Studie konsumieren mehr als 2 g Calcium pro Tag; bei zwei Studien mit moderateren Dosen wurden keine Effekte auf Prostatakrebs festgestellt. Sonn et al. fanden 2005 im Rahmen einer Übersichtsarbeit unter neun prospektiven Studien fünf, die einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Milchprodukten und dem Prostatakrebsrisiko herstellten. Ungeklärt blieb das Ausmaß, mit dem der Calciumgehalt im Vergleich zum Fettgehalt beim Konsum von Milch und Milchprodukten zum Prostatakrebsrisiko beiträgt.[17] Eine Metaanalyse von 12 Studien von Goa et al kam zu dem Schluss, dass eine hohe Aufnahme von Milchprodukten und Kalzium das Prostatakrebsrisiko leicht erhöht.[18] Einer gemeinsamen Bewertung durch den World Cancer Research Fund und das American Institute for Cancer Research aus dem Jahr 2007 zufolge, senkt Kuhmilch wahrscheinlich das Darmkrebsrisiko. Wegen der Hinweise, dass sehr hohe (≥ 2g) Calciumtagesdosen das Prostatakrebsrisiko möglicherweise erhöhen, sprechen die Autoren jedoch keine krebsrelevanten Empfehlungen bezüglich des Konsums von Kuhmilch aus.[19] Laut Michael de Vrese vom Max Rubner-Institut ist das Prostatakrebsrisiko aus Milchkonsum noch nicht abschließend bewertet.[10]

Milchunverträglichkeiten

Weltweite Verteilung der Laktoseintoleranz[20]

Es existieren eine Reihe von Unverträglichkeiten in Bezug auf das Nahrungsmittel Milch und die daraus hergestellten Produkte. Diese Unverträglichkeiten beruhen entweder darauf, dass Milchbestandteile im Körper nicht hinreichend aufgespalten werden können, zum Beispiel aufgrund von Laktoseintoleranz oder Milcheiweißunverträglichkeit, oder darauf, dass sonstige Inhaltsstoffe der Milch bzw. Milchprodukte nicht vertragen werden. Die Fähigkeit, den in der Milch enthaltenen Milchzucker (Lactose) auch als Erwachsener verdauen zu können, ist eine genetisch recht junge Entwicklung und wird auf 8000 bis 9000 Jahre geschätzt.[21] Zu ihrer Ausbreitung kam es vermutlich zuerst in Nord- und Mitteleuropa, mit oder kurz nach dem dortigen Beginn des Neolithikums.[22] Zur Verdauung der Lactose ist das Enzym Lactase erforderlich, dessen Produktion bei Kleinkindern während der Stillzeit voll ausgeprägt ist, in späteren Jahren aber teilweise oder vollständig zurückgeht. Klinische Versuche haben ergeben, dass ein Teil der Menschen aufgrund dessen bei der Aufnahme von Lactose mit Beschwerden (Durchfall, Blähungen, Völlegefühl, Magendrücken, Aufstoßen, Meteorismus, Koliken, Bauchschmerzen, Darmkrämpfen, Übelkeit bis zum Erbrechen, Migräneattacken, Kreislaufproblemen, Schwächeanfällen) reagieren (Laktoseintoleranz). Wenn diese Symptome bei Konsum von Milchprodukten in normalen Mengen eintreten, kann eine Milchunverträglichkeit vorliegen. Dieser kann durch Nahrungsumstellung oder Einnahme von Lactasetabletten begegnet werden. Etwa 10–15 Prozent aller Erwachsenen in Europa vertragen keine lactosehaltige Milch.

Die größte Konzentration Erwachsener, die Laktose verwerten können, findet sich in Europa nördlich der Alpen. Über 95 Prozent der Norddeutschen, Niederländer, Dänen, Schweden und anderer Skandinavier verfügen über eine körpereigene Laktaseenzymgenese, um ihr ganzes Leben lang Laktose verdauen zu können. Ein Großteil der mittel- und südasiatischen erwachsenen Bevölkerung verträgt im Erwachsenenalter keine Kuhmilch mehr, bei ihnen besteht eine Laktoseintoleranz.

