Genrepertoire von Quallen: aus alt mach neu



Bio-News vom 11.03.2019

Quallen entstammen einer sehr alten tierischen Linie, die sich bereits vor rund 700 Millionen Jahren entwickelt hat. Ihr Genom ist aber bislang noch nicht ausreichend erforscht. In einer Publikation in der neuesten Ausgabe von Nature Ecology and Evolution konnten französische Gruppen in Kollaboration mit einem Team um Ulrich Technau vom Department für Molekulare Evolution und Entwicklung der Universität Wien das Genom der Qualle Clytia hemisphaerica entschlüsseln. Die Sequenz bietet Einblicke in den Generationswechsel und der Evolution zwischen Polyp und Meduse.

Die meisten Menschen verbinden eher unliebsame und schmerzhafte Begegnungen mit Quallen. Tatsächlich gehören Vertreter der Würfelquallen in Australien zu den giftigsten Tieren der Erde und ihr Kontakt kann unter ungünstigen Umständen zum raschen Tod führen. Alle Quallen, wie auch Korallen, Seeanemonen und der Süßwasserpolyp Hydra gehören zur Klasse der Nesseltiere (Cnidaria), eine evolutionär sehr alte tierische Linie, die sich bereits vor rund 700 Millionen Jahren abgespalten hat und seitdem unsere Meere bevölkert.

Nicht alle Quallen sind jedoch groß und gefährlich: Die Quallen der Hydrozoen messen meist nicht mehr als einige Zentimeter und sind für den Menschen harmlos. Zu ihren Vertretern gehört die weitverbreitete Spezies Clytia hemisphaerica, deren Genom die französischen Forscherinnen und Forscher um Richard Copley vom CNRS Villefranche, Genescope und der Sorbonne University in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Ulrich Technau von der Universität Wien entschlüsselt hat. Die Forscherinnen und Forscher gingen in ihrer Genomanalyse vor allem der hundert Jahre alten Frage nach, wie die reproduktiv aktive Qualle aus dem Polyp gebildet wird, ob sie eine unabhängige Neuerfindung innerhalb einer Gruppe von Nesseltieren ist oder ob sie bei Korallen und Seeanemonen verloren ging.


Das Genrepertoire von Clytia hemisphaerica Medusen weist Ähnlichkeiten zu jenem des Menschen auf.

Publikation:


Leclère et al.
The genome of the jellyfish Clytia hemisphaerica and the evolution of the cnidarian life-cycle
Nature Ecology & Evolution

DOI: https://doi.org/10.10.38/s41559-019-0833-2



"Überraschenderweise fanden wir kein quallenspezifisches Genrepertoire, sondern eine Kombination von neuen und alten, das heißt konservierten Genen, die die Quallenbildung kontrolliert", so Technau. Der Vergleich mit anderen Arten zeigt aber, dass Nesseltier-Arten ohne Quallen bestimmte gen-regulatorische Faktoren verloren haben, die eine Rolle in der Quallenbildung spielen. Gegenüber den Korallen und Seeanemonen hingegen hat Clytia jedoch wiederum jene Gene verloren, die den Seeanemonen eine zweite Körperachse geben.

Die Autorinnen und Autoren folgern daraus, dass die Qualle keine unabhängige Neuentwicklung war, sondern bei ihrer Evolution auf viele Gene zurückgegriffen und neu kombiniert hat, die man auch bei anderen Tieren einschließlich dem Menschen findet. "Andererseits ist der relativ einfache radiärsymmetrische Zustand der Quallen keine ursprüngliche Einfachheit, sondern sekundär durch den Verlust von Bilateralitätsgenen verursacht", erklärt der Biologe. Die Evolution "strebt" folglich nicht immer nach höherer Komplexität, sondern führt auch gelegentlich zu Vereinfachungen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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