Pferdegangart


Gangarten im Vergleich (animierte Grafiken)
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Schritt (Schritt, Animation aus Fotos von E. Muybridge)
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Trab
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Galopp (Rechtsgalopp)

Beim Pferd werden charakteristische Gangarten (kurz: Gänge, selten auch Allüren) unterschieden.

Grundgangarten

Die meisten Pferderassen haben nur die drei Grundgangarten. Dies ist auf Züchtung zurückzuführen, um leichter reitbare Pferde zu erhalten, denn jede Gangart erfordert einen anderen Bewegungsablauf des Reiters, der erlernt werden muss.

Schritt

Der Schritt ist eine ruhige Viertaktgangart ohne Schwebephase, bei der das Pferd die Hufe „diagonal-lateral“[1], also z.B. in der Reihenfolge links vorne – rechts hinten – rechts vorne – links hinten setzt, wobei die Bewegungen sich ein wenig „überlappen“. Als fehlerhaft gilt ein passartiger Gang (in der deutschen bzw. klassischen Reitlehre – es gibt freilich Pferderassen von Passgängern, etwa beim Isländer den Rennpass). Man unterscheidet Mittelschritt, versammelten und starken Schritt. Die beiden letzteren werden erst nach der Grundausbildung des Pferdes verlangt. Beim starken Schritt mit mehr Raumgriff tritt der Hinterhuf deutlich über den Abdruck des Vorderhufs hinaus, man spricht auch von Rahmenerweiterung, bei der die Schrittfrequenz nicht eiliger, aber die Schritte ausgreifender und die Nickbewegung des Pferdekopfs deutlicher werden. Beim versammelten Schritt soll das Pferd vermehrt Last mit der Hinterhand aufnehmen und dadurch kürzere und erhabenere Schritte zeigen, sich also versammeln. Es reicht nicht, wenn lediglich der Schritt verlangsamt und verkürzt wird (Pass-Gefahr; siehe auch weiter unten: Pass). Starker und versammelter Schritt werden erst in fortgeschrittenen und höheren Dressuraufgaben verlangt. Der Schritt ist die Gangart, bei der am wenigsten durch Ausbildung und Training verbessert werden kann.

Ist schon die „Schrittarbeit […] überhaupt das Schwerste in der Reiterei“[2], so gilt das insbesondere für den versammelten Schritt: „Die Versammlung im Schritt herbeizuführen, ist zweifellos eine der allerschwierigsten Aufgaben für den Reiter.“[3] Wenn der Reiter durch eine übertriebene Hilfengebung des Pferdes, wie z. B. zu starke Einwirkung mit den Zügeln, das Tier in seinem natürlichen Bewegungsablauf stört und es sich dadurch verspannt, kann es sein, dass aus Schritt Pass wird oder dass andere Taktfehler, Fehler im Raumgriff und in der Losgelassenheit des Pferdes auftreten.

Zu Beginn jeder Trainingseinheit sollte das Pferd „10 bis 15 Minuten im Schritt am langen Zügel gehen“, was zur Entspannung und zum Erwärmen der Muskeln und Gelenke dient. Auch während des Trainings dienen Schrittpausen am langen oder hingegebenen Zügel zwischen den Trab- und Galoppreprisen der „psychischen und physischen Entspannung“ des Pferdes.[4]

Siehe auch: Spanischer Schritt

Trab

Der Trab ist eine schnelle Zweitaktgangart, bei der jeweils das diagonale Beinpaar gemeinsam vorgeschwungen wird. Zwischen den beiden Bodenberührungen gibt es dabei eine kurze Schwebephase. Die Einhaltung der Gangart ist wichtig im Trabrennen; bei Nicht-Einhaltung erfolgt Disqualifikation.

Man unterscheidet beim Dressurreiten versammelten Trab, Arbeitstrab, Mitteltrab und starken Trab. Übungen aus der hohen Schule sind ein Trab nahezu auf der Stelle, als Piaffe bezeichnet, und ein Trab mit einer verlängerten Schwebephase und akzentuierter gehobenen Beinen als Passage.

