Die Östliche Vollbartmeerkatze (Cercopithecus lhoesti) ist ein kleiner, tagaktiver Primat aus der Familie der Meerkatzenverwandten (Cercopithecidae). Ihr Verbreitungsgebiet reicht vom Osten der Demokratischen Republik Kongo bis in den Süden zum Itombwe Massiv und östlich des Lualaba Flusses durch den Ituri-Wald in Ruanda bis in den Westen Ugandas. Isolierte Populationen leben in verschiedenen Schutzgebieten: Kibale Forest National Park, Kalinzu Forest Reserve, Ruwenzori Mountains National Park, Maramagambo Forest Reserve und Bwindi Impenetrable National Park (Uganda), Nyungwe National Park (Ruanda) sowie im Virunga- und Kahuzi-Biega National Park [8].


Lebensraum

Östliche Vollbartmeerkatzen (Cercopithecus lhoesti) sind stark sympatrisch mit der Eulenkopfmeerkatze (Cercopithecus hamlyni), vor allem westlich des Albertine Rifts . Östliche Vollbartmeerkatzen (Cercopithecus lhoesti) leben in Höhenlagen bis zu 2.900 m und in einer Vielzahl von verschiedenen Waldgebieten, wie etwa Galeriewälder, gewachsene Tiefland-Regenwälder, bewaldete Savanne an Berghängen und an Waldrändern. Gelegentlich sieht man sie auf landwirtschaftlichen Flächen [10].


Aussehen

Östliche Vollbartmeerkatzen (Cercopithecus lhoesti) haben ein kurzes, dunkelbraunes Fell, wobei der Rücken kastanienbraun und der Bauch dunkel ist. Die Wangen sind hellgrau mit einem blassen Schnurrbart. Von Ohr zu Ohr verläuft am Hals ein charakteristischer, weißer Vollbart [1]. Die Kopf-Rumpflänge beträgt 46 - 56 cm, hinzu kommt der Schwanz mit 48 - 99 cm [9]. Das Männchen wiegt ca. 6 kg, das kleinere Weibchen wiegt 3,5 kg. Der Schwanz ist am Ende hakenförmig [4].


Ernährung

Östliche Vollbartmeerkatzen (Cercopithecus lhoesti) ernähren sich in erster Linie von Früchten, Pilzen, Kräutern, Wurzeln und Blättern. Gelegentlich erweitern sie ihren Speiseplan mit Eiern, Eidechsen und kleinen Vögeln [9] [7]. Die Reviergröße umfasst zwischen 700 und 1.000 ha. Am aktivsten sind die agilen Primaten während den frühen Morgenstunden und am späten Nachmittag. Östliche Vollbartmeerkatzen (Cercopithecus lhoesti) sind hauptsächlich Bodenbewohner [10], schlafen aber in den Bäumen. Dabei nehmen sie eine sitzend Position ein und halten sich entweder gegenseitig oder an Ästen fest. Bei Gefahr, oder wenn sie sich beobachtet fühlen, flüchten sie auf die Bäume und verhalten sich still [9].


Gruppenleben

Östliche Vollbartmeerkatze (Cercopithecus lhoesti)
Östliche Vollbartmeerkatze (Cercopithecus lhoesti) mit Baby im Colchester Zoo, Colchester, Essex, England.

Östliche Vollbartmeerkatzen (Cercopithecus lhoesti) leben in relativ kleinen Gruppen von 5 - 17 Affen mit einem einzigen Männchen und mehreren Weibchen. Letztere sind in der Regel miteinander verwandt, da sie in ihrer Geburtsgruppe verbleiben, während die Männchen mit Erreichen der Geschlechtsreife abwandern [4].


