Fluoreszenzmikroskopie


Fluoreszenzmikroskop

Die Fluoreszenzmikroskopie ist eine spezielle Form der Lichtmikroskopie. Sie beruht auf dem physikalischen Effekt der Fluoreszenz, bei dem Fluoreszenzfarbstoffe (Fluorochrome), mit Licht einer Wellenlänge angeregt werden und dadurch wenige Nanosekunden später Licht einer anderen Wellenlänge abstrahlen. Durch spezielle Filter wird sichergestellt, dass nur das abgestrahlte Licht beobachtet wird.

Manche Stoffe sind selbst fluoreszent (autofluoreszent), eine Färbung ist dann nicht erforderlich. Andere können mit bestimmten Fluoreszenzfarbstoffen spezifisch angefärbt werden, so dass zu untersuchende Strukturen sehr selektiv und mit hohem Kontrast dargestellt werden. In biomedizinischen Anwendungen hat außerdem die Immunfluoreszenz weite Verbreitung gefunden, eine Spezialform der Immunhistochemie, bei der spezifische Antikörper mit Fluoreszenzfarbstoffen gekoppelt werden. Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung ist eine Technik zum mikroskopischen Nachweis von größeren DNA-Abschnitten. Die genannten Möglichkeiten machen die Fluoreszenzmikroskopie zu einem sehr vielseitig einsetzbaren Verfahren.

Neben der klassischen Fluoreszenzmikroskopie gibt es einige weiterentwickelte mikroskopische Anwendungen, etwa die konfokale Laserscanningmikroskopie und die Multi-Photonen-Fluoreszenzmikroskopie. Auch verschiedene Verfahren, die die Auflösung durch Umgehung des Abbe-Limits verbessern, sind fluoreszenzmikroskopischer Art.

Prinzip

Funktionsschema eines Fluoreszenzmikroskops

Die Funktion eines Fluoreszenzmikroskopes beruht auf folgenden Prinzipien:

  • Im zu untersuchenden Präparat befinden sich fluoreszierende Stoffe (Fluorochrome), die mit Licht einer bestimmten Wellenlänge zum Leuchten angeregt werden.
  • Die so angeregten Fluorochrome emittieren Licht, welches durch die Stokesverschiebung in der Regel langwelliger als das anregende Licht ist (Ausnahme: Multi-Photonen-Fluoreszenzanregung, siehe unten sowie die Artikel Zwei-Photonen-Absorption und Multiphotonenmikroskop).
  • Anregungs- und Emissionslicht können im selben Strahlengang optisch getrennt werden und
  • die Größe der zu untersuchenden Objekte kann aufgrund ihres Eigenleuchtens bei ausreichend hohem Kontrast weit unter der Auflösungsgrenze eines Lichtmikroskopes liegen.

Der Grundaufbau der meisten Fluoreszenzmikroskope entspricht dem eines Auflichtmikroskopes. Das zu beobachtende Objekt wird dabei nicht durchstrahlt, sondern durch das Objektiv beleuchtet. (Die korrekte Bezeichnung lautet daher Epifluoreszenzmikroskop). Als Lichtquellen werden in der Regel Quecksilberdampflampen oder Laser eingesetzt. Quecksilberdampflampen emittieren Licht über das gesamte sichtbare Spektrum sowie im ultravioletten Bereich. Die für die Anregung des Fluoreszenzfarbstoffes notwendige Wellenlänge wird mit optischen Filtern isoliert und das einfarbige Licht auf das Objekt geleitet, worauf dieses zu fluoreszieren beginnt. Das emittierte, in der Regel längerwellige Fluoreszenzlicht wird durch das Objektiv gesammelt. Im Strahlengang befindliche Farbteiler trennen anschließend das Fluoreszenzlicht vom anregenden Licht und leiten es in das Okular des Mikroskopes, auf eine Fotokamera (analog oder digital) oder auf einen elektronischen Verstärker (Photomultiplier).