Jog

Im Westernreiten nennt man einen sehr langsamen, mit kurzen Schritten ohne Schwebephase ausgeübten, ausdauernd zu reitenden Trab den Jog. Dieser ist im praktischen Westernreiten besonders wichtig, da er optimal dem Tempo einer getriebenen Rinderherde entspricht.

Siehe auch: Passage, Piaffe

Galopp

Schwebephase bei einem galoppierenden Rennpferd

Der Galopp ist eine schnelle Dreitaktgangart, für den Rechtsgalopp ist die Bewegungsfolge links hinten – rechts hinten mit links vorne – rechts vorne, dann ausgeprägte Schwebephase. Er kann auch spiegelbildlich als Linksgalopp geritten werden.

Der Galopp kann als eine Abfolge von Sprüngen aufgefasst werden. Diese lange nicht gesicherte Erkenntnis wurde, durch eine Wette animiert, erstmals 1878 durch den Fotografen Eadweard Muybridge mit dem Zoopraxiskop fotografisch festgehalten. Bei der von ihm entwickelten Aufnahmetechnik löste ein galoppierendes Pferd durch Reißleinen kurz hintereinander versetzte Kameras aus, die die verschiedenen Phasen des Galopps als Einzelbilder festhalten konnten.

Nach neuesten Messungen ist der Galopp eigentlich eine Viertaktgangart, da rechts hinten und links vorne in der Bewegungsfolge nicht exakt gleichzeitig gesetzt werden. Je schneller der Galopp geritten wird, umso größer ist der zeitliche Unterschied zwischen links hinten und rechts vorne. Der Unterschied ist allerdings so gering, dass er für den Reiter unbedeutend ist. Es gibt jedoch zwei Fälle, in denen der Viertakt deutlich sichtbar wird: Beim sehr schnellen Renngalopp sowie beim extrem langsamen Galopp. Letzterer ist je nach Reitweise erwünscht oder verpönt.

Eine besondere Variante des Galopps ist der Rückwärtsgalopp, bei dem das Pferd die gleiche Bewegungsabfolge ausführt, jedoch die Beine nach hinten setzt. Er kann nur andressiert werden. Auch der Galoppwechsel a tempo kann als eine Abwandlung des Normalgalopps angesehen werden. Hierbei wechselt das Pferd bei jedem Galoppsprung die Galoppart vom Links- zum Rechtsgalopp und zurück. Als Karriere oder Carrière wird ein spezieller Galoppsprung bezeichnet: Dabei stößt sich das Pferd mit beiden Hinterbeinen gleichzeitig ab und springt nach vorne. Das ist beispielsweise bei Rennpferden beim Start zu beobachten oder bei Kutschpferden, die aus dem Stand angaloppieren und eine schwere Last zu ziehen haben.

Siehe auch: Außengalopp, Fliegender Galoppwechsel, Kanter

Besondere Gangarten

Die besonderen Gangarten sind nicht bei allen Rassen anzutreffen. Meist sind diese Gangarten genetisch festgelegt. Ein Erlernen des Passgangs ist zwar für viele Pferde möglich, aber solche mit der genetischen Anlage dazu tun sich sehr viel leichter dabei. Ein Pferd hat maximal fünf Gangarten.

Slow Gait

Der Slow Gait ist genau genommen ein Schritt. Im Unterschied zu diesem wird jedoch jede Bewegung kurz unterbrochen, das bedeutet, dass das Pferd nach Anheben eines Fußes kurz verharrt. Der Slow Gait wird häufig bei Dressurturnieren für Gangpferde vorgeführt.

Tölt

Islandpferd im Tölt
Kurzvideo Tölt

Der Tölt ist eine vererbbare[5] Spezialgangart, die für den Reiter besonders angenehm ist. Im Gegensatz zu Trab und Galopp hat Tölt keine Schwebephase, sondern ist eine gelaufene Gangart. Der Reiter sitzt fast erschütterungslos auf einem locker schwingenden Rücken. Tölt hat, abhängig von der Ganglage und Ausbildung des Pferdes, eine hohe Tempovarianz zwischen Schritt- und Galopptempo.

Die Fußfolge ist im Tölt dieselbe wie im Schritt: hinten links, vorne links, hinten rechts, vorne rechts.

