Schopfgibbon oder Weißwangengibbon
Der Gesamtlebensraum der Weißwangengibbons (Nomascus concolor) umfasst ein Gebiet, das sich über den Süden der chinesischen Provinz Yunnan, den Norden von Laos und den Nordwesten Vietnams erstreckt (Geissmann et al. 2000).
Die Anzahl der Tiere in China, die sich auf ein Gebiet von etwa 500 km² verteilen, schätzt man auf etwa 100 Tiere. Über die Tiere in Vietnam gibt es keine zuverlässigen Schätzungen, Laos hingegen dürfte die größte Population beheimaten.
Wegen des schwierigen Geländes, in dem Weißwangengibbons vorkommen und wegen ihrer großen Scheu vor Menschen, gab es bisher nur sehr wenige Studien über das Verhalten und die Ökologie der Weißwangengibbons (Geissmann et al. 2000; Lukas et al. 2002). Weißwangengibbons leben in Höhen zwischen 300 und 600 m.
Ernährung
Weißwangengibbons ernähren sich hauptsächlich von Früchen und verbringen den Großteil ihrer Zeit mit der Nahrungssuche in den Baumkronen. Weitere Bestandteile ihrer Nahrung sind Blätter, Blüten, Knospen, junge Triebe sowie Insekten. Einige Anzeichen deuten darauf hin, dass Weißwangengibbons weniger Früchte zu sich nehmen als andere Gibbonarten. (Geissmann Et Al. 2000). Aufgrund der unterschiedlichen, von der Jahreszeit abhängigen Verfügbarkeit von Früchten, setzt sich ihre Nahrung aus recht verschiedenen Bestandteilen zusammen. Während der Regenzeit streifen Weißwangengibbons nur wenig umher, da Früchte weithin verfügbar sind. Während der Trockenzeit aber legen sie größere Entfernungen zurück und verbringen insgesamt mehr Zeit mit der Futtersuche.
Verhalten
Über das Verhalten der Weißwangengibbons ist wenig bekannt. Die meisten Informationen über die Tiere stammen aus Untersuchungen der sehr kleinen chinesischen Population. Die verfügbaren Daten lassen aber vermuten, dass die Verhaltensmuster der Weißwangen Gibbons sehr stark denen der anderen Arten ähneln. Bis vor kurzer Zeit war man der Meinung, dass Gibbons strikt in monogamen Paarbeziehungen samt Nachkommenschaft zusammenleben. Jüngste Forschungen haben aber mehr Licht auf die sozialen Strukturen der Gibbons geworfen, die u.a. beweisen, dass sie während ihrer langen Paarbeziehungen öfter mal „fremdgehen” (Palombit 1994; Reichard 1995).
Die Gruppen der Weißwangengibbons verhalten sich territorial bestehen durchschnittlich aus vier Individuen, dazu gehören normalerweise die Elterntiere, ein Kind und ein jugendliches Tier - manchmal gehören aber auch noch ein bereits geschlechtsreifes Tier dazu. In der sozialen Stellung zwischen Männchen und Weibchen gibt es kaum Unterschiede, wegen dieser gleichberechtigten Atmosphäre zwischen den Geschlechtern und dem Fehlen von Konkurrenzkämpfen unter den Männchen, gibt es bei den Weißwangengibbons keinen sexuellen Dimorphismus.
Fortpflanzung
In freier Wildbahn werden Weißwangenbibbons im Alter zwischen sechs und acht Jahren geschlechtsreif, wobei man in Zoos Tiere beobachtet hat, die sich bereits mit vier Jahren gepaart haben (Geissmann, 1991). Mit der Geschlechtsreife tritt eine Änderung der Fellfarbe des weiblichen Weißwangenbibbons ein und aus ihrem schwarzen Jugendfell, wird das charakteristische gelb- oder cremefarbene Fell der erwachsenen Weibchen. Männchen bleiben schwarz, entwickeln dafür aber die weißen Wangen, wenn sie die Geschlechtsreife (Geissmann et al. 2000) erreichen. Der Menstruationszyklus der weiblichen Weißwangenbibbons dauert zwischen 12 und 27 Tagen und wird während des Östrus von einer Schwellung der Genitalien begleitet - obwohl nicht so ausgeprägt, wie bei Schimpansinnen und Bonoboweibchen.
Gibbons verteidigen ihre Territorien sowohl mit Lauten als auch körperlich. Mit ihren Gesangsduetten grenzen die erwachsenen Tiere ihr Territorium ab. Diese ritualisierten Duette werden in der Morgendämmerung angestimmt und bestehen aus langen, lauten, energetisch kostspieligen Liedern, in denen weiblichen und männlichen Tiere einzelne Töne in bestimmten Mustern singen. Das Duett dauert zwischen 10 und 13 Minuten, ist aber während der Regenzeit länger als während der Trockenzeit (Geissmann Et Al. 2000). Diese saisonale Schwankungen in der Länge der Gesangsdarbietungen hängt möglicherweise mit der unterschiedlichen Verfügbarkeit energiereicher Nahrung zusammen. Den Anfang der Duette machen entweder das Männchen oder das Weibchen - beendet wird das Lied aber wird immer durch ein erwachsenen Männchen (Schilling 1984).
Zu den anderen Methoden, mit denen Weißwangengibbons ihre Territorien verteidigen, gehören Aggression und körperliche Auseinandersetzungen. Wenn sich zwei Gruppen zu nahe kommen kann es zu Kämpfen, Verfolgungsjagden sowie lautem Rufen kommen (Leighton 1987). Berichte über Gesichtsnarben, abgebrochen Eckzähnen und anderen Wunden wurden bei einigen, aber nicht allen Gibbonarten dokumentiert, und es sind normalerweise Männchen, die solche Bessuren davontragen (Leighton 1987). Weibchen sind bei Grenzstreitigkeiten normalerweise mit lauten Rufen beteiligt, während die erwachsenen, subadulten und jugendlichen Männchen einer Gruppe ihr Hoheitsgebiet physisch gegen Eindringlinge (Leighton 1987).