Pliozän


System Serie Stufe ≈ Alter (mya)
höher höher höher jünger
Neogen Pliozän Piacenzium 3,6–2,588
Zancleum 5,332–3,6
Miozän Messinium 7,246–5,332
Tortonium 11,608–7,246
Serravallium 13,82–11,608
Langhium 15,97–13,82
Burdigalium 20,43–15,97
Aquitanium 23,03–20,43
tiefer tiefer tiefer älter

Das Pliozän ist in der Erdgeschichte eine chronostratigraphische Serie (= Zeitintervall) des Neogen. Es begann vor etwa 5,332 Millionen Jahren und endete vor etwa 2,588 Millionen Jahren. Vor dem Pliozän liegt das Miozän. Nach ihm folgt das Pleistozän, die Eiszeit, mit einem Wechsel von Warm- und Kaltzeiten bis ins Holozän, der geologischen Gegenwart.

Namensgebung und Geschichte

Der Name (von gr. πλεῖον = mehr und καινός = neu, ungewöhnlich) stammt von Charles Lyell, der ihn 1847 zur Unterteilung des Tertiärs vorschlug.

Bis 2004 wurde das Pliozän als letzte Serie des Tertiärs vor dem Quartär angesehen. Dann wurde von Gradstein et al. in ihrer Publikation "A Geologic Timescale" vorgeschlagen, das Quartär ganz aufzugeben und Pleistozän und Holozän zum Neogen zu stellen. Dies rief jedoch heftigen Widerspruch von Seiten der verschiedenen Quartär-Vereinigungen hervor mit dem Ergebnis, dass das Quartär als System mit den beiden Serien Pleistozän und Holozän erhalten bleibt. Dem Pleistozän wurde zudem die oberste Stufe des Pliozäns, das Gelasium zugeschlagen. Die Ratifizierung dieses Vorschlags durch das IUGS erfolgte im Juni 2009[1].

Definition und GSSP

Als Basis der Serie (und als Basis der Stufe des Zancleum) wurde der Top der Magnetischen Polaritäts-Chronozone C3r (rund 100.000 Jahre vor der Thvera normal-polaren Subchronozone C3n.4n) definiert. Außerdem liegt die Grenze nahe dem Aussterbehorizont der kalkigen Nannoplankton-Art Triquetrorhabdulus rugosus (= Basis der CN10b-Zone) und dem Erstauftreten der kalkigen Nannoplankton-Art Ceratolithus acutus. Die Obergrenze Pliozän ist derzeit noch die Obergrenze des Gelasium. Diese ist definiert mit der Magnetischen Polaritäts-Chronozone C2n (Olduvai) und dem Aussterbehorizont der kalkigen Nannoplankton-Art Discoaster brouweri (Basis der Zone CN13). Etwas über der Grenze liegt das Erstvorkommen des kalkigen Nannofossil-Taxons Gephyrocapsa spp. und der Aussterbehorizont der planktonischen Foraminiferen-Art Globigerinoides extremus. Die Grenze (nach Ausgliederung des Gelasiums) ist die Isotopen-Stufe 103, die Basis der Magnetischen Polaritäts-Chronozone C2r (Matuyama-Chronozone), und etwas darüber liegen die Aussterbehorizonte der kalkigen Nannoplankton-Arten Discoaster pentaradiatus und Discoaster surculus. Der GSSP (= globaler Eichpunkt) für den Beginn des Pliozäns (und damit auch die Grenze Zancleum/Messinium) liegt in der Nähe der antiken Stadt Herakleia Minoa (Sizilien, Italien).

Untergliederung

Das Pliozän wurde früher in drei Stufen unterteilt, nach der Ausgliederung des Gelasiums sind es nur noch zwei Stufen:

In den großen Sedimentationsbecken Mitteleuropas werden die dort abgelagerten Sedimente hauptsächlich mit regionalen Stufen gegliedert. Für das zentrale Paratethys-Becken werden folgende regionale Stufen benutzt:

Klima

Im Pliozän war das Klima relativ stabil und warm. Die Jahresdurchschnittstemperaturen lagen etwa 5 °C über den heutigen, gegen Ende kündigte eine allmähliche Abkühlung die bevorstehende Eiszeit an. Mit der Vereisung der Polkappen begann im Gelasium, der letzten Stufe des Pliozäns, das Eiszeitalter Quartär, das bis heute andauert.

