Ototoxizität
Ototoxizität bezeichnet in der Medizin und Pharmakologie die (zumeist unerwünschte) zerstörerische Wirkung von Substanzen auf das Innenohr, insbesondere die Sinneszellen des Hör- und Gleichgewichtsorganes, oder den zugehörigen Hirnnerven (Nervus vestibulocochlearis). Wörtlich übersetzt heißt es "Ohrgiftigkeit".
Mechanismus
Zumeist kommt es durch solche Stoffe zu einer direkt giftigen Wirkung auf die Zellen des Sinnesepithels. Da es sich dabei letztlich um Nervenzellen handelt, ist die Zerstörung meist endgültig und führt zu Schwerhörigkeit oder Taubheit und Gleichgewichtsstörungen.
Ototoxine
Ototoxische Medikamente sind manche Antibiotika (Aminoglykoside), Zytostatika (Cisplatin), Diuretika (Furosemid), Chinin (u. a. Inhaltsstoff in "Bitter Lemon" und "Tonic Water"), Salicylate (Acetylsalicylsäure), Protonenpumpeninhibitoren (Omeprazol) und GHB (4-Hydroxybutansäure)
Weitere ototoxische Chemikalien sind Lösungsmittel (Alkylbenzole, Xylol, Styrol, Toluol, n-Heptan, n-Hexan, Tri- und Tetrachlorethen), Blei, Cadmium, Quecksilber, Arsen, Schwefelkohlenstoff, Kohlenmonoxid, Zyanide[1], GBL (Gamma- Butyrolacton)
Medizinische Anwendung
Als palliative Maßnahme beim Morbus Menière kann im Einzelfall eine Verödung des Innenohres durch Einbringen von Gentamicin sinnvoll sein. Dadurch wird das bereits schwer funktionsgestörte Innenohr ausgeschaltet.
Gefährdung am Arbeitsplatz
In vielen Berufen ist die Arbeit mit chemischen Substanzen notwendig, die als Ototoxine bezeichnet werden. Aufgrund der fehlenden hinreichenden Informationen über das Risikopotenzial vieler dieser Stoffe gibt es kaum Maßnahmen zum Schutz von Arbeitnehmern. Experten warnen allerdings vor der Kombination von Ototoxinen und der Lärmbelastung am Arbeitsplatz (Baugewerbe, Druckindustrie, Lackierereien, Schiffbau, Landwirtschaft, Bergbau, etc.), da dadurch das Risiko für Hörschäden verstärkt wird.
Literatur
- Aminoglykosidtoxizität - Pathomechanismen, Klinik und Präventionsmöglichkeiten; J. Lautermann, J. Schacht, K. Jahnke; HNO 2003, 51: 344-352
Einzelnachweise
- ↑ E. Lehnhardt: Die Berufsschäden des Ohres. Archiv Ohren-, Nasen- und Kehlkopfheilk. 185, 11-242 (Kongressbericht 1965).