Ständige Impfkommission


Die 16-köpfige ständige Impfkommission – abgekürzt STIKO – der Bundesrepublik Deutschland trifft sich zweimal jährlich, um sich mit den gesundheitspolitisch wichtigen Fragen zu Schutzimpfungen und Infektionskrankheiten in Forschung und Praxis zu beschäftigen und entsprechende Richtlinien herauszugeben. Die Empfehlungen der STIKO dienen den Bundesländern als Vorlage für ihre öffentlichen Impfempfehlungen.

Geschichte, Organisation, Rechtsgrundlage

Die STIKO wurde 1972 am damaligen Bundesgesundheitsamt eingerichtet, organisatorisch ist die STIKO dem Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin zugeordnet, der zentralen Einrichtung der Bundesregierung für die Krankheitsüberwachung und -prävention.

Rechtsgrundlage für die Berufung der STIKO ist das Infektionsschutzgesetz (§ 20 Absatz 2 IfSG).

Aufgaben

Aufgabe der Kommission ist es, auf wissenschaftlicher Grundlage Empfehlungen für die notwendigen Schutzimpfungen in Deutschland vorzubereiten. Aufgrund der Bedeutung ihrer Impfempfehlungen wurde die STIKO mit dem Infektionsschutzgesetz ab dem Jahr 2001 gesetzlich verankert. Entsprechend der Zielsetzung des Infektionsschutzgesetzes sind dabei insbesondere Schutzimpfungen mit Bedeutung für den öffentlichen Gesundheitsschutz relevant.

Wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Bewertungen gehören nicht zum gesetzlichen Auftrag der STIKO und sind keine primäre Entscheidungsgrundlage für Impfempfehlungen. Die Empfehlungen erfolgen insbesondere auf der Basis von Wirksamkeitsangaben und Informationen zu möglichen Impfrisiken sowie unter Einbeziehung der epidemiologischen Nutzen-Risiko-Abwägung (§ 1 Geschäftsordnung der STIKO). Darüber hinaus entwickelt die STIKO Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Maß hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung.

Von der STIKO empfohlene Impfungen müssen nach einer Bestätigung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) seit Verabschiedung der Gesundheitsreform am 1. April 2007 von den Krankenkassen bezahlt werden. Wenngleich die Empfehlungen der STIKO bisher weit überwiegend vom G-BA übernommen wurden, finden sich jedoch zum Teil leicht unterschiedliche Formulierungen und Unterschiede in den Empfehlungen.

Besetzung

Die Mitglieder werden für jeweils drei Jahre vom Bundesminister für Gesundheit in ihre ehrenamtliche Tätigkeit berufen.

Mit Stand vom 11. April 2012 gehören der STIKO folgende 17 Experten an:[1]

  • Vorsitzender: Jan Leidel, ehemals Leiter des Gesundheitsamtes der Stadt Köln
  • Stellvertretender Vorsitzender: Rüdiger von Kries, Leiter der Abteilung Epidemiologie im Kindes- und Jugendalter, Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München

Weitere Mitglieder:

  • Hilke Bertelsmann, Lehrstuhl für Gesundheitswissenschaften, Fachhochschule der Diakonie, Bielefeld
  • Christian Bogdan, Mikrobiologisches Institut – Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene, Universitätsklinik Erlangen
  • Edeltraut Garbe, Institut für Epidemiologie und Präventionsforschung, Bremen
  • Ulrich Heininger, Abteilung für Pädiatrische Infektiologie und Vakzinologie, Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB)
  • Hartmut Hengel, Institut für Virologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
  • Eva Hummers-Pradier, Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
  • Stefanie J. Klug, MPH, Tumorepidemiologie am Universitäts KrebsCentrum Dresden, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
  • Thomas Ledig, Hausarzt und wiss. Mitarbeiter Uni Heidelberg
  • Thomas Mertens, Direktor der Abteilung Virologie, Institut für Mikrobiologie und Immunologie, Universität Ulm
  • Hanna Oppermann, Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt, Fachbereich 2 Hygiene, Magdeburg
  • Marianne van der Sande, National Institute for Public Health and the Environment (RIVM), Bilthoven, Niederlande
  • Frank Falkner von Sonnenburg, stellvertretender Leiter der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
  • Martin Terhardt, Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendmedizin, Ratingen
  • Sabine Wicker, Betriebsärztlicher Dienst, Universitätsklinikum Frankfurt am Main, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
  • Fred Zepp, Direktor der Universitäts-Kinderklinik Mainz