Inzwischen haben sich mehrere Hersteller auf die Produktion von laktosefreier Milch und Milchprodukten spezialisiert.[23] Dazu wird der Milch das Enzym Lactase zugesetzt, die die Laktose in ihre Ausgangszucker Glucose und Galaktose spaltet, die Verdauung also quasi vorwegnimmt.

Keimbelastung

Rohmilch ist weitgehend unbehandelte, lediglich filtrierte Milch, die abhängig von den hygienischen Bedingungen schon ab Euter mit Krankheitserregern belastet sein kann. Beim Verzehr könnten diese auf den Menschen übertragen werden und Infektionskrankheiten wie Salmonellose, Campylobacter-Enteritis, Staphylokokken-Infektionen, Listeriose, Brucellose, Darmtuberkulose (Mycobacterium bovis-Infektion), Brainerd Diarrhoe oder Enterohämorrhagische Colitis auslösen. Zur Minimierung des Infektionsrisikos gelten für die Herstellung und den Verkauf von Rohmilch und Rohmilchprodukten in der Europäischen Union besondere Hygienevorschriften.

Rohmilch bietet keine ernährungsphysiologischen Vorteile gegenüber hitzebehandelter Milch. Mit der Ausnahme des Vorkommens von Staphylokokken-Enterotoxinen lassen sich durch die Anwendung eines anerkannten Hitzebehandlungsverfahrens (→ Pasteurisierung) die mikrobiologischen Gefahren praktisch ausschließen. Lediglich bei Fehlern in der Technik der Wärmebehandlung oder durch anschließende Rekontamination kann auch pasteurisierte Milch einen Auslöser von Infektionen bilden. Dabei handelt es sich allerdings um Unfälle, die in der modernen Molkereitechnologie zur Ausnahme zählen.[24]

Tierarzneimittelrückstände

Milch kann wie alle tierischen Produkte von Rückständen pharmazeutischer Wirkstoffe betroffen sein. Da der Einsatz von Tierarzneimitteln in der Tierhaltung erlaubt und notwendig ist, müssen Wartezeiten eingehalten werden, damit die Tiere den Großteil wieder ausscheiden, bevor ihre Produkte zum Verbraucher gelangen. Zum Schutz des Verbrauchers vor gesundheitlichen Nebenwirkungen (wie das Hervorrufen von Krebs oder Erbgutschädigungen) gelten EU-weite Rückstands-Höchstmengen.[25] Zur Kontrolle werden stichprobenartige Untersuchungen ausgewählter Rückstände vorgenommen. Die wenigen positiven Proben enthielten nicht zugelassene oder überhöhte Mengen von Antibiotika oder Entzündungshemmern. Insgesamt waren aber nur sehr wenige Rückstände enthalten, was für einen bundesweiten rechtskonformen Einsatz von pharmakologisch wirksamen Stoffen spricht.[26]

Allergien

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht in Kuhmilch eines der „wichtigsten Allergie auslösenden Lebensmittel im Kindesalter“ (neben Hühnerei, Fisch, Soja, Weizen und Erdnüssen/Nüssen). Bei Vorliegen einer familiären Neigung (Atopie) könne es in Folge einer Nahrungsmittelallergie zu Neurodermitis, Heuschnupfen und Asthma bronchiale kommen. Unter anderem Kuhmilch stelle auch für Erwachsene ein wichtiges Nahrungsmittelallergen dar. Allergische Reaktionen auf Hühnerei und Kuhmilch verlören sich allerdings häufig in den ersten Lebensjahren. Das Institut empfiehlt, unabhängig von einer möglichen erblichen Disposition, mindestens während der ersten 4-6 Lebensmonate zu stillen und keine Kuhmilch (oder andere Beikost) zu geben.[27]

Weblinks

Commons: Milch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Milch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Milch – Zitate