Paläogeographie

Die Landbrücke zwischen Nord- und Südamerika begann sich zu bilden, was stärkere Auswirkungen auf die Ausbreitung vieler Tiergattungen, z.B. der Rüsseltiere von Afrika über Asien nach Nord- und Südamerika hatte. Die südamerikanische Tierwelt, die sich in der Isolation eigenständig entwickelt hatte, veränderte sich: Die Säbelzahnkatzen verdrängten die Terrorvögel von der Spitze der Nahrungspyramide.

Fauna

Europa

Hipparion, ein Pferd des Pliozän

Viele Tiergattungen des Pliozän hatten bereits im vorangehenden Miozän gelebt. Die größten Tiere Europas wurden am Beginn der Epoche durch die Rüsseltiere Anancus und zygodonte Mastodonten (Gattung Mammut) repräsentiert. Giraffen und boselaphine Hornträger (Verwandte der Nilgauantilope) waren in dieser Epoche zum letzten mal auch in Europa verbreitet. Typisch für Europa waren damals auch Gazellen (Gazella, Hispanodorcas). Große Hornträger überlebten mit Parabos aus dem Miozän und brachten mit der Gattung Alephis noch größere Formen hervor. Die fortschrittlicheren Formen der Hirsche (Croizetoceros und Pliocervus) brachten immer komplexere und größere Geweihe hervor. Unter den Schweinen überlebte Propotamochoerus aus dem Miozän. Außerdem tauchten die ersten echten Schweine der Gattung Sus mit Sus arvernensis auf. In Europa verschwanden vorübergehend die Flusspferde (Hexaprotodon) während die Kamele im Pliozän mit Paracamelus vor allem im Südosten verbreitet waren. Fossile Erdferkel (Orycteropus) sind etwa aus der Gegend von Perpignan bekannt. Die Nashörner büßten zu Beginn des Pliozän einen Großteil ihrer Formenvielfalt ein. So starben in Europa und dem östlichen Mittelmeerraum alle hornlosen Formen aus. Die Gattungen Ceratotherium und Diceros, die heute in Afrika noch durch Breitmaulnashorn und Spitzmaulnashorn vertreten sind, sowie das hornlose, flusspferdartige Brachypotherium waren seit dem Beginn des Pliozän auf Afrika beschränkt. In Europa überlebte von den Nashörnern nur Stephanorhinus. Die Pferde waren mit Hipparion verbreitet, Tapire (Tapirus) kamen vor allem in Südeuropa vor.

Megantereon

Die beiden Säbelzahnkatzen Machairodus und Paramachairodus verschwanden am Beginn des Pliozän aus Europa. Metailurus wurde durch Dinofelis ersetzt. Hyänen waren durch knochenknackende Formen wie Pachycrocuta und kleine Räuber wie Plioviverrops vertreten. Daneben gab es die so genannten Gepardhyänen (Chasmaporthetes), die weniger an das aufbrechen von Knochen, sondern eher an schnelle Verfolgungsjagden angepasst waren. Die Gattung Chasmaportestes war auch in Afrika und Asien verbreitet und wanderte über die Beringstraße auch nach Nordamerika ein. Auch Geparde waren in Europa mit Acinonyx pardinensis verbreitet. Kleinere Räuber waren durch Füchse (Vulpes) und Marderhunde (Nyctereutes) vertreten. Mit Agriotherium überlebten auch die Bären aus dem Miozän bis ins Pliozän. Die Gattung Ursus, die sich im Miozän Asiens aus Ursavus entwickelt haben dürfte, tauchte im Pliozän mit Ursus minimus erstmals in Europa auf. Affen waren mit Macaca prisca, einem Verwandten des Berberaffen, sowie durch die Gattungen Paradolichopithecus, Dolichopithecus und Mesopithecus ebenfalls verbreitet. Die Hominoiden waren dagegen im späten Miozän aus Europa verschwunden.

Die Nager waren im Pliozän Europas durch verschiedene Gattungen von Muriden (Apodemus etc.) sowie durch Cricetiden (Ruscinomys und Apocricetus) aus dem Miozän weiterhin vertreten. Außerdem sind Flughörnchen (Pliopetaurista) und Biber (Castor) verbreitet. Im Süden Europas kamen Krokodile und Riesenschildkröten vor. Eine kurze kühle Phase im ansonsten milden Klima des frühen Pliozän führte vor rund 4 Millionen Jahren zum Einwandern von Steppennagern mit sigmodonten Zähnen wie Trilophomys, Celadensia und Bjornkurtenia nach Europa.

