Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) sind baumlebende, tagaktive Primaten aus der Teilordnung der Altweltaffen (Catarrhini). Sie leben nur auf den Mentawai-Inseln vor der Westküste Sumatras in Indonesien [5]. Die Unterart Presbytis p. potenziani ist auf den Insel Sipora sowie Nord- und Süd-Pagai heimisch, während die Unterart Presbytis p. siberu auf der Insel Siberut lebt [2].


Lebensraum

Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) sind überwiegend in primären Wäldern zuhause, nutzen aber auch in geringerem Maße sekundäre und kultivierte Lebensräume. Als Baumbewohner halten sie sich meist in den mittleren und oberen Schichten des Waldes auf.


Ernährung

Wie alle Primaten der Unterfamilie Colobinae ernähren sich Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) hauptsächlich von Blättern (55% der Nahrung), gefolgt von Früchten und Samen (32%), sowie von Blüten und Rinde (13%) [5].


Aussehen

Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) haben einen schwarzen Rücken und einen schwarzen Schwanz. Wangen, Stirnband, Kinn und Kehle sind weiß. Die Unterseite ist hell orange, rötlich-orange oder braun. Der Genitalbereich ist gelblich weiß und Männchen haben einen weißen Hodensack. Neugeborene sind weißlich grau, mit einem dunklen Streifen, der den Rücken hinunter verläuft [9]. Nach ein paar Tagen wird das Gesicht der Kleinen dunkler und nach zwei bis drei Wochen dunkelt das gesamte Fell nach, beginnend am dorsalen Mittelstreifen und am Kopf [11].

Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) haben einen sackförmigen Magen, der besonders den Abbau von Cellulose unterstützt. Die Schneidezähne sind schmal und die Backenzähne haben scharfe Kämme [8]. Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) haben eine Zahnformel von $\tfrac {2.1.2.3} {2.1.2.3}$ [1]. Das Gesicht ist kurz und breit [8]. Der Daumen ist reduziert. Die Augenhöhlen liegen weit auseinander, die Hinterbeine sind länger als die Vorderbeine [8].

Bei Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) herrscht nur leichter Sexualdimorphismus vor. Die mittlere Körpermasse für erwachsene Männchen beträgt rund 6,5 kg und für erwachsene Weibchen 6,4 kg. Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) haben oben auf dem Schädel einen kleinen Sagittalkamm [12].


Gruppenleben

Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) leben in einem monogamen Sozialsystem [14][10][4]. Die Basisgruppe setzt sich aus einem erwachsenen Paar und deren Nachkommen zusammen [14], gelegentlicht trifft man aber auch einzelgängerische Affen an [7]. Beide Geschlechter verlassen ihre Geburtsgruppe, Weibchen tendenziell erst im Erwachsenenalter [3].

Die Reviere von Gruppen können sich überschneiden, jedoch wird der Kernbereich einer benachbarten Gruppe in der Regel respektiert [14][5]. Kommt es trotzdem einmal zu einer Hoheitsverletzung des Kernbereichs, so zeigen das ansässige Männchen und das eindringende Männchen aggressive Verhaltensweisen, die aus lauten Vokalisationen und optischen Signalen bestehen [12].

Die Mitglieder der Gruppe bleiben während Nahrungssuche, Ruhen und Umherstreifen dicht beieinander [5]. Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) reagieren auf die Alarmrufe von Mentawai-Gibbons (Hylobates klossii) [10] - sie sind den kleinen Menschenaffen unterlegen und werden manchmal von ihren Futterplätzen verdrängt [13]. Weibliche Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) "parken" manchmal ihre Säuglinge, um ungestört fressen zu können [6]. Sie bilden oft Verbände mit Nasenaffen (Nasalis concolor) und Schweinsaffen (Macaca nemestrina) [9].


Gefahren

Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) sind vor allem durch die Jagd und den kommerziellen Holzschlag bedroht [15], ebenso durch die Umwandlung von Waldflächen in Palmölplantagen und durch die Entnahme von Waldprodukten durch die lokale Bevölkerung. Der Jagddruck hat wegen besserem Zugang zu abgelegenen Gebieten durch Straßen und Wege sowie durch den Austausch von Pfeil-und-Bogen durch Kaliber 0,177 Luftgewehre zugenommen, größere Kaliber sind in Indonesien illegal. Religiöse Rituale und Tabus, die früher die Jagd regulierten, sind durch das Christentum verdrängt worden und stellt kein Jagdhindernis mehr dar. Der Haustierhandel stellt nur eine geringfügige Bedrohung dar [15].

Mentawai-Languren (Presbytis potenziani) sind laut Weltnaturschutzunion in ihrem Überleben als Art gefährdet (Endangered), da die Populationen in den vergangen 40 Jahren (ca. 3 Generationen) um schätzungsweise mehr als 50% zurückgegangen sind [16]


Systematik


Literatur

[1] Ankel-Simons, 2000; [2] Brandon-Jones, 1993; [3] Fuentes, 1994a; [4] Fuentes, 1994b; [5] Fuentes, 1996; [6] Fuentes und Tenaza, 1995; [7] Kawamura und Megantara, 1986; [8] Oates und Davies, 1994; [9] Rowe, 1996; [10] Tenaza, 1987; [11] Tilson, 1976; [12] Tilson und Tenaza, 1976; [13] Tilson und Tenaza, 1982; [14] Watanabe, 1981; [15] Whittaker, 2006; [16] Whittaker, D. & Mittermeier, R.A. 2008. Presbytis potenziani. In: IUCN 2010. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.2. <www.iucnredlist.org>. Downloaded on 15 July 2010.

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