Otto Hebold


Otto Hebold (* 24. Januar 1896 in Berlin; † 4. Januar 1975 in Bautzen) war ein deutscher Psychiater und zur Zeit des Nationalsozialismus als T4-Gutachter an Euthanasieverbrechen beteiligt.

Leben

Hebold, Sohn eines Direktors der Städtischen Heil- und Pflegeanstalt Berlin-Wuhlgarten, wurde noch vor Beendigung seiner gymnasialen Schullaufbahn während des Ersten Weltkrieges 1915 zum Kriegsdienst einberufen. Nach Kriegsende wurde Hebold dennoch das Abitur zuerkannt. Hebold studierte an der Universität Berlin Medizin, was er aus wirtschaftlichen Gründen zwischenzeitlich unterbrach. Nachdem er das Studium 1926 mit dem Staatsexamen abgeschlossen hatte, erhielt er 1927 die ärztliche Approbation.[1] Hebold promovierte 1928 an der Universität Rostock mit der Dissertation: Über die Ergebnisse der Röntgenbehandlung bei Knochen- und Gelenktuberkulose von der Chirurgischen Universitätsklinik zu Rostock (1919–1924) zum Dr. med.[2] Danach war er als Mediziner in Wolfenbüttel und an den Brandenburgischen Heil- und Pflegeanstalten Eberswalde und Teupitz beschäftigt.[1]

Zeit des Nationalsozialismus

Hebold trat im April 1933 der NSDAP bei. Im Herbst 1933 wurde er Mitglied der SA und war dort Sanitätssturmführer. Hebold wurde 1936 in der Anstalt Eberswalde zum Oberarzt befördert und dort an der Durchführung von Zwangssterilisationen beteiligt. Ab Januar 1940 war er als Arzt in dem Reservelazarett Berlin-Buch tätig, das der Klinik des Kaiser-Wilhelm-Instituts angegliedert war.[3]

Im April 1940 wurde er durch die „Reichsarbeitsgemeinschaft für Heil- und Pflegeanstalten“ als T4-Gutachter angeworben und war vom 8. Mai 1940 bis April 1943 T4-Gutachter und Selektionsarzt der Zentraldienststelle-T4. Hebold war ab 1943 stellvertretender Direktor in der Anstalt Eberswalde und ab April 1944 im Lazarett Brandenburg-Görden tätig.[3]

Nach Kriegsende

Nach Kriegsende war Hebold als praktischer Arzt in der DDR tätig. Er wurde 1946 Mitglied des FDGB und 1951 der NDPD.[4] Ab Mai 1954 leitete Hebold das Landambulatorium in Falkenberg (Bezirk Cottbus) und wurde 1962 zum Sanitätsrat ernannt.[1] Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens bezüglich Dietrich Allers, dem ehemaligen Geschäftsführer der „Euthanasie“-Zentrale T4, wurde Hebold 1948 in Magdeburg vernommen. Hebold selbst geriet jedoch zunächst nicht in das Visier der Ermittlungen. Im Zuge westdeutscher Verfahren wurden auch Hinweise auf Hebolds Beteiligung an den Euthanasieverbrechen offenkundig, die am 8. Februar 1964 durch ein Rechtshilfegesuch der hessischen Staatsanwaltschaft bestätigt wurden. Nachdem gegen Hebold ermittelt worden war (MfS, Hauptabteilung V/I - Deckname Teufel[4]), erfolgte am 24. März 1964 seine Festnahme und anschließende Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Bezirksgericht Cottbus.[5] Der Verfahrensgegenstand beinhaltete die Mitwirkung an der Aktion T4 durch die Begutachtung von etwa übersandten 6.000 Meldebögen und weiterer 25.000 Patienten von Heil- und Pflegeanstalten im Reichsgebiet. Des Weiteren wurde Hebold die Teilnahme an Vergasungen in den Tötungsanstalten Bernburg sowie Sonnenstein vorgeworfen. Zudem war seine Teilnahme an der Selektion von „geisteskranken“ Häftlingen im KZ Sachsenhausen im Rahmen der Aktion 14f13 Verfahrensgegenstand. Weiterhin war Hebold aufgrund seiner Tätigkeit als Vollstreckungsarzt bei der Hinrichtung von Widerstandskämpfern im Zuchthaus Brandenburg angeklagt. Aufgrund dieser Verbrechen wurde Hebold am 12. Juli 1965 zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt.[6] Hebold war im Zuchthaus Bautzen inhaftiert,[7] wo er Anfang Januar 1975 im Haftkrankenhaus verstarb.[1]

Literatur

  • Frank Hirschinger: „Zur Ausmerzung freigegeben“. Halle und die Landesheilanstalt Altscherbitz 1933-1945. Böhlau, Köln 2001, ISBN 3-412-06901-9.
  • Joachim Stephan Hohmann, Günther Wieland: MfS-Operativvorgang „Teufel“. Euthanasie-Arzt Otto Hebold vor Gericht. Metropol Verlag, Berlin 1996, ISBN 3926893079.
  • Ute Hoffmann, Dietmar Schulze: „ …wird heute in eine andere Anstalt verlegt“. Nationalsozialistische Zwangssterilisation und „Euthanasie“ in der Landes-Heil- und Pflegeanstalt Bernburg. Eine Dokumentation, Dessau 1997 (pdf)
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 3-596-16048-0.
  • Ernst Klee: „Euthanasie“ im NS-Staat. Die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“; Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 1983; ISBN 3-10-039303-1.
  • Ernst Klee: Was sie taten – Was sie wurden. Ärzte, Juristen und andere Beteiligte am Kranken- oder Judenmord . 12 Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-596-24364-5.
  • Henry Leide: NS-Verbrecher und Staatssicherheit – Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-35018-X.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Ute Hoffmann, Dietmar Schulze: „… wird heute in eine andere Anstalt verlegt“, Dessau 1997, S. 78f.
  2. Siehe Eintrag bei der Deutschen Nationalbibliothek.
  3. 3,0 3,1 Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945., Frankfurt am Main 2007, S. 234f.
  4. 4,0 4,1 Frank Hirschinger: „Zur Ausmerzung freigegeben“. Halle und die Landesheilanstalt Altscherbitz 1933-1945, Köln 2001, S. 226
  5. Henry Leide: NS-Verbrecher und Staatssicherheit, Göttingen 2005, S. 337f.
  6. NS- und Justizverbrechen (Az.: 1Bs13/65 IA39/64 - Verfahren Otto Haubold)
  7. Giftwolken – dort wäre die Hölle los. In: Der Spiegel. Nr. 25, 1978, S. 152 (online).