Gegen Ende des Pliozän, vor rund 3,2 Millionen Jahren verschwanden in Europa die letzten Giraffen. Der große Hornträger Parabos wurde zu dieser Zeit durch die Gattung Leptobos ersetzt, der bereits stark an heutige Rinder der Gattung Bos erinnerte. Weitere Hornträger, die nach Europa einwanderten, waren Gazellospira, Megalovis, Pliotragus. Dazu kamen die ersten Hirsche der heutigen Gattung Cervus sowie erste Vertreter der Riesenhirsche (Arvernoceros). Unter den Raubtieren tauchte ebenfalls vor etwa 3 Millionen Jahren die puma-ähnliche Katze Viretailurus schaubi zum ersten mal auf. Außerdem erschienen erstmals hochentwickelte machirodontine Säbelzahnkatzen wie Megantereon und Homotherium.

Am Ende des Pliozän vor etwa 2,6 Millionen Jahren setze eine Abkühlung des Erdklimas ein, in deren Verlauf Mammuts (Mammuthus) einwanderten und die alten Rüsseltiere wie Anancus ersetzten. Gleichzeitig wurden die Hipparionen durch moderne Pferde der Gattung Equus ersetzt, die sich vorher in Amerika aus Pliohippus entwickelten. Zwei weitere Einwanderer am Ende der Epoche waren Eucladoceros, ein großer Hirsch mit sehr komplexem Geweih und Libralces ein früher Elch. Dazu kamen die Hornträger Gallogoral und Preaovibos. Letzterer war ein Vorläufer des heutigen Moschusochsen und ersetzte offenbar Megalovis und Pliotragus. Gleichzeitig verschwanden die Gazellen (Gazella, Gazellospira) aus Europa. Zu den neuen Einwanderern zählten auch Vorläufer der heutigen Wölfe, die in Europa mit Canis etruscus erschienen, sowie der Europäische Jaguar (Panthera gombaszoegensis). Die Gepardhyänen verschwanden zu dieser Zeit, die große Katze Dinofelis hatte sich sogar bereits etwas früher aus Europa zurückgezogen. Die Krokodile, Riesenschildkröten und Tapire verschwanden ebenfalls aus Europa. Durch diese Wechsel bedingt glich die Fauna der folgenden Epoche des Pleistozän bereits stark der heutigen Tierwelt.

Asien

Asien war mit Europa verbunden und beherbergte größtenteils ähnliche Tierformen. Allerdings überlebten hier einige Formen, wie die Chalicotherien und Giraffen länger. Typisch für das Pliozän Asiens ist auch die Nashorngattung Rhinoceros.

Afrika

Deinotherium

Die Rüsseltiere waren im Pliozän Afrikas reichhaltig durch Elefanten (Elephas, Loxodonta, Mammuthus), Gomphotherien (Anancus) und Dinotherien (Deinotherium) repräsentiert. Seit dem mittleren Pliozän kamen die beiden heute noch lebenden Nashornarten (Breitmaulnashorn und Spitzmaulnashorn) vor. Bis zum Ende des Pliozän vor etwa 2 Millionen Jahren überlebten die Chalicotherien mit Ancylotherium hennigi in Afrika. Die Pferde waren durch Hipparionen vertreten bis am Beginn des Pleistozän die Gattung Equus erschien. Verschiedene Schweine (Notochoerus, Kolpochoerus, Metridichoerus) und zahlreiche Hornträger sind bekannt. Die heutige Impala war ebenso wie die Gattungen Gazella und Tragelaphus bereits vertreten. Giraffen waren durch langhalsige Formen (Giraffa jumae) ebenso wie durch die ausgestorbenen Rindergiraffen (Sivatherium) vertreten. Flusspferde sind vor allem durch die Gattung Hexaprotodon repräsentiert. Kamele sind im Fossilbericht Afrikas generell selten, erreichten aber im Pliozän südwärts immerhin Malawi. Die großen Raubtiere waren durch verschiedene Hyänen, Hunde und Katzen vertreten. Zu den großen Katzen zählte Dinofelis, Megantereon, Homotherium und seit dem späteren Pliozän auch die Gattungen Panthera und Acinonyx. Löwengroße Panthera-Formen sind etwa aus Laetoli in Tansania bekannt. Im Pliozän waren auch Bären mit Agriotherium bis in den Süden Afrikas verbreitet. Darüber hinaus lebten im Pliozän die Australopithecinen als Vorfahren des Menschen.

