Walahfrid Strabo
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- Abt (Reichenau)
- Autor
- Mittelalter (Literatur)
- Literatur (Mittellatein)
- Christliche Literatur
- Sachliteratur
- Botaniker (vor 16. Jahrhundert)
- Franke
- Geboren im 9. Jahrhundert
- Gestorben 849
- Mann
Walahfrid von der Reichenau (auch Walahfried), genannt Strabo (lat. der Schielende) oder Strabus (* 808/809; † 18. August 849) war ein Benediktiner, Dichter, Botaniker und Diplomat.
Leben
Walahfrid wurde in eher ärmlichen Verhältnissen am Bodensee geboren. Er war ein Schüler der Klosterschule Fulda, wo Rabanus Maurus sein Lehrer war. Dort lernte er Gottschalk den Sachsen kennen, mit dem er in lebenslanger Freundschaft, die in zahlreichen Gedichten ihren Niederschlag fand, verbunden blieb. In den Jahren 829 und 838 wirkte er als Prinzenerzieher am karolingischen Hof. Kaiser Ludwig der Fromme erkor ihn 839 zum Abt des Klosters Reichenau. Im Alter von 40 Jahren ertrank Walahfrid am 18. August 849 in der Loire. Damit verlor die Insel Reichenau viel von ihrer Bedeutung als eines der wichtigen Zentren der abendländischen Religion.
Werke
Walahfrid zählt zu den bedeutendsten Dichtern der karolingischen Renaissance.
824 verfasste er die Visio Wettini, welche in lateinischen Hexametern die zunächst von dem resignierten Abt Heito in Prosa festgehaltene Sterbevision seines Lehrers Wetti wiedergibt. Walahfrids Werk ist die früheste dichterische Umsetzung einer mittelalterlichen Jenseitsvorstellung; er gab damit den Anstoß zum Wiederaufleben einer Gattung, die in der Divina commedia Dantes ihren unüberbietbaren Gipfelpunkt erreichen sollte. In der Visio wird geschildert, wie Wetti unter Führung eines Engels durch die Unterwelt wandert und dort die Bestrafung der verschiedensten Sünder beobachtet, unter ihnen auch Karl der Große. In der Einleitung bietet Walahfrid eine Übersicht über die Geschichte der Insel Reichenau sowie Kurzbiographien Heitos und des „regierenden“ Abtes Erlebald.
Im Jahre 827 schrieb er den Liber de cultura hortorum („Das Buch über die Gartenpflege“), auch bekannt als Hortulus, eines der bedeutendsten botanischen Werke des Mittelalters. In Versform sind in diesem Werk 23 Heilpflanzen aufgeführt.
Ein weiteres bedeutendes Werk ist De imagine Tetrici, eine Kritik an der von Karl dem Großen veranlassten Überführung der Statue des Ostgotenkönigs Theoderichs des Großen von Ravenna nach Aachen.
Literatur
Handschriften
De cultura hortorum ist in sieben Handschriften überliefert:
- Augsburg, Staats- und Stadtbibl., 2° Cod. 133, Bl. 46v-58v (1479)
- Herrnstein bei Siegburg, Gräflich Nesselrode’sche Bibliothek, Ms. 192, Bl. 83vb-86va (12. Jh.; Kriegsverlust)
- Leipzig, Universitätsbibl., Rep. I. 53, Bl. 1r-10r (2. Dr. 10 . Jh.) [L]
- München, Staatsbibl., Clm 666, Bl. 1r-12v (1463, Abschrift des Leipziger Codex von Hartmann Schedel) [M]
- Rom (Vatikanstadt), Bibl. Apostolica Vaticana, Cod. Pal. lat. 1519, Bl. 85va-88vb (10. Jh.) [K]
- Rom (Vatikanstadt), Bibl. Apostolica Vaticana, Cod. Regin. lat. 469, Bl. 29v-39r (2. Dr. 9. Jh.) [C]
- Privatbesitz, o.O., 1 Pergamentblatt, Vers 23-99 auf der Versoseite (um 1000) [F]
Frühe Drucke
- Strabi Galli, poeta et theologie doctissimi, ad Grimaldum Coenobii S. Galli abbatem Hortulus, Wien 1510 (daher der Titel Hortulus, unter dem das Werk in der Neuzeit bekannt wurde); Reprint München 1926; Reprint Reichenau 1974.
- Strabi Fuldensis monachi, poetae suavissimi, quondam Rabani Mauri auditoris, Hortulus, nuper apud Helvetios in S. Galli monasterio repertus, qui carminis elegantia tam est delectabilis quam doctrinae cognoscendarum quarundam herbarum varietate utilis, Nütnberg 1512.
- Basel 1527 und Freiburg 1530 als Anhang zu Odo von Meungs De herbarum virtutibus mit einem Kommentar Scholia in Strabi Hortulum von Johannes Atrocianus.
