Ohnhorn
Ohnhorn | ||||||||||||
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Ohnhorn (Aceras anthropophorum) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Aceras anthropophorum | ||||||||||||
(L.) W.T. Aiton |
Das Ohnhorn (Aceras anthropophorum Syn.: Orchis anthropophora) ist die einzige Art der monotypischen Gattung Aceras. Sie zählt zu den submediterranen Vertretern der Familie der Orchideen (Orchidaceae) in der Flora Mitteleuropas. Es gehört zu den unscheinbareren heimischen Orchideenarten. In den letzten Jahren wurde in Mitteleuropa eine gewisse Ausbreitung dieser Pflanzenart beobachtet.
Name
Die botanische Gattungsbezeichnung Aceras setzt sich aus der griechischen Vorsilbe α- a- = ohne und κέρας keras = Horn zusammen. Das Art-Epitheton anthropophorum besteht aus den griechischen Wörtern άνθρωπος anthropos = Mensch, Mann und φερείν pherein = tragen.
Der deutsche Name Ohnhorn ist die wörtliche Übersetzung des botanischen Namens. Ebenfalls sehr gebräuchlich ist die Bezeichnung Ohnsporn, die Bezug auf den fehlenden Sporn nimmt. Auf die „menschenähnliche“ Blütengestalt spielen die Namen Hängender Mensch, Puppenorchis und Fratzenorchis an. Im italienischen Sprachgebrauch trägt die Pflanze den schönen Namen „Ballerina“.
Beschreibung
Habitus und Blätter
Das Ohnhorn ist ein ausdauernder Knollengeophyt, der durchschnittliche Wuchshöhen von 20 bis 40 Zentimeter erreicht. Die Pflanze bildet relativ kleine, rundlich-eiförmige Knollen als Überdauerungsorgane aus. Zum Ende der Blütezeit bildet sich aus einer Tochterknolle ein neuer Spross, aus dem schon im Herbst der Blattaustrieb erfolgt. Die Pflanze überdauert den Winter mit grünen Blättern; dieses Merkmal deutet auf ihre mediterrane Herkunft hin (hohe Winterniederschläge in Verbindung mit wenig Frost sind für die Pflanze günstige Wachstumsbedingungen).
Es ist eine zierliche Pflanze mit verhältnismäßig vielen (etwa vier bis neun) glänzenden, lebhaft grünen und länglich-lanzettlich geformten Laubblättern. Sie sind im unteren Teil des Stängels rosettig genähert, während sie den oberen Stängel scheidig umfassen.
Blütenstand und Blüten
Der hohe, filigrane Blütenstand enthält bis über 100 Blüten. Die Blütengröße beträgt 12 bis 14 Millimeter. Die eiförmigen, rotgerandeten Kelchblätter (Sepalen) und die etwas kürzeren lanzettlichen Kronblätter (Petalen) bilden einen halbkugeligen Helm. Das Labellum (Lippe) ist spornlos, 12 bis 15 Millimeter lang, hängend, grünlich/ockergelb bis bräunlich/orangerot. Die beiden Zipfel des Mittellappens sind noch etwas länger als die Seitenlappen. Am Grund der Lippe sind zwei typische Schwielen. Die Klebescheiben der Pollinien sind verschmolzen.
Die Blütezeit des Ohnhorn erstreckt sich von Anfang Mai bis Ende Juni. Danach ist die Pflanze, inklusive Blättern, schnell hinfällig.
Das Ohnhorn ist eine der wenigen mitteleuropäischen Orchideen, die von Käfern und kleinen Schnellkäfern besucht und bestäubt werden. Die spornlose Blüte ermöglicht es den Käfern mit ihren kurzen Mundwerkzeugen an den Nektar zu gelangen.
Genetik und Entwicklung
Das Ohnhorn hat einen Karyotyp von zwei Chromosomensätzen und jeweils 21 Chromosomen (Zytologie: 2n = 42).
Der Same dieser Orchidee enthält keinerlei Nährgewebe für den Keimling. Die Keimung erfolgt daher nur bei Infektion durch einen Wurzelpilz (Mykorrhiza). Die Dauer von der Keimung bis zur Entwicklung der blühfähigen Pflanze konnte noch nicht hinreichend bestimmt werden.
