Vorhaut


Die Vorhaut (lat. Praeputium oder Preputium, griech. πόσθη, pósthe) bezeichnet beim Mann (bzw. bei männlichen Säugetieren) die die Eichel des Penis umgebende Haut, die hinter die Eichel zurückgezogen werden kann. Auch die Klitoris, das bei der Frau dem Penis entsprechende Organ, ist mit einer Vorhaut versehen.

Die Vorhaut ist eine Reservefalte für die Verlängerung des Penis bei der Erektion.

Anatomie

Die Vorhaut wird in ein Innenblatt und ein Außenblatt eingeteilt. Sie sind nicht miteinander verwachsen, sondern gegeneinander verschiebbar und praktisch im nicht zurückgezogenen Zustand an der Penisspitze zusammengefaltet. Das Außenblatt besteht aus äußerer Haut, das Innenblatt ist eine Schleimhaut mit einem unverhornten Plattenepithel. Bei neugeborenen Säugetieren ist das Innenblatt der Vorhaut häufig noch mit der Eichel verklebt (Präputialverklebung und selten Konglutination genannt), da sich die Trennung erst nach der Geburt endgültig vollzieht. Sie löst sich bei Kleinkindern in der Regel jedoch innerhalb der ersten Lebensjahre.

An der Unterseite der Vorhaut ist eine Verwachsungslinie, die Vorhautnaht (Raphe preputii), sichtbar. Sie setzt sich über das Vorhautbändchen (Frenulum pr(a)eputii) in die Penisnaht fort. Das Vorhautbändchen ist eine Hautfalte zwischen der Eichel und dem Innenblatt der Vorhaut.

Beim männlichen Pferd (Hengst) besitzt die Vorhaut sogar noch eine zusätzliche Reservefalte (Plica preputialis), welche die beträchtliche Verlängerung des Penis bei der Erektion ermöglicht.

Funktion

Während des ganzen Lebens hält die Vorhaut die Eichel zart und feucht und schützt sie vor Verletzungen, Reibung und Austrocknung. Reibung (auch durch Kleidung) führt zu Verringerung der Reizbarkeit.

Die Vorhaut enthält zahlreiche Meissnersche Tastkörperchen, die durch Dehnung stimuliert werden. Auf diese Weise spielt die Vorhaut eine Rolle für die Sexualität des Mannes.[1]

Die Bedeutung des Vorhautbändchens ist nicht hinreichend geklärt, wahrscheinlich ist eine Beteiligung am Ejakulationsreflex sowie für die Aufrechterhaltung der Erektion.[2]

Hygiene

Abgeschilferte Epithelzellen der Vorhaut, welche sich bei unzureichender Hygiene ansammeln können, bilden das Smegma. Wird das Smegma nicht regelmäßig entfernt, so können sich Pilze und andere Krankheitserreger vermehren, und es kann zu Entzündungen von Vorhaut und Eichel (Balanoposthitis) kommen.[3] Auch eine Übertragung von Geschlechtskrankheiten auf den Sexualpartner ist bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr leichter möglich.

Eine Balanitis kann auch bei übertriebener Intimhygiene auftreten. Grundsätzlich sollten ein bis maximal zwei Reinigungen am Tag vollkommen ausreichen. Ebenfalls sollten Männer (wie auch Frauen) für den Intimbereich keine Seifen, Feuchttücher oder Intimdeodorants verwenden. Grundsätzlich ist klares Wasser zum Reinigen am besten geeignet.

Erkrankungen der Vorhaut

Kann die Vorhaut nicht oder nur unter Schwierigkeiten zurückgezogen werden, kann ein zu kurzes Vorhautbändchen (Frenulum breve) die Ursache sein, welches in einem kleinen chirurgischen Eingriff durchtrennt, verlängert oder entfernt werden kann. Jedoch gibt es verschiedene Längen von Vorhautbändchen. Solange die Vorhaut bis hinter die Eichel gezogen werden kann, sind keine Probleme beim Geschlechtsverkehr zu erwarten.

Häufig ist auch eine zu enge Vorhaut (Phimose) Grund für Schwierigkeiten beim Zurückziehen der Vorhaut. Eine Phimose kann operativ oder konservativ behandelt werden: Zu den operativen Behandlungsmethoden gehören die teilweise oder die komplette Entfernung der Vorhaut (Zirkumzision) sowie auch vorhauterhaltende Eingriffe (wie z. B. die sogenannte Triple Inzision). Sofern kein akuter Handlungsbedarf besteht (z. B. eine Paraphimose), kann eine Phimose durch konservative Maßnahmen wie z. B. eine Behandlung mit steroidhaltigen Salben therapiert werden. Die Forschungsbemühungen der letzten Jahre zeigen deutlich, dass diese konservativen (nicht-operativen) Maßnahmen sehr kostengünstig und effektiv sind.[4][5][6][7] Bei Neugeborenen ist eine Verklebung der Vorhaut mit der Eichel – Präputialverklebung auch „physiologische Phimose“ genannt – physiologisch (normal) und löst sich fast immer im Laufe der Kindheit von selbst. Nur sehr selten dauert es bis über das 17. Lebensjahr hinaus, ehe sich die Vorhaut von der Eichel gelöst hat und komplett zurückstreifbar wird. Kabaya et al. fanden 1996 im Rahmen ihrer Untersuchung von 603 japanischen Jungen im Alter zwischen 0 und 15 Jahren, dass in der Altersstufe 11–15 Jahre bei 62,9 Prozent der untersuchten Jungen die Vorhaut komplett zurückstreifbar war.[8] Ishikawa und Kawakita untersuchten 242 japanische Jungen und fanden 2004 in der Alterstufe 11–15 Jahre in 77 Prozent der Fälle eine zurückziehbare Vorhaut.[9] Concepción et al. untersuchten 1200 kubanische Jungen im Alter zwischen 0 und 16 Jahren und fanden 2008 in der Altersgruppe 11–16 Jahre in nur 0,9 Prozent der Fälle eine nicht zurückstreifbare Vorhaut; 80,9 Prozent der Fälle hatten eine komplett zurückziehbare Vorhaut.[10] Jakob Oster fand 1968 im Rahmen seiner Untersuchung dänischer Schuljungen im Alter zwischen 6 und 17 Jahren, dass 1 Prozent der Jungen in der Alterstufe 16–17 Jahre eine Phimose und 3 Prozent präputiale Verklebungen aufwiesen.[11]