Einzelnachweise

  1. MILCH, f. lac. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Hirzel, Leipzig 1854–1961 (woerterbuchnetz.de, Universität Trier).
  2. W. Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 8. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, 2005, ISBN 978-3-423-32511-0, S. 871.
  3. Dokumentation einer imeter/OViD-Messung an Milch (I)
  4. Artikel auf www.baecker.org zum Thema Milch, (nachgesehen am 27. Aug. 2009)
  5. Schweizer Milchproduzenten, Newsletter „Maillaiter“: Artikel Trinkmilch, Sept. 2006
  6. Eberhard, P.; Bütikofer, U.; Sieber, R.: Vitamine in gelagerter hocherhitzter Milch. Publikation der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP (Schweizerische Bundesbehörden)
  7. Schweizer Milchproduzenten, Swissmilk.ch: Fragen und Produkteinformationen / wie gross sind die Vitaminverluste?.
  8. Schweizer Milchproduzenten (Hrsg.): Schweizer Milchwirtschaft in Zahlen. Bern Dezember 2010 (pdf [abgerufen am 17. Dezember 2010]).
  9. Kanis JA, Johansson H, Oden A, De Laet C, Johnell O, Eisman JA, Mc Closkey E, Mellstrom D, Pols H, Reeve J, Silman A, Tenenhouse A.: A meta-analysis of milk intake and fracture risk: low utility for case finding. In: Osteoporos Int. 2005 Jul;16(7):799-804. Epub 2004 Oct 21. PMID 15502959.
  10. 10,0 10,1 NDR, Plusminus: Mythos Milch. 25. April 2006
  11. American Journal of Clinical Nutrition, Vol. 85, No. 3, 678-687, März 2007
  12. H. Chen, S. M. Zhang, M. A. Hernán, W. C. Willett, A. Ascherio: Diet and Parkinson's disease: A potential role of dairy products in men In: Annals of Neurology, Volume 52, Issue 6, 12/2002m S. 793–801. PMID 12447934.
  13. H. Chen, E. O'Reilly, M. L. McCullough, C. Rodriguez, M. A. Schwarzschild, E. E. Calle, M. J. Thun, A. Ascherio: Consumption of dairy products and risk of Parkinson's disease. In: Am J Epidemiol. 2007 May 1;165(9):998-1006. Epub 2007 Jan 31. PMID 17272289. PDF-Volltext
  14. Miyake Y, Tanaka K, Fukushima W, Sasaki S, Kiyohara C, Tsuboi Y, Yamada T, Oeda T, Miki T, Kawamura N, Sakae N, Fukuyama H, Hirota Y, Nagai M; Fukuoka Kinki Parkinson's Disease Study Group: Lack of association of dairy food, calcium, and vitamin D intake with the risk of Parkinson’s disease: A case-control study in Japan In: Parkinsonism & Related Disorders, Volume 17, Issue 2, Februar 2011, S. 112–116. doi:10.1016/j.parkreldis.2010.11.018. PMID 21169048.
  15. Edward Giovannucci, Eric B. Rimm, Alicja Wolk, et al. Calcium and Fructose Intake in Relation to Risk of Prostate Cancer. Cancer Research, Vol. 58, 1997, S.442.
  16. The Nutrition Source. Calcium and Milk: What's Best for Your Bones and Health?
  17. G.A. Sonn, W. Aronson, M.S. Litwin: Impact of diet on prostate cancer: a review. In: Prostate Cancer and Prostatic Diseases. 2005;8(4), S. 304–310. PMID 16130015. Volltext
  18. Xiang Gao, Michael P. LaValley and Katherine L. Tucker: Prospective Studies of Dairy Product and Calcium Intakes and Prostate Cancer Risk: A Meta-Analysis. JNCI J Natl Cancer Inst (7 December 2005) 97,1768-1777
  19. World Cancer Research Fund, American Institute of Cancer Research (2007): Food, Nutrition, Physical Activity and the Prevention of Cancer: a Global Perspective, S. 382.
  20. Verein für Laktoseintoleranz/Die Zeit
  21. E.J. Hollox et al, Lactase Haplotype Diversity in the Old World. American Journal of Human Genetics 68, 2001, 161
  22. Janina Duerr", Milchnutzung in der Alten Welt – Eine Archäozoologische und Kulturhistorische Untersuchung, Archäologische Informationen 29, 2006, 221-222
  23. Laktosefreie Milchprodukte bei Laktonaut.de
  24. Marcus Specker: Untersuchungen zum Vorkommen von Listerien, Salmonellen, Campylobacter und Staphylokokken in Rohmilch im Land Brandenburg, Dissertation, Berlin 1996; S. 80–83.
  25. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Pharmakologisch wirksame Stoffe
  26. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Jahresbericht 2007 zum Nationalen Rückstandskontrollplan
  27. Bundesinstitut für Risikobewertung: Allergien in Deutschland, Presseinformation vom 15. August 2006.

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