Fortpflanzung

Östliche Vollbartmeerkatzen pflanzen sich saisonal fort, wobei der genaue Zeitplan von der Umgebung abhängt, in der sie leben. Nach einer etwa fünfmonatigen Tragzeit kommt ein einzelnes Jungtier zur Welt. Die Geburten finden in der Regel nachts und am Ende der Trockenzeit statt, so sind die Niederschläge während der nachfolgenden Stillzeit am höchsten und das Nahrungsangebot reichlich [5]. Die Mutter frisst wie viele Säugetiere die Plazenta und leckt das Baby sauber, das an ihrem Bauch hängt. Andere Weibchen in der Gruppe zeigen großes Interesse für die Neugeborenen und versuchen es zu halten oder zu tragen. Die Neugeborenen, die komplett behaart und mit offenen Augen zur Welt kommen, werden für etwa zwei Jahre gesäugt, bis die Mutter erneut schwanger wird [5].


Taxonomie

Östliche Vollbartmeerkatzen werden derzeit der Gattung Cercopithecus zugeordnet. Sie ähneln der Eulenkopfmeerkatze (Cercopithecus hamlyni) in Größe und geographischer Verteilung. Früher zählte man zur Östlichen Vollbartmeerkatze auch die Westliche Vollbartmeerkatze oder Preuss-Meerkatze (Cercopithecus preussi) als Unterart aus der Region um den Golf von Guinea. Zusammen mit der Gabunmeerkatze (Cercopithecus solatus) und der Eulenkopfmeerkatze bilden sie die lhoesti-Gruppe [2].

Molekulare Untersuchungen von Anthony Tosi aus dem Jahr 2003 haben indes Zweifel an der derzeitigen Einstufung der Östlichen Vollbartmeerkatze als Mitglied der Gattung Cercopithecus aufkommen lassen. Die Untersuchungen zeigten, dass Östliche Vollbartmeerkatzen (zusammen mit den anderen Arten der lhoesti-Gruppe) enger mit den Grünen Meerkatzen (Gattung Chlorocebus) und den Husarenaffen (Gattung Erythrocebus) verwandt sind als mit anderen Meerkatzen (Gattung Cercopithecus) [3 ] [11]. Es ist noch nicht klar, wie die taxonomische Situation gelöst werden kann. Vorschläge reichen von der Zuordnung der Östlichen Vollbartmeerkatze und des Husarenaffen zur Gattung Chlorocebus bis zur Schaffung einer neuen Gattung Allochrocebus nur für die Östliche Vollbartmeerkatze [3].


Gefahren

Östliche Vollbartmeerkatzen (Cercopithecus lhoesti) haben in Gefangenschaft eine Lebenserwartung von mehr als 30 Jahren, wobei dieses hohe Alter in freier Wildbahn wohl kaum erreicht wird [6].

Am östlichen Rand ihres Verbreitungsgebiet leiden Östliche Vollbartmeerkatzen (Cercopithecus lhoesti) unter der Entwaldung, die in erster Linie eine Folge der Expansion der Landwirtschaft ist. In Teilen ihres Verbreitungsgebiets werden sie mit Schrotflinten und Fallen wegen ihres Fleisches gejagt [8].

Die Weltnaturschutzunion (IUCN) stuft die Art als gefährdet (Vulnerable) ein, da sich die Populationen auf einem andauernden Abwärtstrend befinden. Die politische Instabilität in der Region ihres Vebreitungsgebiets mit ihren bewaffneten Konflikten hat die Situation weiter verschärft. Wissenschaftler erwarten, dass diese Rückgänge anhalten werden, was insgesamt zu einer Verringerung der Populationen um mehr als 30% in den nächsten 30 Jahren führen könnte [8].


Systematik


Literatur

[1] Estes, 1992; [2] Groves, 2005; [3] Groves, (2006; [4] "L'Hoest's Monkey" BBC, Science & Nature; [5] "L'Hoest's Monkey". Oregon Zoo; [6] "L'Hoest's Monkey". Edinburgh Zoo; [7] Moore et al., 2002; [8] Oates, J.F. 2008. Cercopithecus preussi. In: IUCN 2010. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.1. <www.iucnredlist.org>. Downloaded on 13 June 2010; [9] Setchell und Curtis, 2003; [10] Tappen, 1960; [11] Xing et al., 2007
L'Hoest's monkey

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