Eine Entzündung der Vorhaut (Posthitis) durch Phimose, Verklebungen, mangelhafte Hygiene oder unangemessene Manipulationen tritt meist in Kombination mit der Eichel auf (Balanoposthitis). Sie kann dann mit heftigen Beschwerden einhergehen und eine akute Therapie erfordern.

Beschneidung

Unter einer Zirkumzision (Beschneidung) wird die teilweise oder vollständige operative Entfernung der Vorhaut verstanden. Neben medizinischen Gründen werden Beschneidungen in vielen Kulturen vor allem aus religiösen (Islam, Judentum) und rituellen, aber auch kosmetischen und kulturellen Motiven bei der Geburt oder im frühen Kindesalter bis spätestens zum Eintritt der Pubertät durchgeführt. Im Judentum wird dies als Brit Mila bezeichnet.

Das Unternehmen TransCyte verarbeitet die bei Zirkumzisionen entfernten Vorhäute zu Hautersatzprodukten, die bei Hauttransplantationen nach Verbrennungen eingesetzt werden. [12] Zudem sind sie in verarbeiteter Form Bestandteil diverser kosmetischer Antifaltencremes. [13]

Siehe auch

  • Heilige Vorhaut
  • Vorhautpiercing

Einzelnachweise

  1. Taylor, J. R., Lockwood, A., & Taylor, A. (1996): The prepuce: specialized mucosa of the penis and its loss to circumcision. British journal of urology, 77(2), 291-295 doi:10.1046/j.1464-410X.1996.85023.x
  2. Song, B., & Cai, Z. M. (2011): Possible function of the frenulum of prepuce in penile erection. Andrologia, 44 (1), 23-25, doi:10.1111/j.1439-0272.2010.01099.x
  3. gesundheit-heute.de
  4. Topical steroid application versus circumcision in pediatric patients with phimosis: a prospective randomized placebo controlled clinical trial, World Journal of Urology, Ausgabe 2008, Band 26, S. 187-190
  5. Phimosis and topical steroids: new clinical findings, Pediatric Surgery International, Ausgabe 2007, Band 23, S. 331-335
  6. MedReview, Ausgabe 12/2004, Seite 10
  7. ERDAL YILMAZ, ERTAN BATISLAM, MEHMET MURAD BASAR AND HALIL BASAR: Psychological trauma of circumcision in the phallic period could be avoided by using topical steroids. In: INTERNATIONAL JOURNAL OF UROLOGY, Volume 10 Number 12. Dezember 2003, S. 651–656.
  8. Hiroyuki Kabaya, Hiromi Tamura, Seiichi Kitajima, Yoshiyuki Fujiwara, Tetsuo Kato, Tetsuro Kato: Analysis of shape and retractability of the prepuce in 603 Japanese boys. In: Journal of urology. 156. Jahrgang, Nr. 5, November 1996, S. 1813–1815, doi:10.1016/S0022-5347(01)65544-7, PMID 8863623 (cirp.org).
  9. E. Ishikawa, M. Kawakita: Preputial development in Japanese boys. In: Hinyokika Kiyo. 2004 May;50(5):305-8. PMID 15237481.
  10. J. C. Concepción, P. G. Fernández, A. M. Aránegui, M. G. Rodríguez, B. M. Casacó: The need of circumcision or prepuce dilation. A study with 1200 boys. In: Arch Esp Urol. 2008 Jul-Aug;61(6):699-704. PMID 18705191. PDF-Volltext.
  11. Jakob Oster: Further fate of the foreskin. Incidence of preputial adhesions, phimosis, and smegma among Danish schoolboys. In: Arch. Dis. Child. 43. Jahrgang, Nr. 228, 1968, S. 200–203, doi:10.1136/adc.43.228.200, PMID 5689532, PMC 2019851 (freier Volltext).
  12. http://www.wchstv.com/newsroom/healthyforlife/1785.shtml
  13. http://www.ocbj.com/news/2002/aug/05/skinmedica-seeks-niche-in-skin-care-drugs-products/

Literatur und Quellen

  • A. Benninghoff, D. Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie. 16. Auflage. Urban und Fischer Verlag, München 2004, ISBN 3-437-42350-9.
  • U. Gille: Männliche Geschlechtsorgane. In: F.-V. Salomon, H. Geyer, U. Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke Verlag, Stuttgart 2004, S. 389–403, ISBN 3-8304-1007-7.
  • Schmelz, Sparwasser, Weidner: Facharztwissen Urologie: Differenzierte Diagnostik und Therapie. Korrigierter Nachdruck. Springer, Berlin 2006, ISBN 3-540-20009-6.

Weblinks