Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis
Die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ist eine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis), bei der Antikörper gegen den NMDA-Rezeptor nachweisbar sind.
Einordnung, Häufigkeit und Risikogruppen
Die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis wurde erstmals 2007 beschrieben. Daten zur Häufigkeit der Erkrankung liegen noch nicht vor. Es sind bislang (April 2011) ungefähr 420 Fälle beschrieben. Es erkranken hauptsächlich Frauen und Mädchen (ca. 80 % der Erkrankten sind weiblich), das durchschnittliche Erkrankungsalter ist 23 Jahre (Alter ca. zwischen 22 Monaten und 79 Jahren).
Symptome
Die Erkrankung beginnt oft mit einem grippeähnlichen Vorstadium, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Verwirrtheit, gefolgt von psychischen Symptomen wie Angst, Erregung, bizarrem Verhalten, Wahn und Halluzinationen. Ein großer Teil der Patienten gelangt zunächst in psychiatrische Behandlung. Innerhalb weniger Wochen kommen epileptische Anfälle und Katatonie-ähnliche Bewusstseinsstörungen hinzu.
In diesem Stadium können an weiteren Symptomen unfreiwillige Bewegungen, Schluckstörungen (Speisen und Getränke können nicht mehr selbst zu sich genommen werden), Bewegungsunfähigkeit, Atemstörungen, Herzrhythmusstörungen, Blutdruck- und Temperaturschwankungen sowie Sprech- Aussetzer (kompletter Verlust der Sprache) auftreten. Es handelt sich um eine schwere Erkrankung, die Patienten werden oft über längere Zeit auf Intensivstationen behandelt.
Nach Einzelfallberichten kann die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis bei älteren Kindern zu akut beginnenden, autismusähnlichen Symptomen (late onset autism) führen. [1]
Ursache, Diagnostik
Die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ist eine Autoimmunerkrankung. Der Körper bildet Abwehrstoffe (Antikörper) gegen einen Eiweißstoff, der bei der Signalübertragung im Gehirn eine wichtige Rolle spielt, den NMDA-Rezeptor. Bei etwa 60% der erwachsenen Patientinnen findet man einen Eierstocktumor (Teratom), der unter anderem Nervenzellen enthält. Bei diesen Patienten ist die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ein paraneoplastisches Syndrom.Teratome werden bei Kindern und Jugendlichen sehr selten gefunden. Bei anderen Patienten findet man keine zugrunde liegende Erkrankung.
Der Verdacht wird anhand des klinischen Syndroms und einer meist erhöhten Zellzahl in der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) gestellt und durch den Nachweis von Antikörpern gegen NMDA-Rezeptoren im Liquor oder Serum (Blut) gesichert.
Viele der Erkrankten haben EEG-Veränderungen. Nur ungefähr die Hälfte der Erkrankten hat in der Magnetresonanztomographie sichtbare Veränderungen des Gehirns.
Behandlung, Prognose
Man versucht, mit Hilfe von immunsuppressiven Medikamenten die fehlgeleitete Abwehrreaktion des Körpers zu unterdrücken. Am häufigsten werden Glucocorticoide und intravenöse Immunglobulingabe benutzt. Findet man einen Tumor, so wird dieser entfernt. Über eine sogenannte Plasmapherese werden die Antikörper aus dem Blut herausgefiltert und durch einen Antikörperersatz ersetzt.
Ungefähr 75 % der Patienten werden gesund oder überleben mit nur leichten neurologischen Problemen. Etwa 21 % der Betroffenen überleben mit schweren neurologischen Schäden, geschätzte 4 % der Patienten sterben an den Folgen der Erkrankung. Die Prognose ist besser bei Patienten, bei denen ein Tumor gefunden und entfernt wird. Es besteht bei den meisten Erkrankten ein bleibender Gedächtnisverlust (Amnesie) für die Dauer der Erkrankung. Rückfälle sind möglich. Wird die Krankheit frühzeitig erkannt, und auch richtig behandelt, ist die Aussicht auf vollständige Genesung sehr gut. Die Patienten müssen in verschiedenen Therapien wieder alles lernen, Physiotherapie (Bewegung), Logopädie (Sprechen und Schlucken) und Ergotherapie (Bildliche Wahrnehmung und Gedächtnis).
Weblinks
Literatur
- Joseph Dalmau et al.: Anti-NMDA-receptor encephalitis: case series and analysis of the effects of antibodies. Lancet Neurology Band 7, Seite 1091-1098, Dezember 2008
- J. Dalmau, E. Lancaster, E. Martinez-Hernandez, M. R. Rosenfeld, R. Balice-Gordon: Clinical experience and laboratory investigations in patients with anti-NMDAR encephalitis. In: Lancet neurology Band 10, Nummer 1, Januar 2011, S. 63–74, ISSN 1474-4465. doi:10.1016/S1474-4422(10)70253-2. PMID 21163445. (Review).
Einzelnachweise
- ↑ Smith KM et al.:Caroline Creten et al: Case Report: Late onset autism and anti-NMDA-receptor encephalitis The Lancet Volume 378, Issue 9785, 2-8 July 2011, Pages 98 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=21724038