Solnhofener Plattenkalk


Anwendung des Steins für die Lithographie
Solnhofener Plattenkalk, polierte Oberfläche. Muster ca. 12x15 cm

Solnhofener Plattenkalk oder auch Solnhofener Kalkstein ist die Bezeichnung für einen Naturwerkstein des Altmühljura. Er wird im Handel auch kurz als Solnhofener bezeichnet. Die lithostratigraphische Gesteinseinheit der Solnhofen-Formation wird zu einem großen Teil aus Solnhofener Plattenkalk aufgebaut.

Vorkommen und Entstehung

Solnhofener Plattenkalk kommt in der Region um Solnhofen, Langenaltheim, im Westen von Eichstätt, Mörnsheim, Blumenberg, Schernfeld, Rupertsbuch und Wintershof in zahlreichen Steinbrüchen in Mittelfranken und Oberbayern vor. Entstanden ist er durch schichtweise Ablagerungen in periodisch vom Meer mit frischem Wasser gefluteten Lagunen in der Zeit des Oberjura. In diesen Lagunen war der Salzgehalt bedeutend höher, dadurch wurden Tiere und Pflanzen an der Verwesung gehindert und blieben auch in Details als Versteinerungen erhalten.

Abbau- und Wirtschaftsgeschichte

Bereits die Römer verwendeten im 2. Jahrhundert diesen Kalkstein als Bodenplatten für ein Kaltwasserbecken in einer Villa in Theilenhofen, einem Ort bei Weißenburg in Bayern. Im 9. Jahrhundert sind Solnhofener Kalkplatten in der Sola-Basilika in Solnhofen verlegt worden. 1423 wurde in einem Steinbruch am Solaberg dieser Kalkstein abgebaut. Der Bodenbelag aus dem 15. Jahrhundert der Hagia Sofia in Konstantinopel besteht aus Solnhofener Platten. Bereits im Jahre 1596 gab es die erste Genehmigung zum Abbau von Solnhofener Platten und erste Steinbrüche wurden auf dem Gebiet von Eichstätt eröffnet. 1674 erließ der Fürstbischof Marquard Schenck von Castell eine erste Steinbruchordnung, da der Abbau stets zunahm und eine Kontrolle erforderte.

Der Absatz des Solnhofener Plattenkalkstein stieg 1796 durch die Erfindung der Lithographie durch Alois Senefelder erheblich an und im Jahr 1857 gründete sich als Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs der „Solenhofer Aktien-Verein“, der die Lithographiesteine weltweit exportierte.

Zwicktasche und Zwicktaschenbohrer

Im Jahr 1828 erfand der Eichstätter Glasermeister Johann Weitenhiller die so genannten Zwicktaschen. Dies waren die aus dem Steinbruch gewonnenen Dachsteine, die in die ungefähre Form der so genannten Biberschwänze mit der von Weitenhiller erfunden Zwickzange gebrochen wurden. Abschließend wurde in die unter 2 cm dicken Steinplatten an der oberen Seite der Zwicktasche ein Loch gebohrt, das zur Befestigung an den Dachlatten mittels eines Nagels diente. Mit dieser Erfindung wurden damals Steinbrüche wieder wirtschaftlich, in denen lediglich dünne Platten gewonnen werden konnten.

Der Absatz von Solnhofener Plattenkalkstein ließ im Jahr 1909 nach und es gab aufgrund einer Lohnkürzung einen Streik der 900  bis 1200 tätigen Arbeiter der Steinindustrie, die in einer christliche Gewerkschaft organisiert waren. 1913 setzte sich das Offsetverfahren gegenüber der Lithographie durch und es kam zu Umsatzrückgängen, in dem später einsetzenden Ersten Weltkriegs kam auch das Exportgeschäft zum Erliegen.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden zwar noch in geringem Umfang Lithographiesteine gebrochen, dafür aber Wand- und Bodenplatten hergestellt. Dennoch konnte nicht an die wirtschaftliche Zeit vor dem Ersten Weltkrieg angeknüpft werden, und die Weltwirtschaftskrise des Jahres 1929 ging mit einem weiteren Rückgang der Umsätze einher. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahre 1933 stellte sich eine Besserung der Auftrags- und Beschäftigungslage ein, denn sie präferierten aus nationalistischen Gründen die Verwendung einheimischer Gesteinsvorkommen und damit auch der Solnhofener Platten für Repräsentationsbauten. Doch nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs kam die Natursteinverwendung zum Erliegen. Aber bereits ab 1946 konnten die Solnhofener Kalkplatten wieder einen Nachfrage-Aufschwung verzeichnen, was aus dem Mangel an Rohstoffen und aus dem erheblichen Nachholbedarf durch die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges erklärbar ist. Nachdem jedoch keramische Platten in den 1950er Jahren in Konkurrenz zu den Solnhofener Kalkplatten traten, ging der Inlandumsatz zurück. Die Solnhofer Betriebe reagierten ab 1970 mit einer Intensivierung ihres Exportgeschäfts. Es gab mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers einen Aufschwung, aber mit der Globalisierung sind chinesische Billig-Produkte aus Naturstein eine starke Konkurrenz auch für den Solnhofener Plattenkalk.[1]

Gesteinsbeschreibung und Gewinnung

Es handelt sich um einen dichten, cremefarbenen bis ockergelben Kalkstein, der plattig abgesondert wurde. Auf den Schichtflächen finden sich teilweise Dendriten, die entweder aus Eisen- oder Manganoxiden entstanden sind und wie Farne oder Bäumchen aussehen können.