Ökologie
Das Ohnhorn liebt sonnige Hügel, kurzgrasige Magerrasen und lichtes Gebüsch auf trockenen bis mäßig frischen Böden. Diese Pflanzenart ist kalkstet und für unsere Verhältnisse äußerst thermophil. Daher beschränkt sich das Vorkommen auf besonders wärmebegünstigte Stellen.
Es findet sich in den Pflanzengesellschaften
- Verband Mesobromion
- Verband Geranion sanguinei
(Aufschlüsselung siehe: Pflanzensoziologische Einheiten nach Oberdorfer)
Verbreitung
Das mediterrane, submediterrane, atlantische Verbreitungsareal des Ohnhorn erstreckt sich von Nordafrika, Spanien, Balearen über den gesamten Mittelmeerraum, einschließlich der Inseln bis zum Libanon. In Mitteleuropa sind Vorkommen in Frankreich bis Südengland und den Alpenländer, jedoch nicht in Hochgebirgszonen.
Nach dem Orchideenkundler Karl-Peter Buttler ist es ein Florenelement der mediterranen, zentral- und westsubmediterranen, süd- und mittelatlantischen, südsubatlantischen Florenzone.
In Deutschland finden sich zerstreute Verbreitungsgebiete in Baden-Württemberg (vor allem am Oberrhein), Rheinland-Pfalz (vor allem an der Mosel und in der Eifel), im Saarland und sehr selten in Nordrhein-Westfalen (äußerster Südwesten), Hessen (Nordosten; Bergstraße), Südniedersachsen, Bayern (Region Maintal, Rhön), isolierte Fundorte in Thüringen und Sachsen-Anhalt.
In Österreich....
In der Schweiz....
Durch die milden Winter der letzten Jahre wird bei dieser Art eine Ausbreitung in vormals zu kalte Gebiete beobachtet.
Naturschutz und Gefährdung
Wie alle in Europa vorkommenden Orchideenarten steht auch das Ohnhorn unter strengem Schutz europäischer und nationaler Gesetze.
- Rote Liste Deutschland: 3
- Rote Liste Bundesländer: Baden-Württemberg:2, Bayern:1, Hessen:3, Nordrhein-Westfalen:3, Rheinland-Pfalz:2, Saarland:3, Sachsen-Anhalt:1, Thüringen:1.
- In den übrigen Bundesländern nicht vorkommend bzw. angesalbt (Niedersachsen).
- Rote Liste Schweiz: VU (Vulnerable – verletzlich)
- Rote Liste Österreich: keine Angabe verfügbar.
Die Bestandsentwicklung in Deutschland ist leicht zunehmend. Den Verlusten durch Standortvernichtung stehen einige Neufunde gegenüber.
Systematik
Der aktuell gültige Gattungsname Aceras R.Br. wurde im Jahr 1813 von Robert Brown aufgestellt. Der botanisch gültige Artname lautet Aceras anthropophorum (L.) W.T. Aiton 1814.
In einer Revision der Orchideenarten durch Bateman 1997 auf der Basis von genetischen Merkmalen wird das Ohnhorn gemeinsam mit einigen weiteren Arten in die Gattung Knabenkräuter (Orchis) (Orchis) als Orchis anthropophora eingeordnet. Dieser Name wird heute teilweise bereits als gültiger neuer Name benutzt (Kew-Garden), hat sich jedoch bislang nicht vollständig durchgesetzt und ist auch bei Experten nicht ganz unumstritten (siehe Anmerkungen bei Orchis ustulata).
Neben dem Erstbeschreibungsnamen Ophrys anthropophora L. 1753, dem Basionym, gibt es einige Synonyme, die durch Neubeschreibungen entstanden sind:
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Unterarten, Varietäten, Hybriden
×Orchiaceras bivonae | ×Orchiaceras spurium |
Vom Ohnhorn sind weder Unterarten noch Varietäten bekannt, wenn man auf die Namen zu nomenklatorisch irrelevanten Blütenfärbungen verzichtet.