Geschichte

Dass Strukturen unter dem Mikroskop eine Leuchterscheinung zeigen, wenn diese mit kurzwelligem Licht bestrahlt werden, wurde erstmals 1904 von August Köhler beobachtet. Die Fluoreszenzmikroskopie wurde aus dieser Beobachtung abgeleitet und bei der Firma Carl Zeiss von August Köhler und Henry Siedentopf entwickelt und ihre Anwendung als „Lumineszenzmikroskopie“ am 4. April 1908 von A. Köhler erstmals der Öffentlichkeit anlässlich eines Mikroskopiekurses vorgestellt. Ab etwa 1908 wurden bei Carl Zeiss die ersten Mikroskope zur Anregung von Fluorochromen entwickelt. Maßgebliche Beiträge zur Entwicklung kamen um 1911 auch vom Wiener Optiker Karl Reichert.

Anwendungen

Endothelzellen unter dem Fluoreszenzmikroskop. Die Mikrotubuli sind grün, Aktinfilamente sind rot markiert worden. Die DNA in den Zellkernen wurde mit DAPI angefärbt.
Immunfluoreszenz-Aufnahme im Spinalganglion der Ratte. Zwei verschiedene Proteine wurden mit rot oder grün fluoreszierenden Markern gefärbt.

In der Biologie werden Fluoreszenzmikroskope vielfältig eingesetzt. Im einfachsten Falle werden Zellbestandteile sichtbar gemacht, die von Natur aus fluoreszieren (Autofluoreszenz). Dies ist vor allem bei Pflanzen möglich, denn Chlorophylle und andere pflanzliche Pigmente haben die natürliche Eigenschaft, zu fluoreszieren. Im Allgemeinen ist diese Eigenschaft aber unerwünscht, denn unspezifische Autofluoreszenz verschiedener Zellbestandteile führt zu starken Hintergrundsignalen (siehe auch TIRF). Die wichtigsten Anwendungen basieren auf der spezifischen Färbung einzelner Zellbestandteile, meist bestimmter Proteine. Diese werden zuvor entweder mit Hilfe spezifisch bindender fluoreszenzmarkierter Liganden (z. B. Phalloidin-FITC für Aktin, DAPI für DNA), spezifischer Antikörper (Immunfluoreszenz) oder durch Fusion mit einem fluoreszierenden Protein wie GFP markiert. Aus dem fluoreszenzmikroskopischen Bild können anschließend Rückschlüsse auf die Lokalisation des Proteins in der Zelle gezogen (z. B. im Kern, im Cytoplasma, membrangebunden oder nach außen exportiert) bzw. Zellbestandteile durch ihre spezifischen Proteine visualisiert werden (z. B. Cytoskelett durch Aktin, Mikrotubuli durch Tubulin). Auch Interaktionen von Proteinen untereinander sind beobachtbar. Durch Genexpression eines Markerproteins wie GFP unter Kontrolle eines spezifischen Promotors können auch Zelltypen identifiziert werden, die allein aufgrund ihres lichtmikroskopischen Erscheinungsbild nicht sicher angesprochen werden können. Je nach angewandter Methode ist auch die Verfolgung einzelner Vorgänge in lebenden Zellen möglich.

Heute existiert eine breite Palette an Fluoreszenzmarkern, Markierungsmethoden und Mikroskopietechniken.

Spezielle Verfahren der Fluoreszenzmikroskopie

Konfokalmikroskopie

Bei der Konfokalmikroskopie, wie auch bei ihrer speziellen Form der Konfokalen Laser Scanning Mikroskopie (CLSM), gelangt durch den Einsatz einer Lochblende nur Fluoreszenzlicht eines winzigen Teils der angeregten Probe in das Mikroskop. Das Volumen, aus dem die Fluoreszenz dann ausgelesen wird, wird so auf weniger als ein Femtoliter (0,000 000 000 000 001 Liter) beschränkt. Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass das Hintergrundsignal ebenfalls fluoreszierender Bestandteile aus höher oder tiefer liegenden Schichten des Präparats ausgeblendet werden kann. Auf diese Weise ist Mikroskopieren in mehrschichtigen Präparaten, zum Beispiel in ganzen Blättern oder tierischen Embryos, möglich. Durch Scannen übereinander liegender Schichten und anschließende Rekonstruktion der so gewonnenen Einzelbilder können außerdem dreidimensionale Bilder erstellt werden.

