Pankreaslipase


Pankreaslipase

Vorhandene Strukturdaten: 1gpl, 1lpa, 1lpb, 1n8s
Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 449 Aminosäuren
Kofaktor Colipase
Bezeichner
Gen-Name PNLIP
Externe IDs OMIM: 246600 UniProtP16233 CAS-Nummer: 9001-62-1
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.1.1.3  Lipasen
Reaktionsart Hydrolyse (hydrolytische Esterspaltung)
Substrat Tri-/Diacylglycerin + H2O
Produkte Di-/Monoacylglycerin + Fettsäure

Die Pankreaslipase (Lipase, PL) ist eins von zwei Enzymen, die im Dünndarm von Säugetieren die mit der Nahrung aufgenommenen Fette (Triglyceride) spaltet. Diese Reaktion ist unentbehrlich bei der Fettverdauung; so sind bereits etwa 80 Prozent der Triglyceride aus der Nahrung gespalten, wenn sie den mittleren Zwölffingerdarm erreichen. Die PL gehört zu den Lipasen und wird im Pankreas produziert. Für die Funktion ist das Kofaktor-Protein Colipase erforderlich.[1]

Pankreaslipase ist außerdem verantwortlich für die Hydrolyse von Retinylestern zu Retinol und Fettsäuren, womit ein Teil der Vitamin A-Aufnahme über die Nahrung ermöglicht wird (Vitamin A wird auch als Provitamin oder als Retinol direkt zugeführt und aufgenommen).[2]

Pankreaslipase ist Target bei der medikamentösen Bekämpfung des Übergewichts. Seit 1998 wird der PL-Hemmer Orlistat mit dieser Indikation vermarktet.

Anwendungen in der Medizin

Lipase kommt in der Enzymsubstitutionstherapie bei eingeschränkter Funktion der Bauchspeicheldrüse (Pankreas-Insuffizienz) eine zentrale Bedeutung zu. Insbesondere bei der Mukoviszidose ist die Gabe von Enzympräparaten mit Pankreas-Pulver vom Schwein, die auf einen bestimmten Lipasegehalt normiert werden, Therapiestandard. Diese Arzneimittel werden zum Schutz der enthaltenen Enzyme mit magensaftresistenten Überzügen angeboten. In einigen Fällen kommt auch Lipase aus nicht-tierischen Quellen (Rhizolipase aus dem Schimmelpilz Rhizopus oryzae, Handelsname: Nortase) zum Einsatz, die sich durch eine natürliche Stabilität gegenüber der menschlichen Magensäure auszeichnet.

Labordiagnostik

In der Labordiagnostik wird die Aktivität der Lipase aus Heparin-Plasma oder Blutserum bei der Abklärung von Oberbauchschmerzen, speziell zur Diagnose einer akuten Pankreatitis gemessen.

Referenzbereich für Messungen bei 37 °C (Farbtest): Serum, Plasma <60 U/l

Bei einer akuten Pankreatitis steigt die Lipase an und liegt bereits 5 Stunden nach Einsetzen der Schmerzen über dem Referenzbereich von 60 U/l. In den meisten Fällen steigt der Wert über 180 U/l an und bleibt 3-6 Tage erhöht.

Allgemein ist die Methode der Lipase-Bestimmung weniger gut standardisiert und anfälliger auf Störfaktoren als die Pankreas-Amylase. Deshalb wird bei Verdacht auf akute Pankreatitis vor allem die Pankreas-Amylase bestimmt. Die Lipase als Ergänzung ist dann sinnvoll, wenn aus technischen Gründen nur die Gesamt-Amylase gemessen werden kann oder wenn der Patient mit Plasmaexpandern (Hydroxyäthylstärke oder Dextran 70) behandelt wurde.[3]

Die Lipase wird in der Niere glomerulär filtriert, dann aber nicht ausgeschieden sondern rückresorbiert und abgebaut. Sie erscheint deshalb nicht im Urin, ist aber trotzdem bei Niereninsuffizienz erhöht.

Bei der endoskopischen Untersuchung des Pankreas (ERCP = Endoskopisch Retrograde Cholangiopankreatikographie) steigt die Lipase sofort an, erreicht nach sechs Stunden Werte von bis zu 720 U/l und bleibt bis zu 3 Tage über dem Referenzbereich von 60 U/l.

Eine weitere Ursache für die Erhöhung der Lipase ohne Krankheitswert kann das Gullo-Syndrom sein.

Reaktionsmechanismus

Die Lipase besitzt in ihrem aktiven Zentrum eine katalytische Triade aus den Aminosäuren Asparaginsäure, Histidin und Serin. Die Asparaginsäure entzieht dem Histidin ein Proton und aktiviert dieses damit. Das katalytisch aktive Histidin zieht vom Serin wiederum ein Proton ab, wodurch die Nucleophilie des Serinrestes ansteigt. Dieser kann nun an dem Carbonylkohlenstoff eines Substratesters angreifen, der bereits im aktiven Zentrum lokalisiert ist. Es bildet sich ein tetraedrisches Zwischenprodukt, aus dem ein Acyl-Enzym-Komplex entsteht. Durch Deacetylierung in einem Hydrolyseschritt wird das Produkt Fettsäure und das ursprüngliche Enzym frei.

Siehe auch

  • PLI-Test

Literatur

  • Birgid Neumeister, Ingo Besenthal, Hartmut Liebich (Hrsg.): Klinikleitfaden Labordiagnostik. 3. Auflage. Urban & Fischer, München u. a. 2003, ISBN 3-437-22231-7.
  • Lothar Thomas (Hrsg.): Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Auflage. TH-Books, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-9805215-5-9.

Einzelnachweise

  1. UniProt P16233
  2. A. M. van Bennekum, E. A. Fisher, W. S. Blaner, E. H. Harrison: Hydrolysis of retinyl esters by pancreatic triglyceride lipase. In: Biochemistry. Band 39. Jahrgang, Nr. 16, April 2000, S. 4900–4906, PMID 10769148.
  3. Ross C. Smith, James Southwell-Keely, Douglas Chesher: Should serum pancreatic lipase replace serum amylase as a biomarker of acute pancreatitis? In: ANZ Journal of Surgery. Band 75. Jahrgang, Nr. 6, Juni 2005, S. 399–404, doi:10.1111/j.1445-2197.2005.03391.x, PMID 15943725.

Weblinks