Schwimmen


Im stark salzhaltigen Toten Meer muss ein menschlicher Körper nur wenig eintauchen, um zu schwimmen.

Schwimmen bezeichnet das Nicht-Untergehen eines Körpers in einer Flüssigkeit und die Fortbewegung von Lebewesen im Wasser.

Schwimmen als physikalischer Effekt

Ein Körper schwimmt, das heißt er verbleibt auf der Oberfläche einer Flüssigkeit, indem er (mit seinem eingetauchten Teil) soviel von ihr verdrängt, wie er wiegt. Ein schwimmender Körper taucht also so tief ein, bis die Masse des von ihm verdrängten Flüssigkeitsvolumens seiner eigenen Masse entspricht. Ist dies genau dann der Fall, wenn der Körper vollständig in die Flüssigkeit eingetaucht ist, schwebt der Körper (wie z. B. ein U-Boot). Kann er weniger Flüssigkeit verdrängen, als er selbst wiegt, sinkt er. Physikalisch wird dies genauer in den Artikeln Auftrieb und Archimedisches Prinzip erklärt.

Körper, die als hinreichend große Hohlform ausgeführt sind, können trotz größeren spezifischen Gewichts soviel Flüssigkeit verdrängen, dass sie im schwimmenden Zustand verbleiben (solange die Flüssigkeit nicht in den Hohlraum eindringt). Aus diesem Grund können Schiffe und Pontons aus dem weit dichteren Stahl und Beton auf dem Wasser schwimmen.

Schwimmen als Fortbewegungsart

Brustschwimmen
Schwimmender Frosch

Das Prinzip der schwimmenden Fortbewegung besteht darin, dass Wasser durch geeignete Maßnahmen in die eine Richtung bewegt wird und als Reaktion darauf der Körper in die entgegengesetzte Richtung gleitet. Dabei werden von Lebewesen unterschiedliche Methoden angewandt. Kalmare, Octopoden, Nautilus oder Sepien benutzen das Rückstoßprinzip zum Vortrieb. Meeresschildkröten benutzen die umgewandelten Arme zur Fortbewegung. Robben benutzen verschiedene Methoden, manche Seevögel wie etwa Lummen benutzen auch unter Wasser ihre Flügel zum Vortrieb.

Bei der eigentlichen schwimmenden Fortbewegung führen sehr schlanke Schwimmer wie etwa Aale eine Schlängelbewegung aus, wobei die Kurven der Rumpfkrümmung stets paarweise auftreten. Die Wellenlänge der Bewegung ist dabei erheblich kürzer als die Rumpflänge. Sie besitzen daher keine Schwanzflosse, da sie nicht benötigt wird. Fische und wasserlebende Säugetiere wie Wale und Delfine führen ebenfalls eine Schlängelbewegung aus, doch ist bei ihnen die Wellenlänge größer als die Körperlänge, und deshalb ist die Schwanzflosse erforderlich.

Entgegen früheren Vorstellungen leistet beim schnellen Schwimmen die Schwanzflosse keinerlei Beitrag zum Vortrieb. Sie dient allein der Richtungskontrolle und Steuerung. Der Vortrieb wird allein durch alternierende Krümmung des hinteren Rumpfteils und die dabei auf der jeweils konvexen Seite durch Reduzierung des örtlichen statischen Drucks auftretende Beschleunigung des angrenzenden Wassers bewirkt. Dabei tritt nur eine quer zur Bewegungsrichtung wirkende Kraft auf, die durch eine kompensierende Querkraft an der Schwanzflosse ausgeglichen werden muss. Der große Vorteil dieser Schwimmbewegung besteht darin, dass in Strömungsrichtung keine Kraft erzeugt werden muss.

Bei schnellen Fischen im turbulenten Strömungsbereich wie Thunen und lamniden Haien erfolgt die Bewegung durch seitliche Krümmung des Rumpfes. Deshalb steht die große Caudalflosse vertikal. Bei Walen und Delfinen wird die Wirbelsäule wegen der besseren Beweglichkeit in vertikaler Richtung auf und ab gekrümmt, dementsprechend steht die Schwanzflosse horizontal. Diese Art der Fortbewegung ist die effizienteste und erlaubt beispielsweise den großen Walen ihre Wanderungen über riesige Strecken.