Kritik

Durch die Einführung der Kostenübernahme der von der STIKO empfohlenen Impfungen in der Gesundheitsreform am 1. April 2007 haben die Empfehlungen der STIKO Einfluss auf die Kosten des Gesundheitssystems und auf den Umsatz von pharmazeutischen Produkten.[2]

Kritiker fordern bereits seit längerem die vollständige finanzielle Unabhängigkeit der Mitglieder der STIKO von Impfherstellern, die gesetzlich jedoch nicht vorgeschrieben ist. In diesem Zusammenhang wird eine mangelnde Transparenz bei Arbeitsweise und Nebentätigkeiten von Mitgliedern bemängelt.[3] Mindestens 12 von 16 Mitgliedern[4] der STIKO werden solche Nebentätigkeiten für Pharmaunternehmen oder von diesen unterstützten Organisationen vorgehalten.[5][6] Neuen Antrieb erhielt diese Debatte, als im Herbst 2007 Heinz-Joseph Schmitt seinen Vorsitz der STIKO niederlegte und einen Posten in der pharmazeutischen Industrie annahm.[7] Er ist nun bei Novartis tätig.

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen stellte zu diesen Unklarheiten im Oktober 2007 eine kleine Anfrage (16/6718) an die Bundesregierung, in der ein Katalog von Fragen zur Arbeitsweise der STIKO vorgelegt wurde. Die Bundesregierung sah in ihrer Antwort keine Kritikpunkte an der Arbeit der Impfkommission, stellte aber in Aussicht, potenzielle Interessenskonflikte der Kommissionsmitglieder zukünftig zu veröffentlichen.[8] Diese sind mittlerweile im Online-Auftritt der STIKO aufgeführt.

Die Organisation Transparency International stellte zur STIKO fest, „dass die Mehrzahl der derzeit 16 Mitglieder mehr oder minder intensive Kontakte, darunter auch bezahlte Tätigkeiten, zu den wichtigsten Herstellern von Impfstoffen haben.“[9]

StIKo Vet.

Seit 2008 gibt es im Bundesverband Praktizierender Tierärzte eine Ständige Impfkommission Vet. (StIKo Vet.),[10] die Impfempfehlungen für Pferde, Katzen, Hunde, Kaninchen und Frettchen etc. erarbeitet.

Einzelnachweise

  1. Mitglieder der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut, Stand: 16. Februar 2011 (html) Abgerufen am 18. Februar 2011.
  2. AOK Bundesverband: Die Ständige Impfkommission (STIKO). aus: Presseservice Gesundheit, Politik Nr. 4 vom 11. April 2007
  3. arznei-telegramm: Ständige Impfkommission: Transparenz tut not. 2007;38:33-4
  4. Tagesspiegel
  5. K.-P. Görlitzer: Kontakte zu Pharmafirmen. Impfkommission im Interessenkonflikt. In: taz, 16. November 2007.
  6. Süddeutsche Zeitung: Ständige Impfkommission – Experten mit den falschen Freunden. 25. Januar 2008
  7. Sabine Rieser: Ständige Impfkommission: Unter Anwendungsbeobachtung. Deutsches Ärzteblatt 104, Ausgabe 49 vom 7. Dezember 2007, Seite A-3361
  8. Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage 16/6718. (pdf, 109 kB)
  9. „Schweinegrippe-Impfung: Transparency kritisiert potenzielle Interessenkonflikte und intransparente Entscheidungsprozesse bei der ständigen Impfkommission STIKO“, TI, 14. Sep 2009
  10. Information zur StIKo Vet.

Weblinks