Der Tölt und der Schritt sind Gangarten im Viertakt mit acht Phasen. Anders als beim Schritt wechseln sich im Tölt jedoch Ein- und Zweibeinstützen ab. Die Phasenfolge des Tölts ist daher, beginnend in einer diagonalen Zweibeinstützphase hinten rechts und vorne links:

  1. links vorne fußt ab – Einbeinstütze hinten rechts
  2. rechts vorne fußt auf – laterale Zweibeinstütze
  3. rechts hinten fußt ab – Einbeinstütze vorne rechts
  4. links hinten fußt auf – diagonale Zweibeinstütze
  5. rechts vorne fußt ab – Einbeinstütze hinten links
  6. links vorne fußt auf – laterale Zweibeinstütze
  7. links hinten fußt ab – Einbeinstütze vorne links
  8. rechts hinten fußt auf – diagonale Zweibeinstütze

Ursprünglich hatten wohl alle europäischen Pferderassen eine genetische Veranlagung für den Tölt. Töltende Pferde wurden im Mittelalter auch als Zelter bezeichnet. Mit dem Aufkommen der Kutschfahrerei wurden bequeme Reitpferde unwichtig und reiten unmodern. Da Tölt keine Sprungphase hat und daher im Zug keine einem trabenden Pferd adäquate Leistung erbracht werden kann, stellte sich die Pferdezucht auf Traber um. Durch die Erfindung und Verbreitung des Automobils gab es eine lange Phase der Stagnation in der Reitpferdezucht, die Gebrauchsreiterei starb. Der Pferdebestand war durch die Weltkriege stark dezimiert worden. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Deutschland jedoch wieder vermehrt Arbeitspferde als Ersatz für Fahrzeuge eingesetzt. Ausgehend von der klassischen, oft militärischen Reiterei gab es in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg nur noch wenige Dressur- und Springreiter.

Mit der Entwicklung der Freizeitreiterei und der Verbreitung der Islandpferde in den 1970er Jahren (u. a. auch durch das Engagement von Ursula Bruns, Autorin der Immenhof-Geschichten) auch und gerade in Deutschland wurden der Tölt und das Gangpferdereiten populär. Werblich „auf dem Rücken der Islandpferde“ wurden auch viele andere Gangpferderassen nach Deutschland importiert und werden inzwischen hier gezüchtet, z. B. Peruanische Pasos und Paso Finos, Aegidienberger, American Saddlebreds, Berber und töltende Traber. Es gibt immer mehr spezielle Gangpferdeturniere für Islandpferde und weitere töltende Rassen, ausgetragen in erster Linie vom Islandpferde Reiter- und Züchterverband (IPZV) und der Internationalen Gangpferdevereinigung (IGV).

Es gibt durchaus Verschiebungen in der Fußfolge. So kommt es, dass nicht jedes Pferd töltet. Von Passtölter bis zum Trabtölter ist alles vertreten.

Beim Paso Peruano wird der Tölt auch als Paso Llano bezeichnet, beim Paso Fino als Paso.

Rack

Rack

Der Rack zeigt das gleiche Schrittbild wie der Tölt. Wie beim Slow Gait soll das Pferd auch hier zur Kadenzierung kurze Stopps in die Bewegung einbauen. Der Rack wird häufig auf Dressurturnieren für Gangpferde vorgeführt.

Walk

Der Walk ist die Gangart des Tennessee Walking Horse. Sie ähnelt dem Tölt. Im Gegensatz zu diesem sind beim Walk allerdings immer drei Hufe am Boden, was höhere Gangsicherheit ergibt. Der Walk ist ein Viertakt mit Kopfnicken und Zähneklicken.

Running Walk

Marcha

Der Marcha ist die bevorzugte Bewegungsart des brasilianischen Mangalarga Marchador. Er ist ein dem Tölt verwandter, langsamer bis mittelschneller Viertakt, bei dem immer mindestens zwei Beine am Boden sind, es also keine Einbeinstützen gibt.