Meeresschildkröten benutzen die zu Flügeln umgestalteten Arme zur Fortbewegung. Bei ihnen wird die bei der Umströmung der Flügel auftretende Kraft ähnlich wie die Auftriebskraft bei Vögeln zur Vortriebserzeugung benutzt. Die Flügel erzeugen hydrodynamisch diese Kraft. Bei Wirbeltieren, die nicht dauernd im Wasser leben, wird demgegenüber der Vortrieb durch den hydrodynamischen Widerstand der bewegten Extremitäten erzeugt. Diese Methode ähnelt dem Paddeln und Rudern und ist erheblich unwirtschaftlicher.

Auch der Mensch bewegt seine Gliedmaßen in einer Weise, die den Widerstand zur Krafterzeugung benutzt, wie auch der nebenstehend beim Schwimmen gezeigte Frosch. Diese Art der Fortbewegung ist ineffizient. Durch häufige Ausübung haben sich relativ effiziente Arten von Schwimmbewegungen herausgebildet, die vor allem im Schwimmsport als „Schwimmstile“ bekannt geworden sind. Die Fortbewegung unter Wasser ist günstiger als diejenige an der Oberfläche, da dann der Wellenwiderstand nicht auftritt. Das Schwimmen an der Oberfläche erfordert aber in jedem Fall, dass die Bedingung des Gewichtsausgleichs zumindest annähernd erfüllt ist. Eine geringfügige Tendenz zum Absinken bzw. Untergehen kann dadurch ausgeglichen werden, dass die Schwimmbewegungen nicht nur horizontal sondern auch gegen das Absinken schräg nach „oben“ gerichtet werden. Im Extremfall kann ein Lebewesen mit sehr schnellen Beinbewegungen auch „auf dem Wasser wandeln“ wie das Beispiel die Jesus-Christus-Echse zeigt.

Schwimmen als Sport

Hauptartikel Schwimmsport

Schwimmen ist für den Menschen eine beliebte Freizeitbeschäftigung in natürlichen Gewässern wie Meeren, Seen und Flüssen sowie auch speziell dafür gebauten Schwimmbädern und Swimmingpools. Schwimmen im weiten Sinne und in der Alltagssprache umfasst auch das Baden und das Planschen, auch wenn dabei die Bodenhaftung (z. B. am Grund) beibehalten wird. Für einige Menschen gehört das Schwimmen zur beruflichen Tätigkeit wie etwa für Rettungsschwimmer, Kampfschwimmer und Taucher.

Schwimmen wird auch als Wettkampfsport betrieben.

Elemente des Schwimmens

Die Grundlagen sind die Gesetze von Newton (Aktion und Reaktion), die Hydrodynamik, die Bewegungs- und Trainingslehre.

Auftrieb

Der Auftrieb ist abhängig von der ins Wasser eingetauchten Körpermasse. Je weniger eingetaucht ist, desto mehr muss der Auftrieb durch Muskelkraft erfolgen. Der Schwimm-Anfänger schwimmt viel leichter, wenn er auch den Kopf ins Wasser legt. Der menschliche Körper ist etwa so schwer wie Wasser und fühlt sich an der Wasseroberfläche fast schwerelos an (spezifische Körpergewicht eingeatmet = 0,94 bis 0,98 und ausgeatmet = 1,01 bis 1,07). Körperbau und Fettverteilung erzeugen unterschiedliche Auftriebsverteilung.

Wasserwiderstand

Je größer die der Bewegungsrichtung entgegenstehende Körperfläche, und je größer die Geschwindigkeit (Widerstand nimmt quadratisch zu), desto größer der Widerstand. Je „windschlüpfiger“ also der Körper, desto geringer ist der Widerstand. Der Wasserwiderstand ist auch dynamisch von der Bewegung abhängig. Vortrieb entsteht durch Ausnutzen möglichst großer Widerstände (beispielsweise geschlossene Finger beim Armzug). Bei allen der Schwimmrichtung entgegengesetzten Bewegungen muss der Widerstand hingegen verkleinert werden durch eine optimale Gleitlage und durch optimale Bewegungsabläufe (beispielsweise die Überwasserphase des Armes beim Kraulschwimmen).