Nordamerika

Mit Teleoceras waren die Nashörner bis ins Pliozän auch in Nordamerika verbreitet

Am Beginn des Pliozän Nordamerikas waren Pferde, Tapire, Rüsseltiere, Kamele und große Säbelzahnkatzen (Megantereon) vertreten. Die Knochenknackenden Hyänen wurden im Pliozän Nordamerikas durch große Hunde der Gattung Osteoborus vertreten. Im Verlauf des Pliozän bildete sich die Mittelamerikanische Landbrücke, die zum ersten mal seit Millionen Jahre währender Isolation den nordamerikanischen mit dem südamerikanischen Kontinent verband. Während dieses großen Amerikanischen Faunenaustauschs wanderten Bodenfaultiere, Glyptodonten, Pampatherien und Gürteltiere aus Südamerika ein und besiedelten Nordamerika. Dagegen verschwanden die Nashörner im Verlauf des Pliozän mit Gattungen wie Teleoceras endgültig aus Nordamerika.

Südamerika

Thylacosmilus wurde im Pliozän durch echte Säbelzahnkatzen ersetzt. Links im Hintergrund ein Glyptodont

Der südamerikanische Kontinent war stärker vom großen Faunenaustausch betroffen als Nordamerika. Zahlreiche heute für Südamerika typische Säugetierfamilien wanderten im Pliozän über die neu entstandene mittelamerikanische Landbrücke. Darunter waren die Katzen, Hunde, Kamele, Hirsche, Nabelschweine und Tapire. Auch einige Familien, die erst ganz am Ende des Pleistozän wieder aus Südamerika verschwanden, so etwa die Pferde und Gomphotherien, wanderten damals ein. Sie ersetzten die einzigartige Fauna des südamerikanischen Pliozän zum großen Teil. Zahlreiche südamerikanische Säuger, die sich in Südamerika isoliert entwickelt hatten, starben aus und wurden durch die Einwanderer aus dem Norden ersetzt. Darunter war der Säbelzahnräuber Thylacosmilus. Unter den Formen, die sich behaupten konnten, befanden sich vor allem verschiedene Nebengelenktiere (Faultiere, Ameisenbären, Glyptodonten, Gürteltiere) sowie einige Urhuftiere (Toxodon, Macrauchenia). Außerdem überlebten zahlreiche Nager und Primaten, die bereits erheblich früher als "Inselhüpfer" über enge Meeresarme nach Südamerika eingewandert waren.

Alpidische Gebirgsbildung

Die im Neogen (vor allem im Miozän) ablaufende alpidische Gebirgsbildung der Alpen, Karpaten und anderer Gebirge in Eurasien (Himalaya) kam fast zum Stillstand (geringe Hebungen gibt es bis heute). Die großen Sedimentmassen in Europas Ebenen und tektonischen Becken wurden im Pliozän nur noch durch eine relativ dünne Formation überdeckt, bevor die Gletscher und Schotter der ersten großen Kaltzeiten die heutigen Landschaften prägten.

Literatur

  • Charles Lyell: Principles of geology: or the modern changes of the earth and its inhabitants. 7. Aufl., XVI, 810 S., Murray, London 1847.
  • Hans Murawski & Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 10., neu bearb. u. erw. Aufl., 278, Enke Verlag, Stuttgart 1998 ISBN 3-432-84100-0.
  • John A. Van Couvering, Davide Castradori, Maria Bianca Cita, Frederik J. Hilgen und Domenico Rio: The base of the Zanclean Stage and of the Pliocene Series.. Episodes, 23(3): 179-187, Beijing 2000 ISSN 0705-3797 PDF.
  • Jordi Augusti: Mammoths, Sabertooths and Hominids 65 Million Years of Mammalian Evolution in Europe. Columbia University Press, 2002, ISBN 0-231-11640-3
  • Alan Turner & Mauricio Anton: Evolving Eden. An Illustrated Guide to the Evolution of the African Large-Mammal Fauna. Columbia University Press, New York, 2004. ISBN 0-231-11944-5
  • L. G. Marshall: Land Mammals and the Great American Interchange. In: American Scientist. 76. Jahrgang, Nr. 4. Sigma Xi, S. 380–388 (arizona.edu [PDF; abgerufen am 6. Juni 2009]).Vorlage:Cite book/Meldung

Einzelnachweise

Weblinks

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