Flecainid


Strukturformel
Struktur von Flecainid
(R)-Form (oben) und (S)-Form (unten)
Allgemeines
Freiname Flecainid
Andere Namen

IUPAC: (RS)-N-(2-Piperidylmethyl)- 2,5-bis-(2,2,2-trifluorethoxy)benzamid

Summenformel
  • C17H20F6N2O3(Flecainid)
  • C17H20F6N2O3·C2H4O2(Flecainid·Acetat)
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 54143-55-4 (Flecainid)
  • 54143-56-5 (Flecainid·Acetat)
PubChem 3356
DrugBank DB01195
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Arzneistoffangaben
ATC-Code

C01BC04

Wirkstoffklasse

Antiarrhythmikum

Eigenschaften
Molare Masse
  • 414,34 g·mol−1 (Flecainid)
  • 474,39 g·mol−1 (Flecainid·Acetat)
Schmelzpunkt

145−147 °C (Flecainid·Acetat)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​319​‐​335​‐​360
P: 201​‐​261​‐​305+351+338​‐​308+313 [2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Flecainid ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Antiarrhythmika, der zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird. Als Natriumkanalblocker ohne Wirkung auf die Dauer des Aktionspotentials wird es zur Klasse Ic (ohne Veränderung der Dauer des Aktionspotentials) der Vaughan/Williams Klassifikation gezählt.

Darstellung und Gewinnung

Die Synthese von Flecainid gelingt in drei Schritten. Das Ausgangsmaterial 2,5-Dihydroxybenzoesäure wird im ersten Schritt mittels 2,2,2-Trifluorethyltrifluormethansulfonat in Gegenwart von Natriumhydrogencarbonat vollständig verethert und verestert. Im zweiten Schritt erfolgt die Bildung eines Säureamids durch Umsetzung mit 2-Aminomethylpyridin. Die Zielverbindung entsteht dann durch die Hydrierung der Pyridinfunktion in Gegenwart von Palladiumkohle.[4][5] Aus der Synthesesequenz resultiert das Racemat.

Synthese von Flecainid

Anwendung

Supraventrikuläre Tachykardien (z. B. AV-junktionale Tachykardien, supraventrikuläre Tachykardien bei WPW-Syndrom, paroxysmales Vorhofflimmern), wenn sie symptomatisch und behandlungsbedürftig sind. Lebensbedrohliche ventrikuläre Tachykardien.

Gegenanzeigen und Warnhinweise

Drei Monate nach Myokardinfarkt (= Herzinfarkt}, bei dekompensierter Herzinsuffizienz, bedeutsamer Elektrolytstörung oder ausgeprägter Hypotonie darf Flecainid nicht angewandt werden, bei schwerer Bradykardie, SA-Blockierungen und höhergradigen AV-Blockierungen sowie Sinusknoten-Syndrom nur, wenn ein Herzschrittmacher implantiert ist. Bei eingeschränkter Pumpfunktion des Herzens (Auswurffraktion < 35 %) darf es nur im Fall lebensbedrohlicher ventrikulärer Arrhyhtmien eingesetzt werden.

Bei eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion muss die Dosis angepasst werden. Unter der Therapie sollten die Nierenfunktion und die Breite des QRS-Komplexes im Ruhe-EKG überwacht werden. Flecainid hat einen sehr engen therapeutischen Bereich zwischen 0,2–1,0 μg/ml im Serum. Der toxische (schädliche bzw. giftige) Bereich beginnt bereits ab Serumspiegeln von 1,5 μg/ml. Überdosierungen – auch bedingt durch reduzierte Ausscheidung bei Niereninsuffizienz – müssen vermieden werden.

Mögliche Nebenwirkungen

Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Sehstörungen, Kurzatmigkeit und Verdauungsstörungen. Selten Müdigkeit und vermehrte Schweißneigung. Sehr selten Mundtrockenheit, Fieber, Muskel- oder Gelenkschmerzen, Angstzustände, allergische Hautreaktionen und vorübergehende Potenzstörungen.

Besonders gefürchtet sind paradox proarrhythmische Effekte des Flecainid, die insbesondere bei Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit auftreten können. Diese könnten unter anderem durch eine Beta-1-Adrenozeptor vermittelte zusätzliche Natriumkanalblockade mittels Flecainid erklärt werden.[6] Vor allem der Polymorphismus des adrenergen Beta-1-Rezeptors an den Stellen 389 und 49 der Aminosäurekette des Rezeptors stellt einen wesentlichen Prädiktor der Flecainid-Sensibilität dar.[6] So profitieren einige Patienten eher von Flecainid, bspw. die heterozygot sind an den Stellen 389 und 49, und andere (Arg389Arg und Ser49Ser) könnten eher stärker gefährdet sein proarrhythmogene Nebenwirkungen zu erleiden.[6]

Handelsnamen

Monopräparate

Aristocor (A), Flecagamma (D), Tambocor (D, CH), diverse Generika (D)[7][8][9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 700, ISBN 978-0-911910-00-1.
  2. 2,0 2,1 Datenblatt Flecainide acetate salt bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  3. 3,0 3,1 Datenblatt FLECAINIDE ACETATE CRS (PDF) beim EDQM
  4. E. H. Banitt, W. E. Coyne, J. R. Schmid, A. Mendel: Antiarrhythmics. N-(Aminoalkylene)trifluoroethoxybenzamides and N-(aminoalkylene)trifluoroethoxynaphthamide. In: J. Med. Chem., 18, 1975, S. 1130–1134, doi:10.1021/jm00245a017.
  5. E. H. Banitt, W. R. Bronn, W. E. Coyne, J. R. Schmid: Antiarrhythmics. 2. Synthesis and antiarrhythmic activity of N-(piperidylalkyl)trifluoroethoxybenzamides. In: J. Med. Chem., 20, 1977, S. 821–826, doi:10.1021/jm00216a016.
  6. 6,0 6,1 6,2 AM Nia, E Caglayan, N. Gassanov, F. Er: Beta1-adrenoceptor polymorphism predicts flecainide action in patients with atrial fibrillation. In: PLoS One, 2010 Jul 2, 5(7), S. e11421, PMID 20625396
  7. Rote Liste Online, Stand: August 2009.
  8. Arzneimittelkompendium der Schweiz, Stand: August 2009.
  9. AGES-PharmMed, Stand: August 2009.