Rainfarn



Rainfarn

Rainfarn (Tanacetum vulgare)

Systematik
Ordnung: Asternartige (Asterales)
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Unterfamilie: Asteroideae
Tribus: Anthemideae
Gattung: Tanacetum
Art: Rainfarn
Wissenschaftlicher Name
Tanacetum vulgare
L.
Illustration vom Rainfarn (Tanacetum vulgare).
Gefiedertes Laubblatt des Rainfarns.

Der Rainfarn (Tanacetum vulgare, Syn.: Chrysanthemum vulgare (L.) Bernh.), auch Wurmkraut genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Der Rainfarn zählt zu den Kompasspflanzen, die ihre Blätter im vollen Sonnenlicht genau senkrecht nach Süden richten.

Beschreibung

Der Rainfarn ist eine stark wuchernde, ausdauernde krautige Pflanze. Er erreicht eine Höhe von 60 bis 130 cm.[1] Er bildet ein Rhizom. Die wechselständigen, dunkelgrünen, länglichen, gefiederten Laubblätter duften stark. Die unteren Laubblätter sind gestielt, die oberen sitzend. Die ganze Pflanze enthält stark riechende ätherische Öle (Campher, Borneol, Thujon) und Bitterstoffe, die die Einstellung zum Rainfarn zur Geschmackssache machen: Manche Menschen mögen dessen Geruch, andere fühlen sich davon abgestoßen.

Er trägt von Juni bis September in doldenrispigen Gesamtblütenständen leuchtendgelbe, körbchenförmige Teilblütenstände. Insgesamt sehen die Blütenkörbchen wie Gülden Knöpfle oder Westenknöpfe aus (so lauten volkstümliche Namen); Kinder verwenden sie als Spielgeld. Die glatten Hüllblätter sind 4 mm lang und 2 mm breit. Es sind keine Spreublätter vorhanden. Die Blütenkörbchen weisen einen Durchmesser von 1 cm, eine Höhe von 5 bis 6 mm auf und enthalten etwa 100 zwittrige Röhrenblüten. Die gelben Röhrenblüten sind bis zu 2,3 mm lang. Zungenblüten fehlen.

Die glatten, fünfrippigen, etwa 1 mm langen Achänen besitzen meist keinen Pappus oder höchstens einen krönchenförmigen Saum.

Ökologie

Der Rainfarn ist eine ausdauernde, wintergrüne Halbrosettenpflanze. Im vollen Sonnenlicht stehen die Blätter mehr oder weniger senkrecht nach Süden gerichtet; dieses Verhalten als Kompasspflanze ist eine Anpassung an die Wärmestrahlung sonniger Standorte. Die Pflanze wurzelt bis 90 cm tief.

Die Blüten sind vorweibliche, strahlenlose „Körbchenblumen“ . Alle Blüten sind zwittrig. Wegen der nur 1 mm langen Kronröhre ist der Nektar allen Besuchern leicht zugänglich; deshalb werden die Blüten reichlich von Insekten aller Art besucht. Jedoch wird vor allem Pollen angeboten. Blütezeit ist von Juni bis September.

Die Früchte sind Wind- und Tierstreuer; auch Wasserhaftausbreitung ist möglich. Fruchtreife ist von August bis Oktober.

Vegetative Vermehrung erfolgt reichlich durch unterirdische Ausläufer (Kriechwurzler).

Die Art wird vom Weidevieh verschmäht.

Vorkommen

Der Rainfarn hat eine eurasische Verbreitung. Er ist mittlerweile ein Neophyt in den gemäßigten Gebieten der übrigen Erdteile. Es gibt einige Sorten für die Verwendung als Zierpflanze.

Der Rainfarn wächst häufig und gesellig in staudenreichen Unkrautfluren, an Wegen, Schuttplätzen, Dämmen, gern an Brandstellen, auch an Ufern (Stromtalpflanze), auf sommerwarmen, nicht zu trockenen, nährstoffreichen, schwach basisch bis basischen, humosen Böden. Nach Ellenberg ist er eine Lichtpflanze, subozeanisch verbreitet, ein Frischezeiger, mäßig stickstoffreiche Standorte anzeigend und eine Klassencharakterart ausdauernder Stickstoff-Krautfluren (Artemisietea vulgaris).

Auf stickstoffreichem Wildland ist oft das Rainfarn-Beifuß-Gestrüpp ein sich über Jahre hinweg fast unverändert haltendes Entwicklungsstadium in der vom Menschen unbeeinflussten Sukzession.

Diese Pflanzenart ist ein Kulturbegleiter und Gartenflüchtling.

Nutzung

Verwendung als Duftpflanze

Die stark duftenden Blätter sowie die Blüten des Rainfarns, die insektenabweisende Wirkstoffe enthalten, wurden früher ausgestreut, um Ungeziefer fernzuhalten[2]. Im kolonialen Nordamerika wurde Rainfarn in Särge gelegt und Leichentücher wurden mit Rainfarnextrakt getränkt. Rainfarn wurde auch angepflanzt, um den Kartoffelkäfer zu vertreiben. Nach einer Studie wurde dadurch der Kartoffelkäfer-Befall um 60-100% reduziert[3]. Getrocknete Rainfarnblätter werden in der Imkerei verwendet, um die Bienen zu beruhigen.