Der Wasserwiderstand hilft auch zum Kräftigen der Muskulatur, beispielsweise bei der Wassergymnastik.

Vortrieb

Der Vortrieb erfolgt durch Muskelkraft. Entscheidend ist, dass der maximale Krafteinsatz dort erfolgt, wo er am meisten Wirkung entfaltet. Die unterschiedlichen Schwimmstile werden seit Jahrtausenden (bei Tieren seit Jahrmillionen) optimiert, im Schwimmunterricht gezielt geschult und im Spitzensport mit Videoanalysen und Bewegungsstudien verbessert.

Wasserlage und Gleiten

Die optimale Wasserlage vermindert den Wasserwiderstand. Der Körper liegt möglichst gestreckt und möglichst waagrecht im Wasser. Auch der Kopf liegt immer im Wasser, er wird nur zum Einatmen leicht gedreht oder gehoben. Wasserlage und Gleiten werden im Schwimmunterricht gleich nach der Wassergewöhnung als erstes gelernt, beispielsweise indem die Schwimmschüler mit den Füßen vom Beckenrand abstoßen und mit vorgehaltenen Armen, den Kopf im Wasser, mit gestrecktem Körper möglichst weit gleiten.

Koordination

Die Koordination von Atmung und Bewegung entscheidet über die Sicherheit des Anfängers im Wasser. Bei Fortgeschrittenen entscheidet die Koordination über die Ausdauer. Nur wenn die Sauerstoffzufuhr und die Abatmung der verbrauchten Luft mit den biochemischen Vorgängen in der Muskulatur übereinstimmt, ist eine hohe Leistung möglich. Auch die erzielbare Geschwindigkeit ist von der Koordination abhängig.

Unter Wasser nach dem Sprung

Geschichte des Schwimmens

Datei:Schwimmen lernen.jpg
Schwimmen lernen im 19. Jahrhundert - Vorübung auf dem Lande

Das Schwimmen ist seit prähistorischen Zeiten bekannt. Ältestes Zeugnis des Schwimmens ist ein Siegelzylinder aus Ton, der aus dem 9. bis 4. Jahrtausend v. Chr. stammt und in der Höhle der Schwimmer nahe von Wadi Sora in Ägypten gefunden wurde. Aus griechischer und römischer Zeit sind Schwimmlehrer und Hilfsmittel wie Binsengürtel, luftgefüllte Schläuche oder Korkschwimmgürtel erwähnt. Um 310 v. Chr. wird von einer römischen Militärschwimmschule berichtet. Die Römer schwammen im Tiber oder in Fischteichen (Piscinae). In der Kaiserzeit (27 v. Chr. bis 476 n. Chr.) entstanden größere Schwimmbecken (natationes) innerhalb der Thermen.

Schriftliche Zeugnisse reichen bis vor 2000 v. Chr. zurück. Ein früher Beleg ist eine biographische Inschrift aus der Ersten Zwischenzeit des Alten Ägypten in Asyut, in der berichtet wird, dass das Erlernen der Kunst des Schwimmens zum Erziehungsprogramm der Kinder des Königs und anderer hochrangiger Personen gehörte.[1] Weitere Belege finden sich, abgesehen vom Alten Ägypten, im Gilgamesch-Epos, der Ilias und der Odyssee, im Beowulf sowie der Bibel (Ezechiel 47:5, Apostelgeschichte 27:42, Jesaja 25:11).

1538 erschien das erste bekannte Schwimmlehrbuch von Nikolaus Wynmann mit dem Titel Der Schwimmer oder ein Zwiegespräch über die Schwimmkunst.

