Brazzameerkatze



Die Brazzameerkatze (Cercopithecus neglectus) ist ein tagaktiver Primat aus der Familie der Meerkatzenverwandten (Cercopithecidae).

Lebensräume erstrecken sich von Nordost-Angola über Kamerun, Äquatorial-Guinea und Gabun bis nach Uganda,

Verbreitung

Kenia und Südwest-Äthiopien [9]. Ihr Name geht auf Pierre Savorgnan de Brazza (1852-1905) zurück, ein französischer Marineoffizier und Afrikareisender italienischer Herkunft.

Lebensraum

Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) leben meist in der Nähe von Flüssen in submontanen, tropisch-feuchten Wäldern, in Sumpfwäldern, halbimmergrünen Laubwäldern und in Akazienwäldern. Sie sind hauptsächlich Baumbewohner und wesentlich unauffälliger als die meisten anderen Meerkatzen - sie sind leise und vermeiden es in der Regel, gemischte Artengruppen mit anderen Meerkatzen zu bilden [3].

Steckbrief

Aussehen

Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) zeigen deutlichen Geschlechtsdimorphismus. Erwachsenen Männchen wiegen bis zu 8 kg, und sind somit fast doppelt so schwer wie Weibchen, die durchnittlich 4,5 kg Gewicht erreichen. Männchen sind mit einer durchschnittlichen Körperlänge von 56 cm und einer Schwanzlänge von 59,1 - 78,4 cm auch deutlich größer als Weibchen, die lediglich eine Körperlänge von rund 46,5 cm und eine Schwanzlänge von 47,0 - 57,4 cm erreichen [8].

Das Fell der Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) ist von graubrauner Farbe, der Schwanz, die Arme und die Beine sind schwarz, wobei über den Oberschenkel ein weißer Streifen verläuft. Das Gesicht ist schwarz, die Mundpartie jedoch weiß und das Gesäß ist ebenfalls weiß. Sehr auffällig ist das orangefarbene Stirnband und der lange, weiße Bart [5].

Männliche Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) haben einen deutlichen blauen Hodensack. Darüber hinaus haben sowohl Männchen und Weibchen gut entwickelte Backentaschen und die robustesten Füße aller Meerkatzen [5].

Brazzameerkatze

Ernährung

Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) sind Allesfresser, ernähren sich aber in erster Linie von Früchten und Samen, die 74% ihrer Gesamternährung ausmachen, gefolgt von Blättern (9%), Gliederfüßlern (5%) und Blüten (3%). Gelegentlich fressen sie kleine Reptilien, Raupen, Käfer, Termiten und Würmer. Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) nutzen ihre Nahrungsressourcen sehr intensiv, da sie den selben Fruchtbaum bis zu 4 mal täglich aufsuchen und keine halb angefressenen Früchte hinterlassen. Sie wurden beobachtet, wie sie in Laubhaufen und Morast nach Wirbellosen gruben [7][8].

Pierre Savorgnan de Brazza (1852-1905)
Der Name Brazzameerkatze geht auf Pierre Savorgnan de Brazza (1852-1905) zurück, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein bekannter Afrikaforscher war.

Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) bewegen sich sowohl auf dem Boden als auch in den Bäumen vierbeinig fort. Die Futtersuche findet in den frühen Morgenstunden und am Abend statt. Sie sind ausgezeichnete Schwimmer.

Fortpflanzung

Der Größenunterschied zwischen den Geschlechtern der Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) deutet darauf hin, dass möglicherweise ein polygynes Paarungssystem vorherrscht, jedoch trifft man in einigen Populationen nur ein Männchen und ein Weibchen plus Nachwuchs an - somit wären Brazzameerkatzen die einzigen Meerkatzen, die monogam leben [8][1]. Die Paarung wird von den Weibchen eingeleitet, indem sie ihr Hinterteil präsentieren. Während der Kopulation formen sie einen Schmollmund, indem sie ihre Unterlippe bei geschlossenem Mund nach vorne schieben [7].

Die Fortpflanzungssaison ist variabel und erstreckt sich meist über einen Zeitraum, wo Früchte reichlich vorhanden sind. Zumindest im äquatorialen Regenwald lässt sich die Fortpflanzungssaison genauer festmachen: sie reicht von Februar bis März. Nach einer Tragzeit von 168 Tagen bringen die Weibchen ein einzelnes Junges zur Welt, Zwillinge sind selten. Die Jungen werden im Alter von etwa 12 Monaten entwöhnt, Weibchen erreichen die Geschlechtsreife im Alter zwischen 42 und 48 Monaten, Männchen sind erheblich später dran: Sie pflanzen sich erstmals im Alter zwischen 60 und 72 Monaten fort. Die Weibchen der Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) sind bei ihrer ersten Geburt rund 53 Monate alt, danach gebären sie im Durchschnitt alle 27,4 Monate [8].

Der Nachwuchs ist bei der Geburt vollkommen behaart und hat die Augen geöffnet. Neugeborene Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) sind sofort in der Lage, sich in das Fell der Mutter zu klammern. Sie entwickeln sich schneller als andere Meerkatzenkinder und nehmen bereits im Alter von 5 Monaten mehr feste Nahrung zu sich als Muttermilch. Junge Weibchen bleiben ein Leben lang bei ihren Müttern, während Männchen die Gruppen mit Erreichen der Geschlechtsreife verlassen.

Die Aufzucht des Nachwuchses ist Angelegenheit der Weibchen. Die Rolle der Männchen bei der elterlichen Fürsorge ist nicht bekannt, obwohl sie zum Schutz der Kleinen beitragen, indem sie vor Räubern warnen und die Gruppe vor fremden Männchen schützen. Obwohl Infantizid (Kindstötung) bei Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) nicht beobachtet wurde, kommt er bei anderen Meerkatzenarten relativ häufig vor [6][7].

Gruppenleben

Die Gruppen der Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) sind besonders klein und bestehen durchschnittlich aus 4 bis 10 Affen, owohl auch Gruppen mit bis zu 35 Individuen beobachtet wurden. Im Gegensatz zu einigen anderen Meerkatzenarten pflegen sie nur selten Umgang mit anderen Affen. Die Territorien der Gruppen überlappen sich, wobei die jeweiligen Grenzen kaum verteidigt werden. Die Reviere umfassen eine Fläche von 6,6 - 13,0 ha - innerhalb dieser Grenzen legen sie bei der täglichen Futtersuche etwa 530 m zurück.

Kommunikation

Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) kommunizieren mit Lauten und visuellen Signalen. Zur visuellen Kommunikation gehört das Starren als Drohgebährde, manchmal mit offenem Mund, wobei die Lippen aber die Zähne bedecken. Eine weitere Drohgebärde ist das Wippen des Kopfes nach oben und unten. Um in aggressiven Situationen zu beschwichtigen, ziehen sie die Lippen zurück und zeigen die Zähne. Als Ausdruck der Anspannung und als eine weitere Drohgebärde gilt das Gähnen von erwachsenen Männchen, die dabei die Eckzähne zeigen [2].

Die vokale Kommunikation besteht aus einem tiefen Brummen, mit dem Territorialität kommuniziert wird. Rufe, die Isolation ausdrücken, werden oft von Kleinkindern oder juvenile Affen produziert, wenn sie den Anschluß an die Truppe verloren haben [2].

Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) markieren ihre Umgebung mit dem Sekret aus einer Brustdrüse - Männchen tun dies öfter als Weibchen. Neben diesen "körperfernen" Arten der Kommunikation gibt es eine Reihe von taktilen Signalen (Berührungen). Diese sind wahrscheinlich besonders wichtig während der Paarung oder zwischen Müttern und ihren Nachkommen [2][7][8].

Gefahren

Die Lebenserwartung von Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) beträgt in Gefangenschaft etwa 22 Jahre , dürfte jedoch in freier Wildbahn wegen der vielen Gefahren kürzer sein [4]. Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) nehmen bei Gefahr Zuflucht in den Bäumen und verhalten sich mucksmäuschenstill. Wie andere kleine Waldaffen dürften sie Schimpansen, Leoparden, verschiedenen Greifvögeln und Schlangen zum Opfer fallen [7].

In einigen Regionen ihres Verbreitungsgebiets, vor allem in Ostafrika, leiden Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) unter der Abholzung ihres Lebensraums zur Gewinnung landwirtschaftlicher Flächen oder von Edelhölzern. In den westlichen Teilen ihres Verbreitungsgebiets werden die schönen Primaten wegen ihres Fleisches gejagt, während sie in Ostafrika zwar auch wegen ihres Fleisches, aber hauptsächlich als Schädlinge wegen ihrer Vorliebe für landwirschaftliche Erzeugnisse erlegt werden [9].

Die Weltnaturschutzunion stuft Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) als nicht gefährdet (Least concern) ein, da sie weit verbreitet und zahlreich sind. Derzeit gibt es keine Anzeichen, dass die erwähnten Bedrohungen zu einem ernsthaften Rückgang der Art als Ganzes führen könnten [9].

Systematik


Literatur

[1] Cords, 1987; [2] Estes, 1991; [3] Gautier-Hion und Gautier, 1978; [4] Kirkevold und Crockett, 1987; [5] Macdonald, 2002; [6] Napier und Napier, 1970; [7] Nowak, 1999; [8] Rowe, N. 1996; [9] Struhsaker, S., Oates, J.F., Hart, J. & Butynski, T.M. 2008. Cercopithecus neglectus. In: IUCN 2010. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.1. <www.iucnredlist.org>. Downloaded on 21 June 2010.

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