Werkausgaben und Übersetzungen
- Walafridi Strabi Fuldensis monachi opera omnia ex editione Duacensi et collectionibus Mabillonii, Dacherii, Goldasti, etc. nunc primum in unum coadunata accurante J.-P. Migne. 2 Bde. Paris 1879 (Patrologia Latina 113. 114)
- Walahfridi Strabi carmina. In: Vorlage:MGH
- Vita Galli confessoris triplex. III: Vita auctore Wahlafrido. In: Vorlage:MGH
- De cultura hortorum (Über den Gartenbau; Lateinisch/deutsche Ausgabe: Reclam, Stuttgart 2002, ISBN 3-15-018199-2)
- De cultura hortorum (Hortulus). Das Gedicht vom Gartenbau. Lat.-dt. Eingeleitet und herausgegeben von W. Berschin, mit Pflanzenbildern von C. Erbar. Mattes, Heidelberg 2012, 2. Aufl., ISBN 978-3-86809-040-6
- Visio Wettini (Die Visionen Wettis) Einführung. Lateinisch-deutsche Ausgabe und Erläuterungen von Hermann Knittel: Mattes, Heidelberg 2009, 3. erw. Aufl., ISBN 978-3-86809-013-0
- Vita sancti Otmari. In: Vorlage:MGH (834–838; Überarbeitung des um 830 von Gozbert verfassten Originals)
- Libellus de exordiis et incrementis quarundam in observationibus ecclesiasticis rerum. (Lateinisch/englische Ausgabe und Kommentar hrsg. von Alice L. Harting-Correa. Brill, Leiden u. a. 1996, ISBN 90-04-09669-8)
- Metrum Saphicum (Lob der Reichenau; Lateinisch/deutsche/alemannische Ausgabe von Bruno Epple. Gessler, Friedrichshafen 2001, ISBN 3-86136-051-9)
- Zwei Legenden. Versus Strabi de beati Blaithmaic vita et fine; De vita et fine Mammae monachi. Mattes, Heidelberg 2012, 2. erw. Aufl., ISBN 978-3-86809-014-7
- Vita Sancti Galli / Das Leben des Heiligen Gallus (lateinisch/deutsch), Reclam 2012, ISBN 3-15-018934-9
Sekundärliteratur
- Walter Berschin: Walahfrid Strabo und die Reichenau. „Augia felix“. (= Spuren; Band 49). Dt. Schillergesellschaft, Marbach 2000, ISBN 3-933679-45-1
- Arno Borst: Mönche am Bodensee. 610–1525. Thorbecke, Sigmaringen 1978, ISBN 3-7995-5005-4 (und mehrere spätere Ausgaben)
- Irmgard Fees: War Walahfrid Strabo der Lehrer und Erzieher Karls des Kahlen? In: Matthias Thumser/Annegret Wenz-Haubfleisch/Peter Wiegand (Hrsg.): Studien zur Geschichte des Mittelalters. Jürgen Petersohn zum 65. Geburtstag. Theiss, Stuttgart 2000, ISBN 3-8062-1448-4, S. 42–61.
- Hans-Dieter Stoffler: Der Hortulus des Walafried Strabo. Aus dem Kräutergarten des Klosters Reichenau. Thorbecke, Sigmaringen 1997, ISBN 3-7995-3506-3.
- Karl Sudhoff: Codex medicus hertensis (Ms. 192). Handschriftstudie, in: Archiv für Geschichte der Medizin 10 (1917), S. 265-313.
- Benedikt Conrad Vollmann: Ein neues Fragment von Walahfrid Strabos Gedicht De cultura hortorum, in: Aevum. Rassegna di scienze storiche, linguistiche e filologiche 79,2 (2005), S. 283-292 (zu [F]).
Weblinks
- Literatur von und über Walahfrid Strabo im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Klaus-Gunther Wesseling: Walahfrid Strabo. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Werke in der Bibliotheca Augustana
- Texte des Hortulus von Walahfrid Strabo
- Wilhelm Wattenbach: Walahfrid Strabo. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 40, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 639 f.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
Ruadhelm | Abt von Reichenau 842-849 |
Folkwin |
Personendaten | |
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NAME | Walahfrid Strabo |
ALTERNATIVNAMEN | Walahfrid von der Reichenau; Walahfried Strabo; Walahfried von der Reichenau |
KURZBESCHREIBUNG | fränkischer Dichter und Diplomat des frühen Mittelalters, Benediktiner, Abt des Klosters Reichenau |
GEBURTSDATUM | 808 oder 809 |
GEBURTSORT | am Bodensee, Frankenreich |
STERBEDATUM | 18. August 849 |
STERBEORT | Loire, Westfrankenreich |