Verwendung in der Pflanzenheilkunde

Blütenstand im Detail, die einzelnen Blütenkörbchen mit vielen Einzelblüten.

In den antiken Schriften ist der Rainfarn nicht zu finden. Die erste schriftliche Überlieferung findet sich im Capitulare Karls des Großen[4][5]. Rainfarn wurde früher bei Wurmerkrankungen eingesetzt, allerdings rufen größere Mengen als 1 bis 3 Gramm Rainfarn Vergiftungserscheinungen hervor, so dass man heute im Falle von Wurmerkrankungen auf andere, wirkungsvollere und harmlosere Mittel zurückgreift. Verbreitet war auch seine Verwendung gegen Ungeziefer. Eine Waschung sollte Flöhe und Kopfläuse vertreiben[4][5]. In der Tierheilkunde wird der Tee Kälbern und Kühen bei Durchfall verabreicht. Als Breiumschlag soll Rainfarn bei Quetschungen, Rheuma und Krampfadern helfen[2]. Das Laub kann Hautreizungen verursachen. Rainfarnöl ist ein starkes Gift, dessen innere Anwendungen nicht unbedenklich sind, weil sie zu Allergien und Vergiftungen führen können[3].

Rainfarn als Färbepflanze

Der Rainfarn wird auch als Färbepflanze verwendet[2]. Die Blütenköpfe des Rainfarns ergeben zusammen mit dem Beizmittel Alaun einen dunkelgelben Farbton. Für die Beize werden 12 bis 20 g Alaun auf 100 g Wolle genommen. Dunkelgrün wird die Färbung mit einer Alaunvorbeize, Eisensulfat-Nachbeize und Ammoniak-Entwicklungsbad. Man braucht etwa 400 g frische Blüten für 100 g Wolle.

Rainfarn als Allergiepflanze

Der Rainfarn kann auf der Haut Kontaktallergien auslösen. Sesquiterpenlactone sind dafür verantwortlich. Als Hauptwirkstoff kommt Parthenolid in Betracht, neben einer ganzen Reihe anderer Kontaktallergene wie: Crispolid, Tanacetin, Reynosin, und 1-beta-Hydroxy-arbusculin A. Vor allem Floristen und Blumenzüchter können von Kontaktallergien betroffen sein.

Wirtspflanze

Der Rainfarn ist die Futterpflanze einer Reihe von Raupen [6][7]. Insbesondere finden sich am Rainfarn Raupen des Rainfarn-Mönchs Cucullia tanaceti [8], des Smaragdspanners Antonechloris smaragdaria [9], sowie anderer Spanner und Eulenfalter. Die Sackträgermotte Coleophora tanaceti [10] ist ganz auf den Rainfarn spezialisiert. Im Stängel des Rainfarns leben die Raupen der Palpenmotte Isophrictis striatella[11].

Zwei Käfer leben am Rainfarn, der Rainfarn-Schildkäfer Cassida stigmatica und der Rainfarn-Blattkäfer Galeruca tanaceti. Daneben gibt es noch die Rainfarn-Weichwanze Megalocoleus tanaceti. Der Rainfarn-Schildkäfer wurde zusammen mit der Palpenmotte Isophrictis striatella und den beiden auf den Rainfarn spezialisierten Gallmücken Rhopalomyia tanaceticola und Clinorrhyncha tanaceti zur biologischen Bekämpfung des Rainfarns in der kanadischen Provinz Saskatchewan eingesetzt [12]. Die Erzwespe Torymus tanaceticola parasitiert in den Gallen des Rainfarns. Gallen am Rainfarn werden auch von der Gallmilbe Aceria tuberculata gebildet[4].

Die Larven der Minierfliegenarten Liriomyza tanaceti und Phytomyza tanaceti, minieren die Blätter des Rainfarns[13].


Einzelnachweise

  1. http://www.langenbach-info.de/Flora/Wildkraeuter_und_Graeser/Gemeiner_Rainfarn/gemeiner_rainfarn.html
  2. 2,0 2,1 2,2 Plants for a Future: Tanacetum vulgare
  3. 3,0 3,1 Ron LeCain und Roger Sheley: Common Tansy. Montana State University Guide (PDF)
  4. 4,0 4,1 4,2 G. Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Band VI/4. 2. Auflage 1987. Weissdorn Verlag, Jena. ISBN 3-936055-23-8 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Hegi“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  5. 5,0 5,1 siehe Madaus: Elektronische Version der Ausgabe 1935
  6. Database für Schmetterlings Futterpflanzen, Naturhistorisches Museum London
  7. Futterpflanzen von Raupen
  8. Rainfarn-Mönch im Lepiforum
  9. Smaragdspanner im Lepiforum
  10. Sackträgermotte Coleophora tanaceti
  11. Palpenmotte Isophrictis striatella im Lepiforum
  12. McClay Ecoscience
  13. Miniermotten in UK

Literatur

  • G. Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Band VI/4. 2. Auflage 1987. Weissdorn Verlag, Jena. ISBN 3-936055-23-8
  • Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel Bd 1. Heilpflanzen. G. Thieme, Leipzig 1938, Olms, Hildesheim, 1979. ISBN 3-487-05890-1: (Elektronische Version der Ausgabe 1935.)
  • R. Düll/ H. Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. 7. Auflage, Quelle & Meyer-Verlag, 2011, ISBN 978-3-494-01424-1

Weblinks

Commons: Rainfarn – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien