Thrombin


Thrombin

Vorhandene Strukturdaten: siehe UniProt-Eintrag
Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 295 Aminosäuren
Sekundär- bis Quartärstruktur Heterodimer
Kofaktor Ca2+
Präkursor Prothrombin; 579 AS
Bezeichner
Gen-Namen F2; PT
Externe IDs OMIM: 176930 UniProtP00734   MGI: 88380 CAS-Nummer: 9002-04-4
Arzneistoffangaben
ATC-Code B02BC06
B02BD30
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.4.21.5  Serinprotease
MEROPS S01.217
Reaktionsart Hydrolyse
Substrat Fibrinogen
Produkte Fibrinopeptid A + Fibrinopeptid B + Fibrinvorstufe
Vorkommen
Homologie-Familie Thrombin
Übergeordnetes Taxon Euteleostomi

Thrombin (Faktor IIa) ist das wichtigste Enzym der Blutgerinnung bei Wirbeltieren und einer der Blutgerinnungsfaktoren. Thrombin gehört zu den Serinproteasen und spaltet Fibrinogen zu Fibrin und den Fibrinopeptiden. Außerdem aktiviert es die Blutgerinnungsfaktoren V, VII, VIII, XIII und, zusammen mit Thrombomodulin, das Protein C. Es hat Funktionen beim Entzündungsgeschehen und bei der Wundheilung. Thrombin wird in der Leber gebildet und findet sich als Precursor (Prothrombin) kontinuierlich im Blutplasma. Defekte im F2-Gen sind die Ursache für Dysprothrombinämie und können die Anfälligkeit für Schlaganfall erhöhen.[1]

Vorkommen

Prothrombin ist der Faktor II der Blutgerinnung. Es entsteht in der Leber und wird kontinuierlich ins Blut abgegeben. Prothrombin ist im Blutplasma nachweisbar. Im Blut finden sich nur geringe Spuren freien Thrombins, welches normalerweise erst bei Verletzung von Gewebe aus dem Prothrombin an Ort und Stelle gebildet wird. Eine Thrombinämie, das Vorkommen von freiem Thrombin und damit die Gerinnung von Blut in unverletzten Gefäßen, wird durch körpereigene Antithrombine verhindert.

Biosynthese

Beim Mensch liegt das F2-Gen auf Chromosom 11 und erstreckt sich über 20.300 Basenpaare und 14 Exons. Nach der Transkription wird die 1.997 Basen lange mRNA in ein 622 Aminosäuren langes Protein translatiert und durch posttranslationale Modifikation entsteht Prothrombin mit 579 Aminosäuren.[2]

Biologische Funktion

Die Wirkung von Thrombin beruht auf seiner Proteaseaktivität und betrifft zum einen die proteolytische Aktivierung von im Blutplasma gelösten Proteinen (Gerinnungsfaktoren und Fibrin) und zum anderen die Signalwirkung auf vaskuläre Zellen.

Die Verletzung eines Blutgefäßes löst im Blutplasma eine proteolytische Reaktionskaskade aus, an deren Ende die Freisetzung von Thrombin aus Prothrombin steht. Die FIIa-Generierung erfolgt im Prothrombinasekomplex (Gerinnungsfaktoren II, Va und Xa, über Calcium-Ionen möglicherweise mit membranären Phospholipiden assoziiert). Das freigesetzte Thrombin spaltet das im Blutplasma gelöst vorliegende Fibrinogen in Fibrin, welches sich zu unlöslichen Fibrin-Polymeren zusammenlagert. Zugleich fördert Thrombin die Aktivierung der Gerinnungsfaktoren V, VII und VIII und somit - über eine positive Feedback-Schleife - seine eigene Freisetzung.

Die Rolle der Serinprotease Thrombin (Faktor IIa) aus Prothromin (Faktor II) entstanden, in der Gerinnungskaskade (schematische Darstellung)

Neben der Wirkung von Thrombin auf Plasmaproteine steht seine Signalwirkung auf Zellen des vaskulären Systems. Die Mediation dieser Signalwirkung erfolgt über Protease-aktivierte Rezeptoren (PAR) auf der Oberfläche u.a. von Thrombozyten und Glattmuskelzellen. Bei Thrombozyten löst Thrombin die Thrombozytenaktivierung aus, bei vaskulären Glattmuskelzellen Proliferations- und Migrationsprozesse, die auch für atherosklerotische Prozesse von Bedeutung sind.[3]

Pharmakologie, Diagnose

Thrombin kann durch zahlreiche Wirkstoffe gehemmt werden, z. B.:

Die Funktion des Thrombins kann man mittels verschiedener Gerinnungstests abschätzen: Prothrombinspiegel, Thromboplastinzeit (Quickwert), Partielle Thromboplastinzeit, Thrombingenerierungstest.

Anwendungen in der Nahrungsmittelindustrie

Thrombin vom Hausschwein (Sus scrofa) wird von der Nahrungsmittelindustrie bei der Herstellung von Lebensmitteln, etwa Wurstwaren, eingesetzt. Eine Anwendung als Klebstoff, um künstlich größere Fleischteile wie Schinken herzustellen, lehnte das Europäische Parlament im Mai 2010 mit knapper Mehrheit ab.[4][5][6]

Siehe auch: Fleischkleber

Geschichte

Thrombin wurde erstmals 1892 von Schmidt in seinem Werk zur Blutlehre beschrieben:

Die Faserstoffgerinnung hat eine Reihe von Umsetzungen im circulirenden Blute zu ihrer entfernteren Voraussetzung und besteht wesentlich (...) in drei aufeinander folgenden und voneinander abhängigen Akten und zwar:

  1. in der mit erhöhter Stärke sich fortsetzenden Abspaltung des Thrombins vom Prothrombin durch die zytoplastischen Substanzen.
  2. In der Wirkung des Thrombins, die in der Spaltung des Paraglobulins (fibrinoplastische Substanz) und der Überführung der aus dieser Spaltung hervor gehenden fibrinogenen Substanz in den flüssigen Faserstoff und
  3. in der Fällung des letzteren durch die Plasmasalze in unlöslicher Modifikation.
H. A. A. Schmidt: Zur Blutlehre. Leipzig 1892

Einzelnachweise

  1. UniProt-Eintrag
  2. ENSEMBL-Eintrag
  3. Stouffer GA, Runge MS: The role of secondary growth factor production in thrombin-induced proliferation of vascular smooth muscle cells. In: Semin. Thromb. Hemost. 24. Jahrgang, Nr. 2, 1998, S. 145–50, PMID 9579635.
  4. spiegel online: Industrie muss auf Klebefleisch verzichten (abgerufen am 19. Mai 2010)
  5. "Europaparlament stoppt Fleischkleister" (Süddeutsche Zeitung vom 20. Mai 2010)
  6. European Parliament Press Release: MEPs veto "meat glue" authorisation

Weblinks

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