Superorganismus


Als Superorganismus wird gelegentlich eine lebendige Gemeinschaft von mehreren, meist sehr vielen eigenständigen Organismen bezeichnet, die gemeinsam Fähigkeiten oder Eigenschaften entwickeln, die über die Fähigkeiten der Individuen der Gemeinschaft hinausgehen.

Der Begriff „Superorganismus“ wurde 1910 von dem US-amerikanischen Biologen William Morton Wheeler geprägt, und zwar auf der Grundlage seiner Arbeiten an Ameisen.[1] Daher ist das klassische Beispiel für einen „Superorganismus“ der Ameisenstaat: Jede Ameise ist theoretisch auch einzeln überlebensfähig, denn sie verfügt über alle Organe, die eigenständige Insekten zum Überleben benötigen. Tatsächlich haben sie sich aber spezialisiert, sodass sie nur in der Gemeinschaft – im Staat – langfristig überleben können: Wenige sind für die Fortpflanzung zuständig, die meisten anderen beschaffen Nahrung, beschützen die Gemeinschaft vor Feinden oder pflegen die Brut.

Das Zusammenwirken dieser spezialisierten Handlungsweisen übertrifft bei weitem die Möglichkeiten, die einzelne Ameisen hätten: Ihnen wird daher auch eine sogenannte kollektive Intelligenz zugesprochen.

Eine simplere Form von Superorganismen sind z. B. Schwärme. Diese bewegen sich vor allem in einer Gemeinschaft, um Feinden eine geringere Angriffsfläche zu bieten. In einem sich bewegenden Schwarm ist es erheblich schwerer, eine Beute auszumachen und zu fangen, als bei sich allein bewegenden Individuen.

Bisher bekannte Wirbeltiere, die in solch einer Gemeinschaft leben, sind Nacktmulle und Zwergmangusten.[2]

Alfred Kroeber übertrug das Konzept des Superorganismus auf die menschliche Kultur.[3]

Einzelnachweise

  1. William Morton Wheeler: The ant-colony as an organism. (A lecture prepared for delivery at the Marine Biological Laboratory, Woods Hole, Mass., August 2, 1910). In: Journal of Morphology. Bd. 22, Nr. 2, 1911, ISSN 0362-2525, S. 307–325, doi:10.1002/jmor.1050220206.
  2. Bert Hölldobler, Edward O. Wilson: Der Superorganismus. Der Erfolg von Ameisen, Bienen, Wespen und Termiten. Springer, Berlin u. a. 2009, ISBN 978-3-540-93766-1.
  3. Kulturologie. In: Michel Panoff, Michel Perrin: Taschenwörterbuch der Ethnologie (= List-Taschenbücher der Wissenschaft 1615). List, München 1975, ISBN 3-471-61615-2, S. 177.

Siehe auch