Pass

Beim Passgang handelt es sich um eine laterale Gangart im Zweitakt in zwei Phasen, bei der die gleichseitigen Beinpaare abwechselnd auffußen. Das Pferd fällt dabei von einer Lateralen auf die andere. Ruhiger Passgang kann als Ganglage bei Gangpferdearten auftreten. Diese Form des Passes kann jedoch auch bei dreigängigen Pferden auftreten, wenn ein Pferd stark verritten und aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Pass ist in dieser Form bei jedem Pferd absolut unerwünscht. Wird ein Pferd im Pass geritten, wird es immer steifer, da es sich in dieser Gangart kaum biegen kann. Dies führt langfristig zu schweren Verspannungen und Schäden.

Rennpass

Eine Variation des Passes ist der Rennpass beim Islandpferd, der w. o. jedoch im Renntempo und mit Flugphase geritten wird. Die schnellsten Isländer können eine Geschwindigkeit von 45 km/h entwickeln. Da diese Gangart für das Pferd sehr anstrengend ist, reitet man sie nur auf kurzen Strecken und nicht zu oft. Das Reiten im Rennpass sollte nur von erfahrenen Reitern oder mit einem Trainer durchgeführt werden.

Schweinepass

Als Schweinepass bezeichnet man den vollständig zum Pass hin verschobenen Tölt. Häufig entsteht er durch Verspannungen und/oder falsches Reiten. Der Schweinepass ist unerwünscht und führt zum Aufbau von Muskelgruppen, die das Laufen über den Rücken behindern. Mit Gangmanipulation (schweren Beschlägen, Gewichten, Glocken etc.) und sinnvoller Dressurarbeit kann man den Pass korrigieren.

Foxtrott

Der Foxtrott ist eine Spezial-Gangart des Missouri Foxtrotters, in der das Pferd vorne schreitet und hinten trabt. Die Gangart ist sehr sicher und verhindert relativ gut eine frühe Ermüdung des Pferdes.

Tempi in der Dressur

In der Dressur werden folgende Tempi unterschieden:

Schritt
Versammelter Schritt
Der Hinterfuß fußt – je nach Grad der Versammlung – in die Spur des Vorderhufs bis etwa eine Huflänge dahinter.
Mittelschritt
Der Hinterfuß fußt etwa eine Huflänge über die Spur des Vorderhufs hinaus.
Starker Schritt
Der Hinterfuß fußt möglichst weit über die Spur des Vorderhufs hinaus.
Trab
Arbeitstrab
Der Hinterhuf fußt in die Spur des Vorderhufs.
Versammelter Trab
Der Hinterfuß fußt etwa eine Huflänge hinter der Spur des Vorderhufs. Bei stärkerer Versammlung gibt es keine Schwebephase.
Mitteltrab
Der Hinterfuß fußt mindestens eine Huflänge über die Spur des Vorderhufs hinaus.
Starker Trab
Der Hinterfuß fußt möglichst weit über die Spur des Vorderhufs hinaus.
Tritte verlängern
Galopp
Arbeitsgalopp
Der Hinterfuß fußt etwa eine Huflänge über die Spur des Vorderhufs hinaus.
Versammelter Galopp
Der Hinterfuß fußt – je nach Grad der Versammlung – in die Spur des Vorderhufs bis etwa eine Huflänge dahinter.
Mittelgalopp
Der Hinterfuß fußt deutlich über die Spur des Vorderhufs hinaus.
Starker Galopp
Der Hinterfuß fußt möglichst weit über die Spur des Vorderhufs hinaus.
Galoppsprünge verlängern

Literatur

  • Richtlinien für Reiten und Fahren. Bd. 1: Grundausbildung für Reiter und Pferd. Hg.v.d. Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FNverlag), 26. Aufl., Warendorf 1994, ISBN 3-88542-262-X
  • Waldemar Seunig: Von der Koppel bis zur Kapriole. Die Ausbildung des Reitpferdes. Mit einem Nachwort von Bertold Schirg. 2. Nachdruck der Ausgabe Berlin 1943, Hildesheim usw. 2001 (Documenta Hippologica), ISBN 3-487-08348-5

Siehe auch

Weblinks

Commons: Horse gait – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Richtlinien, S. 156
  2. Seunig, S. 105
  3. Seunig, S. 234
  4. Richtlinien, S. 186
  5. Lisa S. Andersson et al.: Mutations in DMRT3 affect locomotion in horses and spinal circuit function in mice. In: Nature. Band 488, Nr. 7413, 2012, S. 642–646, doi:10.1038/nature11399