Die Solnhofener Kalkplatten werden in Steinbrüchen gewonnen. Die Arbeitsweise ist aufgrund des geschichteten Gesteins, das keinen Maschineneinsatz zulässt, seit Jahrhunderten unverändert. Die Hackstockmeister brechen den Stein mit Pickeln aus dem Steinbruch und erhalten so ein Paket, das mehrere geschichtete Platten enthält. Diese werden mit Hammer und Meißel gespalten und in Paletten in das Werk transportiert. Dort werden sie entweder weiter bearbeitet oder sie gelangen im Rohzustand als Platten mit bruchrauer Oberfläche in den Handel.

Steinbruch Solnhofen im Mai 2004

Verwendung

Vorbereitung der Rohplatten im Steinbruch
Zurichtung der Lithographietafeln

Der größte Anteil der Solnhofener Platten wird seit vielen Jahrhunderten und weltweit für Boden- und Treppenbeläge, Wandfliesen oder für historische Grabmale, vor allem Epitaphe in historischen Gebäuden verwendet, sowie regional und vor allem historisch als Kalkplattendach beim sogenannten Jurahaus. Größere Bekanntheit und Verwendung erlangte Solnhofener Plattenkalk durch die Erfindung der Lithographie (Bilderdruck für Bücher, Landkarten etc.) durch Alois Senefelder, wofür die Feinkörnigkeit des Solnhofener Plattenkalks Voraussetzung war.

Es ist einer der dichtesten Kalksteine, der sich im Handel befindet. Sein Verwitterungsverhalten ist mäßig, denn er neigt beim Außenverbau zu Anlösungen, Aufrauungen bis hin zu Abplatzungen und Ausbrüchen. Er ist für den Innenausbau gut geeignet. Er wird häufig spaltrau, fein geschliffen oder in bruchrau-angeschliffener Oberfläche verwendet. Für eine Verwendung als Außenfassade ist er nicht geeignet. Früher wurden die Platten in einer Dicke von 12 bis 22 Millimeter für Wand- und Bodenbeläge verwendet; mit der Einführung maschineller Methoden sind die Platten in einer einheitlichen Stärke von 10 Millimeter lieferbar. Die maximale Dicke der lieferbaren Platten beträgt 30 Zentimeter und die maximale Länge liegt bei 2 Metern. Solnhofener Plattenkalk ist besonders zum Einbau über Fußbodenheizungen geeignet.

Das Kaisergrab von Heinrich II. und Kunigunde im Bamberger Dom und das Grabmal von Aloisius Senefelder bestehen aus Solnhofer Plattenkalk. Im 16. und 17. Jahrhundert war Solnhofener Stein ein bei Künstlern beliebtes Material für kleinformatige Reliefs.

Fossilien und andere Einschlüsse

Archaeopteryx bavarica in Solnhofener Plattenkalk

Die Solnhofener Plattenkalke gelten als eine der bedeutendsten Fossillagerstätten der Welt. Hier wurden alle zehn bisher bekannten Exemplare des als „Urvogel“ bezeichneten gefiederten Dinosauriers Archaeopteryx gefunden. Diese Fossilien machten den Solnhofener Plattenkalk international bekannt, auch wegen der oft erhaltenen Details (Weichteile, Pflanzenteile, Libellenflügel, Federn etc). Bedeutende Museen sind in Eichstätt das Jura-Museum auf der Willibaldsburg und das Museum Bergér in Eichstätt-Harthof, ferner das Bürgermeister-Müller-Museum in Solnhofen und das Fossilien- und Steindruck-Museum in Gunzenhausen. Eine weitere Sammlung befindet sich im Museum für Mineralogie und Geologie Dresden.

Auch Amateurpaläontologen können sich, in besonders ausgewiesenen Steinbrüchen, an der Fossiliensuche beteiligen. Selbst gefundene Fossilien können im Regelfall behalten werden.

Relativ häufig finden sich im Plattenkalk auf Kluftflächen dendritisch auffällige Krusten von Eisen- und Manganverbindungen, die einen Pflanzenabdruck vortäuschen können. Diese Ausbildungen haben jedoch eine rein chemisch-mineralogische Ursache und beruhen auf Diffusionsvorgängen. Vergleichbare Erscheinungen treten auch an anderen Gesteinen auf.

Literatur

  • Wolf-Dieter Grimm; Ninon Ballerstädt: Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland. (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, H. 50), Lipp-Verlag, München 1990, ISBN 3-87490-535-7
  • Friedrich Müller: INSK kompakt: die internationale Naturwerksteinkartei für den aktuellen Markt. Blatt 69.3. Ebner Verlag Ulm. 1. Auflage 1997.

Weblinks

Commons: Solnhofener Plattenkalk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweis

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