2-Photonen-Mikroskopie

Bei der 2-Photonen-Mikroskopie wird der Effekt ausgenutzt, dass die Fluoreszenzanregung statt durch Absorption eines energiereichen Photons auch durch die zeitgleiche Absorption zweier energieärmerer Photonen erfolgen kann, d. h. dass statt kurzwelligem Licht (z. B. 375 nm), längerwelliges Licht (z. B. 750 nm) zur Anregung genutzt werden kann. Der 2-Photoneneffekt bedarf einer hohen Photonenflussdichte, wie sie nur im Zentrum eines gepulsten Laserstrahles existiert, d. h. nur in diesem Bereich wird die Probe zur Fluoreszenz angeregt. Im Gegensatz zur Konfokalmikroskopie, wo das Auslesevolumen beschränkt ist, ist hier das Anregungsvolumen limitiert, was zu einer wesentlich schonenderen Behandlung der oft empfindlichen biologischen Proben führt. Zudem hat längerwelliges Laserlicht eine höhere Eindringtiefe in biologische Proben, z. B. Geweben, und führt zu weniger chemischen Bindungsbrüchen als z. B. kurzwelliges Laserlicht (UV). Durch die so etwa verdoppelte Wellenlänge des anregenden Lichtes ist die Fluoreszenz kurzwelliger als die sie verursachende Anregung. Die Größe des erzeugten Lichtflecks unterliegt jedoch immer noch der Beugungsbegrenzung. Typische Anregungsquellen sind gepumpte Titan-Saphir-Laser, die im 90 bis 120 fs-Bereich pulsen, und von etwa 750 nm bis 1100 nm durchstimmbar sind (Nahes Infrarot- NIR).

Super Resolution Mikroskopie Vertico-SMI / SPDMphymod

Autofluoreszenz-Super-Resolution-Mikroskopie-Aufnahme von zellulären Strukturen, die mit Konfokaler Mikroskopie unsichtbar sind

Die Vertico-SMI-Mikroskopie (SMI steht für {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) ist eine optische Nanoskopie, die mit Weitfeldaufnahmen ganze lebende Zellen aufnehmen kann. Das 3D-Vertico-SMI beruht auf einer Kombination der Lokalisationsmikroskopie SPDM mit strukturierter Beleuchtung SMI[1].

SPDM (Spektrale Präzisions-Distanz-Mikroskopie) ist ein lichtoptisches Verfahren der Fluoreszenzmikroskopie, mit welchem an „optisch isolierte“ Teilchen (z. B. einzelne Moleküle) Positions-, Abstands- und Winkelmessungen weit unterhalb der optischen Beugungsbegrenzung möglich sind. „Optisch isoliert“ bedeutet, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt nur ein einziges Teilchen/Molekül in einem durch die konventionelle optische Auflösung festgelegten Gebiet (typischerweise ca. 200–250 nm Durchmesser) registriert wird. Dies ist möglich, wenn die in einem solchen Gebiet befindlichen Teilchen/Moleküle unterschiedliche spektrale Markierungen tragen (z. B. verschiedene Farben haben, oder andere nutzbare Unterschiede in der Lichtemission zeigen).

Eine Weiterentwicklung stellt die SPDMphymod-Technologie dar, mit welcher das Blinking-Verhalten normaler Fluoreszenzfarbstoffe wie dem grün fluoreszierendem Protein (GFP) zur Einzelmoleküldetektion genutzt werden kann. Neben normalen Fluoreszenzfarbstoffen aus der GFP-Gruppe, Alexa-Farbstoffen kann auch das in der augenärztlichen Diagnostik eingesetzte Fluorescein benutzt werden. Bei dieser Methode kann auf den Einsatz spezieller photoaktivierbarer, bzw. photoschaltbarer Fluoreszenzfarbstoffe verzichtet werden.[2][3]

Photoactivated Localization Microscopy

Die Photoactivated Localization Microscopy (kurz: PALM) beruht auf dem lichtgesteuerten, stochastischen Ein- und Ausschalten einzelner Fluoreszensmoleküle. Das Ein- und Ausschalten erfolgt über einen gewissen Zeitraum, in dem einzelne Bilder gemacht werden. Benachbarte Moleküle werden dabei auf die einzelnen Bilder verteilt und können über eine anschließende Computerberechnung mit einer Auflösung jenseits der Beugungsgrenze abgebildet werden.