Die Art ist sehr nah verwandt zum Orchis militaris - Formenkreis und hybridisiert mit dessen Arten: Helm-Knabenkraut (Orchis militaris), Italienisches Knabenkraut (Orchis italica), Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea) und dem Affen-Knabenkraut (Orchis simia).
- ×Orchiaceras bergonii (DeNant.) Cam. 1892 (Aceras anthropophorum × Orchis simia)
- ×Orchiaceras bivonae Soó 1940 (Aceras anthropophorum × Orchis italica)
- ×Orchiaceras melsheimeri Rouy 1912 (Aceras anthropophorum × Orchis purpurea)
- ×Orchiaceras spurium (Reichb. f.) Cam. 1892 (Aceras anthropophorum × Orchis militaris)
Bildergalerie
Literatur
- Standardliteratur über Orchideen
- AHO (Hrsg.): Die Orchideen Deutschlands. Verlag AHO Thüringen Uhlstädt – Kirchhasel, 2005, ISBN 3-0001-4853-1.
- H. Baumann, S. Künkele:Die wildwachsenden Orchideen Europas. Frankh, 1982, ISBN 3-4400-5068-8.
- Karl-Peter Buttler: Orchideen, die wildwachsenden Arten und Unterarten Europas, Vorderasiens und Nordafrikas. Mosaik Verlag 1986, ISBN 3-5700-4403-3.
- Robert L. Dressler: Die Orchideen - Biologie und Systematik der Orchidaceae. (1996) – gutes Werk zum Thema Systematik [deutsch]
- Hans Sundermann: Europäische und mediterrane Orchideen. Brücke-Verlag, 2. Auflage: 1975, ISBN 3-8710-5010-5.
- J. G. Williams: Orchideen Europas mit Nordafrika und Kleinasien. BLV Verlag, ISBN 3-4051-1901-4.
- Spezielle Literatur zum Ohnhorn
- Blachnik - T. Göller (1991): Aceras anthropophorum – Erstfunde für Bayern. – Ber. Bayer. Bot. Ges.62: 263-266.
- E. Klein (1989): Die intragenerischen Hybriden der Gattung Orchis sowie deren intergenerischen Hybriden mit den Gattungen Anacamptis, Aceras und Serapias. - Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 6 (1): 12-24.
- H. Schlagowski (1970): Aceras anthropophorum (L.) AITON fil. und deren Bastarde. - Mitt. Bl. Arbeitskr. Heim. Orch. Baden-Württemberg 2 (6): 81-88.
- N. Schlaich (1984): Ein bemerkenswerter Wiederfund nach 45 Jahren von Aceras anthropophorum (L.) W.T. AITON an der nördlichen Bergstraße. - Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 1 (1): 93.
- Spezielle Literatur
- R.M. Bateman, A.M. Pridgeon, & M.W. Chase (1997): Phylogenetics of subtribe Orchidinae (Orchidoideae, Orchidaceae) based on nuclear ITS sequences. 2. Infrageneric relationships and reclassification to achieve monophyly of Orchis sensu stricto, Lindleyana 12: 113-141
- R.M. Bateman, P.M. Hollingsworth, J. Preston, Y.-B. Luo, A.M. Pridgeon, & M.W. Chase (2003): Molecular phylogenetics and evolution of Orchidinae and selected Habenariinae (Orchidaceae), Bot. J. Linn. Soc. 142:1-40, 2003.
Weblinks
- Ohnhorn. FloraWeb.de
- Verbreitungskarten
- Regionales
- Die Orchideen der Rhön: Orchis anthropophora, Ohnsporn
- AHO Bayern: Aceras anthropophorum
- Ruhr-Universität Bochum: Aceras anthropophorum
- orchis.de: Aceras anthropophorum
- AGEO Schweiz: Aceras anthropophorum
- Die Orchideen Deutschlands: Orchis anthropophora
- Natur Lexikon: Aceras anthropophorum
- Verbreitungskarte D bei FloraWeb
- Formentera (Balearen): Aceras anthropophorum
- siehe auch