Stachel-Lattich



Stachel-Lattich

Stachel-Lattich (Lactuca serriola)

Systematik
Euasteriden II
Ordnung: Asternartige (Asterales)
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Unterfamilie: Cichorioideae
Gattung: Lattiche (Lactuca)
Art: Stachel-Lattich
Wissenschaftlicher Name
Lactuca serriola
L.

Der Stachel-Lattich (Lactuca serriola), auch Kompass-Lattich oder Zaun-Lattich genannt, gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae).

Stachel-Lattich
Blüten- und Fruchtstand mit Raupe der Kompasslatticheule

Beschreibung

Der Stachel-Lattich ist eine einjährig überwinternde bis zweijährige krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 30 bis 120 cm erreicht. Sie kann bis zu zwei Meter tiefe Wurzeln schlagen. Die Pflanze führt einen weißen Milchsaft.

Die am Stängel wechselständig verteilten Laubblätter stehen oft senkrecht, oft nach Nord-Süd weisend („Kompasspflanze“). Die Blätter sind tief buchtig gelappt (Typusform: forma serriola) oder lanzettlich und ungelappt (forma integrifolia), der Blattrand ist immer mehr oder weniger grob gezähnt. Die Stacheln auf der Mittelrippe sind länger als ihr gegenseitiger Abstand.

An einer Pflanze stehen viele körbchenförmige Blütenstände. Die Blütenkörbchen enthalten nur 12 bis 20 Zungenblüten. Die verwachsenen Kronblätter sind gelb und ungleich violett überlaufen. Die hell graubraunen Achänen sind rau und etwa 2,5 bis 3,5 mm lang, mit einem weißen, (3 bis) 4 bis 5 mm langen Pappus.[1]

Sie blüht von Juli bis September.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 18.

Verbreitung und Standorte

Das Verbreitungsgebiet des Stachel-Lattichs reicht in Nord-Süd-Richtung von Äthiopien und dem Mittelmeergebiet nach Norden bis in die Gemäßigte Zone; dort konzentrieren sich die Vorkommen auf Tieflagen und Wärmegebiete.[2] In West-Ost-Richtung reicht das Verbreitungsareal von den Atlantischen Inseln bis zur Mongolei, Xinjiang in West-China, Afghanistan und Nord-Indien.[3] Er wurde im südlichen Afrika, in Ost-Asien, Australien, Neuseeland, Nordamerika und im Süden Südamerikas eingeschleppt.[3]

Der Stachel-Lattich kommt häufig in sonnigen, lückigen Unkrautfluren, an Wegrändern, Schutt- und Trümmerplätzen, in Bahn- und Verladungsanlagen, an Mauern, Dämmen und in Hecken vor. Er bevorzugt trockene, nährstoffreiche Böden an warmen, sonnigen Standorten.

Nach Ellenberg ist er eine Volllichtpflanze, ein Wärmezeiger, und eine Verbandscharakterart annueller Ruderalgesellschaften in gemäßigt warmem Klima (Sisymbrion).

Systematik

Lactuca serriola wurde 1756 durch Carl von Linné in Centuria II. Plantarum erstveröffentlicht.[4] Ein wichtiges, 1763 veröffentlichtes Synonym ist Lactuca scariola L.

Der Stachel-Lattich ist die Stammpflanze unseres Gartensalates (Lactuca sativa). Genetische Untersuchungen zeigen so große Ähnlichkeiten zwischen der Kulturform Lactuca sativa und der Wildform Lactuca serriola, dass eine Aufspaltung in zwei Arten nicht gerechtfertigt erscheint.[5]

Die Form der Stengelblätter von Lactuca serriola f. serriola und f. integrifolia (S. F. Gray) S. D. Prince & R. N. Carter ist erblich und nicht durch Übergänge verbunden.[6] Pflanzen mit beiden Blattformen kommen regional gehäuft, manchmal aber auch nebeneinander am selben Wuchsort vor.

Ökologie

Diese Art verfügt über eine ausgeprägte Anpassung an Trockenheit und Sonneneinstrahlung: Blätter an sonnigen Stellen befinden sich in „Kompass-Stellung“: Die Spreite steht senkrecht, ihre Schmalseite ist in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, parallel zur Sonneneinstrahlung. Damit sind die Blattspreiten dem weniger intensiven Sonnenlicht des Vor- und Nachmittags voll ausgesetzt. Beim mittäglichen Sonnenhöchststand weisen aber die Blattkanten der Sonne entgegen.