STED-Mikroskopie

Bei der STED-Mikroskopie (STED steht für englisch Stimulated Emission Depletion) wird die Beugungsgrenze deutlich überwunden. Der Anregung folgt ein nachfolgender rotverschobener, ringförmiger Lichtstrahl. Dabei fallen die angeregten Moleküle über stimulierte Emission an den Rändern wieder in den Normalzustand. Das emittierende Volumen verkleinert sich dadurch und die Auflösung des Mikroskops erhöht sich. Es lassen sich damit u. a. Vorgänge in lebenden Zellen live beobachten.[4]

TIRF-Mikroskopie

Funktionsschema der TIRF-Mikroskopie

TIRF-Mikroskopie (englisch Total internal reflection fluorescence microscopy) ist eine Methode der Fluoreszenzmikroskopie, um Strukturen zu untersuchen, die sich sehr nahe (ca. 200 nm) an Kontaktoberfläche des Präparats befinden. Dadurch ergibt sich ein deutlich höherer Kontrast, da nur wenig Material zur Fluoreszenz angeregt wird. Dies erreicht man, indem der Objektträger in einem Winkel bestrahlt wird, der groß genug ist, damit Totalreflexion auftritt. Da die Strahlung dennoch teilweise in den Objektträger eindringt, aber dabei gleichzeitig mit zunehmenden Weg immer stärker abgeschwächt wird (sog. evaneszente Welle), erreicht sie nur wenige Schichten fluoreszierenden Materials.

Lichtscheibenmikroskopie

Prinzip eines Lichtscheibenmikroskops

Die Lichtscheibenmikroskopie (oder auch englisch Single Plane Illumination Microscopy, SPIM) nutzt zur Ausleuchtung der Probe ein zweites Objektiv, das senkrecht zum Beobachtungsobjektiv (also in dessen Fokusebene) eine eng begrenzte Schicht der Probe ausleuchtet (eine sogenannte Lichtscheibe bzw. ein Lichtblatt). Nur aus dem ausgeleuchteten Bereich kann dann Fluoreszenz beobachtet werden. Dieses Verfahren erlaubt es, die axiale Auflösung eines normalen Fluoreszenzmikroskops zu verbessern, wenn das Lichtblatt dünner als die Schärfentiefe des Mikroskops ist. Außerdem wird Licht von außerhalb der Fokusebene stark unterdrückt, da dort keine oder nur wenig Fluoreszenz angeregt wird.

Siehe auch

  • Einzelmolekülfluoreszenzspektroskopie
  • Fluoreszenzlebensdauer-Mikroskopie
  • Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jürgen Reymann, David Baddeley, Manuel Gunkel, Paul Lemmer, Werner Stadter, Thibaud Jegou, Karsten Rippe, Christoph Cremer, Udo Birk: High-precision structural analysis of subnuclear complexes in fixed and live cells via spatially modulated illumination (SMI) microscopy. In: Chromosome Research. Band 16, Nr. 3, S. 367–382, doi:10.1007/s10577-008-1238-2, PMID 18461478.
  2. Manuel Gunkel, Fabian Erdel, Karsten Rippe, Paul Lemmer, Rainer Kaufmann, Christoph Hörmann, Roman Amberger, Christoph Cremer: Dual color localization microscopy of cellular nanostructures. In: Biotechnology Journal. Band 4, Nr. 6, 2009, ISSN 1860-6768, S. 927–938, doi:10.1002/biot.200900005.
  3. Rainer Kaufmann, Patrick Müller, Michael Hausmann, Christoph Cremer: Imaging label-free intracellular structures by localisation microscopy. Micron (2010), doi:10.1016/j.micron.2010.03.06
  4. Volker Westphal, Silvio O. Rizzoli, Marcel A. Lauterbach, Dirk Kamin, Reinhard Jahn, Stefan W. Hell: Video-Rate Far-Field Optical Nanoscopy Dissects Synaptic Vesicle Movement. In: Science. 320. Jahrgang, Nr. 5873, 4. November 2008, ISSN 0036-8075, ISSN 1095-9203, S. 246–249, doi:10.1126/science.1154228 (sciencemag.org [abgerufen am 1. August 2012]).

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