Johann Christoph Friedrich Guts Muths (* 1759; † 1839) begründete in seinem 1798 erschienenen „Kleines Lehrbuch der Schwimmkunst zum Selbstunterricht“ eine systematische Schwimmausbildung. Unter anderem empfiehlt er eine allmähliche Gewöhnung an das Wasser, Trockenübungen an Land sowie Übungen mit dem Schwimmgürtel im Wasser.

In der Folgezeit wurden zunächst die Trockenübungen an Land ausgebaut, ab 1810 fand der Schwimmunterricht als Massenunterricht, zunächst in Militärschwimmschulen, statt. Erst um 1925 gelang die Loslösung von der mechanistischen Sicht des Schwimmenlernens durch Kurt Wiessner. Dieser räumte der Wassergewöhnung wieder einen höheren Stellenwert ein und war ein Verfechter des gerätelosen Schwimmunterrichts. Statt mit Zählkommandos ließ er die Schüler die Bewegungsabläufe schwungvoll und von Anfang an im Wasser ausführen. Er gilt damit als Wegbereiter der modernen Schwimmausbildung.

Kulturelle Bedeutung

Im Mischna-Traktat Qidduschin (29a) steht geschrieben, dass es eine der Aufgaben des jüdischen Vaters gegenüber seinem Sohn sei, ihn das Schwimmen zu lehren.[2]

Begriffliche Ableitungen

Redewendungen rund um den Begriff Schwimmen gibt es viele: z. B. „Du schwimmst wie ein Korken!“ (Bezeichnung für einen guten Schwimmer). Die Tatsache, dass man beim Schwimmen keinen Bodenkontakt hat, zeigt sich auch in der sprachlichen Verwendung. Das Wort wird benutzt, um ein Gefühl der Unsicherheit (z. B. beim Vortrag ins Schwimmen kommen) oder einen diffusen Eindruck (verschwimmen, z. B. die Buchstaben schwammen vor den Augen) zu beschreiben. Außerdem kann man im übertragenen Sinn in etwas anderem als Wasser schwimmen, z. B. im Geld, wenn man es im Überfluss besitzt.

Schwimmen ist auch der Name eines Kartenspiels, siehe Schwimmen (Kartenspiel).

Evolutionsbiologie

Von einigen Biologen wurden diverse evolutionäre Anpassungen des anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) dahingehend interpretiert, dass dessen Vorfahren im Verlauf der Menschwerdung eine teilweise wasserlebende Phase durchgemacht haben. Diese so genannte Wasseraffen-Theorie (auch: Wasseraffen-Hypothese) konnte sich aber in Fachkreisen nie durchsetzen.[3][4]

Diese Hypothese stützt sich in jüngerer Zeit vor allem auf paläoanthropologische Befunde, denen zufolge Fossilien der frühesten Arten der Hominini im Bereich von Galeriewäldern und in der Nähe von Seen entdeckt wurden. Fossile Belege für einen regelmäßigen, ausdauernden Aufenthalt im Wasser sind jedoch nicht bekannt.

Literatur

  • John von Düffel: Schwimmen – eine Kulturgeschichte. Piper, München 2003, ISBN 3-492-23971-4
  • Michael Hahn: Schwimmen. BLV Buchverlag, München 2004, ISBN 3-405-16684-5

Weblinks

Wiktionary: schwimmen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Schwimmen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Belege

  1. Beitrag von Dietrich Wildung in: Lexikon der Äggptologie Band V, Stichwort Schwimmen, Harrassowitz, Wiesbaden 1986, Sp. 765–766.
  2. Traditional texts on parenting (zuletzt abgerufen am 22. November 2012)
  3. John H. Langdon: Umbrella hypotheses and parsimony in human evolution: a critique of the Aquatic Ape Hypothesis. In: Journal of Human Evolution. Band 33, Nr. 4, 1997, S. 479–494, doi:10.1006/jhev.1997.0146
  4. discovermagazine.com vom 5. September 2007: Stephen Ornes: Whatever Happened To... the Aquatic Ape Hypothesis? Auch hier heißt es wörtlich: „the aquatic ape hypothesis never got much support from the scientific community.“

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