Da der Stachel-Lattich je nach Standort Unterschiede in der Blattausrichtung aufweist, dürfte hier ein Tropismus vorliegen. Im Schatten stehende Pflanzen zeigen nämlich keine solche Ausrichtung der Blattspreiten, es kann in Hanglage sogar vorkommen, dass die beschatteten Blätter horizontal orientiert sind, die besonnten Blätter aber die senkrechte Nord-Süd-Richtung aufweisen.

Die Umorientierung der Blattspreite kommt bei Kompasspflanzen durch eine Wachstums- und Torsionsbewegung des Blattstiels zustande. Daher bleibt die Spreitenstellung nach Abschluss des Wachstums erhalten.

Die Bestäubung der Blüten erfolgt durch Insekten, auch Selbstbestäubung findet statt.

Fressfeinde und Parasiten

Der Stachel-Lattich ist die Futterpflanze für die Kompasslatticheule (Hecatera dysodea) und für den Lattich-Mönch (Cucullia lactucae). Während die Raupen der Kompasslatticheule eher unscheinbar grün bis hellbraun sind, zeigen die Raupen des Lattich-Mönchs eine auffallende weiß-gelb-schwarze Färbung.

Die folgenden Pilze parasitieren auf dem Stachel-Lattich, nämlich die Mehltau-Arten Erysibe cichoracearum, Bremia lactucae und Sphaerotheca fusca sowie die beiden Rostpilze Puccinia opizii (mit Wirtswechsel auf Seggen) und Puccinia maculosa (ohne Wirtswechsel).[7]

Quellen

  1. John L. Strother: Lactuca. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 19: Magnoliophyta: Asteridae, part 6: Asteraceae, part 1 (Mutisieae–Anthemideae). Oxford University Press, New York u.a. 2006, ISBN 0-19-530563-9, S. 262. online (engl.).
  2. Gustav Hegi [Begr], Gerhard Wagenitz (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band VI. Teil 4: Compositae 2, Matricaria – Hieracium. Pteridophyta, Spermatophyta: Angiospermae, Dicotyledones 4, Teil 4. 2. überarb. u. erw. Auflage. Paul Parey, Berlin/Hamburg 1987, ISBN 3-489-86020-9, S. 1110–1112 (Nachdr. d. 1. Aufl. (Band VI/2 v. 1929)).
  3. 3,0 3,1 Zhu Shi, Norbert Kilian: Lactuca. In:
  4. Carl von Linné: Centuria II. Plantarum. Upsala 1756, S. 29, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fbiodiversitylibrary.org%2Fpage%2F36017994~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D.
  5. W. J. M. Koopman, M. J. Zevenbergen, R. G. Van den Berg: Species relationships in Lactuca s.l. (Lactuceae, Asteraceae) inferred from AFLP fingerprints. In: American Journal of Botany. Band 88, Nr. 10, 2001, S. 1881–1887, Abstract und Volltext.
  6. S. D. Prince, R. N. Carter: Prickly Lettuce (Lactuca serriola L.) in Britain. In: Watsonia. Band 11, Nr. 4, 1977, S. 331–338, PDF-Datei.
  7. Friedemann Klenke: Sammel- und Bestimmungshilfen für phytoparasitische Kleinpilze in Sachsen. In: Berichte der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker, Neue Folge. Band 16, 1998, Institut für Botanik der Universität Dresden.

Literatur

  • Margot Spohn, Marianne Golte-Bechtle: Was blüht denn da? Die Enzyklopädie: über 1000 Blütenpflanzen Mitteleuropas. Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-10326-9.
  • Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht (= UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Band 8104). 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8252-8104-3.
  • Otto Schmeil, Jost Fitschen (Begr.); Siegmund Seybold (Hrsg.): Die Flora von Deutschland, interaktiv. Sehen - Bestimmen - Wissen ; der Schlüssel zur Pflanzenwelt ; jetzt mit: zusätzlichen Bestimmungsmöglichkeiten nach einfachen Merkmalen, mehr als 4000 farbigen Pflanzenabbildungen, erweiterter Datenbank u.v.a.m. CD-ROM. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2004, ISBN 3-494-01368-3.
  • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. 6. völlig neu bearb. Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-494-01397-7.
  • Wolfgang Hensel: Pflanzen in Aktion. Krümmen, Klappen, Schleudern. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1993, ISBN 3-86025-061-2.
  • John L. Strother: Lactuca. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 19: Magnoliophyta: Asteridae, part 6: Asteraceae, part 1 (Mutisieae–Anthemideae). Oxford University Press, New York u.a. 2006, ISBN 0-19-530563-9, S. 262. online (engl.).

Weblinks

Commons: Stachel-Lattich – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien